Schweitzer Fachinformationen
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Mit James darfst du . Mit James darfst du . Mit James darfst du nicht spielen .
Jana rannte über die duftende Blumenwiese auf die Landstraße zu, die sich wie ein dickes, graues Band zwischen den Wittower Feldern hindurch zum Fähranleger schlängelte. Es war trotz der einbrechenden Dunkelheit noch warm, und sie fror in ihrem ärmellosen roten Kleid kein bisschen, aber es zog Regen auf, und da spielten die Mücken verrückt. Immer wieder musste sie eine auf ihren nackten Armen totklatschen.
Mit James darfst du . nicht spielen . Mit James .
Als Jana die Straße erreichte, blieb sie stehen. Sie blickte gewissenhaft nach links und rechts. Das hatte Mutti ihr eingebläut: Immer gucken - die Urlauber fahren wie die Irren, wenn sie die letzte Fähre erwischen wollen. Tatsächlich tauchte in der Kurve ein schwarzes Auto auf, dessen Lichter sich viel zu schnell näherten. Die Fähre nach Vaschvitz ging um neun, jetzt war es drei Minuten vor. Touristen, dachte Jana und rollte die Augen. Alle hier im Dorf brauchten diese Leute, weil sie Geld auf die Insel brachten, aber irgendwie blieben sie einem doch fremd.
Obwohl - Jana plante ja selbst ein Leben als Fremde in fremden Ländern. Oder genauer: auf fremden Meeren. Sie wollte nämlich Kapitänin werden, Herrscherin über ein Kreuzfahrtschiff. Vielleicht würde sie auch zuerst auf einem Frachter anheuern. So große Schiffe zu steuern war nämlich schwer. Dafür brauchte man mächtig Übung. Aber egal. Hauptsache, Wasser unterm Kiel, hatte ihr Opa immer gemeint. Und das sagte Jana auch: Ich brauch Wasser unterm Kiel. Ihr war egal, ob Mutti darüber lachte - sie würde es schaffen.
Das Auto rauschte an Jana vorüber und bremste ab, als es sich dem Platz mit der Schranke näherte, hinter der die Fähre wie ein Wal mit aufgerissenem Maul wartete. Jana eilte weiter. Ob James wohl schon in Klaus Brudnicks Garten wartete? Dort wollten sie sich nämlich treffen, im Garten von ihrem Patenonkel.
Mit James darfst du nicht .
Trotzig reckte sie das Kinn, während sie die letzten hundert Meter zu Klaus' Grundstück zurücklegte. James war nett, total easy. Er ging genau wie sie aufs Gymnasium, und als er erfahren hatte, dass sie nur ein Dorf weiter wohnte, hatte er sie angesprochen. Mann, war das aufregend gewesen. Er war nämlich schon in der 11. und sie erst in der 5. Klasse. Vor lauter Hippeligkeit und weil sie nicht wusste, was sie sagen sollte, war ihr das von ihrer Bande rausgerutscht. Sie, Aline, Jasper und Margitta waren die Kaperbande, die das Wittower Land unsicher machte. Ihr hatte die Bemerkung sofort leidgetan, weil James Banden sicher für Kinderkram hielt. Aber überraschenderweise fand er es supergeil, dass sie angeln gingen und auf Bäume kletterten. Und da hatte sie ihn eingeladen, auch mal mitzukommen.
James war also an einem der ersten Ferientage zu ihnen gestoßen, und es war überhaupt nicht peinlich gewesen. Im Gegenteil, ihm waren Sachen eingefallen, die sie sich allein nie getraut hätten. Zum Beispiel mit dem Ruderboot von Klaus auf den Bodden rauszufahren. James hatte ihnen gesagt, dass sie Badesachen mitbringen sollten, und so waren sie ins Wasser rein, und er hatte ihnen nachher geholfen, sich trocken zu rubbeln. Sie hatten einen Riesenspaß gehabt.
James war auf dem Wasser wahnsinnig vorsichtig gewesen. Sie waren mit ihrem Boot nur an einsame Stellen gerudert, wo sie niemandem, vor allem nicht der Fähre, in die Quere kommen konnten. Und er hatte sie nach dem Spielen sicher zu Klaus' Grundstück zurückgebracht und das Vorhängeschloss des Bootes, das er irgendwie mit einem Schraubenzieher aufgekriegt hatte, durch die Kette gezogen und wieder verriegelt.
Leider hatte Oma Viola, die gleich nebenan wohnte, sie beobachtet, als sie aus Klaus' Garten huschten, und sie an ihre Eltern verpetzt. Mutti war furchtbar böse geworden, obwohl sie das mit dem Boot gar nicht mitbekommen hatte. «Was glaubst du wohl, warum ein großer Kerl wie der sich mit kleinen Mädchen abgibt?», hatte sie geschimpft.
«Weil er mit uns Spaß haben will», hatte Jana erwidert.
«Genau!», hatte Mutti geschrien und ihr den Umgang mit dem neuen Freund verboten.
Das war echt ungerecht, weil Mutti James ja nicht einmal kannte. Und die anderen Mütter waren genauso gemein gewesen. Plötzlich war die Bande in Verruf geraten, und sie hatten allesamt Hausarrest bekommen.
Als der vorbei gewesen war, trafen sie sich wieder zum Spielen, aber James durften sie nicht mehr einladen, und sie spielten auch nur noch am Computer, was die anderen plötzlich viel cooler fanden. Auf Bäume klettern, Birnen auf offenem Feuer braten und angeln war vorbei. Aber gestern hatte James ihr per SMS eine Nachricht geschickt. Er wollte sie treffen, ohne Jasper und die anderen Angsthasen, die sich wegen eines kleinen Anpfiffs gleich in die Hose machten. «Hast du Lust?»
