Schweitzer Fachinformationen
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Wie Eleanor Oliphant die Liebe suchte und sich selbst dabei fand
Eleanor Oliphant ist anders als andere Menschen. Eine Pizza bestellen, mit Freunden einen schönen Tag verbringen, einfach so in den Pub gehen? Für Eleanor undenkbar! Und das macht ihr Leben auf Dauer unerträglich einsam. Erst als sie sich verliebt, wagt sie sich zaghaft aus ihrem Schneckenhaus - und lernt dabei nicht nur die Welt, sondern auch sich selbst noch einmal neu kennen.
Mit ihrem Debüt "Ich, Eleanor Oliphant" ist Gail Honeyman ein anrührender Roman mit einer unvergesslichen Hauptfigur gelungen. Ihre erfrischend schräge Sicht auf die Dinge zeigt uns, was im Leben wirklich zählt. Liebe. Hoffung. Ehrlichkeit. Und vor allen Dingen die Freundschaft.
"Absolut mitreißend." Jojo Moyes
Wenn ich gefragt werde - von Taxifahrern, beim Friseur -, was ich so mache, antworte ich immer, dass ich im Büro arbeite. In bald acht Jahren ist noch niemand auf die Idee gekommen, sich danach zu erkundigen, welche Art von Büro oder was genau ich dort mache. Vielleicht liegt es ja daran, dass ich der Vorstellung, die man sich von einer Büroangestellten macht, so exakt entspreche. Oder vielleicht hat auch jeder sofort ein Bild im Kopf, wenn er »arbeitet im Büro« hört: Frauen am Kopierer. Männer am Computer. Klingelnde Telefone. Wer weiß. Aber ich will mich nicht beklagen. Nach anfänglichen Versuchen habe ich es längst aufgegeben, andere in die Finessen der Debitorenbuchhaltung einzuweihen. Als ich frisch dort angefangen hatte, habe ich auf die Frage, was ich so mache, immer erwidert, dass ich in einer Grafikdesign-Agentur arbeite, und wurde dann sofort für eine Kreative gehalten. Irgendwann war ich es schließlich leid, mir anschauen zu müssen, wie lebhaftes Interesse und freudige Überraschung meines Gegenübers unverhohlener Langweile wichen, wenn ich erklärte, dass ich ausschließlich im Büro arbeitete und nicht mal in die Nähe von Zeichenstiften und Grafikprogrammen käme.
Ich bin jetzt bald dreißig Jahre alt und habe mit einundzwanzig hier angefangen. Kurz nach der Gründung der Agentur hat Bob, mein Chef, mich eingestellt. Wahrscheinlich tat ich ihm leid. Ich hatte einen Abschluss in Altphilologie und keine nennenswerte Berufserfahrung, zum Vorstellungsgespräch kam ich mit einem blauen Auge, zwei fehlenden Vorderzähnen und einem gebrochenen Arm in Gips. Möglich auch, dass er sich bereits damals dachte, dass jemand wie ich unmöglich Ambitionen haben könnte, die über einen mäßig bezahlten Bürojob hinausgingen. Ich wäre so froh, die Stelle zu haben, dass ich bestimmt nicht kündigen und ihm so die Mühe ersparen würde, sich nach einem Nachfolger umzusehen. Vielleicht ahnte er auch, dass ich meinen Jahresurlaub verfallen lassen, niemals in Flitterwochen fahren oder Elternzeit nehmen würde. Vielleicht. Ich weiß es nicht.
In der Agentur herrscht ein einfaches Zweiklassensystem: Die Kreativen sind die Stars, wir anderen die Statisten. Wer in welche Kategorie fällt, ist auf den ersten Blick ersichtlich, was aber, wie man fairerweise sagen muss, nicht zuletzt auch eine Frage des Gehalts, sprich des schnöden Mammons ist. Uns im Büro bleibt von unserem knappen Lohn nicht viel übrig für modische Kurzhaarschnitte oder trendige Designerbrillen. Unter den Kreativen hingegen gibt es gewisse Marken, Stile, Labels, die unhinterfragt zu bevorzugen sind; Normen, denen sie, obwohl sie sich alle als individuelle und kreative Freigeister verstanden wissen wollen, ausnahmslos entsprechen. Wie eine alberne Uniform.
