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Jesus ist Sieger! Geburt in kämpferischen Zeiten
Christoph Blumhardt wurde am 1. Juni 1842 in Möttlingen geboren, einer kleinen Gemeinde im Nordschwarzwald. Sein Vater Johann Christoph Blumhardt war in Möttlingen Gemeindepfarrer - aber kein gewöhnlicher Gemeindepfarrer, sondern ein Pfarrer mit umfassender historischer, literarischer, politischer und theologischer Bildung. Durch seine Beziehungen zur Basler Mission verfügte er über reiche internationale Kontakte. Zugleich gehörte er kirchensoziologisch betrachtet zur pietistischen Tradition Württembergs. Die Rolle des Vaters für den Werdegang Christoph Blumhardts ist kaum zu überschätzen - in Fortführung wie auch später in bewusster Abgrenzung vom Vater.
1 Ältere Aufnahme des Kurhauses Bad Boll
Zweitens zeigt dieser Rückblick aus dem Jahr 1887, dass Christoph Blumhardt nicht auf den Akt der Heilung der Gottliebin schaut, sondern insbesondere den befreiten Zustand nach der Heilung in den Blick nahm. Er lernte im freien Zusammenleben mit den drei Geschwistern, diesen Zustand als Inbegriff einer neuen Lebens-Zeit zu verstehen. Das freie Leben, das wahrhaftige Leben, das irdisch erfüllende Leben wurde für Christoph Blumhardt zum Inbegriff einer neuen Zeit und einer neuen Gesellschaft.
Anstrengender Schulunterricht (1859 bis 1862)
1852 kaufte der Vater Johann Christoph Blumhardt das Kurhaus in Bad Boll, um diesen Ort zu einem Seelsorgezentrum auszubauen und über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt zu machen. Der 10-jährige Christoph Blumhardt wuchs in Bad Boll auf und wurde zunächst von Hauslehrern unterrichtet, dann jedoch von seinem Vater zusammen mit seinem Bruder Theophil zum Besuch der Schule in Stuttgart und anschließend zum Seminar in Bad Urach (1861 und 1862) geschickt.
2 Von links nach rechts: Theophil, Christoph und Carl Blumhardt, 1856
Insbesondere das Erlernen des Lateinischen und Griechischen bereitete dem jungen Christoph Blumhardt ziemlich viel Mühe, so dass er in den Briefen an seine Eltern darauf immer wieder zurückkam. Mit seinem Lehrer im Seminar war vereinbart worden, dass er ihm immer wieder Übungsaufgaben stellen sollte, die dann sogleich korrigiert wurden. Auch der Vater sandte ihm solche Aufgaben zu, um Christoph Blumhardt und seine Fähigkeiten zu verbessern.
Mühsames Theologiestudium (1862 bis 1866)
Nach dem Besuch des Seminars in Bad Urach wäre eigentlich der Weg ins Tübinger Stift vorgezeichnet gewesen, jedoch kam Christoph Blumhardt zusammen mit seinem Bruder Theophil im Herbst 1862 als »Stadtstudent« nach Tübingen, um dort das Theologiestudium aufzunehmen. Beide Brüder traten gegen den Willen seines Vaters in die Studentenverbindung »Normannia« ein.
Auf der anderen Seite fand er keine Freude an der theologisch-reflexiven Auseinandersetzung mit dem Stoff der Theologie, mit Büchern, Ansichten und dogmatischen Lehren. »Ich möchte oft alles über den Haufen werfen und durchgehen in ein schöneres Land, wo ich glücklich leben könnte. Wenn ich nur eins wüsste auf dieser Welt, ich glaube, ich würde es tun. Aber es muss eben jeder seine Plage haben, und ich habe auch mein Teil zu tragen und ergebe mich eben drein.«4 Auch im späteren Rückblick auf seine Auseinandersetzung mit der wissenschaftlich aufgestellten Theologie erinnert sich Christoph Blumhardt überhaupt nicht positiv an sein Studium. Und dennoch darf der Einfluss von zwei Lehrern auf Christoph Blumhardt nicht unterschätzt werden, da sich deren Auswirkungen auch im späteren Leben stetig bemerkbar machen:
Der zentrale Begriff von Becks Theologie ist die »Königsherrschaft der Himmel«, die in die Welt eintritt, hier durch Christus initiiert wie eine selbstwachsende Saat wächst und in einer neuen Welt zur Vollendung kommt. Durch die »Organisationstätigkeit« des Gott zugeordneten Jesus Christus kommt es zu einer »allmähliche(n) Genesis neuer Menschen, einer neuen Geschichte und endlich einer neuen Welt«.6 Dadurch erhält auch das »körperliche Naturleben« seine eigentliche Qualität zurück; der »unheilbare Krankheitsstoff« wird in diesem Prozess ausgeschieden und eine »Verklärungszeit der ganzen Natur« setzt ein.7 Das »Vollendungsziel« nennt Tobias Beck eine »neue Weltorganisation«, die zunächst durch »auserwählte Menschen« vorbereitet wird, bevor sie sich im Ganzen der Welt generalisiert. Das Ziel ist mit einem Bezug zu Hegel, Schelling und Oetinger die Allversöhnung der gesamten Welt: Mit Christus hat das Reich Gottes in der Welt angefangen. Nun kommt es zur »Reichsvollendung«, zur »Welt-Vollendung«, in der mit Christus alles untertan, alles Feindliche überwunden und alles Nichtgöttliche aufgehoben wird. Alles Ungerechte unter den Menschen wird ausgestoßen, so dass es zu einer Erneuerung der gereinigten Welt kommt.
