Schweitzer Fachinformationen
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Dieses Buch gibt es in zwei Versionen: mit und ohne Farbschnitt. Sobald die Farbschnitt-Ausgabe ausverkauft ist, liefern wir die Ausgabe ohne Farbschnitt aus.
Jane ändert ihren Namen, sobald sie ihren Eltern entfliehen kann. Ihre Mutter ist manipulativ und kontrollsüchtig und ihr Vater ein überführter Serienkiller. Nun nennt sie sich Jenny, lebt in einem fernen Ort in Devon, ist glücklich verheiratet mit Mark und glaubt, ihr altes Leben hinter sich gelassen zu haben. Bis Marks Ex-Geliebte verschwindet und vor Jennys Haustür Pakete mit grausigen Tierkadavern auftauchen. Weiß jemand von ihrer Vergangenheit? Oder versucht jemand erneut, Einfluss über sie zu gewinnen? Ihre manipulative Mutter? Oder ihr Vater, der Serienmörder? Und nach und nach wird klar, dass Mark und Jenny auch nicht ganz ehrlich zueinander waren. Beide haben ihre Geheimnisse ...
»Morgen, Jen. Gott sei Dank! Ich habe mir schon Sorgen gemacht.« Hayley springt von ihrem Platz an der Rezeption auf, ihr Stuhl rollt nach hinten. Dann greift sie über den Tresen, um mir ein Blatt Papier zu reichen. »Das sind die Tiere, die heute Morgen operiert werden sollen. Nisha hat die Liste zusammengestellt. Vanessa organisiert den OP, und ich habe sie aufgenommen.« Ihre Stimme klingt abgehackt.
»Vielen Dank. Tut mir leid, dass ich so spät komme.« Ich bin vollkommen verwirrt und nervös. »Ist Samir noch nicht hier?«
»Nein. Und Abi auch nicht. Ich weiß nicht, was heute Morgen los ist. Irgendwie geht alles schief. Du weißt schon . Es funktioniert einfach nicht richtig, wenn wir nicht alle pünktlich sind. Es wäre nicht so schlimm, wenn du nicht unser Angebot vergrößert hättest.« Ihre Wangen leuchten rot in ihrem ansonsten bleichen Gesicht. Sie sieht müde aus. Hayley arbeitet am längsten hier - abgesehen von mir und Samir natürlich. Nach reiflicher Überlegung haben Samir und ich die Tierarztpraxis hier in Coleton Combe eröffnet. Alles begann bei einem Pint und einem großen Glas Wein während eines Dinners zur Feier der Praxiseröffnung eines Kollegen. Damals hatte ich schon länger als Tierärztin gearbeitet, aber immer für andere. An jenem Abend wurde mir plötzlich bewusst, dass ich schon fünfunddreißig war und nicht den Rest meines Lebens als Angestellte verbringen wollte. Leicht angetrunken habe ich dann Samir meinen >großen Plan< erklärt, der, wie sich herausstellte, genauso die Nase voll von seiner damaligen Praxis hatte. Es war Schicksal, dass wir damals dieses Gespräch führten, dass wir uns in dem Punkt sofort einig waren.
Dank Samirs Eltern und Marks Großeltern, die ihrem Enkel ein beachtliches Vermögen hinterlassen hatten, konnten wir die für die Praxis nötigen Gebäude und das Grundstück kaufen. Mark betrachtete es als Investitionsmöglichkeit in der Hoffnung, dass man hier irgendwann noch ein kleines Gebäude für seine IT-Firma anbauen könnte.
Zu Beginn hatte die Praxis noch nicht einmal Tierarzthelferinnen. Das Einzige, was wir hatten, war eine kleine Kundenliste, und Hayley kümmerte sich um so gut wie alles, während wir unsere tierischen Patienten behandelten. Unser Plan war jedoch immer schon, die Praxis weiter auszubauen, und vor drei Jahren stellten wir schließlich Vanessa ein, die inzwischen unsere Leitende TFA ist. Vor Kurzem ist dann noch Nisha zu uns gestoßen, zusammen mit Abi, die im Moment von Hayley am Empfang ausgebildet wird, aber auch noch die Ausbildung zur Tiermedizinischen Fachangestellten machen möchte. Sie ist klug, voller Leidenschaft und jung genug, um noch >geformt< zu werden. Alles in allem haben wir also eine glückliche kleine Praxisgemeinschaft. Wir kommen gut miteinander aus. Jeder bringt seine Fähigkeiten ein.
