Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Den Dialekt in der südspanischen Region Murcia empfinden viele als etwas derb, mitunter etwas lustig. Emilio Sánchez, einer der Großen im spanischen Tennis, gebürtig aus Madrid, hat zum Beispiel einmal gesagt, dass die Sprache der Menschen, die aus dieser Gegend stammen, nur aus Vokalen bestehe. Carlos Alcaraz spricht mit murcianischem Dialekt, nicht sehr ausgeprägt, aber in Interviews hört man ihn heraus. Er hat seinen Dialekt nicht abgelegt und versucht auch gar nicht, seine Herkunft zu verleugnen und so zu tun, als wäre er im schicken Madrid aufgewachsen. Seine frühere Englischlehrerin, Lola Jiménez Rivas, meint, sie könne den Dialekt ihres ehemaligen Schülers sogar heraushören, wenn er Englisch spreche. In gewisser Hinsicht macht dies einen Teil seines Charmes aus: Alcaraz versprüht eine Authentizität und Ungezwungenheit, wie man sie bei anderen Profispielern selten findet.
Carlos Alcaraz Garfia hat sein ganzes bisheriges Leben - vom sportbegeisterten Jungen bis zum Tennisprofi - in El Palmar verbracht, einem Ort wenige Kilometer südlich von Murcia, einer 450.000 Einwohner zählenden Stadt in der gleichnamigen, reichlich sonnenverwöhnten Region. El Palmar hat 20.000 Einwohner. Orangenbäume und Palmen wachsen dort, die Luft ist merklich rein und frisch. Es ist eine bescheidene Wohngegend mit einem Krankenhaus, ungewöhnlich für einen Ort dieser Größe. Die Einwohnerzahl entspricht übrigens, wie Alcaraz einmal feststellte, etwa der Anzahl der Zuschauer im Arthur Ashe Stadium im Flushing-Meadows-Park im New Yorker Stadtteil Queens, wo er 2022 die US Open und damit seinen ersten Grand-Slam-Titel gewann.
Sowohl geografisch als auch gefühlsmäßig liegt El Palmar tausende Kilometer entfernt. Es ist ein ruhiger, bescheidener Flecken in einer Region, die wegen ihrer fruchtbaren Felder, auf denen Obst, Gemüse und Blumen angebaut werden, als "Garten Europas" bekannt ist. Es scheinen auch wunderbare Bedingungen zu sein, um einen Tennisspieler hervorzubringen.
Wenn die Menschen hier sagen, dass Carlos Alcaraz der bestmögliche Botschafter für diese Ecke Spaniens sei, dann meinen sie es wirklich so. Für eine Werbekampagne der Tourismusbehörde von Murcia sprang der Tennisprofi von einem Boot, fuhr Kajak und spielte Beachtennis. "Er hat die Region Murcia bekannt gemacht, die bis dahin ein bisschen im Abseits stand", so die spanische Tennisspielerin Paula Badosa, die es auf Platz zwei der Damen-Weltrangliste schaffte. "Wenn die Leute jetzt den Namen Murcia hören, fällt ihnen sofort Carlos ein - sein unglaubliches Talent, seine Lebensfreude und seine Erfolgsstory. Das erfüllt uns mit großem Stolz. Es wird einem warm ums Herz, wenn man sieht, wie sich eine ganze Region hinter Carlos stellt und wie seine Erfolge Murcia Sichtbarkeit verschafft haben, nicht nur in Spanien, sondern in der ganzen Welt."
Alcaraz' lokaler Dialekt ist wahrscheinlich die beste Werbung für die Region - besser als alle Werbefilme. "Sein Dialekt und Murcia gehören einfach zusammen", meint Alfredo Sarriá, ein enger Freund der Familie Alcaraz, der Carlos schon als Dreijährigen kannte. "Das Spanisch, das in den Provinzen weit entfernt von Madrid gesprochen wird, klingt eben anders. An Carlos gefällt den Leuten, dass er seine Herkunft nicht zu verbergen sucht. Er ist stolz auf seine Wurzeln. Und er ist den Menschen, die ihn bei Turnieren, im Fernsehen oder in den sozialen Medien erleben, vertrauter, weil er sich auf eine Weise ausdrückt, die den Fans entgegenkommt. Er ist weniger förmlich als andere Spieler."
