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Von einem Philosophen erwartet man, einleitend seinen Gegenstand zu bestimmen. Die Erwartung ist dort umso berechtigter, wo der Gegenstand, hier die Weisheit, hochgeschätzt wird, aber unklar bleibt, was genau denn so schätzenswert sei. Hilfsweise kann man fragen, welche Menschen wir denn für weise halten. Je nach persönlicher Vorliebe wird man auf den Dalai Lama, auf Mahatma Gandhi oder Nelson Mandela, vielleicht auch auf Papst Franziskus hinweisen. Weise nennen wir nämlich Vorbilder für unser Leben oder Vorzeigepersonen, gelegentlich freilich nur die fachkundigen Mitglieder eines wirtschaftspolitischen Beratungsgremiums, dem man den Beinamen der Fünf Weisen gegeben hat.
Auch wenn letztere Bezeichnung zu schmeichelhaft klingt, ist sie, werden wir sehen, prinzipiell betrachtet nicht unzulässig. Darin liegt auch ein Grund, warum die einleitende Bestimmung nicht leicht vorzunehmen ist: Der Gegenstand der Weisheit ist mehrdeutig; er kennzeichnet sowohl Vorzeigepersonen als auch Fachleute.
Beginnen wir mit den humanen Vorbildern: Weiß man, worin deren Weisheit besteht, weiß man es zumindest annäherungsweise, obwohl die erwähnten Personen doch auf sehr unterschiedliche Weise menschlich herausragen? Zur Beantwortung können Philosophen helfen. Sie können an ein antikes Ideal erinnern, das gegenüber dem Hinweis auf heutige Personen zwei Vorteile hat. Anders als diese wird das Ideal nicht erst für eine kurze Zeit anerkannt. Es dient nämlich über viele Jahrhunderte, von der griechischen Antike bis weit in die Neuzeit, als Vorbild. Gemeint ist der stoische Weise. Zum anderen ist dieses Ideal des Problems der unterschiedlichen Persönlichkeiten enthoben, denn es hat einen einzigen Gehalt: Nach dem stoischen Ideal ist weise, wer die Unbilden des Lebens in Gelassenheit, sogar in Heiterkeit, wer sie mit «stoischem Gleichmut» zu ertragen vermag. Diese Fähigkeit, selbst in den schlimmsten Widrigkeiten des Lebens seine Eigenständigkeit und Freiheit zu bewahren, wird ohne Frage auch heute noch als vorbildlich angesehen. Allerdings hält man sie für eine hohe - beinahe zu hohe, übermenschliche - Charaktereigenschaft.
Selbst wenn man den stoischen Gleichmut bescheidener, nicht mehr als ein so gut wie unerreichbares, sondern als ein menschenmögliches Ideal versteht, deckt er das Gesamtbild eines Weisen nicht ab. Da es nicht unberechtigt ist, den Dalai Lama, Gandhi und Mandela sowie Papst Franziskus als weise einzuschätzen, gehört zum heutigen Verständnis der Weisheit mehr als nur die Fähigkeit, alle Unbilden des Lebens zu meistern. Es braucht noch andere Vorzüge, insbesondere eine vorbildliche Beziehung zu den Mitmenschen, auch wenn dieser Bezug, zeigen die erwähnten Vorbilder, unterschiedlich ausfallen darf. Viele Menschen dürften den sozialen und politischen Bezug sogar für wichtiger halten als die im stoischen Gleichmut betonte Vorbildlichkeit, die bloß auf die eigene Person bezogen ist.
Aus diesen Gründen holt dieser Essay weiter aus. Er beginnt mit einer - selbstverständlich vorläufigen - Bestimmung, mit einem Definitionsvorschlag, der wegen der erwähnten Mehrdeutigkeit nicht zu eng ausfallen darf: Unter Weisheit verstehen wir eine nicht mehr zu überbietende Form von Wissen und Können. Bei beiden, beim Wissen um Tatbestände auf der einen Seite, einem «Knowing-that» oder Wissen-dass, und beim Beherrschen von Fertigkeiten auf der anderen Seite, einem «Know-how», ist jene Höchstform gemeint, für die man mit unterschiedlichen Bedeutungen zu rechnen hat. Bei der einen Bedeutung, bezeichnen wir sie als Expertenweisheit, geht es um die Höchstform eines abgrenzbaren Sach- und Fachbereichs wie etwa eines Handwerks oder der Medizin, der Ingenieurwissenschaften oder der genannten Ökonomen. Bei der anderen Bedeutung, der humanen Weisheit, auch Lebensweisheit genannt, kommt es auf das Leben als Ganzes an und dabei vornehmlich auf die Dinge, die den Menschen tief in seinem Innersten betreffen und treffen. Die für den Menschen existentiell wichtigen Fragen und Aufgaben stehen hier auf dem Spiel. Ob deren Bewältigung die gewöhnlichen Formen des Wissens und Könnens voraussetzt, sei dahingestellt. Vermutlich ist dies jedoch nicht der Fall. Denn warum soll ein Handwerker, etwa ein Installateur, warum ein Ingenieur oder ein Elektrotechniker oder ein Ökonom genau deshalb, weil er über seine doch eng begrenzten Fachkenntnisse und Fachfertigkeiten verfügt, für die derartige Grenzen übersteigende Lebensweisheit zusätzlich kompetent sein? Sie übersteigt nämlich alle Fachkenntnisse enorm, bildlich gesprochen «unendlich weit».
