Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Das Glück wartet manchmal in der kleinsten Hütte
Ella steht vor den Scherben ihres Lebens: Ihr Mann hat sie betrogen, und das Weingut in der Pfalz ist ihr kein Zuhause mehr. Hals über Kopf flüchtet sie zu ihrer besten Freundin Maria nach Südtirol. In der schönen Berglandschaft Norditaliens findet sie Ruhe zum Nachdenken, die langen Wanderungen in der Natur geben ihr Kraft. Und ehe sie sichs versieht, ist sie Pächterin einer kleinen Hütte - in der nicht nur Wanderer einkehren, sondern bald auch Luca Stammgast ist. Der charmante Bergretter lässt ihr Herz schneller schlagen. Aber ist Ella schon bereit für eine neue Liebe?
»Es tut mir leid, Ella. Wirklich.«
Sie sah ihn lange an und fragte sich, was sie bei seinem Anblick noch empfand. Da stand der Mann vor ihr, den sie einst geliebt hatte wie nichts anderes auf der Welt.
Doch nun war sogar die Art, wie er ihren Namen aussprach, bedeutungslos. Ella. Es hatte eine Zeit gegeben, in der er es schaffte, ihr eine Gänsehaut zu bescheren, wenn er ihren Namen in den richtigen Momenten sagte. Doch das war vorbei. Überhaupt war alles vorbei.
Er sah sie hilflos an. »Ich wollte nicht, dass es so endet.«
Und ich wollte, dass es gar nicht endet!
Mühsam zwang sie ihre Gefühle herunter. Sie wollte nicht weinen. Nicht schon wieder. Sie wollte ihm nicht noch einmal die Genugtuung geben und ihm zeigen, wie sehr es ihm gelungen war, sie zu verletzen. Also nickte sie knapp und schwieg. Weil es einfach nichts mehr zu sagen gab.
Sie hatte bereits sämtliche Phasen der Trauer durchlebt. Zunächst hatte sie geleugnet, wo es überhaupt nichts zu leugnen gab. Ob sie es bereits gewusst hatte, bevor sie es mit eigenen Augen sehen musste? Vermutlich. Unbewusst in jedem Fall. Klar war ihr aufgefallen, dass sich Sven seit einiger Zeit ihr gegenüber anders verhalten hatte. Doch sie schob es auf den beruflichen Stress, der sie beide fest im Griff hatte. Denn mit dem Erfolg stieg auch der Erwartungsdruck.
Als das Unausweichliche endlich zu ihr durchgedrungen war, packte sie eine unendliche Wut. Auf ihn. Auf die andere Frau. Auf sich selbst. Einfach auf alles! Sie konnte ein äußerst impulsiver Mensch sein. In einem wilden Anfall hatte sie die komplette Einrichtung des nigelnagelneuen Roadcampers verwüstet. Vernichtet im wahrsten Sinne des Wortes. Bewaffnet mit Svens Lieblingsputter, war sie an ihm vorbeimarschiert und wollte den Ort pulverisieren, an dem er ihr das Herz herausgerissen hatte - obwohl der natürlich am wenigsten dafür konnte. In wilder Wut hatte sie auf alles eingedroschen, was ihr unter den Schläger kam.
Als ihr das Golfeisen aus der Hand gerutscht war, hatte sie mit den bloßen Fäusten weitergemacht und so lange auf die Bettkissen eingeschlagen, bis sie als schluchzendes Bündel zu Boden gesunken war. Sven hatte bloß dagestanden und gar nicht erst versucht, sie abzuhalten. Er kannte sie. Er wusste, dass er mit seinem Leben gespielt hätte.
Gott, wie sie sein Golfspiel hasste!
Als sie sich irgendwann beruhigt hatte, begann die Phase der Verhandlung. Vielleicht war doch noch nicht alles verloren. Himmel, Sven war ein gut aussehender Mann, obendrein beruflich erfolgreich. Es war nur logisch, dass auch andere Frauen auf ihn aufmerksam wurden. Vielleicht hätte sie ihm diesen einen Ausrutscher sogar verziehen. Doch als er ihr schließlich offenbarte, dass es kein Seitensprung, sondern eine Langzeitaffäre sei, in der aufrichtige Gefühle mitschwangen, wurde es schwer mit der Verhandlung. Im Prinzip ging es nur noch darum, die Bedingungen der Kapitulation zu vereinbaren.