Hayley ist jedoch in letzter Zeit ein wenig angeschlagen. Immer wieder leidet sie unter Arthritis, und mir gefällt der Gedanke nicht, dass sie deshalb Stress hat. »Hol dir erst mal einen Becher Kaffee«, sage ich. »Ich werde Samir und Abi anrufen. Ich bin sicher, sie sind schon auf dem Weg und stecken nur im Stau. Vielleicht hat es ja einen Unfall oder sowas gegeben. Für einen Mittwoch ist nämlich verdammt viel los.«
»Wenn, dann auf der Hauptstraße. Viele benutzen den Weg durchs Dorf als Abkürzung auf ihrem Weg in die Stadt.« Hayley schüttelt den Kopf und geht in den Pausenraum, während ich erst einmal tief durchatme und versuche, den Tag wieder unter Kontrolle zu bekommen. Ich habe ein seltsames Gefühl, das ich nicht richtig einordnen kann. Fast wie ein Déjà-vu. Als ich Samir gerade anrufen will, platzt er herein.
»Verdammte Scheiße! Was für ein beschissener Morgen!« Er trägt mehrere Kartons und ein paar Aktenordner, darauf eine Lunchbox mit einem Marvel's Avengers Motiv. Die hat er sich vorübergehend von seinem siebenjährigen Sohn >geborgt<, denn Duffy, der Familienhund, ein Cockapoo, hat seine zerstört, als sie unbeaufsichtigt auf dem Tisch stand. Ella und Alfie wollen auch unbedingt einen Hund, aber um ehrlich zu sein, ich habe Angst vor der zusätzlichen Verantwortung. Stattdessen habe ich ihnen einen Hasen versprochen, allerdings ohne einen genauen Zeitpunkt zu nennen. Ich hoffe, so kann ich die Sache noch mindestens ein Jahr hinausschieben.
Ich lächele Samir an und schüttele den Kopf. Sein Gefluche ist nicht schön, aber so, wie er es sagt, fühlt man sich nie beleidigt. Ich glaube, das liegt an seinem Akzent, der selbst den übelsten Ausdrücken einen gewissen Charme verleiht, auch wenn dieser Akzent ein wenig schwächer geworden ist, seit wir gemeinsam in Plymouth studiert haben. Es gibt hier vor Ort keine große indische Gemeinde, und da Samir inzwischen fast zwanzig Jahre in Devon lebt, hat sich sogar der Dialekt der Einheimischen ein wenig bei ihm eingeschlichen. Ich habe ihn zwar gebeten, das Fluchen zu unterlassen, wenn Patienten da sind - und er hält sich auch daran -, doch wenn wir allein sind, dann lässt er seinen Gefühlen freien Lauf.
»Dann hat's also nicht nur mich getroffen«, sage ich und lege den Hörer wieder auf. »Unser Wecker hat nicht geklingelt. Ich bin mit den Kids zur Schule gerast, habe sie schnell in die Klasse geschubst - trotzdem zu spät natürlich -, nur um dann im Verkehr festzustecken. Dabei passiert das hier eigentlich nie . Der ganze Tag ist aus dem Ruder gelaufen.«
»Lass das nicht Mark hören. Sagt er nicht immer: >Der Tag ist, was du daraus machst<?«
»Ha! Ja, das stimmt.« Ich hebe die Augenbrauen. Samir lacht, als er zur Rezeption geht, sich umdreht und die Schwingtür mit dem Rücken aufstößt. Dann verschwindet er in seinem Behandlungszimmer. Wir sind lange genug befreundet, um uns gegenseitig ein wenig aufziehen zu können. Ich könnte mir keinen besseren Geschäftspartner und Freund wünschen.
Ich richte meine Aufmerksamkeit wieder aufs Telefon und wähle Abis Nummer. Ihr Handy klingelt zweimal. Dann springt der Anrufbeantworter an. Ich hinterlasse ein kurzes >Ich hoffe, bei dir ist alles okay<. Allerdings habe ich ein komisches Gefühl dabei. Vielleicht steckt sie ja wirklich einfach nur im Verkehr fest.