Dabei sei schon hier eine Eigentümlichkeit erwähnt, die, recht besehen, sich von selbst versteht, aber trotzdem nicht immer beachtet wird. Sie ist nicht belanglos, da sie diesen Essay ebenso wie jede andere Untersuchung der Weisheit entlastet: Wer die Weisheit als Philosoph, als Sozialwissenschaftler oder als Psychologe untersucht, muss die seinen Gegenstand auszeichnende Kompetenz für sich nicht beherrschen. Um die Lebensweisheit sachgerecht erörtern zu können, muss man nicht selber lebensweise sein.
Eine zweite Eigentümlichkeit kommt hinzu. Man könnte für Einsichten zur Lebensweisheit wissenschaftliche Disziplinen, etwa die Philosophie und die Psychologie, für allein zuständig halten. In Wahrheit gibt es zwei, zudem weitverbreitete Alternativen: die Erzählung oder den Mythos und die religiöse Offenbarung. Deren Art, Weisheit zu vermitteln, übernimmt dieser Essay aber nicht. Im Unterschied zur Erzählung kommt es ihm auf Begriffe und Argumente, im Gegensatz zum Mythos also auf den Logos an. Und dieser beruft sich ausschließlich auf eine allgemeinmenschliche Vernunft. Infolgedessen ist er im Gegensatz zu einer religiösen Offenbarung rein weltlicher, säkularer Natur.
Von diesen drei Formen - der mythischen, der geoffenbarten und der «logischen» Weisheit - befasst sich dieser Essay, von gelegentlichen Seitenüberlegungen abgesehen, lediglich mit der dem säkularen Logos vertrauten Weisheit. Deshalb wird im Verlauf dieses Buches die Eigenschaft des Logischen und Säkularen nur noch ausnahmsweise eigens betont; der schlichte Ausdruck «Weisheit» reicht in der Regel aus.
Aber selbst bei diesem eingeschränkten Begriff ist das Verständnis der Weisheit nicht eindeutig. Wie mit der Unterscheidung von Experten- und von Lebensweisheit schon angedeutet, hält sich dieser Essay für die Mehrdeutigkeit offen; er rechnet mit mehr als nur einem Begriff einer säkularen, vernünftig einsehbaren Weisheit. Deren Profil tritt übrigens dann besser zutage, wenn man sich immer wieder die einschlägigen Gegenbegriffe vergegenwärtigt.
Ohne Zweifel ist für den so verstandenen «Logos» der Weisheit nicht bloß mein Metier, die Philosophie, sachkompetent. Auch wer nur in der Philosophie über Fachkenntnisse verfügt, kann sich in anderen Zuständigkeiten kundig machen, und das sollte er auch. Denn er sollte nicht, wie oft der Fall, den Gegenstand nur vom Blickwinkel einer einzigen Disziplin aus untersuchen, hier lediglich vonseiten der Philosophie, andernorts allein vonseiten der Psychologie. Vielmehr ist es geboten, die Weisheit von verschiedenen Seiten aus zu erörtern.
Und noch eine weitere Erweiterung des Blicks ist empfehlenswert: Heute, in Zeiten der Globalisierung, darf man nicht länger mit der Perspektive des eigenen, westlichen Kulturraumes zufrieden sein. Auch der vordergründig bescheidene Hinweis genügt nicht, man wisse zwar, dass es noch andere Perspektiven gibt, sei für sie aber nicht kompetent. Ich halte es für ein Gebot der kulturellen Bescheidenheit, auch der interkulturellen Fairness, andere Kulturräume mit ihren teils eigentümlichen, teils ähnlichen Weisheitsvorstellungen mindestens selektiv und unter dem Vorbehalt zur Kenntnis zu nehmen, dafür nur ein Amateur, also ein Laie zwar, aber auch ein gewisser Liebhaber zu sein.
Aus diesen Gründen entwickelt dieser Essay seine Überlegungen in verschiedenen Gedankensträngen, wobei er kleinere Überschneidungen in Kauf nimmt: Er beginnt mit dem Hinweis auf vier Verständnisse von Weisheit (1), schließt daran die Lebensweisheit als Lebenskunst (2) und die Weisheit der Moral an (3). Diese drei Kapitel setzen stillschweigend voraus, dass die Weisheit nicht jenen Charakter einer angeborenen Begabung hat, die nur wenige Menschen, gewissermaßen eine geistige Elite, auszeichnet. Eine angeborene Begabung ...
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