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Eine Stadt im Wandel
Bozen hat sich verändert, und zwar zu seinem Vorteil. Die Landeshauptstadt ist bunter, moderner geworden, ohne dabei ihr Erbe zu verleugnen. Neben Altem steht oft Neues, der Blick geht eher in die Zukunft als zurück in jene gute alte Zeit, die ja auch nicht immer so gut war, wie ein Blick in die Historie beweist. Bozen heute: eine Stadt voller Überraschungen.
Wie heißt es so schön? Das einzig Beständige ist der Wandel. Das passt ganz gut auf die jüngere Geschichte der Südtiroler Landeshauptstadt, auch auf ihre Zukunftsperspektiven. Vor gerade mal gut einem Jahrhundert - der Ausbruch des Ersten Weltkriegs stand bevor - war Bozen eine Kleinstadt, Handwerk und Gewerbe dominierten, ein paar Hotels versorgten die Touristen, und alles zusammen ernährte rund 13 000 Einwohner. Nach dem Krieg war die K.-u.-k-Monarchie dann Geschichte, aus Südtirolern wurden mit einem Mal Italiener. Im Gefolge des Faschismus kamen Zigtausend Einwanderer aus dem Süden, die Tiroler wurden zu einer Minderheit in ihrer Heimat. Westlich der Talfer, zur Etsch hin, entstand ein neues Wohnquartier, sogar mit Lauben wie drüben im historischen alten Bozen, allerdings im faschistischen Protzstil, und talabwärts, vor den Toren der Stadt, siedelten sich große Staatsbetriebe an.
Nach der zweiten Weltkatastrophe ging's bergauf, Südtirol erkämpfte sich seinen Autonomiestatus, wobei auch ein paar Bomben explodierten. Mit dem Tourismus (und großzügigen Zuwendungen u. a. aus Bayern und Rom) kam der Wohlstand, das »Land an der Etsch und im Gebirg'« entwickelte sich zu einem Wachstumsmotor für die italienische Wirtschaft, und die Südtiroler Volkspartei (SVP) sorgte für stabile politische Verhältnisse. Die rußgeschwärzten alten Fabrikareale aus Mussolinis Zeit wichen modernen Bürohäusern, Lagerhallen und Fertigungsstätten. Umfragen sahen Bozen in Sachen Lebensqualität bald an der Spitze aller italienischen Städte.
Schließlich erwies sich ein Toter aus längst vergangener Zeit als ein absoluter Glücksfall: Ötzi, die Gletschermumie vom Tisenjoch, 1991 entdeckt, bescherte Bozen einen echten Medien-Hype. Fast über Nacht wurde aus einem verschlafenen Kleinmuseum mitten in der Stadt eine erste Adresse in der Kulturlandschaft, die Besucher aus aller Welt an den Eisack lockte. Dabei ist noch nicht einmal geklärt, ob es sich bei dem Mann im Eis tatsächlich um einen Südtiroler (und nicht etwa einen Italiener) handelt.
Mittlerweile ist Bozen dabei, sich ein weiteres Mal zu erneuern. Hier wird - im Gegensatz zum übrigen Italien - gebaut und für die Zukunft geplant. Seit 2008 steht an der Nahtstelle zwischen Alt- und Neustadt, nur ein paar Schritte von der Talfer, das Museion. Mit seiner Glas-Aluminium-Haut ist das Museum für moderne und zeitgenössische Kunst ein echter Hingucker, nicht ohne Absicht zwischen der (deutschen) Altstadt und dem (italienischen) Bozen positioniert. Geplant wurde der Bau vom Berliner Architekturbüro KSV (Krüger, Schuberth, Vandreike). Wer das Museion betritt und hinaufsteigt ins oberste Geschoss, kann den konzeptionellen Grundgedanken leicht nachvollziehen. Die beiden Stirnseiten des 54 Meter langen und 25 Meter hohen, silbern glänzenden Kubus sind riesige Schaufenster - nach dem Motto: öffnen und verbinden statt zu trennen.
Ein mächtiger neuer Stadtturm steht direkt an der Autobahnausfahrt Bozen-Süd: der gläserne Salewa Cube. Dass in den Bau eine Kletterwand - halb in-, halb outdoor - integriert ist, passt natürlich bestens zum großen Bergsportausrüster, signalisiert aber auch: Mit Bozen geht's nach oben.
Ein ganz großes Bauprojekt, das die Stadt nachhaltig verändern wird, befindet sich erst im Planungsstadium: die Neugestaltung des Bahnhofareals. Rund 30 Hektar groß ist das Gelände, heute eine hässliche Brache, die urbanistisch aufgewertet werden soll. Einen Wettbewerb, an dem 138 Architekturbüros teilnahmen, gewann das Konzept des Wieners Boris Podrecca, der bereits das Bozener Hotel Greif umgestaltete - er plant ein neues Quartier zwischen dem flussnahen Boden (den die Einheimischen seiner Schattenlage wegen »Sibirien« nennen) und den gegen St. Magdalena ansteigenden Hängen.
