Schweitzer Fachinformationen
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Zweimal im Jahr, im Frühjahr und im Herbst, wurde die Jauchegrube entleert. Vater machte das mit einer langstieligen Schöpfkelle, umgefüllt in Blecheimer, die dann in die Beete des Gartens entleert wurden. Die dicken Brocken gut erkennbar, ebenso - weniger deutlich und fast unlesbar - die Überreste der "Oldenburger Volkszeitung".
Später wurde dann alles mit meiner Hilfe in den Rinnen zwischen den Beeten gut untergehäufelt. ("Ein prima Dünger, Junge. Pass mal auf, wie das jetzt wächst!") Und er hatte recht: Alles gedieh prächtig. Kein Nachdenken über die Herkunft dieses Düngers, der ja nun in den Adern der Pflanzen pulsierte, die wir später aßen. Keinerlei Ekelgefühle, alles war Natur, alles war bestens.
Hinter der Grube stand der von Vater selbst erbaute Schuppen aus Wellblech, in dem unser Brennholz, der Torf und verschiedene Werkzeuge gelagert wurden. ("Geh mal eben in den Blechstall, Junge, und hol einen Armvoll Holz für die Feuerung.")
Im Herbst zog ich mit Vater mit einem Bollerwagen in den Wald, um Kleinholz zu sammeln, das bedurfte keiner Erlaubnis. Für die größeren Stücke sprach er vorher mit gezogener Mütze mit dem Revierförster, der wohlwollend alles gestattete. "Schriftliche Genehmigung": ein Fremdwort! Das gesammelte Holzwerk wurde dann in tagelanger Arbeit von Vater klein gesägt und klein gehackt. Dabei durfte ich nicht helfen. ("Zu gefährlich. Geh mal einen Schritt zur Seite!")
Im Gegensatz dazu mein Onkel Oskar auf dem Hof in Daren, wo ich jahrelang immer wieder meine Ferien verbrachte. Er war offensichtlich weniger sorglos: "Hau mol richtig tau, min Jung! Du mosst den Kloben fasthollen, doormet du hem ook richtig treffen deist", kommandierte er in seinem Oldenburger Platt. Beim zweiten Versuch landete die scharfe Schneide des Beils in meinem linken Zeigefinger. Blut überall! Der Dorfarzt wurde gerufen, um die tiefe Fleischwunde zu nähen. Onkel Oskar musste sich eine gehörige Strafpredigt von seiner Frau, meiner Tante Trude, anhören, jedoch ohne nachhaltigen Erfolg: Er blieb weiterhin so unbedarft, wie er nun einmal war. Die Narbe trage ich noch heute mit mir herum. Sie ist als "unveränderliches Kennzeichen" in meinem Reisepass eingetragen.
Wenn das Werk des Holzmachens für den Winter vollendet war, wurden die ofengerechten Kloben mit meiner Hilfe im Blechstall eingelagert. Dann wischten wir beide uns den Schweiß von der Stirn und Vater strich mir anerkennend über die Haare.
Hinter unserem Blechstall war noch ein weiterer selbst gebauter Schuppen: unser Hühnerstall mit einem Auslauf für die Bewohner, der wegen der Habichte mit Maschendraht überdeckt war. Sechs Hühner, die auch regelmäßig frische Eier legten, zusätzlich ein Hahn. Ich hatte den Auftrag, jeden Tag die Wegraine abzusuchen, um Grünzeug zu sammeln, möglichst Löwenzahn, aber auch Huflattich. Alles das, was das Gackervolk gerne mochte. Einmal die Woche einen Püngel Mais und anderes Getreide auf dem Gepäckträger des Fahrrades, das ich dann später hatte, von der landwirtschaftlichen Genossenschaft neben dem Bahnhof abgeholt. Fünfzig Pfennig pro 10-Kilo-Säckchen. Entsprechend wunderschön gelb waren die Eidotter. Ein weiteres fast kostenloses Grundnahrungsmittel.
Das Grünzeug war auch für die Kaninchen bestimmt, vier Häsinnen und ein Rammler für die Nachzucht, die in kleinen Verschlägen neben dem Hühnerstall gehalten wurden. Bei entsprechenden Zusammenkünften der paarungsbereiten Tiere waren interessante Beobachtungen zu machen, danach stellte sich der Nachwuchs ein.
Sie zu füttern, war immer eine besondere Freude: die kleinen Mäulchen; die hervorstehenden Nagezähnchen, die beim Füttern an den Fingerkuppen knabberten; die dunklen lebhaften Knopfaugen; das samtene Fell.
Die finalen Schicksale dieser putzigen Geschöpfe waren die Fest- und Geburtstage - die wenigen Tage, an denen ein wirklicher Braten auf dem Esstisch stand.
Das Mitleid - auch bei mir, trotz aller Liebe für die Viecher - hielt sich in Grenzen. ("Armes Häschen, aber lecker!")
Unser Garten: ein schmaler Schlauch innerhalb des großen Grundstücks, das wir uns mit unseren Nachbarn teilten. Sicherlich hundertfünfzig Meter lang, aber nur zehn Meter breit. Trotzdem ansehnlich groß und für unsere Selbstversorgung ausreichend, durch einen langen Mittelgang mit jeweils einer Wäscheleine rechts und links vom Gartenstück unserer Nachbarn getrennt. Keinerlei Schnickschnack, einige Schnittblumen nur in ungenutzten Ecken, ein paar Staudenpflanzen. Reine Zweckmäßigkeit herrschte vor.