Aber was interessieren mich die Kreativen, was interessiert mich Grafikdesign. Ich bin Buchhalterin. Im Grunde ist es egal, worüber ich die Rechnungen ausstelle. Güter, Waren, Dienstleistungen. Wir könnten ebenso gut Waffen liefern, Rohypnol oder Kokosnüsse.
Ich arbeite von Montag bis Freitag, fange morgens um 8.30 Uhr an und nehme eine Stunde Mittagspause. Am Anfang habe ich mir belegte Brote von zu Hause mitgebracht, aber die Vorräte verdarben immer, ehe ich sie aufbrauchen konnte, weshalb ich dazu übergegangen bin, mir mittags ein Sandwich zu kaufen. Freitags erledige ich nach der Arbeit meinen Wochenendeinkauf bei Marks & Spencer, mittags sitze ich mit meinem Sandwich im Pausenraum, lese die Zeitung von der ersten bis zur letzten Seite und löse die Kreuzworträtsel. Meist nehme ich den Daily Telegraph, was sich weniger aus einer besonderen Vorliebe erklärt als daraus, dass keine andere Zeitung bessere Um-die-Ecke-gedacht-Rätsel bietet als der Telegraph. Bis ich mein Sandwich gekauft, die Zeitung gelesen und beide Kreuzworträtsel gelöst habe, ist die Stunde fast um, ohne dass ich mich mit jemandem unterhalten musste. Ich kehre an meinen Schreibtisch zurück und arbeite weiter bis 17.30 Uhr. Die Fahrt mit dem Bus nach Hause dauert circa eine halbe Stunde.
Zu Hause bereite ich mein Abendessen zu und höre dabei die jeweils aktuelle Folge der Archers im Radio an. Meist mache ich Pasta mit Pesto und Salat. Ein Topf, ein Teller, ganz einfach. Meine Kindheit war voller kulinarischer Widersprüche, und es gab Zeiten, da auch ich Tafelfreuden wie frische Meeresfrüchte und in Folie gegarten Fisch mit marktfrischem Gemüse genossen habe. Aber nach gründlicher Abwägung aller politischen, soziologischen und ökonomischen Aspekte der Tischkultur bin ich zu dem Schluss gelangt, dass Essen für mich nicht oberste Priorität hat. Mittlerweile tendiere ich zu Nahrungsmitteln, die gut, günstig, leicht verfügbar und einfach zuzubereiten sind, einen aber dennoch mit allen lebensnotwendigen Nährstoffen versorgen.
Nach dem Abwasch lese ich ein Buch oder sehe fern, wenn der Telegraph an diesem Tag eine bestimmte Sendung empfohlen hat. Mittwochabends spreche ich meistens (eigentlich immer) noch ein Viertelstündchen mit Mummy. Gegen zehn gehe ich zu Bett, lese noch eine halbe Stunde, dann mache ich das Licht aus und schlafe in der Regel sofort ein. Schlafprobleme habe ich nur selten.
Freitags nehme ich nach der Arbeit nicht sofort den Bus, sondern gehe in den Supermarkt gleich um die Ecke von der Agentur, kaufe mir eine Pizza Margharita, einen Chianti und zwei Flaschen Wodka. Zu Hause esse ich dann die Pizza und trinke den Wein, danach noch ein bisschen Wodka, wobei ich freitags nie viel brauche. Ein paar Schlucke genügen. Meistens wache ich dann so gegen drei Uhr morgens auf dem Sofa auf und schleppe mich ins Bett. Den Rest des Wodkas trinke ich sehr gleichmäßig über das Wochenende verteilt, sodass ich nie ganz nüchtern, aber auch nicht betrunken bin. Bis Montag ist es lange hin.
