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55 Jahre Ergänzungsleistungen
Am 1. Januar 1966 ist das Ergänzungsleistungsgesetz in Kraft getreten. Nach 55 Jahren hat das Parlament das Gesetz einer Revision unterzogen. Die Ergänzungsleistungen, eine Erfolgsgeschichte, dank der viele Generationen von Rentnerinnen und Rentnern genug zum Leben haben.
Die Bundesverfassung verlangt, dass die AHV- und die IV-Renten das Existenzminimum decken. Doch weder im Jahr ihrer Einführung noch aktuell konnten und können Rentner allein mit der AHV- oder der IV-Rente ihren Lebensunterhalt bestreiten. Deshalb wurden die Ergänzungsleistungen geschaffen. Sie waren als Übergangslösung gedacht bis zur Einführung einer obligatorischen beruflichen Vorsorge, der Pensionskassen. Mit den Renten aus der 1. und der 2. Säule, so die Absicht, sollten Rentnerinnen und Rentner genügend Mittel zur Verfügung haben, um über die Runden zu kommen.
Wozu dienen die Ergänzungsleistungen?
Die Erwartung der Existenzsicherung hat sich nicht für alle erfüllt. Zwar funktioniert das System der beiden unterschiedlichen Säulen AHV und Pensionskasse im Vergleich zum Ausland heute gut, doch noch immer sind über 50 Prozent der Invalidenrentner und 12,2 Prozent der Altersrentnerinnen auf die Zuschüsse über die Ergänzungsleistungen angewiesen. Und die Tendenz ist steigend: 2022 wurden insgesamt 5,5 Milliarden Franken Ergänzungsleistungen ausgezahlt - doppelt so viel wie im Jahr 2000. 2022 bezogen 344 300 Menschen solche Zahlungen. Bei den Ergänzungsleistungen zur AHV waren über doppelt so viele Frauen wie Männer auf Ergänzungsleistungen angewiesen. Das zeigt, dass die EL mehr denn je dringend nötig sind. Laut einer Studie der ZHAW im Auftrag der Pro Senectute beziehen 230 000 Seniorinnen und Senioren keine EL, dies, obwohl sie einen Anspruch hätten.
Auf Ergänzungsleistungen angewiesen sind heute einerseits junge Menschen mit Behinderung. Sie verdienen - wenn überhaupt - nur wenig und sind deshalb keiner Pensionskasse angeschlossen. Eine weitere grosse Bezugsgruppe sind pflegebedürftige ältere Menschen. Leben sie in einem Heim, reichen die Renten und das Ersparte meist nicht, um die hohen Kosten zu decken. So ersetzen die Ergänzungsleistungen einerseits fehlende Pensionskassenleistungen und andererseits die nicht vorhandene Schweizer Pflegeversicherung.
Die Ergänzungsleistung als Auffangbecken
Seit Jahren stehen die Schweizer Sozialversicherungen unter enormem Spardruck. Revisionen bei der AHV oder Invalidenversicherung führen zu Leistungsabbau. Hier dienen die Ergänzungsleistungen als Lückenfüller. Rentner, die ihren Lebensunterhalt nicht mehr finanzieren können, erhalten die benötigten Mittel über die EL. Auch die Kostenexplosion bei den Krankenkassenprämien kann manches Budget ins Wanken bringen. In die Berechnung der Ergänzungsleistungen sind die Krankenkassenkosten miteinbezogen, werden also mitfinanziert.
So gleichen die Ergänzungsleistungen die Probleme anderer Sozialversicherungen aus. Zum Glück - gäbe es die EL nicht, wären viele Rentnerinnen und Rentner auf Sozialhilfeleistungen oder auf Almosen angewiesen; Altersarmut wäre in der Schweiz allgegenwärtig.
Die EL-Reform 2021
Die Kosten der EL steigen massiv; im letzten Jahrzehnt haben sich die Ausgaben verdoppelt. Das blieb von der Politik nicht unbemerkt. Zahlreiche politische Vorstösse verlangten den Um- und Abbau der Ergänzungsleistungen. So wurde am 22. März 2019 vom Parlament eine Ergänzungsleistungsrevision beschlossen, die sogenannte EL-Reform.
Die wichtigsten Neuerungen sind:
Der Übergang vom alten zum neuen Gesetz
Zwischen 2021 und 2022 galten Übergangsbestimmungen: Wer nach neuem Recht mehr erhielt, wurde nach diesem berechnet - wer nach altem mehr erhielt, blieb bei der bisherigen Berechnung. Per 1. Januar 2024 wurden alle EL-Bezüger ins neue Recht überführt. Für 47 Prozent der Beziehenden heisst das, dass sie ab dem 1. Januar 2024 weniger oder keine EL mehr erhalten (weitere Infos zur EL-Reform ab Seite 164).
