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»Trinität? Wofür soll das Wort stehen?« - so hätte eine überzeugte Christin vor 1800 Jahren vermutlich nachgefragt. Es mag überraschend klingen, aber die Rede von der Dreifaltigkeit hätte im 2. Jh. Stirnrunzeln hervorgerufen. Die Lehre von der Trinität bzw. der Dreieinigkeit nahm erst im Laufe des vierten Jahrhunderts Gestalt an. Die ersten Christinnen und Christen kannten sie nicht. Ist die Lehre von der Dreifaltigkeit also gar nichts ursprünglich Christliches? Eine solche Schlussfolgerung wäre übereilt. Es waren die Erfahrungen der frühen Christen und nicht zuletzt die biblischen Texte selbst, die jene spannenden Fragen aufwarfen, die zum trinitarischen Gottesbild der Christen führten.
Die mit dem Begriff der Trinität bezeichnete Wirklichkeit spielte eine zentrale Rolle für das Leben und das Selbstverständnis der ersten Christen: Obwohl diese Gläubigen nach allem, was wir wissen, vergleichsweise wenig Interesse an philosophischen Spekulationen hegten, waren Vater, Sohn und Heiliger Geist reale Bezugspunkte ihres Lebens und Betens. Bereits die Schriften des Ersten bzw. Alten Testamentes legten die Frage nahe, wie sie das Verhältnis von Gottes Weisheit, von Gottes Geist und Gott selbst am besten verstehen können. Die Kenntnis der historischen Fundamente des Glaubens ist oft sehr erhellend. Deshalb möchten wir den Glauben an den dreifaltigen Gott nicht ohne einen Blick auf die biblischen Quellen und die Geschichte diskutieren. Sie bieten auch heute noch anregende Einsichten.
Der Gott der Bibel ist ein Gott, der sein Volk auf seinem Weg durch die Zeit begleitet und sich auf diesem Weg immer neu zu erkennen gibt. Eine Besonderheit dieses Gottesverständnisses ist es, dass die ersten Phasen dieses gemeinsamen Weges für alle Zeit wertvoll und erhellend bleiben - etwa so wie ein älteres Paar mit Gewinn auf die ersten Jahre der gemeinsamen Beziehung zurückblickt und so die geschenkte Liebe wiederfinden und erneuern kann.
Für das Volk Israel war Jahwe primär ein Gott, dessen Wirken das Volk in dem vielen Auf und Ab seiner Geschichte erlebt hatte und mit dem es rechnen konnte: Jahwe wurde erlebt und erinnert als der Gott, der das Volk aus Ägypten herausgeführt hatte (vgl. Ex 20,2), der seinen Namen zu erkennen gegeben hatte und sich als der gezeigt hatte, der da sein wird. Gott antwortete dem Mose auf dem Berg Horeb: »Ich bin der >Ich-bin-da<.« (Ex 3,14). Das hebräische Tetragramm ????, das im Deutschen als »Jahwe« wiedergegeben wird, kommt vom Verb »hjh« (da sein, leben, existieren, wirksam werden). Martin Buber und Franz Rosenzweig verstanden den geoffenbarten Gottesnamen im Sinne einer Verheißung und übersetzten ihn deshalb als »Ich werde da sein, als der ich da sein werde«. Die Bundeslade, die das Volk mit sich trug, symbolisierte Jahwes bleibende Gegenwart bei seinem Volk, seine Schechinah (hebr. Wohnstatt, Einwohnung). Um der Ehrfurcht vor Gottes Namen und Gegenwart Ausdruck zu verleihen, wurde es bereits zur Zeit Jesu üblich, das Tetragramm nicht mehr auszusprechen. Heute noch ist im Judentum der Gebrauch des Ersatzwortes »Adonai« (mein Herr) verbreitet. Auch die Christinnen und Christen stehen in der Tradition dieser ersten Offenbarungen Gottes an sein Volk Israel. Es lohnt sich, sich in sie zu vertiefen. So, wie wir mit meditierendem Blick auf die eigene Biographie erkennen können, in welchen Lebensphasen oder Lebensstationen wir Gottes Gegenwart besonders erlebt haben, so kann sich auch die Meditation über Gottes Handeln an seinem Volk als fruchtbar erweisen. Als Christen dürfen wir uns selbst als Teil dieser Geschichte Gottes mit den Menschen sehen.