Diese entspannte Art, die für die Menschen in El Palmar und Umgebung typisch ist, zeigt sich auch darin, dass Carlos eigentlich nicht Carlos genannt werden möchte. Das klinge ihm zu ernst, meint er. Seit Jahren nennen ihn deshalb die meisten Carlitos. Das gefällt ihm, es klingt freundlich und persönlich. Wenn er mit sich selbst spricht - zum Beispiel bei einem Match oder wenn er sich vor dem Spiegel motiviert -, nennt er sich Charlie. Obwohl er auf dem Weg zum Weltstar ist, wird er in El Palmar immer Carlitos bleiben. Hier kennt man sich.
Man sieht El Palmar an, dass es kein wohlhabender Ort ist. Laura Caballero, Carlos' ehemalige Lehrerin aus der Grundschule, sagt: "Es ist ein bescheidener Ort, ein Arbeiterstädtchen." Alcaraz' Mutter hat in Murcia beispielsweise bei Ikea gearbeitet. Nicht, dass ihm in seiner Kindheit irgendetwas gefehlt hätte, aber so wie Rafael Nadal auf Mallorca wuchs er nicht auf.
Die Wohnung der Familie Alcaraz lag über einem Dönerladen (der heute einem Sushi-Restaurant sowie einem Schönheitssalon gewichen ist). Auch als Carlitos schon seine ersten Grand-Slam-Titel gewonnen hatte, lebten die Alcarazens noch dort. Irgendwann bauten sie außerhalb des Ortes ein großes Haus, und es deutet vieles darauf hin, dass der jüngste Tennisspieler, der jemals die Weltrangliste anführte und mittlerweile zu den Bestverdienenden seiner Zunft zählt, tatsächlich noch immer mit seinen Eltern und Brüdern zusammenwohnt. Alcaraz besitzt zwar eine eigene kleine Dreizimmerwohnung in El Palmar, aber offensichtlich übernachtet er lieber bei seiner Familie, in seinem mit zahlreichen Trophäen und einer Sneaker-Sammlung vollgestellten Kinderzimmer.
Unweit des Eingangs zum Apartmenthaus gibt es Streetart, die auf den Tennisspieler hinweist: eine kleine, leicht zu übersehende Abbildung eines Schlägers und eines Tennisballs auf einem Platz. Davon abgesehen geht es in der Straße auch sonst recht sportlich zu. Es gibt einen Tennisplatz, auf dem Alcaraz im Frühjahr 2024 nach einer Unterarmverletzung zum ersten Mal seit Jahren wieder mit seinem Vater ein paar Testbälle schlug, sowie ein kleines Outdoor-Fitnessstudio, eine kleine Laufbahn und einen Freiplatz, der für Basketball und Fußball genutzt wird.