Wie soll man schließlich mit jemandem verhandeln, wenn der Fisch bereits tot ist? Lautete so nicht das chinesische Sprichwort? Oder war es ein russisches?
Nun befand sie sich in einem Zustand zwischen Depression und Akzeptanz. Je nach Tagesfassung gewann mal die eine, mal die andere Phase die Oberhand.
Unumstößlicher Fakt war: Ihr altes Leben lag in Trümmern. Da war es nur recht, dass sie Svens geländetauglichen Camper ebenfalls in Trümmer gelegt hatte. Sie dachte an die vielen Reisen, die sie hatten unternehmen wollen. Nun würden sie nie dazu aufbrechen. Sie dachte aber auch daran, wie sie ihn mit ihr im Querbett-Ausbau erwischt hatte. Eigentlich wollte sie jeden weiteren Gedanken daran wegschieben, doch das Bild glich einer Projektion, die sich fest auf ihrer Netzhaut eingebrannt hatte und in allen möglichen und unmöglichen Momenten munter aufblinkte.
»Was wirst du nun tun?« Sven sah sie an, mit seinen leuchtenden Augen, die sie vom ersten Moment an verzaubert hatten. Augen, die wirkten, als könnten sie kein Wässerchen trüben.
Tja, von wegen!
Sie zwang sich dazu, ihn anzuschauen. Betrachtete ihn, wie er dastand, in seinem schmutzigen Holzfällerhemd und der verschlissenen Arbeitshose, an denen der Duft des Weinbergs klebte.
Sie sah in seine Augen. In diese wunderschönen tiefgrünen Tümpel, die eine sogartige Wirkung auf sie hatten. Noch immer. Sie war seinem Blick verfallen seit ihrem ersten Treffen an der Uni in Landau, als sie sich im Studium der Wirtschaftswissenschaften kennengelernt hatten.
Sie ertrug diesen Blick nicht länger und sah betroffen zu Boden. Ein Boden, den sie sich zusammen ausgesucht hatten, als sie das alte Bauernhaus renovierten, um sich hier ihre gemeinsame Existenz aufzubauen. Ein Leben am Fuße des Weinbaugebiets, in dem Svens Familie seit Generationen das angesehene Winzergut Edelstein betrieb.
Der Anblick der cremefarbenen Kalksteinfliesen riss die Wunden wieder auf. Binnen Millisekunden stürmte alles auf sie ein. Das, was sie sich gemeinsam aufgebaut hatten. Und all das, was sie noch erreichen wollten .
Kinder.
Sie verabscheute sich für die Wehmut, die sie wie ein Tsunami mitriss.
Womit hat ein Mann bloß solche Augen verdient?
»Ich ziehe in die Stadt«, sagte sie, »und suche mir einen neuen Job.«
Sven lachte ungläubig auf. »Du hasst die Stadt.«
Das stimmte. Ella war eine sensible Frau und konnte schwer mit einem Zuviel an Eindrücken umgehen. Sie mochte weder die Lautstärke der Stadt noch die Hektik. Schon gar nicht all die vielen Menschen. Und sie liebte das Weingut. Die Ruhe der Weinberge. Doch eine andere Möglichkeit blieb ihr nicht in ihrer gegenwärtigen Situation. Sie konnte nirgendwohin. Für diesen Mann mit den tiefgrünen Augen hatte sie alles aufgegeben. Sie war nie ein Mensch mit starken Heimatgefühlen gewesen. Dafür hatte ihr Vater gesorgt, der ihr als Diplomat von frühester Kindheit an ein Vagabundenleben beschert hatte.
Mit dem Abbruch des Studiums hatte sie an Svens Seite einen ganz neuen Anfang gewagt - in einer Region, in der die Menschen Fremden gegenüber sehr verschlossen waren. Doch der Liebe wegen war sie gerne diesen Schritt gegangen und hatte sich mit den Jahren beinahe heimisch gefühlt. Beinahe .