»Stationierung« in Spöck, Gernsbach und Dürnau (1866 bis 1869)
Christoph Blumhardt war nach seinem Examen als Vikar zunächst in der durch die Erweckungsbewegung geprägten Ortschaft Spöck bei Karlsruhe »stationiert« (August bis November 1866), bevor er nach Gernsbach im Nordschwarzwald berufen wurde (Dezember 1866 bis März 1867) und schließlich nach Dürnau, dem Nachbarort von Boll, kam (April 1867 bis Juni 1869). Zwischenzeitlich nahm er auch Vertretungsdienste in der Gemeinde Hohenstaufen bei Göppingen (August bis September 1867) wahr. In allen Gemeinden hatte Christoph Blumhardt Vakanzen wahrzunehmen oder erkrankte Pfarrer zu entlasten.
Vor allem aber versuchte Christoph Blumhardt, sich am Vorbild seines Vaters abzuarbeiten - und erneut begegnen uns eine Vielzahl von Anmerkungen in den Briefen, wie »klein« und »wenig« er sich empfand: »Es liegt eine Gewalt in allem, was Papa redet. Umso kleiner kommen mir alle anderen vor, namentlich ich selbst. Es ist blutwenig, was unsereins bieten kann.«9 Oder: »Ich muss mich immer wieder mit Papa vergleichen und überhaupt jeden Geistlichen an Papa messen. Was sind wir alle doch für armselige Dinger!«10 Christoph Blumhardt war in dieser Situation »unzufrieden« mit seinem Beruf: »So geht mir's. Es ist meine größte Anfechtung, und noch zieht mich's oft mit höllischer Gewalt auf andere Bahnen. Das ist's, was mich nur in seltenen Stunden innerlich glücklich und zufrieden werden lässt. Oft wenn ich viel, ja sehr viel getan habe, muss ich abends des Friedens entbehren, und es kommen mir Tränen in die Augen, wenn ich allein bin.«11 Neben diesen sich in fast allen Briefen äußernden Selbstzweifeln an seiner Rolle als angehender Pfarrer begleitete er die ökonomischen Veränderungen im Kurhaus mit Interesse und sprach vom »Heidentum in der Wirtschafterei«: Menschen könnten es nicht lassen, Geschäfte nur deswegen zu betreiben, weil sie »geldbringend« seien. Die kritische Betrachtung einer einseitig am Kapital orientierten Wirtschaftsweise setzte nicht erst in der sozialdemokratischen Phase (1898 bis 1903) ein, sondern begann sich schon sehr früh zu entfalten.
3 Von links nach rechts: Carl, Nathanael, Theophil und Christoph Blumhardt im Frühjahr 1870
Endlich glücklich! Heirat mit Emilie Bräuninger (1870)
Im Januar 1870 verlobte sich Christoph Blumhardt, der mit konsistorialer Genehmigung ab dem Sommer 1869 als »Pfarrergehilfe« seines Vaters im Kurhaus tätig war, mit Emilie Bräuninger, Tochter des Pächters Gottlob Bräuninger vom königlichen Hofgut Einsiedel in Kirchentellinsfurt bei Tübingen. Zur ersten Begegnung mit Christoph Blumhardt kam es, als Emilie Bräuninger als »Haustochter« 1868 im Kurhaus ein »Haushaltsjahr« absolvierte, um den Geist des Zusammenlebens in Bad Boll kennen zu lernen. Christoph Blumhardts Bruder Nathanael war zudem 1869 als Praktikant im Rahmen seines landwirtschaftlichen Studiums auf dem Hofgut tätig; dieser heiratete später Emilies jüngere Schwester Christiane. Die Eltern von Emilie waren von der Hahn'schen Frömmigkeitsbewegung geprägt worden, woraus sich auch geistliche Anknüpfungspunkte für die Familie Blumhardt ergaben: »Diese innige Gemeinschaft wird auch Dir einmal Dein Hiersein verschönern. Sonstwo ist man der Meinung, man könne nur gut und glücklicher hausen, wenn man anderen nicht viel zu fragen habe und alles machen könne, wie man selbst es für gut finde. Uns geht's anders; gerade das, dass wir alles miteinander tun und jedes vom anderen weiß, dass es im Gebet des anderen Sache nicht vergisst, macht uns so glücklich, dass ich oft meine, es sei niemand so glücklich wie wir trotz der vielen Bedrängnis und Anfechtung, die auch nicht ausbleibt.«12 Schon im Mai 1870 fand die Hochzeit in Bad Boll statt, wobei es wohl zu Unstimmigkeiten zwischen Christoph Blumhardt und seinem Schwiegervater Gottlob Bräuninger kam, da Blumhardt nach der Meinung seines Schwiegervaters zu viele Gäste zur Hochzeit eingeladen hatte. Christoph Blumhardt verteidigt sich in einem Brief an seine Braut, indem er auf die Reich-Gottes-Arbeit sowie erneut auf seinen Vater verwies:
»Kommet alle und tretet in Gemeinschaft mit uns und helfet mit im Bauen des Reiches Gottes! . Der teure Papa, der mit allem die Sache des Herrn fördern will, würde davonlaufen, wenn wir's anders wollten,...
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