Schweitzer Fachinformationen
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Die Insel Nantucket ist bekannt für Kopfsteinpflasterstraßen, Gehwege aus rotem Backstein, Zedernholzdächer, Rosenbögen, lange Strände mit goldenem Sand, eine erfrischende Meeresbrise - und natürlich für die Schwäche ihrer Bewohner für Klatsch und Tratsch. (Welcher heiße Gärtner etwas mit der Ehefrau des ansässigen Immobilienmaklers angefangen hat - solche Dinge eben.) Und trotzdem ist niemand auf die Welle aus Gerüchten vorbereitet, die über die Main Street auf uns zurollt, dann die Orange Street nimmt und am Kreisverkehr in Richtung Sconset schwappt, als wir erfahren, dass der Londoner Milliardär Xavier Darling dreißig Millionen Dollar in die Bruchbude investieren wird, zu der das Hotel Nantucket mittlerweile verkommen ist.
Die eine Hälfte von uns ist fasziniert. (Wir haben uns schon lange gefragt, wann sich jemand des Gebäudes annimmt.)
Die andere Hälfte ist skeptisch. (Es ist doch wirklich nicht mehr zu retten.)
Xavier Darling ist im Gastgewerbe kein Unbekannter. Als Besitzer von Kreuzfahrtschiffen, Freizeitparks, Rennbahnen und kurz sogar einer eigenen Fluggesellschaft ist er bereits in Erscheinung getreten. Aber soweit uns bekannt ist, hat er noch nie ein Hotel sein Eigen genannt und auch noch nie einen Fuß auf die Insel Nantucket gesetzt.
Mit Hilfe des einheimischen Immobilienmaklers Eddie Pancik - auch bekannt als der schnelle Eddie (der sich wieder mit seiner Frau versöhnt hat, falls das jemanden interessieren sollte) - hat Xavier die weise Entscheidung getroffen, Lizbet Keaton als Geschäftsführerin einzustellen. Die charmante Lizbet wird auf der gesamten Insel geschätzt. Bereits Mitte der Nullerjahre ist sie aus der Metropolregion Minneapolis-Saint Paul, den sogenannten Zwillingsstädten, nach Nantucket gezogen und wirkt mit ihren langen blonden Zöpfen fast wie die jüngere Prinzessin aus Die Eiskönigin - Völlig unverfroren. Gleich im ersten Sommer auf der Insel fand sie ihren Prinzen: JJ O'Malley. Fünfzehn Jahre lang führten Lizbet und JJ gemeinsam das ziemlich angesagte Restaurant The Deck. JJ als Besitzer und Chefkoch, Lizbet als Marketinggenie. Ihr ist zum Beispiel die Idee für den Rosé-Brunnen zu verdanken und auch für die Weingläser ohne Stiel, auf die das jeweils aktuelle Tagesdatum gedruckt wird und die sich in Windeseile zum Markenzeichen des Restaurants und zu einem Social-Media-Phänomen entwickelt haben. Wir interessierten uns zwar nicht alle für Instagram, aber wir verbrachten gerne lange Sonntagabende auf der Terrasse vom The Deck, tranken Rosé, aßen JJs berühmte Austernpfanne und ließen den Blick über die flachen Buchten der sandigen Monomoy-Inseln schweifen, in denen wir gelegentlich einen Silberreiher dabei beobachten konnten, wie er im Seegras nach Abendessen fischte.
Wir alle fanden, dass Lizbet und JJ das erreicht hatten, was Millennials wohl #relationshipgoals nennen. Im Sommer arbeiteten sie im Restaurant, in der Nebensaison sah man sie Muschelnsammeln am Pocomo Beach, Schlittenfahren im Dead Horse Valley oder gemeinsam auf dem Fisch- und Fleischarkt von Nantucket beim Einkaufen, weil sie sich vorgenommen hatten, eine Lachshälfte zu beizen oder eine Zwölfstundenbolognese zu kochen. Wir konnten beobachten, wie sie beim Warten in der Schlange vor dem Postschalter Händchen hielten und gemeinsam ihre Kartons auf der Müllkippe entsorgten.
Wir alle waren entsetzt, als JJ und Lizbet sich trennten. Die Neuigkeit erfuhren wir von der blonden Sharon. Da sie bekannt dafür ist, die Gerüchteküche von Nantucket anzuheizen, zweifelten wir, ob es wirklich stimmte, aber dann bestätigte Love Robbins vom Blumenladen Flowers on Chestnut, dass Lizbet einen Strauß Rosen zurückgeschickt hatte, der ihr im Auftrag von JJ zugestellt worden war. Irgendwann kam dann die ganze Geschichte ans Licht: Bei der Saisonabschlussparty des The Deck im September hatte Lizbet 187 explizite Textnachrichten gefunden, die JJ mit Christina Cross, der Weinvertreterin der beiden, ausgetauscht hatte.
Lizbet ist den Gerüchten nach im Moment äußerst erpicht darauf, sich neu zu erfinden, da kommt ihr jemand wie Xavier Darling gerade recht. Wir wünschen ihr natürlich nur das Beste, aber den angeschlagenen Ruf des früher so prächtigen Hotel Nantucket wird sie erst einmal reparieren müssen (wie auch das Dach, die Fenster, die Böden, die Wände und das sich absenkende Fundament).