Im vorderen Teil: Apfel-, Pflaumen- und Birnbaum. Viele Beerensträucher, Himbeeren, Stachelbeeren, schwarze Johannisbeeren. Keine Brombeeren. ("Dieses verdammte Stachelzeugs.") Alle Beerensorten waren die Basis für herrliche Kompotte und selbst gemachte Säfte. Für den Holundersaft, der als wirksames Heilmittel bei Erkältungskrankheiten von Mutter eingeflößt wurde, mussten wir Kinder an den Wegrändern die Dolden von den Büschen abzupfen. Im Sommer ging es mit der ganzen Familie in den Wald, um dort Bickbeeren zu sammeln; gezuckert sehr köstlich, vor allem, wenn es Schmand aus eingedickter Milch dazu gab.
Gemüse der vielfältigsten Art gab es im Garten: Bohnen, an langen Stangen hochrankend, später verarbeitet zu Bohneneintöpfen oder eingeweckten Schnippelbohnen. Erbsen, hochwachsend an bizarr verästelten Reisigen, die leckeren weichen Schoten und die kleinen süßen Erbsen vorher schon - trotz Verbots - genascht. In geradlinig gezogenen Reihen: Beete mit Kopfsalat, Zwiebeln, Schlangengurken. An Tomaten kann ich mich nicht erinnern. Auch Lauch, Radieschen und Möhren, genannt "Wurzeln", auf Platt "Wotteln". Ein beliebter Eintopf war "Arfgen un Wotteln". Ein paar Kürbisse, für den Winter Rosen - und Grünkohl. Alles von Mutter frisch oder eingeweckt verarbeitet. Vitamine im Überfluss, dazu noch kostenlos.
Im hinteren Teil - gut ein Drittel der gesamten Gartenfläche - war Platz für unsere Überlebensknolle, die Kartoffel. In der Wachstumsphase sammelten alle Familienmitglieder zusammen die Kartoffelkäfer ab, die dann den Hühnern zum Fraß vorgeworfen wurden. Im Herbst wurden die Knollen von Vater mit der Forke ausgemacht und später das getrocknete Kartoffellaub, wie auf den Feldern der Bauern auch, angezündet und unter großer Rauchentwicklung verbrannt. Niemand beschwerte sich über die schädliche Emissionsbelastung. Danach war für uns Kinder das Rösten der Kleinkartoffeln, die beim Aufsammeln liegen geblieben waren, in der Glut und das anschließende Verspeisen der viel zu heißen Köstlichkeiten mit blasenden Backen und dennoch verbrannten Zungenspitzen ein lang erwartetes Vergnügen.
Steckrüben - die als "Oldenburger Südfrüchte" spöttisch benannte regionale Spezialität - baute Mutter nicht an. Diese wurden bei Bedarf beim Bauern für ein paar Groschen gekauft, um später zu gestovtem, mit Möhren und Bauchspeck veredeltem Eintopf verarbeitet zu werden.
Klare Arbeitsteilung im Garten: Mutter war die Chefin, das war ihr Reich. Vater der Mann fürs Grobe, die Kinder für die Hilfsdienste. Vaters Aufgabe für das Grobe meinte vor allem das Umgraben des gesamten Gartens im Frühjahr vor der Neubepflanzung, eine Knochenarbeit für den eh tagtäglich schwer arbeitenden Mann. Vorher das Düngen: in Säcken mitgebrachter strohiger Mist von den Bauern, bei denen Vater während seiner Arbeitslosigkeit aushilfsweise arbeitete. Manchmal auch frische Pferdeäpfel, eigentlich gut aussehend und auch angenehm riechend.
Ich durfte helfen beim Einfüllen dieses Mistes und der darunterliegenden Unkrautschicht durch das Abscheppen mit der Flachschaufel in die zuvor von Vater mit dem Spaten ausgehobenen tiefen Rinnen. Anschließend wurde alles schön geglättet und geharkt, auf das Setzen der neuen Pflanzen wartend. Für mich, und später auch für meine Schwester, gab es dann nur noch Hilfsarbeiten. ("Kinder, tretet bloß nichts kaputt und nascht nicht so viel!") Für den, der es trotzdem getan tat, setzte es eine mütterliche Ohrfeige ohne weiteren Kommentar.
Der Garten war Mutters Lebensmittelpunkt. Fast pausenlos nach Erledigung der übrigen Hausarbeiten war sie dort werkelnd zu sehen. Angenehmer Nebeneffekt für mich: In diesen Phasen blieb keine Zeit für die Erziehung, auch vor Ohrfeigen war man weitgehend geschützt.
Freies Spielen war angesagt. ("Raus aus dem Haus, lauf mir nicht zwischen den Füßen herum! Pünktlich um sechs zurück, sonst gibt's nichts mehr zu essen, und mach mir bloß keinen Blödsinn!") Herrliche Freiheiten! Was wäre ohne dieses freie Spielen - bei dieser Erziehung - aus mir geworden? Das hat - glaube ich - fast alles Negative wieder kompensiert.
Ohrfeigen...
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