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Lass mich in Ruhe damit.« Gächter war verärgert. »Das ist mir doch weiß Gott egal, ob Frau Hanna Laible, geborene Korn, gelacht hat. Und wenn es das erste Mal in ihrem Leben war!«
»Was hast du denn?«
Gächter schlug mit der flachen Hand auf einen Papierstapel, der vor ihm auf dem blank gescheuerten Wirtshaustisch lag. »Zwei Flaschen enthielten Restmengen, die anderen waren intakt und voll!«
»Aber .« Bienzle kam nicht weiter, Gächter unterbrach ihn:
»Ja, ja, ja, die Herren Techniker. Die Flasche auf Laibles Rücken war leer. Eine weitere in Depot sieben, das er beinahe erreicht hatte, enthielt nur eine Restmenge. Aber die anderen waren voll. Und wenn du jetzt meine Meinung hören willst, Bienzle .«
»Verheb's, Gächter, verheb's. Mr soll sich auf koin verlasse, auf gar koin. Ja Heidesackzement, warum gibt's denn Techniker, soll i des vielleicht au no selber mache - da nei dauche ond dia Denger rausziehe?«
Gächter grinste. »Der Techniker sagt, du hättest dich mit der ersten Antwort zufrieden gegeben und nie wieder nachgefragt.«
»Ja und?«
»Und das deutet halt darauf hin, Ernst, dass du alles, was deine Theorie stützt .«
»Und was ischt dann dei Theorie?«
»Am Ende wird sich rausstellen .«
»Am Ende, am Ende - hinterdrei send au die Dumme gscheit!«
Gächter ließ sich nicht beirren. »Es wird sich herausstellen, dass es ein Versehen war. Vielleicht liegt's am Lieferanten, der die Gasflaschen geliefert hat.«
Bienzle hob den Kopf und starrte Gächter böse an. »Und mit dem hast du natürlich schon g'sprochen!«
»Ich hab die Berichte da studiert.«
»Gut. Wer ist der Lieferant?«
Gächter schob einen Notizzettel über den Tisch. Bienzle las: Hermann Holfenter, Ulm, Donaugasse 7. Bienzle steckte den Zettel ein, stand auf und holte sich am Tresen ein Viertel Trollinger. Als er zurückkam, sagte er mehr zu sich selbst als zu Gächter: »Wenn ich wenigstens wüsst, wer auf mich g'schosse hat!«
Gächter hob ruckartig den Kopf. »Auf dich hat einer .«
Bienzle unterbrach ihn. »Der Selneck war's jedenfalls net.« Er setzte sich. »Die schöne Lau meint übrigens, sie könnt g'meint g'wese sei.«
»Die kokettiert«, meinte Gächter.
Bienzle schüttelte den Kopf. »Die ischt net der Typ.«
»Bei Frauen kann man deinem Urteil nicht trauen.«
»Aber bei Männern, die schießen.« Bienzle zog die Berichte des Technikerteams zu sich her.
»Wenn ein Testament da ist«, sagte Gächter, »hat's die schöne Lau vielleicht schnell vernichtet.«
»Mhm«, machte Bienzle.
»Alles, was drin steht, kann nur schlechter für sie sein als die natürliche Erbfolge. Sie braucht's gar nicht aufzumachen.«
»Wenn sie's vernichten wollte, hat sie's auch vorher aufgemacht, so weit kenn ich die Frauen. Aber wahrscheinlich liegt es ja beim Notar.« Bienzle stand unvermittelt auf.
»Wo willst du hin?«, fragte Gächter.
»Zum Laible seinem Hof.«
»Jetzt noch?«
Bienzle grinste. »Ein Polizist ist immer im Dienst!«
Gächter fasste wortlos nach seiner Jacke und folgte Bienzle.
Der Regen hatte aufgehört. Dichte Wolken trieben in schneller Fahrt über den nächtlichen Himmel. Der Mond beleuchtete sie von hinten. Gächter ließ den Wagen ausrollen. Ein Hund schlug an.
»Wie weit ist es noch?«
»Zwei Kilometer. Vorbei an dem kleinen Hof, dann um die Waldecke.«
Gächter fuhr wieder an.
»Das letzte Stück gehen wir zu Fuß«, bestimmte Bienzle.
Der Wind war unangenehm kühl. Die Hände tief in den Taschen vergraben, stapfte Bienzle auf das Haus zu, das flach in einer Mulde lag, überragt von einem Futtersilo, der klotzig hinter dem Stallgebäude stand.
»Was versprichst du dir eigentlich davon?«, fragte Gächter.
»Des sag i dir nachher.« Bienzle blieb stehen und kniff die Augen zusammen. »Guck mal!«
»Ein Licht - wahrscheinlich eine Taschenlampe.«
Sie gingen vorsichtig weiter. Ein Käuzchen schrie.
»Die schreien immer, wenn sie Licht sehen«, sagte Bienzle.
Die Taschenlampe erlosch. Bienzle hatte so angestrengt hinübergesehen, dass jetzt bunte Ringe vor seinen Augen tanzten.
»Gehen wir«, flüsterte Gächter. Sein Fuß stieß gegen Metall.
»Vorsicht«, brummte Bienzle, »wenn's eine Fuchsfalle ist, brauchst du für sechs Wochen einen Gips.«
»Deine Freundin scheint nicht da zu sein!«
»Du denkst die falschen Sachen«, gab Bienzle zurück. Er ging nun mit schnelleren, sicheren Schritten auf den Hof zu. Sie waren keine 20 Meter mehr entfernt, als die Taschenlampe wieder aufflammte. Der Lichtstrahl huschte über ein rotes, straff gespanntes Seil nach oben. »Mhm«, machte Bienzle leise, »der hat wohl keinen Schlüssel.«
Das Licht glitt noch höher und erfasste am oberen Ende des Seils einen Haken, eine Art Anker, der sich in einem breiten Fensterbrett festgefressen hatte.