«Klar», hatte Jana geantwortet, «geht aber nur abends.» Wenn ihre Mutter nämlich dachte, dass sie im Bett wäre.
James hatte sofort reagiert. «Beim Boot von Klaus. 21:00. Hab 'ne Überraschung für dich.»
Wollte er vielleicht wieder mit ihr auf den Bodden raus? Das musste toll sein in der Nacht. Sie könnten die Sterne anschauen wie die Piraten früher. Gut, dass Klaus über dieses Wochenende einen Freund in Rostock besuchte. Da konnten sie sein Boot nehmen, ohne dass er etwas merkte. Und sie machten ja auch nichts kaputt.
Mit James sollst du . Ach was! Eine Kapitänin musste mutig sein. Schlappschwänze wie Jasper, Margitta und Aline hatten keinen Platz auf einer Kommandobrücke.
Jana kletterte über den Zaun, der Klaus' Grundstück umgab, und lief den schmalen, geharkten Weg hinab in den hinteren Garten. Dort stand ein sechseckiges weißes Gartenhäuschen mit grün gestrichenen Fensterläden, in dem Klaus seine Gartenmöbel und die Gartengeräte aufbewahrte. Die Abendsonne schien auf das Dach und ließ die Schindeln und den vorderen Teil des Holzhäuschens leuchten. Der Garten war voller wilder Blumen, die entweder schwarz oder rosa aussahen, je nachdem, wie das Licht darauf fiel. Das war wunderschön. Aber am tollsten war das Meer.
Jana blieb einen Moment stehen und blickte auf den Bodden hinaus, der direkt hinter einem Streifen Schilf am Rand von Klaus' Grundstück begann. Die Sonne ging in ihrem Rücken unter, das Meer vor ihr war also nicht rot, was sie besonders liebte, sondern schlicht silbergrau. Trotzdem verschlug es ihr vor Freude den Atem. Der Blick ins Weite . die Möwen, die über der Wasseroberfläche segelten . Sie liebte das Meer, sie liebte es so sehr.
Und dann entdeckte sie das Boot. Nicht das kleine, alte Ruderboot, sondern einen echten Kutter, der mit zwei dicken Tampen an Klaus' Anlegesteg vertäut war. Ihre Augen weiteten sich. Boah, war das toll! Wie's aussah, hatte Klaus seinen Traum wahr gemacht und sich einen Kahn gekauft, um darauf an seinen freien Tagen um die Insel und rüber nach Bornholm zu schippern. Davon redete er ja schon die ganze Zeit. Mann, wie . superkrass!
Sollte das die Überraschung sein, von der James gesprochen hatte? Der Kutter war alt, die blaue Farbe abgeblättert, eine der Glasscheiben an der Kajüte zerbrochen und die beiden Masten rostig. Aber das machte nichts. Klaus war geschickt. Der konnte alles reparieren und auf Vordermann bringen. Das Boot hieß Seebär - sie konnte den Namen gerade noch entziffern. Würde Klaus an den Wochenenden auf der Seebär Touristen rumfahren? Und sie vielleicht mitnehmen?
«James?», flüsterte Jana. Sie traute sich nicht, laut zu rufen, denn Oma Viola wohnte ja ganz in der Nähe. Zögernd ging sie auf den Kutter zu. «James? Bist du da?»
Keine Antwort. Sie schaute auf ihre Jack-Sparrow-Uhr mit den Leuchtzeigern, es war fünf nach neun. Ihr Freund müsste eigentlich schon da sein, James war doch immer pünktlich. Irgendwie war ihr die Stille unheimlich. Sie blickte zu der Planke, die vom Steg auf das kleine Schiff führte und aussah, als wollte sie sie in ein Abenteuer locken. Die Luft roch nach Brackwasser und Seetang. Eine Möwe hockte auf der Mastspitze.
Zögernd machte Jana sich auf den Weg. «James?», fragte sie, als sie das Deck erreicht hatte. Vor ihr ragte das Ruderhaus in die Nacht. Sie ging zur Tür und öffnete sie. «Hallo?» Der kleine Raum roch muffig. Sie konnte nur das Ruder, einige staubige Instrumente und einen alten Tisch erkennen. Wo war James?
Nachdem sie die Tür wieder geschlossen hatte, ging sie um das Ruderhaus herum. Und da fand sie ihn endlich. Er stand an der hinteren Reling vor einer Rettungsboje und starrte auf eine große, hölzerne, auf die Seite gekippte Tonne. Janas Herz schlug höher. Mann, war das krass. Das war ein Ausguck, ein funkelnagelneues Krähennest. Offenbar hatte Klaus das Ding zusammengezimmert, um es oben am Segelmast anzubringen. Heutzutage brauchte man solche Krähennester gar nicht mehr, man fuhr ja nicht mehr auf Sicht, sondern mit Instrumenten, aber Touristen fänden es bestimmt toll. Vielleicht würde Klaus sie da mal reinsteigen lassen, wenn er sie mit nach Bornholm nahm. Dann könnte sie so tun, als wäre sie auf der Black Pearl, und .
Warum war James so still? Der sagte ja gar nichts.
«Hallo, da bin ich.»
James rührte sich nicht. Es war, als wäre er festgefroren - wie das Mädchen in dem Film mit der Eiskönigin, nachdem man es mit dem Zauberstab berührt hatte. Auch seine Haltung war komisch. Zitterte er etwa? Viel konnte Jana nicht...
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