Mein Telefon klingelt nur selten - und wenn doch, ist es so ungewohnt, dass ich vor Schreck zusammenfahre. In der Regel ist es nur ein Marktforschungsinstitut oder jemand, der irgendetwas verkaufen will. »Ich weiß, wo Sie wohnen«, flüstere ich dann in den Hörer und lege ganz behutsam, fast lautlos auf. Außer dem Mann, der den Zählerstand abliest, war dieses Jahr noch niemand in meiner Wohnung. Sie denken, das sei unmöglich? Nein, ist es nicht. Es ist wahr. Und doch lebe ich, oder? Ich existiere, auch wenn es sich oft so anfühlt, als wäre ich gar nicht da, als wäre ich nur eine Ausgeburt meiner Fantasie. An manchen Tagen fühle ich mich so leicht, fast schwerelos, als würde ich nur von spinnwebdünnen Fäden auf dem Boden der Realität gehalten. Ein starker Windstoß, und ich stöbe davon, entwurzelt, wie die federleichten Schirmchen einer Pusteblume.
Unter der Woche sind die Fäden etwas stärker und der Boden unter meinen Füßen fester. Telefonisch verhandele ich Budgetvorgaben und Kreditrahmen, ich verschicke E-Mails mit Verträgen und Kostenvoranschlägen an unsere Kunden. Die Kollegen, mit denen ich mir das Büro teile - Janey, Loretta, Bernadette und Billy - würden merken, wenn ich nicht an meinem Schreibtisch säße. Nach ein paar Tagen (nach wie vielen wohl?) würden sie sich vermutlich Sorgen machen, weil ich ohne Krankmeldung fehlte, ganz und gar nicht typisch für mich, und würden meine Anschrift aus der Personalakte heraussuchen. Und dann? Würden sie die Polizei rufen? Würden Uniformierte meine Wohnungstür aufbrechen? Würden sie mich dort finden, nach ein paar Tagen nicht mehr taufrisch, und sich wegen des Gestanks Mund und Nase bedecken? Da hätten sie im Büro aber was zu reden! Meine Kollegen mögen mich nicht, das weiß ich, aber meinen Tod würden sie sich dann doch nicht wünschen. Zumindest glaube ich das.
*
Gestern früh war ich beim Arzt. Ich kam zu dem jungen Doktor, dem blassen mit den roten Haaren, worüber ich froh war. Je jünger, desto frischer ihr Wissen, so sollte man meinen, und das kann doch nur gut sein. Ich ärgere mich jedes Mal, wenn ich stattdessen zu Dr. Wilson geschickt werde. Ich würde sie auf sechzig schätzen und kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie noch mit dem aktuellen Forschungsstand vertraut und über alle neuen Medikamente und Behandlungsmethoden auf dem Laufenden ist. Sie kommt ja kaum mit ihrem Computer zurecht.
Der junge Doktor schaut einen dafür kaum an. Während er mit mir redete, las er sich die Patientendaten am Bildschirm durch und schlug die Eingabetaste mit zunehmender Heftigkeit an, je weiter er nach unten scrollte.
»Was kann ich denn diesmal für Sie tun, Miss Oliphant?«
»Der Rücken, Herr Doktor«, sagte ich. »Ich komme fast um vor Schmerzen.«
Nicht mal jetzt schaute er mich an. »Wie lange haben Sie die Beschwerden schon?«
»Ein paar Wochen.«
Er nickte und starrte weiter auf den Bildschirm.
»Ich meine aber zu wissen, was die Ursache für meine Rückenbeschwerden ist«, sagte ich, »ich wollte nur noch Ihre Meinung dazu hören.«
Endlich hörte er auf zu lesen und sah mich an. »Und was ist Ihrer Ansicht nach die Ursache für Ihre Rückenbeschwerden, Miss Oliphant?«
»Meine Brüste, Herr Doktor«, sagte ich.
»Ihre Brüste?«
»Ja«, sagte ich, »ganz genau. Ich habe sie kürzlich mal gewogen und kam auf fast drei Kilo - beide zusammengerechnet natürlich, nicht jede für sich!« Ich lachte. »Wenn man Ihnen drei Kilo zusätzliche Fleischmasse vor die Brust schnallen würde und Sie den ganzen Tag damit herumlaufen müssten, täte Ihnen vermutlich auch der Rücken weh, oder?«
Eine Weile sah er mich nur an, dann räusperte er sich.
»Wie . ich meine, wie haben Sie .?«
»Auf der Küchenwaage«, sagte ich. »Ich habe sie einfach draufgelegt. Allerdings nicht beide. Ich habe nur eine gewogen und bin davon ausgegangen,...
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