Die frühe Geschichte Israels ist auch in intellektueller Hinsicht anregend. Bereits hier zeichnen sich jene Fragen ab, die die Diskussion über die Trinität später antreiben werden. Israel ging zunächst ähnlich wie seine Nachbarvölker davon aus, dass es eine Vielzahl von Göttern gibt. Zur Debatte stand zunächst nicht der Monotheismus, d. h. die Frage, ob es neben Jahwe weitere Götter gebe, sondern die Monolatrie: ob es Götter wie Jahwe gibt und ob neben Jahwe andere Götter verehrt werden dürften. Die Antwort, zu der v. a. Propheten wie Elija drängten, ist eindeutig: Jahwe ist der mächtigste Gott; er achtet auf die Schwachen und Kleinen. Nur er darf in Israel verehrt werden. Durch das Bilderverbot wurde zudem die Transzendenz Gottes hervorgehoben, d.h., dass Gott den Horizont unserer Erfahrung übersteigt (vgl. Ex 20,4). Obwohl es in Israel starke Tendenzen gab, Jahwe in sehr personalen und menschlichen Zügen - z. B. als leidenschaftlich liebend (Jes 54,7f.) und als eifersüchtig (Ex 34,14) - zu beschreiben, wurden auch seine Erhabenheit und seine Transzendenz betont. Bei Jesaja heißt es in diesem Sinne: »Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege - Spruch des Herrn. So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind meine Wege über eure Wege und meine Gedanken über eure Gedanken« (Jes 55,10). Wie lässt sich diese Spannung zwischen Gottes personaler Nähe einerseits und seiner Transzendenz und unendlichen Erhabenheit andererseits denken? Wie kann Gott persönlich nahe sein, wenn er doch unendlich erhaben ist? Die weitere Entwicklung des Gottesbildes scheint gerade von diesen Fragen bewegt zu sein.
Bereits im Frühjudentum (ca. 300 vor bis 200 nach Chr.) entwickelten sich personalisierende Vorstellungen von Gottes Wort, von seiner Weisheit und seinem Geist. In der Weisheitsliteratur, d.h. in manchen Psalmen, im Buch der Weisheit und im Buch Kohelet, erscheint die Weisheit Gottes als personale Gestalt, die bereits vor der Erschaffung der Welt bei Gott existierte und an Gottes Schöpfungswerk bedeutenden Anteil hat (vgl. Spr 8,22-31). Und für Jahwes Wort gilt Ähnliches: Wenn es auf die Erde hinabsteigt, vollbringt es - fast wie ein eigenständiger Akteur - das Werk, zu dem es ausgesandt worden ist: »Denn wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt, . so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe« (Jes 55,10f.). Die Frage, wie Gott zugleich fast menschlich nahe und dennoch unendlich erhaben und anders sein kann, scheint so eine Antwort zu finden: Gott kommt den Menschen durch sein Wort, durch seine Weisheit und seinen Geist nahe. Er selbst bleibt erhaben und transzendent. Der Autor von Psalm 104 reflektiert und betet in diesem Sinne: »Sendest du deinen Geist aus, so werden sie alle erschaffen und du erneuerst das Antlitz der Erde« (Ps 104,30). An diese Vorstellungen konnten die frühen Christen anknüpfen, als sie über ihre Erfahrungen der Gegenwart Gottes reflektierten.3
Ähnlich wie in den Schriften des Alten Testaments findet sich auch im Neuen Testament eine Polyphonie von Zeugnissen zu Gottes Handeln und seiner Gegenwart unter den Menschen. Die Evangelien der sog. Synoptiker Matthäus, Markus und Lukas zeigen Jesus als einen Menschen, der in großer Verbundenheit mit Gott lebt und handelt. Jesus spricht Gott auf Aramäisch vertraut als »Abba«, Vater, an - ganz im Gegensatz zur damals vorherrschenden jüdischen Tradition, die vorrangig Gottes Souveränität betonte. Ein Beispiel hierfür ist die Szene im Garten Getsemani, wo Jesus betet: »Abba, Vater, alles ist dir möglich. Nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht, was ich will, sondern was du willst« (Mk 14,36). Jesu respektvolle Vertrautheit mit seinem himmlischen Vater ist für die Frage nach der Trinität von großer Bedeutung. Die Beziehung zum Vater ist für Jesus so zentral, dass sie seine Identität zuinnerst bestimmt: Jesus versteht sich als Menschensohn (vgl. z. B. Mk 2,10 und 28; Mt 11,18f.) und auch als Gottes Sohn (Mk 14,61f., Joh 10,36). In diese Beziehung zu Gott möchte Jesus seine Jüngerinnen und Jünger mit hineinnehmen. Deshalb lehrt er sie zu beten: »Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden« (Mt 6,9-13 und Lk 11,2-4). In der Feier der Liturgie vollzieht die betende Kirche auf vielfache Weise genau diese Bewegung mit: Die Betenden wenden sich mit dem gegenwärtigen Herrn an den Vater. Im Vaterunser wird dies besonders deutlich. Es lohnt sich, über das liturgische Geschehen der Messfeier nachzudenken: Treten wir nicht »im Geist« mit Christus verbunden vor Gott Vater? Das Gebet der Messfeier und der Liturgie ganz allgemein ist sehr biblisch inspiriert und gerade deshalb trinitarisch.
Jesu öffentliches Wirken wäre ohne die Dimension des Heiligen Geistes nicht zu verstehen. Dies wird bereits in den synoptischen Evangelien deutlich. Jesu Wirken beginnt mit seiner Taufe am Jordan. Der Evangelist Markus...
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