Die meisten Besucher Bozens interessieren sich vor allem für Historisches, für alte Mauern, Traditionen. Die Altstadt ist und bleibt ihr erstes Ziel. Hier ist das gotische und barocke Erbe noch ganz lebendig, das Publikum sehr gemischt: italienisch, tirolerisch und - natürlich! - germanisch. Der »Kaffee nach deutscher Art« findet allerdings nur noch wenige Liebhaber, im Trend liegen Caffè und Latte macchiato. Und die Eindrücke, die ein Spaziergang durch das Geviert des historischen Bozen vermittelt, sind ganz klar vielfältiger, bunter als früher. Das liegt auch an der Trend-Mode, die in den Schaufenstern der Lauben ausliegt und die von jungen Italienerinnen mit angeborener Grazie getragen wird. Noch farbenfroher ist der Obstmarkt, und fast an jeder Ecke lockt ein Wirtshausschild zur Einkehr.
Der Weg zu den berühmten Bozner Lauben führt über den weiten Waltherplatz, vorbei am Denkmal für den möglicherweise aus Südtirol stammenden Minnesänger Walther von der Vogelweide (um 1170-1230). Es wurde während der Mussolini-Zeit auf den kleinen Roseggerplatz verbannt, steht jetzt aber wieder an seinem angestammten Platz: ein Held in Übergröße.
Er wird allerdings deutlich überragt vom 65 Meter hohen Turm des Bozner Doms.
Die dreischiffige Hallenkirche mit ihrem reich gegliederten Umgangschor wurde um 1295 begonnen, aber erst Anfang des 16. Jahrhunderts vollendet - mit dem filigranen Turmabschluss im Stil der ausklingenden Gotik. Der durchbrochene Helm erinnert stark an süddeutsche Münster (z. B. Ulm); das ist kein Wunder, denn der letzte Baumeister, Hans Lutz von Schussenried, war Schwabe. Lombardische Steinmetze erneuerten 1499 das Hauptportal des Gotteshauses und versahen es mit einer Vorhalle, die auf zwei säulentragenden Löwen ruht. Der reiche plastische Schmuck des Leitacher Törls bezieht sich auf ein altes Privileg zum Weinausschank. Von Hans Lutz stammt auch die aus Sandstein gemeißelte Kanzel (1514), ein Prunkstück der Ausstattung. Im 18. Jahrhundert bekam das Gotteshaus dann die »zum Style des Ganzen gar nicht passende« (A. Simeoner) Gnadenkapelle in barocken Formen.
Vom Waltherplatz sind es nur ein paar Schritte zur Dominikanerkirche, einem gotischen Bauwerk mit reichem Sterngewölbe. Die kleine Johanneskapelle - seitlich an den Chor angebaut - ist vollständig ausgemalt; die hervorragenden Fresken (1330-1340) sind deutlich von der Kunst Giottos inspiriert. Ganz weltlich sind dann die Eindrücke am Obstmarkt, von dem schon Goethe fasziniert war. Den iPhone-Besitzern des 21. Jahrhunderts geht es nicht viel anders: Es herrscht ein lebhaftes Kommen und Gehen, ein echter Augen- und Gaumenschmaus, dazu schon fast italienisches Flair. In den Lauben schlägt das merkantile Herz des alten Bozen - allerdings in neuem Gewand. Denn längst hat sich die (junge) Mode dieser Einkaufsoase bemächtigt. Geblieben ist der historische Rahmen - unter den jahrhundertealten Lauben lässt es sich auch bei Regenwetter gut shoppen. Wer mehr über die Geschichte der Handelsstadt erfahren will, unterbricht den Laubenbummel für einen Abstecher ins Merkantilmuseum, das in dem gleichnamigen, stattlichen Barockbau untergebracht ist. Eine der ältesten Straßen Bozens ist die Bindergasse, die Anfang des 13. Jahrhunderts erstmals in einer Urkunde auftaucht und früher auch Vordere Gasse genannt wurde. An ihr stehen mehrere Wirtshäuser, darunter das »Weiße Rössl« als ältestes der Stadt. Gleich um die Ecke stößt man auf das »Batzenhäusl«, vor dem Ersten Weltkrieg ein beliebter Künstlertreff, mit eigener Brauerei, nostalgischem Interieur und dazu passender Speisekarte. Wie wär's nach der Einkehr mit einem Verdauungsspaziergang, vielleicht auf einer der Talferpromenaden oder - sozusagen im ersten Stock...
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