Schweitzer Fachinformationen
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Es ist eigentlich ganz schön verwegen, die eigene Lebensgeschichte unter der Überschrift »Ich bin klasse« zu beginnen, ich weiß. Aber ich möchte gleich zu Beginn eine kleine Geschichte dazu erzählen: Konzert in einem Kindergarten. Ich singe wie immer fröhliche Lieder mit den Kindern und freue mich, dass die Kleinen lachen. Und die Erzieherinnen auch. An einer Stelle frage ich: »Wer hat Lust, das nächste Lied mit mir hier vorne am Kinder-Solo-Mikrofon zu singen? >Nashorn, Elefant & Krokodil<, wer kennt das?« Ein etwa fünfjähriges Mädchen meldet sich und kommt schweigend zu mir. Wir singen das Lied gemeinsam, das Mädchen macht das toll, Applaus und Danke! Nach dem Konzert kommt eine Erzieherin aus der Gruppe zu mir mit Tränen in den Augen. »Wie haben Sie das nur gemacht, Herr Horn? Das Mädchen hat seit mehreren Wochen nicht mehr gesprochen, kein Wort! Zuhause nicht und im Kindergarten auch nicht. Und jetzt geht sie zu Ihnen nach vorne - und singt! Wir sind völlig erstaunt und überglücklich!«
Das war ich auch. Tief beeindruckt und überwältigt. Diese einzigartige Begebenheit zeigt mir, wozu Kinder in der Lage sind, wenn sie von Musik berührt werden, wenn sie sich singend ausdrücken können, wenn sie trotz aller Widrigkeiten und Probleme tief in sich das Gefühl haben: Ich bin klasse, so wie ich bin.
Deshalb ist »Ich bin klasse« eine gute Überschrift für meine musikalische Arbeit - und zwar nicht nur für Kinder, sondern auch für jeden Erwachsenen: Es ist gut, in sich zu spüren, dass man genau so in Ordnung ist, wie man ist. Zu fühlen, ich bin richtig, ich bin wichtig. Mir ist es immer wichtig, allen Menschen auf Augenhöhe zu begegnen, sie ernst zu nehmen, ihr »Ich bin klasse« bewusst wahrzunehmen. Das gilt natürlich für meine Familie, mein erwachsenes Publikum, meine Kolleginnen und Kollegen, die schreiben und Musik machen, meine Auftraggeber, Partner und Produzenten. Aber noch sehr viel mehr gilt es für all die Kinder, die gerade erst ihre Selbstakzeptanz ertasten und für die ich in meinen Konzerten immer gerne eine Atmosphäre geschaffen habe, in der sie Lust verspüren, nach vorne zu kommen und mit mir gemeinsam ein Lied zu singen - auch wenn ihnen sonst die Worte fehlen.
Bestärken statt belehren, bestätigen statt beurteilen, machen lassen statt einfach schnell mal selber machen - das ist oft ein schmaler Grat. Erwachsene haben tausend Gründe und gelernte Verhaltensweisen, Kindern wortwörtlich auf die Sprünge zu helfen. Was ist denn schon dabei, einem Kind den Reißverschluss an seiner Jacke hochzuziehen? Das geht ja auch viel schneller, als im Morgenstress ungeduldig abzuwarten, wenn das Kind sagt: »Ich schaff' das, ich kriege das hin!« Aber wenn Sie helfen, startet das Kind mit einem Erfolgserlebnis weniger in den Tag. Bestärkt hat mich da vor allem auch die Zusammenarbeit mit Aktion Mensch, für die ich das »Bunte Bande«-Musical »Gemeinsam sind wir stark« geschrieben habe. In einer Strophe des gleichnamigen Titelsongs hatte ich getextet: »Was du allein nicht schaffst, das schaffen wir! Was du allein nicht kannst, ich helfe dir!« Das kam bei der Aktion Mensch nicht so gut an. Das sei genau das, was sie nicht wollten. »Helfen« würde bedeuten, den anderen klein zu machen. Daraufhin änderten wir den Text: »Was du allein nicht schaffst, das schaffen wir, was du allein nicht kannst, ich bin bei dir.« Das hat jetzt eine andere Qualität: Mein Gegenüber ist nicht der Hilfsbedürftige, sondern wird begleitet und gestärkt. Das ist das Entscheidende.
Diesen Zugang habe ich über Professor Armin Krenz kennengelernt. Der bekannte Sozialpädagoge begegnete mir zum ersten Mal auf dem Kongress »Bewegte Kindheit«, auf dem er mir neue Perspektiven über die Entwicklung von Kindern eröffnete. Wir kamen ins Gespräch, woraufhin er eine sehr lobende Rezension über unser Buch »Echte KinderRechte« in einer Fachzeitschrift veröffentlichte. Seither ist Armin Krenz einer der wichtigsten, verlässlichsten wissenschaftlichen Begleiter meiner Arbeit - und ein guter Freund. Und weil er ein so guter Freund ist, darf ich auch eine längere Passage aus seinem Buch »Bildung durch Bindung« (Vandenhoeck & Ruprecht 2012) zitieren, das die Entwicklung von Kindern mit eingängigen Beispielen illustriert:
Kinder, deren seelische Grundbedürfnisse weitgehend befriedigt (= gesättigt) wurden, erlangen eine Einstellung zu sich und gegenüber ihrer Welt, die durch folgende Grundannahmen gekennzeichnet ist:
Ich bin (wer), ich kann (was) bewirken und ich habe (etwas Bedeutsames) in mir.
