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»Ein lateinischer Text ist nun durchaus nicht am Platz bei diesem Stück. Sie werden das selbst einsehen, wenn Sie ein wenig die Sache überlegen. Anstatt des lateinischen [Requiems] kann es ja überhaupt in den Kirchen nicht gesungen werden.«1
Brahms' Reaktion war unmissverständlich: Eine liturgische Verwendung des Deutschen Requiems, so signalisierte der Komponist seinem Verleger Jakob Melchior Rieter-Biedermann (1811-1876), sei nicht im Mindesten beabsichtigt, dessen Idee, der Druckfassung des Werkes zusätzlich einen lateinischen Text zu unterlegen, also völlig abwegig. In der Literatur werden denn auch vornehmlich die Unterschiede zwischen dem Deutschen Requiem und der lateinischen Totenmesse herausgestellt.2 Berührungspunkte - textlich wie musikalisch - bestehen allerdings durchaus:3
Notenbeispiel 1a: Introitus »Requiem aeternam«
Notenbeispiel 1b: Ein deutsches Requiem, 1. Satz, Kontrabass und Viola T. 1ff. (Auszug)
Notenbeispiel 2a: Sequenz »Dies irae«
Notenbeispiel 2b: Ein deutsches Requiem, 6. Satz, Sopran, T. 3
Auch im Blick auf den Aufführungsort - den Konzertsaal - steht das Deutsche Requiem keineswegs abseits: Vertonungen des traditionellen Requiems erklangen im 19. Jahrhundert von vornherein oder zumindest auch außerhalb des liturgischen Rahmens. Schon die Uraufführung von Mozarts Requiem 1793 in Wien hatte in einem Konzertsaal stattgefunden, und je öfter sich Requiem-Vertonungen als autonome Kunstwerke Geltung verschafften und ihre Aussage nicht mehr an die Liturgie gebunden war, desto selbstverständlicher fanden sie Eingang in das gängige Konzertrepertoire - man denke etwa an Berlioz' Grande Messe des morts oder an Verdis Messa da Requiem, die beide zwar noch in einem Gottesdienst uraufgeführt wurden, dann aber nur noch im säkularen Umfeld erklangen.6
Übersicht der Textinhalte
Missa pro defunctis
Ein deutsches Requiem
Introitus: Bitte um ewige Ruhe mit Blick auf die zu erwartende Seligkeit.
1
Leid, Trauer und Trübsal müssen nicht von Dauer sein. Gedanke der Erlösung.
Sequenz: Beschreibung des zu erwartenden Endes in drastischen Bildern; abschließende Bitte um Gnade und Erbarmen.
2
Anfangs ebenfalls bildhaft, insgesamt aber deutlich hoffnungsvoller mit der Aussicht auf Erlösung.
Offertorium: Gebet für die Verstorbenen mit der Bitte um Verschonung und um Führung in das »heilige Licht«.
3
Gebet in der Erkenntnis der menschlichen Nichtigkeit und der Zuversicht, dennoch in Gottes Hand zu sein.
Sanctus: Anrufung Gottes in der himmlischen Herrlichkeit.
4
Himmlische »Wohnungen« sind das Ziel menschlichen Sehnens.
Benedictus: Ausdruck des Lobes und der Freude über den wiederkehrenden Jesus. Ein großer Teil dieses Satzes wird meist solistisch ausgeführt.
5
Affekte der Freude und des Trostes; ebenfalls vokalsolistische Beteiligung.
Agnus Dei: Das Lamm als Symbol für den Opfertod Jesu stammt aus der Apokalypse.
6
Betrachtung der Endzeit (unter Verwendung von Textpassagen aus der Apokalypse); Verherrlichung Gottes.
Communio: Wiederaufnahme der Anfangsbitte um Erlösung.
7
Wiederaufnahme des Erlösungsgedankens aus dem 1. Satz.
Die Abfolge der Sätze sowie einzelne Wörter und Wendungen des Deutschen Requiems erlauben also durchaus Assoziationen zu (Teil-)Sätzen der katholischen Totenmesse.7 Freilich stellt sich zu keiner Zeit der Eindruck einer unmittelbaren Anlehnung ein. Eine deutschsprachige Version des lateinischen Requiems zu schaffen, lag nicht in Brahms' Interesse. Wohl aber diente ihm der Aufbau der Missa pro defunctis als Bezugspunkt, um seine Trauermusik zu strukturieren: Erst die formale Nähe zu einer historisch verbürgten Gattung, die Aufbau und Anlage in groben Umrissen vorgab, vermochte die inhaltliche Abgrenzung der eigenen Trauerkomposition deutlich werden zu lassen. Damit aber erscheint Brahms' Werk gleichsam als ein Gegenentwurf - als ein...
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