Den Winter über, bis ins Frühjahr hinein, beobachten wir, wie Handwerker, Architekten und die Innenarchitektin Jennifer Quinn im Hotel ein und aus gehen. Aber sie alle haben eine Geheimhaltungsklausel unterzeichnet und dürfen nichts darüber preisgeben, was gerade im Hotel passiert. Es heißt, dass unsere beste Fitnesstrainerin, Yolanda Tolentino, eingestellt wurde, um den Wellnessbereich zu betreuen, und dass Xavier Darling auf der Suche nach jemandem mit Insellaufbahn sein soll, um die neue Bar des Hotels zu führen. Lizbet Keaton wirkt schwer beschäftigt, als jedoch die blonde Sharon ihr in der Schlange zur Inspektion ihres Wagens bei Don Allen Ford begegnet und wissen möchte, wie es mit dem Hotel denn so laufe, wechselt Lizbet schnell das Thema und fragt Sharon nach deren Kindern. (Sharon hat allerdings überhaupt kein Interesse daran, über ihre Kinder zu reden, die mittlerweile im Teenageralter sind.)
Jordan Randolph, der Herausgeber des Nantucket Standard, geht zweimal nicht ran, als Lizbet Keaton anruft. Er kann den Gedanken nicht ertragen, dass jemand wie Xavier Darling - ein Geschäftsgigant aus dem Ausland - ein historisch wichtiges Gebäude wie das Hotel Nantucket kauft. (Jordan ist sich durchaus der Tatsache bewusst, dass Herman Melville Moby-Dick verfasst hat, ohne zuvor je auf der Insel gewesen zu sein. Fühlt er sich dadurch besser? Eher nicht.) Andererseits, wenn nicht Xavier Darling es kauft, wer dann? Das Hotel ist schließlich dem Verfall überlassen worden. Noch nicht einmal der Historische Verein Nantuckets hat sich dieses Projekt zugetraut - zu groß und zu teuer.
Als Lizbet zum dritten Mal anruft, nimmt er ab und willigt zögernd ein, einen Journalisten rüberzuschicken.
Lifestyle-Redakteurin Jill Tananbaum ist geradezu besessen von Inneneinrichtung, wie jeder, der sich ihre Instagram-Accounts (@ashleystark, @elemtstyle, @georgantas.design) anschaut, sofort bemerken dürfte. Nur zu gerne würde sie ihre Arbeit beim Nantucket Standard als Sprungbrett für einen Job bei Domino oder gar dem Architectural Digest nutzen. Die Restaurierung des Hotel Nantucket könnte die lang ersehnte Chance sein.
Sobald Jill durch die große Eingangstür tritt, verschlägt es ihr die Sprache. An der Gewölbedecke der Lobby hängt das mit Raffinesse in einen Kronleuchter verwandelte Skelett einer antiken Walfangschaluppe. Die Deckenbalken, die aus der ursprünglichen Konstruktion gerettet werden konnten, verleihen dem Raum einen historischen Anstrich. Breite hortensienblaue (Jill wird bald erfahren, dass es sich dabei um die charakteristische Farbe des Hotels handelt) Polstersessel gibt es dort, mit Wildleder bezogene Ottomane und niedrige Tische mit Büchern und Spielen (Backgammon, Dame und mehrere marmorne Schachbretter). In der entferntesten Ecke des Raumes steht ein weißer Konzertflügel. An der langen Wand neben dem Empfangstresen hängt eine riesige James-Ogilvy-Fotografie des Atlantiks, vom alten Leuchtturm Sankaty Head aus aufgenommen, wodurch das Meer das Hotel erfüllt.
Wow, denkt Jill. Einfach nur . wow. Es juckt ihr in den Fingern, zu gerne würde sie ihr Telefon herausholen, aber Lizbets Worte waren eindeutig, Fotos sind zum jetzigen Zeitpunkt verboten.
Lizbet führt Jill durch die Gästezimmer und Suiten. Tamela Cornejo, eine Künstlerin von Nantucket, hat die Decke jedes einzelnen Gästezimmers mit dem nächtlichen Himmel über Nantucket bemalt. Die Lampen - in Messingketten gewickelte Glaskugeln - lassen an Bullaugen und Schiffstaue denken. Und erst die Betten! Die Himmel bestehen aus Treibholz und dicken Tauen. Die Betten selbst sind eine Sonderanfertigung, Emperor Size, und an den Seiten hängen hauchdünne transparentweiße Vorhänge.
Am spektakulärsten findet Jill jedoch die Badezimmer, so etwas hat sie noch nie gesehen. Jedes verfügt über eine mit Austernschalen gekachelte Dusche, eine elegante Hatbox-Toilette in einem separaten Raum und eine frei stehende Badewanne auf Füßen im charakteristischen Hortensienblau.
»Der Erfolg eines Badezimmers«, sagt Lizbet zu Jill, »misst sich nicht daran, wie es aussieht, sondern daran, wie es den Gast aussehen lässt.« Sie betätigt einen Schalter. Um den großen, rechteckigen Spiegel über dem Doppelwaschbecken herum geht ein sanftes Licht an. »Schmeichelhaft, oder?«
Jill und Lizbet betrachten sich im Spiegel. Es stimmt, denkt Jill; sie hat selten so frisch ausgesehen wie im Badezimmer der Suite mit der Nummer 217.
Dann erzählt Lizbet Jill von der im Preis inbegriffenen Minibar. »Ich weiß nicht, wie oft ich schon in einem Hotelzimmer saß und einfach gern ein Glas Wein getrunken und etwas Salziges zu knabbern gehabt hätte, aber wenn dann eine Flasche Chardonnay siebzig Dollar kostet und eine Packung Erdnüsse sechzehn, finde ich das wirklich übertrieben. Also werden unsere Minibars mit einer Reihe von sorgfältig ausgewählten Produkten ausgestattet, die allesamt auf Nantucket hergestellt wurden« - sie erwähnt...
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