Um es beispielhaft praktisch auszuführen, kann damit gemeint sein:
Ich bin jemand, der
sich von anderen Menschen und der Welt angenommen, respektiert und geliebt fühlt;
sich selbst liebt und mit anderen Menschen Freundschaft, Liebe und Glück teilen kann;
sich hoffnungsvoll auf die Gegenwart einlassen und der optimistisch in die Zukunft schauen kann;
wertschätzend und sorgsam mit sich selbst, anderen Menschen, Tieren und der Natur umgehen will;
Lebensfreude empfindet und Verantwortung für sein Leben und die eigene Lebensgestaltung übernehmen kann.
Ich kann
meine Verhaltensweisen in schwierigen Situationen weitgehend kontrollieren und steuern;
meine unterschiedlichen Gefühle zulassen und schäme mich nicht meiner Traurigkeiten und Ängste;
meine belastenden Lebenssituationen erkennen, aufgreifen und durch eigene Handlungsschritte verändern;
stolz auf meine eigenen Leistungen sein und bin nicht darauf angewiesen, dass andere mich loben;
Leistungs- und Anstrengungsbereitschaft an den Tag legen, um auch schwierigere Aufgaben selbstständig und zunächst ohne fremde Hilfe zu erledigen;
mich mit Wahrnehmungsoffenheit und Interesse an neue Herausforderungen heranwagen und mir selbst entsprechende Aufgaben stellen.
Ich habe
die Sicherheit in mir, die notwendig ist, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, Wesentliches von Unwesentlichem zu trennen und mich damit bei Aufgabenstellungen auf mich selbst zu verlassen;
die Neugierde in mir, mein Leben lang dazulernen zu wollen und besitze die Bereitschaft, mich immer wieder dort zu ändern, wo ich merke, dass es bessere Problemlösungswege gibt;
die Stärke und den Mut, immer wieder dort neue Wagnisse einzugehen, wo es nötig zu sein scheint, sich von alten Pfaden zu verabschieden;
das Vertrauen, dass Konflikte ohne Machtausübung und andere destruktive Kampfmittel zu regeln sind;
ein Zuständigkeitsempfinden für Situationen in meinem mittelbaren und unmittelbaren Umfeld, das mich dazu führt, Verantwortung für eine Verbesserung von problematischen Situationen zu zeigen und zu übernehmen.
Diesen Dreiklang aus Selbstvertrauen, Selbstakzeptanz und Selbstwirksamkeit halte ich für ungemein bedeutsam im Blick auf die Entwicklung und Entfaltung der Potenziale von Kindern, und daraus sind dann Susanne Brandts Zeilen und meine Töne geworden: »Ich bin klasse, so wie ich bin! Ja, ich schaff das, ich kriege das hin! Ja, das schaff ich, das krieg ich hin! Ich bin klasse, so wie ich bin!« Wenn das gelingt, dann staunen Eltern und Großeltern, und Kinder strahlen über das ganze Gesicht - wie meine Enkelin Emilia, als sie zwei Jahre alt war.
Unsere Tochter Rebecca schickt uns immer wieder kleine Videos über ihr Familienleben. Zum Beispiel von Emilia, die in der Küche steht und sich die Schuhe ihrer Mutter anziehen will. Ein Klassiker! Emilia versucht es erst im Stehen, aber es klappt nicht. Sie wackelt, schwankt und fällt hin. Problemlösungsstrategie: Emilia setzt sich auf den Boden und zieht die Schuhe im Sitzen an. Es klappt! So weit, so gut. Vorsichtig steht sie auf . wackelt aber sofort wieder, schwankt und fällt hin. Jetzt packt Emilia resolut die Schuhe und marschiert in den Flur. Wahrscheinlich ist ihr eingefallen, wie ihre Mama das immer macht: Sie zieht im Flur die Schuhe an, indem sie sich an der Wand abstützt, erst einen Fuß in den Schuh, dann den anderen. Also wandert Klein-Emilia, zwei Jahre alt, die beiden Schuhe in der Hand, bis zu der Stelle im Flur, wo ihre Mutter immer erfolgreich die Schuhe anzieht, hält sich an der Wand fest, schlüpft erst in einen Schuh - ja! -, dann in den zweiten Schuh - ja!! Und sie bleibt stehen. Man sieht es Emilia an, als meine Tochter sie von vorne filmt: Das habe ich geschafft! Und zwar ganz allein!
Was brauchen Kinder? Wodurch erfahren sie eine Stärkung ihrer Persönlichkeit? Wie lässt sich davon in Liedern etwas so ausdrücken, dass viele Kinder ehrlich mitsingen können - auch wenn sie in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen aufwachsen? Von der Textseite her beschreibe ich gern, höre genau...
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