Ergänzungsleistungen sind keine Sozialhilfe
AHV- und IV-Rentner, denen das Geld nicht zum Leben reicht, haben in der ganzen Schweiz einen Rechtsanspruch auf Ergänzungsleistungen. Trotzdem machen viele Menschen ihren Anspruch nicht geltend. Einige wissen nicht, dass sie diese finanzielle Hilfe beanspruchen dürfen - sie wurden falsch oder gar nicht informiert. Für andere ist das System der Ergänzungsleistungen gleichbedeutend mit Sozialhilfe - und Sozialhilfe möchten sie nicht beziehen, da würden sie sich schämen.
Das ist falsch: Ergänzungsleistungen sind keine Sozialhilfe und auch keine Almosen! Ergänzungsleistungen sind Versicherungsleistungen.
Sie müssen nicht zurückgezahlt werden, und es werden auch keine Verwandten dafür belangt - dies im Gegensatz zur Sozialhilfe. Allerdings wurde mit der EL-Revision 2021 eine Rückerstattung nach dem Erbgang eingeführt (siehe Seite 122).
Sozialhilfe kommt zum Zug, wenn alle Stricke reissen, wenn keine Versicherung mehr zahlt. Sie ist das unterste Netz im sozialen System der Schweiz. Die Sozialhilfe - veraltet Fürsorge genannt - ist nach kantonalen und oft auch gemeindeeigenen Vorgaben aufgebaut. Wer Sozialhilfe erhält, hat weniger Geld zur Verfügung als ein EL-Bezüger. Auch muss man Sozialhilfeleistungen zurückzahlen, wenn man wieder zu Geld gekommen ist. Und die Gemeinde kann Verwandtenunterstützung geltend machen (mehr dazu auf Seite 121). Zudem darf das Sozialamt in die Lebensgestaltung der Menschen eingreifen, indem es Auflagen macht und die Auszahlung an Bedingungen knüpft.
Ganz anders die Ergänzungsleistungen: Wer die Voraussetzungen erfüllt, hat Anspruch auf den errechneten Betrag.
INfo Für Ergänzungsleistungen melden Sie sich nicht beim Sozialamt an. Denn das EL-Gesetz schreibt explizit vor, dass der Kanton keine Sozialhilfebehörden mit der Abwicklung der Ergänzungsleistungen beauftragen darf. Meist können Sie den Antrag in Ihrer Gemeinde bei der Ausgleichskassenzweigstelle oder direkt bei der kantonalen EL-Stelle einreichen.
Wer hat Anspruch auf Ergänzungsleistungen?
Damit Sie EL erhalten, braucht es als Grundvoraussetzungen eine Rente und einen Wohnsitz in der Schweiz. Die Ergänzungsleistungen werden als Aufstockung ausgerichtet - ohne Rente kann man sie, abgesehen von wenigen Ausnahmen, nicht beantragen. Anspruch auf EL haben folgende Personengruppen:
Der Anspruch besteht, wenn Ihre Einkünfte nicht reichen, um den minimalen Lebensstandard zu finanzieren. Was bedeutet «minimaler Lebensstandard»? Die EL geht von einem Minimum aus, das etwa einen Drittel höher liegt als dasjenige für Sozialhilfebezüger oder für Menschen, die betrieben wurden (siehe Seite 151).
Tipp Sie sind nicht sicher, ob Sie EL zugute haben? Eine Überprüfung lohnt sich immer, insbesondere für Einzelpersonen mit einem Einkommen unter 40 000 Franken und für Ehepaare mit einem Einkommen zwischen 40 000 und 60 000 Franken. Lassen Sie Ihren Anspruch berechnen. Oder führen Sie selber eine Berechnung durch:
Und wenn Sie jetzt noch keine EL erhalten, wissen Sie immerhin, ab welchem Punkt Sie die Leistungen beziehen können.
Ergänzungsleistungen zu einer IV- und AHV-Rente
Die meisten EL-Berechtigten haben eine Alters- oder Invalidenrente. Invalidenrenten werden als ganze, Dreiviertels-, halbe oder Viertelsrenten ausgezahlt. Beide Rentenformen gelten als Voraussetzung, um Ergänzungsleistungen zu beziehen. Beziehen Sie eine Teilinvalidenrente, müssen Sie im Rahmen Ihrer gesundheitlichen Möglichkeiten eine Stelle suchen. Ihr Anspruch auf Ergänzungsleistungen wird entsprechend gekürzt, Genaues dazu finden Sie auf Seite 79. Mit der neuen EL-Reform haben Rentner erst Anspruch, wenn ihr Vermögen tiefer ist als 100 000 Franken, bei Ehepaaren tiefer als 200 000 Franken - weitere Informationen finden Sie auf Seite 89.
INfo Allenfalls können auch Personen ohne Rentenanspruch EL beziehen. Nämlich dann, wenn sie nur deshalb keine Rente erhalten, weil sie die Mindestbeitragsdauer - ein Jahr für die AHV, drei Jahre für die IV...
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