Dann splitterte Glas. Im gleichen Moment begann Bienzle zu rennen. Gächter hatte Mühe, ihm zu folgen. Vor dem Seil freilich blieb der schwergewichtige Kommissar hilflos stehen.
»Kannst du klettern?«, fragte er flüsternd. Gächter hatte das Seil schon gepackt. Er zog sich Hand über Hand hinauf, schwang seine langen Beine über das Fensterbrett und verschwand im Haus. Bienzle blieb zurück.
Gächters Aufsprung auf den Dielenbrettern war kaum zu hören, dennoch verharrte er eine Weile reglos. Erst dann griff er nach seiner Dienstpistole, zog sie aus dem Halfter und entsicherte sie behutsam.
Die Tür zum Korridor war als helleres Viereck zu erkennen. Sie stand offen, und der schwache Lichtschein kam aus einem anderen Zimmer. Gächter ging langsam auf das helle Viereck zu. Vorsichtig betrat er den Korridor.
Aus dem letzten Zimmer auf diesem Gang klang leise Musik. Von dort kam auch der Lichtschein. Im Türrahmen lehnte ein Mann und sah in das Zimmer hinein.
Die Szene war so unwirklich, dass Gächter einen Moment die Augen schloss - in der festen Überzeugung, das Bild werde verschwunden sein, sobald er sie wieder öffnete. Aber als er erneut hinsah, hatte sich nichts geändert. Der Mann im Türrahmen war kaum kleiner als Gächter. Obwohl seine Haltung lässig war, wirkte er ungeheuer angespannt.
Gächter ertappte sich bei dem Gedanken, dass Bienzle wohl wüsste, was das für eine Musik war. Langsam ging er weiter. Eines der Dielenbretter knarrte unter seinem Tritt, aber der Mann in der Tür veränderte seine Haltung nicht. Gächter hatte ihn fast erreicht, als die Musik plötzlich abbrach.
»Was willst du?«, rief eine helle Frauenstimme.
»Schämst du dich nicht?«, sagte der Mann dicht vor Gächter. »Dein Mann ist heute begraben worden, und du tanzt halb nackt vor dem Spiegel - pfui Teufel!«
»Lass mich in Frieden.«
»Wenn du versprichst, dass du mein Haus nicht mehr betrittst und Thomas in Ruhe lässt.«
»Du bist verrückt!«
»Nein, ich habe einen ganz klaren Kopf. Lass Thomas in Ruhe, sonst .«
»Sonst was?«
»Zieh dir was an, Schlampe, wenn du mit mir sprichst.«
»Wie lange hast du da schon gestanden, du geiler Bock? Du Spanner, du Heuchler!«
»Das dulde ich nicht«, sagte der Mann, »ich dulde so etwas nicht, hörst du?«
»Spiel dich nicht auf!«
Plötzlich wurde Gächter klar, was ihn schon die ganze Zeit beschäftigt hatte. Der Mann in der Tür hatte eine alte Stimme.
»Geh endlich!«, schrie die Frau. »Lass mich in Ruh!«
»Nein! Ich muss dem ein Ende machen!« Er hatte plötzlich eine Waffe in der Hand.
Gächter hatte alle seine Lektionen gelernt und immer wieder geübt, und ihn hemmten auch keine Skrupel. Noch ehe der Mann die Waffe entsichern konnte, traf ihn ein Schlag in den Nacken und warf ihn zu Boden. Gächter stieg über ihn hinweg, bückte sich dabei und nahm dem anderen die Pistole aus der Hand. Als er sich aufrichtete, sah er Hanna Laible vor sich.
Sie trug ein hauchdünnes Nachthemd, unter dem ihr Körper in allen Einzelheiten zu sehen war. Wie sie dastand, wirkte sie wie ein Akt, der mit einem Weichzeichner fotografiert worden war.
»Sie sind verdammt schön!«, sagte Gächter, und es klang so sachlich, als ob er festgestellt hätte: Nach Blaubeuren sind es vier Kilometer.
Hinter sich vernahm er ein leises Stöhnen, dann das Scharren von Füßen auf dem rauen Dielenboden. Er wandte sich um. Der Mann war schon wieder auf den Beinen. Das musste ein zäher Bursche sein. Er hatte ein wettergegerbtes, gebräuntes Gesicht und schmale, helle Augen. Er war seit Tagen nicht rasiert.
»Sagen Sie mal .«, begann Gächter.
Der Mann drehte sich blitzschnell um und verschwand aus dem Lichtfeld der Tür.
»Halt«, rief Gächter. Er sprang über die Schwelle. Aber seine Augen konnten sich nicht schnell genug an das schwache Licht gewöhnen. Er hörte, wie der Mann die Treppe hinunterhastete. Der kennt sich hier aus, fuhr es Gächter durch den Kopf. Eine Tür fiel krachend ins Schloss.
Gächter hob die Schultern. Draußen steht ja der Bienzle, dachte er und wendete sich wieder dem Zimmer zu.
Hanna Laible hatte einen Bademantel übergeworfen und saß auf der Kante des Doppelbettes. Sie wirkte gelassen, fast amüsiert. Gächter blieb auf der Türschwelle stehen, fingerte den Tabakbeutel und Zigarettenpapier aus der Jackentasche und drehte sich eine Zigarette. Und erst als er das Papier abgeleckt hatte, fragte er:
»Wer war das?«
Die schöne Lau antwortete nicht.
»Los!«, sagte...
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