An einem Ende der Straße liegt ein Park, am anderen Ende ist ein Café, das wiederum nur einen Steinwurf von Alcaraz' alter Grundschule entfernt ist. An den allermeisten Tagen, so einer seiner früheren Lehrer, suchte der Schüler nach dem Unterricht den Real Sociedad Club de Campo Murcia auf - eine Art Country Club, aber nicht von der Sorte, wo Superreiche ihre Freizeit verbringen. Dieser Club ist sehr bodenständig und kommt ohne Glanz aus. Hier lernte Carlos Tennis spielen, und hier trainiert er auch heute noch oft. Der Real Sociedad Club de Campo Murcia, am Rande von El Palmar gelegen, war ursprünglich eine Tontaubenschießanlage, weshalb das Gelände auch manchmal "Tiro de Pichón" genannt wird. Wer möchte, kann dort nach wie vor Tontauben schießen. Es gibt allerdings nurmehr eine Handvoll lizenzierter Mitglieder, und geschossen wird nur noch sonntags. Bis vor wenigen Jahren konnte man hier auch zahlreiche Pferde bewundern, da sich auf dem Gelände eine der größten Reitanlagen der Gegend befand. Heute sind die Pferde verschwunden und Tennis dominiert. Es gibt eine große Anzahl an Sand- und Hartplätzen sowie eine riesige Übungswand. Der Club erstreckt sich über mehrere Ebenen und bietet außerdem Basketball- und Fußballplätze, ein Fitnessstudio und ein Schwimmbecken, in dem sich die Spieler im Sommer nach dem Training abkühlen können.
"Mein zweites Zuhause", sagt Alcaraz über den Ort, an dem alles begann. Hier spielte er im Alter von drei Jahren erstmals Tennis. Der Schläger war fast größer als er selbst, und seine Kinderhände konnten ihn kaum halten. Hier schloss Alcaraz auch viele Freundschaften, die bis heute bestehen.
Eine amüsante Familiengeschichte offenbart, wie sehr Alcaraz schon früh Tennis liebte. Die Geschichte beginnt mit einem Fehlverhalten des Jungen - nichts Schlimmes, "ein typischer Kinderstreich", erzählt Alfredo Sarriá, der dem Vater von Carlos Alcaraz so nahesteht wie ein Bruder. Als Strafe verbot der Vater seinem Sohn, zum Tennistraining zu gehen, woraufhin dieser die Autoschlüssel in einem Abfalleimer versteckte. "Nicht zum Tennistraining zu gehen, das war für Carlitos wirklich die Höchststrafe", so Sarriá. Carlos' Vater suchte tagelang nach den Schlüsseln, bis der Junge schließlich gestand. "Diese Geschichte zeigt, wie wichtig ihm Tennis war."
Manche Kinder werden von ihren Eltern zum Leistungssport angetrieben. Aber Alcaraz stammt aus einer Tennisfamilie und musste nie überredet werden, Zeit auf dem Platz oder an der Übungswand zu verbringen. Er galt als der Trainingspartner, der immer Zeit hatte und nie aussetzte - im Gegenteil. Mitunter brach er in Tränen aus, wenn er nach Hause kommen sollte. An einigen Abenden blieb er bis 21 Uhr. Sein Vater wollte nach einem langen Arbeitstag nur noch nach Hause, doch Carlos flehte ihn an: "Spiel mit mir, hier, gegen die Wand!" Sein Vater willigte ein, und der Junge spielte unermüdlich. "Das reicht, Abendessen ist fertig, wir gehen nach Hause." Aber Carlos fing wieder an zu weinen - so die Geschichte, die Vater Alcaraz der New York Times erzählte.
Als sein späterer Trainer Kiko Navarro den Jungen zum ersten Mal auf dem Platz sah, war dieser gerade einmal vier Jahre alt und spielte gegen seinen Vater. Navarro war angesichts der Technik des kleinen Carlos verblüfft. Auch Carlos' Vater wusste zu diesem Zeitpunkt schon, dass sein Sohn ein Naturtalent war. Der Junge hatte eine hervorragende Kondition und nahm technische Details wahr, ohne dass man sie ihm erklären musste - er lernte durch bloßes Zuschauen. Vater Alcaraz erkannte, wie er später einmal sagte, dass sein Sohn "etwas Besonderes" hatte, und er wollte ihm helfen, diese Fähigkeiten auszubauen. Als Carlos fünf, sechs Jahre alt war, begann er alles andere im Leben dem Tennissport unterzuordnen und den Fokus auf den Sport zu...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: ohne DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet – also für „glatten” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Ein Kopierschutz bzw. Digital Rights Management wird bei diesem E-Book nicht eingesetzt.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.