»Was wird aus deiner Destille?«
Gleichgültig schoben sich ihre Schultern nach oben. »Es war nie meine Destille. Es war immer die deiner Familie.«
Er nickte zögerlich und schob dabei den Unterkiefer nach vorn. Aber sie wollte kein Mitleid. Nicht von ihm. Überhaupt gar nichts wollte sie mehr von ihm.
»So muss es doch nicht enden.« Er sprach leise und hob den Kopf. »Du kannst doch trotzdem hierbleiben.«
War das ein Flehen, das sie in seiner Stimme erkannte?
»Für den Wettbewerb«, fügte er energisch hinzu. »Damit du deine Destillate fertig machen kannst.« Ein tiefes Seufzen purzelte aus ihm heraus. »Ich weiß doch, wie viel dir das bedeutet.«
Aber wusstest du je, wie viel du mir bedeutest? Sie kämpfte mit den Tränen. Wahrscheinlich nicht, sonst hättest du mir das nicht angetan.
Mit einem tiefen Atemzug schloss sie die Augen und wollte sie am liebsten nie wieder aufschlagen. Es tat so weh. Es fühlte sich an, als wäre nicht nur die Liebe gestorben, sondern ihr ganzes kleines Paradies in schwarzen, dickflüssigen Teer getaucht worden. Ein zäher Brei, den sie einatmete und der drohte, sie zu ersticken.
Ja, es war ein Paradies. Die von den Zeiten des Weins bestimmte Arbeit. Das Bedienen und Beraten der Gäste in der Familien-Weinschenke, das anstrengende und doch so meditative Lesen der Trauben in den kilometerlangen Weinbergen. Eine Arbeit, die schon so viele Generationen von Menschen vor ihr genau auf die gleiche Art und Weise verrichtet hatten. Und schließlich das Brennen ihrer Schnäpse: eine Leidenschaft, der sie sich voll und ganz hingeben konnte und in der sie ein außerordentliches Talent bewiesen hatte.
Dabei war sie aus bloßem Zufall darauf gestoßen. Mitten in der Restauration der Weinkellerei war die Frage aufgekommen, was mit der baufälligen Scheune passieren sollte, in der sich die uralte Destille befand. Ella hatte nicht lange gezögert, im Gegenteil: Es war Liebe auf den ersten Blick, als Sven sie in den schmalen Raum führte, in dem ein riesiger Brennkessel vor sich hin staubte. Dieses Ungetüm aus Edelstahl und Kupfer mit seinen in alle Richtungen abgehenden Rohren und Druckmessern übte sofort eine unerfindliche Faszination auf Ella aus. Als stünde sie vor einer alten Dampflok, die unbedingt wieder auf die Schienen und die Welt entdecken wollte.
Beim Durchwälzen der Baupläne für die Umbauten des Hofs war sie schließlich auf eine kleine Sensation gestoßen: Die Familie Edelstein besaß noch immer das uralte Brennrecht.
Damit war der Grundstein gelegt. Der Erfolg stellte sich langsam, aber kontinuierlich ein. Durch das Studieren von Fachliteratur und durch ständiges Tüfteln und Ausprobieren verschiedener Destillationsmethoden gelangen ihr im autodidaktischen Alleingang Destillate von erstaunlicher Qualität, die Kenner rund um die Pfälzer Weinstraße aufhorchen ließen. Zu Beginn hatte sie sich an viele verschiedene Schnäpse gewagt, an Obstbrände, Wodka und Rum, bis sie ihre Passion schließlich im Gin fand.
Die meisten Gewinne des Weinguts fuhren nach wie vor die Prädikatsweine ein, doch der Edelsteiner Gin hatte von Jahr zu Jahr mehr Profit erwirtschaftet. Schon bald sammelte sie...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.
Dateiformat: ePUBKopierschutz: ohne DRM (Digital Rights Management)
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet – also für „glatten” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Ein Kopierschutz bzw. Digital Rights Management wird bei diesem E-Book nicht eingesetzt.