Kaum habe ich die Tür meines Behandlungszimmers geöffnet, da werde ich von einem lauten Bellen begrüßt. Überraschung mischt sich mit Erleichterung, als ich sehe, dass Abi bereits da ist und gerade mit einem großen Golden Retriever kämpft. Ich sehe nur Fell und Arme, während sie versucht, das riesige Tier auf eine Waage zu bugsieren.
»Oh! Da bist du ja!«, sage ich, ziehe den Mantel aus und eile Abi zu Hilfe. »Wann hast du dich denn reingeschlichen?«
»Nisha . hat . mich hinten . reingelassen.« Die Worte kommen abgehackt, während Abi mit dem Tier ringt. Ich versuche, nicht zu lachen.
Es bedarf mehrerer Versuche, den Retriever lange genug unter Kontrolle zu bekommen, um ihn zu wiegen, doch schließlich gelingt es uns, und Abi trägt die Daten ins System ein. Dann streicht sie ihre Uniform glatt und zupft ihren Pferdeschwanz wieder zurecht, der sich bei dem Ringkampf gelöst hat.
»Das steht nicht wirklich in deiner Stellenbeschreibung«, bemerke ich. »Trotzdem Danke.«
»Ich wollte helfen. Schließlich war ich ja auch zu spät. Als ich die Patienten im Wartezimmer gesehen habe, hatte ich ein schlechtes Gewissen, und ich dachte mir, ich könnte etwas tun, damit es vorangeht. Aber wenn ich sehe, wie das hier abläuft, dann wäre ich wohl lieber am Schreibtisch geblieben.« Sie wirft den Kopf zurück, lacht verlegen und ist schon zur Tür hinaus.
Viel zu spät wird mir klar, dass ich ihr hätte widersprechen, sie loben sollen, anstatt sie in dem Glauben zu lassen, sie hätte einen schlechten Job gemacht. Aber ich bin in Gedanken nicht wirklich hier. Das muss sich jedoch rasch ändern, denn in zwanzig Minuten werde ich mit Samir und Vanessa unser erstes Tier operieren.
Komm schon, reiß dich zusammen!
*
In einem ruhigen Moment, in der Mittagspause, erscheint das Bild der verstümmelten Katze wieder vor meinem geistigen Auge. Während der Operationen habe ich es verdrängt, aber jetzt drängt es sich wieder in den Vordergrund. Wer tut so was? Wäre der Schmetterling nicht gewesen, ich hätte geglaubt, dass es sich um einen Wildunfall handelt. Dass die Katze vor unserem Haus überfahren wurde, und der Fahrer die Überreste einfach in einen Sack gestopft und vor meine Haustür gelegt hat, weil er davon ausging, ich wäre die Besitzerin. Eigentlich eine naheliegende Erklärung. Doch der Schmetterling hat diese Theorie zerstört.
Der Schmetterling hat alles zerstört.
Die Tür zum Pausenraum fliegt auf, und ich schnappe erschrocken nach Luft.
»Oh . Abi .«, sage ich ein wenig außer Atem. Sie hält einen kleinen, pink gestreiften Karton in den Händen.
»Cremetaschen von Kelly's. Ich konnte einfach nicht widerstehen. Tut mir leid. Deshalb war ich auch zu spät. Ich musste warten, bis sie aufmachten. Und es hat gedauert, bis sie mich bedient haben. Aber es hat sich gelohnt, oder?« Abi schaut mich besorgt an, während sie den Arm ausstreckt und mir den geöffneten Karton anbietet. Glaubt sie, ich würde ihr Vorwürfe machen? So eine Chefin bin ich nicht, hoffe ich zumindest. Ich lächele und versuche, meinen Fauxpas von vorhin damit wiedergutzumachen. Als der lange Ärmel ihres Poloshirts hochrutscht, fällt mein Blick auf Abis Arm, wo eine Reihe dicker weißer Striche zum Vorschein kommt, die parallel über ihren Unterarm verlaufen. Das sind die Echos eines Traumas, denke ich...
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