Schweitzer Fachinformationen
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(eine Beigabe zum Heft betitelt »das zweite Kapitel Jona«, begonnen am 23. Febr. 30. Am 31. März sind in dieses Heft die letzten Aufzeichnungen geschehen; am 10. April, in ganz geänderter Schrift, beginnen sie wieder von neuem; was dazwischen liegt, soll nun in kurzen Notizen rekonstruiert werden, gestützt auf eine Chronologie durch G. geliefert, auf eigene Erinnerung und auf Überlieferungen anderer; aber nur strengstens Tatsachen sollen verzeichnet werden unverfälschteste Wahrheit; keine Kommentare dabei. Jede psychologische Motivierung für das Zustandekommen dieser Zustände wird hier unterlassen.
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Mittwoch 2. April 1930 mit R. eine Aussprache, nachdem er mich gesucht hatte; ich war kalt wie Stein ihm gegenüber und warf ihm in nackter Unerbittlichkeit sein Verhalten an einem der vergangenen Tage vor: »Wenn die Dinge so oder so sind, wer kann ändern; bin ich denn etwa ein Kerkermeister, nehme ich mir Rechte? Aber Eines ist unverzeihlich an dir: (auch das kann ich nicht anders verlangen, aber ich sage dir, dass ich es niemals von einem Freund verstehe) dass du nicht mit mir geredet hast! Und doch benahmest du dich, als ob du noch mein Freund wärest! Nicht nur geschwiegen, nein, sogar auf raffinierteste Art mich sicher gemacht! Ich erinnere mich genau an deine Worte an jenem Samstag Abend - als G. mit F. weggefahren war und du meinen Zustand sahst - Wirklich (wie plötzlicher Einfall) wirklich, ja es gibt Leute, die so sind! .??. und .??. und das Sexuelle ist eine ganz kleine, ganz belanglose Sache .??. und .??. Das ist sicher! Gewisse Dinge muss man nicht nur sagen, sondern auf den Dächern schreien! . Und ich wurde beruhigt davon. Denn wenn ein Mensch so sprechen kann - -«
Er klagend: »Ich liebe Deine Frau!« - »Damals hättest du es sagen sollen!!!! Heute ist es nichts mehr wert.« »Aber ich dachte doch, dass du wüsstest - -« Das schien mir Schläge zu verdienen.
»Überhaupt, du liebst sie gar nicht . du begehrst sie??.« - »Das! - - - - Ja, da .??. bleibt mir nur noch eines - - - - - Gewalt gegen mich selber zu tun.« »Mach kein Theater!« Der Schlag hatte richtig getroffen, er wusste nichts mehr zu sagen.
Späterer Abend. G. Er stand drüben beim Dôme. »Siehst du, da drüben steht er.« Sie wollte, dass er herkäme und mich nicht stehen lassen. »Wart nur, ich will ihn holen! Und du wirst hören, was ich ihm sagen werde! Zerschmettern werde ich ihn mit der richtigen Bezeichnung seines Verhaltens!« Ich hatte schon zu trinken begonnen. Sie wartete zögernd. Zusammen alle drei in Rotonde, hinten nahe Toilette, wo man sonst nie sitzt. Ich trank gewaltig, den gewaltigen Donner immer größer werden lassend in mir, mit dem ich ihn heimsuchen würde. Er wurde so groß, dass er mich selber übermannte. Ich sprach zu ihm, zu beiden; das Leid hatte mich ergriffen, ich saß Kopf auf Tisch; ich redete und hatte nicht Zorn mehr, sondern in gesteigertem Rausch hatte ein größeres Gefühl mich überflutet; ich sah mich in der Ferne und redete aus der Ekstase der größten Tat. Der Rausch wurde stärker. Ich nahm 3 Gramm Veronal. R. dachte nicht ans Trinken. Aber er geleitete mich mit G. im Taxi nach Montrouge. Denn sie hielten es nicht mehr anders für möglich mich nach Hause zu schaffen; schon wusste ich die Dinge nicht mehr alle recht! Ich erinnere mich keineswegs, wie wir in den Taxi stiegen. Nur in ihm, in aus der Finsternis hervorbrechender letzten Steigerung, die verschiedene Elemente in sich hatte, fasste, umarmte ich ihn, küsste ihn (und nicht nur offiziell, denn der Rausch war fürchterlich!) Ich soll auch, wie G. berichtete, woran ich mich nicht mehr erinnerte, seinen Arm um sie gelegt haben. In bedenklichem Zustande in Montrouge angekommen, wo R. uns verließ, Grande Rue.
Am nächsten Tag, 3. April, in der Bar der Rotonde gesoffen, Kora dabei, G., Schweizerin (Ida Ernst) und R. Diesmal fuhr ich ganz anders auf ihn los, war stärker betrunken und in anderer Art. Es kam so weit, auf all meine maßlosen Vorwürfe und Beschimpfungen hin, dass er, auf mein halb im Spaß halb im Ernst gemachtes Zitat »Je veux vous montrer ma volonté« und wohl auch auf meinerseits vorgekommene Handgreiflichkeiten hin, dass er sich auf mich stürzen wollte! Woraufhin ich ihn aus der Bar hinauswarf. Das war das letzte Mal, dass ich ihn sah. Er ging weg mit irgendeiner Motivierung und kam nicht wieder. Ich erinnere mich nur noch dunkel, es war eine ganz dunkle Nacht.
