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Modern waren sie nie. 1648 erschienen, zum Teil aber schon deutlich früher komponiert, galten die Motetten der Geistlichen Chormusik von Heinrich Schütz manchem Zeitgenossen schon bei ihrer Veröffentlichung als unzeitgemäß. Wie viel fortschrittlicher waren doch die vokalen Concerti mit Generalbass! Schütz selbst freilich beabsichtigte mit der Sammlung keineswegs, einen Beitrag zu einem antiquierten Genre vorzulegen. Sein erklärtes Ziel war es vielmehr, Werke bereitzustellen, die sich mit der Empfehlung für angehende Komponisten verbanden, sich durch das Studium dieses Kompendiums zunächst »das rechte Fundament eines guten Contrapuncts« anzueignen, um nicht dereinst Motetten produzieren zu müssen, die manchem unbedarften Hörer vielleicht vorkämen wie eine »himmlische Harmoni«, von Zeitgenossen mit »recht gelehrten Ohren« allerdings nicht höher eingeschätzt würden als eine »taube Nuß« (vgl. den originalen Wortlaut und seine Übertragung in heutiges Deutsch im Anhang dieser Werkeinführung).1
Verschiedene Spekulationen machen allerdings noch für einige weitere Motetten der Geistlichen Chormusik eine frühere Entstehungszeit plausibel:
Festzuhalten bleibt, dass die Motetten der Geistlichen Chormusik nicht alle in dem gleichen Zeitraum und in einzelnen Fällen schon lange vor ihrer Veröffentlichung entstanden sind.
Man fragt sich, ob Schütz konkrete Werke im Sinn hatte, als er in der Vorrede zur Geistlichen Chormusik Kompositionen anprangerte, denen Kenner allenfalls den Wert einer »tauben Nuß« zugestehen würden. Gewiss, die Veröffentlichung der eigenen Motettensammlung war »zu niemands Verkleinerung gemeinet«, wie Schütz betonte - der Dresdner Hofkapellmeister war viel zu nobel, um einzelne Kollegen oder deren Werke zu diskreditieren. Möglicherweise dachte Schütz dabei an die vielen Gelegenheitswerke, wie sie von Lokalgrößen wie dem Oldenburger Kantor Johann Schwemmler komponiert worden waren: Dieser - so überlieferte es Werner Braun - wusste »nicht einmal zwei Stimmen längere Strecken hindurch richtig miteinander zu verbinden«, was ihn aber nicht davon abhielt, »ein siebenstimmiges >Werk< auf der Grundlage eines vierstimmigen Satzes von Schein« vorzulegen.14
Notenbeispiel 1.1: Michael Altenburg, »Das ist mir lieb« (Angst der Hellen und Friede der Seelen, Nr. 7), Teil 4, T. 127-133
Eine andere Spur führt zu dem Musiktheoretiker Andreas Werckmeister (1645-1706), der in seinen Schriften von 1686 und 1700 gegen die vielen Dilettanten und »Prahler« zu Felde zog, die lieber »ihrem eigenen Willen« als »den natürlichen Gesetzen folgen« und sich »vor grosse Componisten ausgeben«, obwohl sie »nicht einmahl die Geige temperate zu stimmen wissen«.16 Die Vielzahl an missratenen Werken sei indes lediglich die Folge der verbreiteten Unkenntnis des »rechten Musicalischen Fundamentes«, des Regelwerkes korrekten Komponierens. Denn wer dieses nicht beherrschte, so Werckmeister, könne eben »nicht anders urtheilen als ein Schaffs-Knecht«.17
Schütz fasste den Entschluss, aus dem Fundus vorhandener Kompositionen die gelungensten Motetten zusammenzustellen und um neue Schöpfungen zu ergänzen, in einer Zeit, in der der seit drei langen Jahrzehnten währende Krieg allmählich verebbte und 1648 - dem Veröffentlichungsjahr der Geistlichen Chormusik - mit dem Westfälischen Frieden endlich offiziell beendet war.28 Während des Krieges wäre die Publikation einer solch umfangreichen Sammlung weder sinnvoll noch möglich gewesen - wer hätte daraus singen sollen in Zeiten, in denen »die löbliche Music [.] nicht allein in grosses Abnehmen gerathen, sondern an manchem Ort gantz niedergeleget worden« war, wie Schütz im Vorwort zum ersten Teil der Kleinen geistlichen Concerte (Leipzig 1636) schrieb?29 Zahlreiche zeitgenössische Autoren haben die Gräuel und die von Hunger und Elend geprägte Zeit, die insgesamt etwa 40, gebietsweise sogar 70 Prozent der Bevölkerung hinwegraffte, in eindringlichen Formulierungen beschrieben. »Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr den[n] ganz verheeret!«, heißt es etwa zu...
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