Schweitzer Fachinformationen
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Erfreulich ist, dass das Thema Beckenboden in den letzten Jahren mehr und mehr enttabuisiert wurde und Frauen und Männer sich zu ihren Beckenbodenproblemen bekennen sowie gezielt etwas dagegen unternehmen wollen. Schließlich sind die Beckenbodenmuskeln genauso trainierbar wie andere Muskelgruppen auch.
Der Beckenboden hat etwas mit dem Zwerchfell (Diaphragma), unserem wichtigsten Atemmuskel, gemeinsam. Beide bewegen keine Gelenke, sondern »nur« Weichteile, wobei beide sich zu einem Mittelpunkt hin zusammenziehen. Der Unterschied besteht darin, dass das Zwerchfell den Bauchraum nach oben hin abschließt und sich nach unten senkt, wenn es sich beim Einatmen zusammenzieht, wogegen der Beckenboden den Bauchraum nach unten begrenzt und sich nach oben anhebt, wenn er angespannt wird. Da diese Muskeln keine Gelenke bewegen, ist der Übende auf sein Muskelgefühl für diese tief in unserem Körper liegenden Muskelgruppen angewiesen - und dies ist häufig kaum ausgeprägt oder gar nicht vorhanden.
Frontalansicht der Beckenbodenmuskulatur und des Beckens
Meistens wurde uns in unserem Kulturkreis schon als Kind sehr früh deutlich gemacht, dass diese Region eine Tabuzone darstellt. Man tat so, als wäre sie nicht da, und daher konnte auch kein gesundes Muskelgefühl entstehen. Dieses Muskelbewusstsein muss meist erst aufgebaut werden.
Starke Beckenbodenmuskeln sind für das Halten der Bauchorgane, Eingeweide, Genitalorgane und für die sexuelle Reaktionsfähigkeit äußerst wichtig. Jedoch sind diese Muskeln besonders häufig schwach und funktionsuntüchtig.
Die wichtigsten Gründe dafür sind:
Der Beckenboden besteht aus drei Muskelschichten, die zusammen etwa handtellerdick sind und übereinanderliegen (siehe Abbildung Seite 18 oben). Sie sind so angeordnet, dass die Muskelfasern der tiefen Schicht von vorn nach hinten verlaufen, die der mittleren Schicht quer und die der äußeren Schicht wieder von vorn nach hinten. Durch diese Anordnung wird eine gitterartige, feste Struktur erreicht. Im Bereich des Damms, der den Mittelpunkt des Beckenbodens bildet, verdichten sich die Muskelfasern zu einem »Haltekreuz«, wodurch dieser stark belastete Teil gefestigt wird. Nach einem Dammschnitt muss diese Festigkeit zuerst geduldig wieder antrainiert werden.
Der Beckenboden hat einiges gemeinsam mit dem Zwerchfell, jedoch ist er nicht einfach ein einzelner Muskel, sondern vielmehr eine Muskel-Sehnen-Konstruktion, eine Art Verschlussapparat, der sich aus verschiedenen Bauelementen zusammensetzt. Während der Zwerchfellmuskel mehr einer Kuppel gleicht und sich beim Zusammenziehen nach unten abflacht, stellt die Beckenbodenmuskulatur eine trichterförmige Muskel-Sehnen-Platte dar, deren Fasern in alle Richtungen verlaufen (siehe Abbildung Seite 18 unten).
Mein Rat
Spannen Sie beim Husten und Niesen immer die Beckenbodenmuskeln an! Auch die Bauchpresse darf nie ohne gleichzeitiges Anspannen der Beckenbodenmuskeln erfolgen, weil sich der Beckenboden und seine Bänder sonst zu sehr nach unten dehnen und die Haltekonstruktion sich senkt. Ebenfalls schädlich: Drücken beim Wasserlassen oder Stuhlgang.
Die Beckenbodenmuskulatur erstreckt sich insgesamt vom Schambein bis zum Steißbein und wird seitlich von den beiden Sitzbeinhöckern begrenzt. Anatomisch wird der Beckenboden in drei Etagen eingeteilt:
Gesamtansicht der Beckenbodenmuskulatur
Diese tiefste, innerste Muskelschicht schließt das Becken nach unten hin ab (Beckenausgang), hat flächenmäßig und für die Stütze sowie Tragefähigkeit der inneren Organe und Eingeweide eine ausschlaggebende Bedeutung und auf die Statik einen erheblichen Einfluss. Der Spannungszustand des Beckens hängt von diesem Hebemuskel ab.