Aber ich erinnere mich genau, dass ich nun maßloser zu saufen begann als je; ich besaß ein wenig Geld. Man verweigerte mir Getränke in der Rotonde; ich ging mit Drohungen weg und in den Kosmos; Kora kam mit; trank mit, ohne Diplomatie, wirklich mit; das war einer der klaren Punkte, an die ich mich nachher erinnerte, und etwas wunderbar Mildes in aller Verlassenheit.
Ich kam zurück in die Rotonde, vielleicht etwa 2 Uhr, 3 Uhr und sah deutlich G. mit der Schweizerin vorn im langen Saal sitzen und trat hinzu. Aber sogleich legten sich Hände mir auf die Achsel; ich wandte mich und sah zwei Polizisten, die mich nun hinauswarfen, mit Stößen und Griffen und draußen aber nach einigen Stößen stehen ließen. Die zwei Mädchen und Kora kamen nach. Und nun folgte das Wesentlichste an dramatischer Entwicklung, der entscheidendste Punkt. Es war am 4. April früh morgens und auf den 4. April sagte meine am 25. März gemachte Prognose (Sonne 14 V, u.??s.??w., siehe dort) »Sehr günstig für die in Prognose angezeigten Erfüllungen X, 11; schadend Saturn.«
Ich sagte zu G.: »DU BIST AN ALLEM SCHULD!« -
Darauf schlug sie mich ins Gesicht (nicht stark, aber mehrere Male, behauptete Kora. Ich wusste nicht mehr Détails).
Darauf schlug ich auch, nur einmal (ich hätte mehr gestoßen, nach Kora). Ganz scharf erinnerte ich mich stets an das Folgende: Ich sah G. zwei Stufen weit unten liegen auf der Metrotreppe und erschrak. Ich war als erster bei ihr trotz meiner Besoffenheit. Aber ehe ich sie aufheben konnte, wurde ich von hinten erfasst, bekam Hiebe, Schuhtritte, war machtlos preisgegeben: die Polizei. Ohne irgend Zögern wurde ich weggeführt, vielmehr - gerissen, in starkem Tempo die Straße hinunter, was bei meinem Zustand schon eine Marter war, dazu unter steten Misshandlungen. Die drei Mädchen gingen nebenher. Noch jetzt am 1. Juni, sind Spuren eines Fußtritts da am linken Schenkel, die andern blieben auch lange, sind aber vergangen außer einer kleinen Spur am linken Handgelenk: Das war das Ärgste; ein mittelalterliches Marterinstrument um das Handgelenk, das ich nicht sah unter dem Mantelärmel und zudem sah ich überhaupt nicht viel, wusste zwar, dass es erst in die rue Vavin hinunterging, aber nicht wohin dann, ich meinte nachher St. Sulpice, aber G. sagte rue Fleurus. Die andern Misshandlungen, auch stärkste Schläge, spürte ich kaum, am Handgelenk hatte ich das Gefühl einen Draht umgelegt zu haben, in dem ein Knebel steckte, den man drehte und sagte das der neben mir schreitenden G. deutsch, wofür ich natürlich wieder etwas auszustehn hatte; wenn ich dabei noch widerspenstig gewesen wäre! Aber ich fügte mich wie ein Lamm, bat den Polizisten, doch diesen Draht wegzutun, aber er zog ihn als Antwort fester an. Sehen konnten ihn übrigens auch die andern nicht. G. hatte keinen ernstlichen Unfall genommen und sich leicht wieder erheben können, mit einer kleinen Wunde am Schenkel, die auch ein paar Wochen blieb.
Auf dem Kommissariat - meine Erinnerung beginnt hier schon so dunkel zu werden, dass ich nur ausnahmsweise noch etwas weiß - drang G. auch mit ein, wie sie und Kora erzählten; sie sagte, dass sie den Anfang gemacht hätte, aber man wies sie hinaus; sie könne morgens 6 Uhr wiederkommen, dann werde ich freigelassen; Kora hätte nur gelacht, erzählte G. nachher entrüstet; aber sie war doch mitgekommen, und wozu nicht lachen? Mir aber, sobald ich in dem kahlen Loch hinter dem Gitter steckte, wie immer aller Dinge außer den Kleidern, von Schreibbuch und Gürtel und Schuhriemen bis zu Taschentuch und winzigstem Bleistift beraubt, wurde die Existenz so qualvoll, dass ich gegen die Mauer rannte mit dem Kopf. Der Stoß war nicht stark genug für Betäubung und ich wiederholte ihn nicht. Ich saß oder lag auf der Bank in Trostlosigkeit, schrie, sang, schlummerte vielleicht ein...
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