Seitliche Ansicht der trichterförmigen Muskulatur des Beckenbodens
Die Muskelschicht wird vor allem von dem aus vier Muskelzügen bestehenden Afterhebemuskel (Musculus levator ani) gebildet, der sich fächerförmig im kleinen Becken entfaltet und dieses wie der Boden einer Schale nach oben hin abschließt (siehe Abbildung Seite 16).
Der innere Hauptmuskel ist trichterförmig ausgebildet (siehe Abbildung links). Seine Muskelfasern, die rechts und links der Urogenitalorgane verlaufen, erstrecken sich vom Schambein bis zum Steißbein. Rechter und linker Schenkel des Muskels geben den »Levatorschlitz« frei, um Harnröhre, Scheide und After durchtreten zu lassen. Wenn er sich zusammenzieht, wird Stuhl oder Harn zurückgehalten.
Einige Muskelfasern beider Levatorschenkel ziehen vom Schambein wie eine u-förmige Schlinge zum einen um den After (Musculus puborectalis), zum anderen um die Scheide (Musculus pubovaginalis) bei der Frau und um die Prostata (Musculus levator prostatae) beim Mann und kehren auf der anderen Seite zum Schambein zurück (siehe Abbildung unten rechts). Dadurch entsteht eine Schlingenwirkung, wenn man diesen Muskel (U-Muskel) zusammenzieht. Außerdem wird er nach vorn gezogen.
Der Scheidenmuskel umgibt die Scheidenwände und kann diese verengen. Er weist viele Nervenenden auf, die sowohl zug- als auch druckempfindlich sind und sexuelle Reaktionen und Empfindungen ermöglichen.
Ein dritter Zug des Afterhebemuskels erstreckt sich in beidseitig gerade angeordneten Fasern über die ersten beiden Teile hinweg vom Schambein bis zum Steißbein und unterstützt diese; er heißt daher Musculus pubococcygeus. Sexualtherapeuten empfehlen häufig die sogenannte PC-Übung (PC für pubococcygeus) oder auch Kegelübung, bei der es speziell um die Kräftigung dieser Muskelzüge geht.
Der vierte Muskelzug heißt Musculus iliococcygeus.
Seitliche Ansicht des Afterhebemuskels mit seinen Muskelsträngen (links) und des Afterhebemuskels (rechts)
Aufgabe des Afterhebemuskels
Der Afterhebemuskel besteht aus den bereits genannten vier Muskelzügen (siehe Abbildung Seite 19):
Während die beiden ersten Muskeln u-förmige Schlingen um die Öffnungen von Scheide und Mastdarm bilden, überzieht der dritte die beiden ersten und reicht vom Schambein bis zum Steißbein. Wenn sich diese Muskelteile zusammenziehen und verkürzen, wird das Zentrum des Beckenbodens nach vorn gezogen und gleichzeitig entsteht ein Sog nach oben.
Ein weiterer Muskel der tiefen Schicht heißt Steißbeinmuskel (Musculus coccygeus). Er schließt sich dem Afterhebemuskel hinten an und zieht von den Sitzbeinstacheln zum Steißbein. Bei den Tieren ermöglicht er Schwanzbewegungen; beim Menschen kann er das Steißbein leicht nach vorn ziehen, wodurch die Beckenspannung verbessert wird.
Außerdem ist der birnenförmige Muskel (Musculus piriformis) zu nennen, der direkt unterhalb des Gelenks am Oberschenkelknochen entspringt und sich an der Innenseite des Kreuzbeins flach auseinanderzieht.
Die mittlere Muskelschicht befindet sich im vorderen Abschnitt des Beckenausgangs, zwischen den beiden Scham- und Sitzbeinästen (siehe Abbildung Seite 21 und Seite Seite 22 oben). Beide Levatorschenkel lassen eine spaltförmige Lücke, den Levatorschlitz beziehungsweise das Levatortor, in dessen Bereich der Darm und die Urogenitalorgane hindurchtreten. Die dreieckige Platte des Diaphragma urogenitale gleicht diese konstruktive Schwäche aus. Sie besteht aus zwei Muskeln:
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