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Am rechten Ufer des Guadiana gab es eine Stelle, die von Hasen nur so wimmelte. Sie lag in der Nähe eines Kaninchenbaus und war bei den Offizieren der Belagerungsarmee von Badajoz, die sie bald entdeckt hatten, geradezu berühmt. Während der ersten Zeit der Belagerung war Jagen nicht infrage gekommen, da der Regen tagelang in wahren Sturzbächen niederging, der Fluss über die Ufer trat, die Pontonbrücken wegschwemmte, die einen Teil der Verbindungslinien von Badajoz zum Hauptquartier in Elvas bildeten, und das ganze Gelände um die Stadt in einen Lehmsumpf verwandelte, durch den sich die Truppen fluchend vorarbeiteten.
Da die Armee, die sich rühmte, eine Menge Iren in ihren Reihen zu haben, gerade am St.-Patricks-Tag weiter an Boden gewonnen hatte, hoffte sie zuversichtlich, dass diese dritte Belagerung der Stadt zum Ziel führen würde. Aber der Gussregen, der eine Woche lang anhielt, drohte sämtliche Pläne Lord Wellingtons über den Haufen zu werfen. Kaum war die erste Reihe der Schützengräben ausgehoben, hatte das übelste Wetter eingesetzt. Die Gräben waren überflutet, die Erde der Verschanzungen floss als gelbe Schlammbrühe ab, und die Männer arbeiteten hüfthoch im Wasser. Es war schwerer zu ertragen als der Feuerregen, der von den Stadtmauern herüberleuchtete, denn es war eine entmutigende Arbeit, und was ein guter Infanterist war, der hasste sie. Sie nannten es Totengräberarbeit, Arbeit für Sappeure, aber nicht für Elitetruppen. Unglücklicherweise aber waren Sappeure in der Armee rar. »Ach, der Teufel soll die alte Krummnase holen! Waren´s vielleicht nicht wir, die Rodrigo eingenommen haben, und ist es nicht an der Zeit, dass andere auch einmal ein bisschen was tun?«, fragte Rifleman O´Brien.
Am 24. März hörte der Regen auf, und es wurde schön. Das Ausheben der Gräben ging flott von der Hand, trotz der Schwierigkeit, in schwerem, nassem Lehm arbeiten zu müssen, und trotz des bösartigen Beschusses von Badajoz herüber. Die portugiesischen Kanoniere, die die Basteien von Santa Maria und La Trinidad bombardierten, verfielen darauf, einen Mann auf Ausguck zu stellen, der die Sorte jedes Geschosses anzukündigen hatte, das von den Wällen kam. »Bomba!«, rief er dann, oder »Balla!«, und die Kanoniere duckten sich, bis das Geschoss vorbeigeflogen war. Manchmal musste der Beobachter eine Salve aller Waffengattungen zusammen konstatieren, und dann warf er sich, wie Johnny Kincaid erzählte, selbst nieder und kreischte: »Jesús, todos, todos!«
Mit dem schöneren Wetter dachte man auch wieder an die Jagd. Ein Rebhuhn oder ein Hase bildeten eine willkommene Zugabe für jeden Suppenkessel. Es war der Stolz des Brigadeadjutanten Harry Smith, dass es nicht eine einzige Offiziersmesse in der Zweiten Brigade der Leichten Division gab, die er nicht laufend mit Hasen versorgte. Bei Infanterieregimentern war es im Allgemeinen nur Stabsoffizieren mit einigen guten Militärpferden möglich, der Jagd oder Treibjagd nachzugehen, und durchaus nicht jeder Stabsoffizier besaß auch eine Meute von Windhunden. Aber Brigadeadjutant Smith war auf die Jagd versessen, und wo immer er hinging, gingen ein Stall und eine Koppel spanischer Windhunde mit. Wenn er einige Stunden dienstfrei hatte, kam er von den Gräben ins Lager herein, brüllte nach einem Bissen Essen, verschlang es im Stehen und ritt auf einem frischen Pferd los, mit irgendeinem Freund, der gerade zu bewegen war, um des Vergnügens willen auf die wohlverdiente Ruhe zu verzichten und sich Harry zu einer hitzigen Jagd anzuschließen.
Aber wie hart der Boden auch immer sein mochte, die Jagd war gut, da es Hasen in Menge gab und Harrys Windhunde meist erfolgreich waren - mochten auch die Leute auf sie herunterschauen, die verbohrt auf die überlegene Schnelligkeit und Intelligenz englischer Jagdhunde schworen.
Der Brigadeadjutant war ein sehniger junger Mann, demnächst fünfundzwanzig, mit einem dunklen, lebendigen Gesicht, einem Körper, der in sieben Jahren Dienst bei dem 95. Regiment der Rifles hart geworden war, einem unerschöpflichen Vorrat an Energie und einem fast unheimlichen Glück, das ihm immer wieder in knapper Not das Leben rettete. Wäre er nicht ein so tüchtiger Offizier gewesen, hätte man ihn als einen Windbeutel abgetan, und von seinen fluchenden Freunden und seinen diversen Brigadekommandeuren wurde er in der Tat oft für wahnsinnig erklärt.
Sein rastloser Tatendrang brachte seine Freunde zum Stöhnen. »O zum Teufel mit dir, Harry, kannst du nicht einmal stillhalten?«, klagte Charlie Eeles, der aus seinem Zelt zur Jagd herausgeholt wurde. »Ja, ja, ist schon gut, ich komme! Wer kommt sonst noch mit?«
»Stewart. Mach schon, Mann! Ich muss spätestens um sechs Uhr zurück sein!«
Brummend und fluchend erhob sich Leutnant Eeles von seinem Lager - er hatte zwar sechs Stunden lang in den Gräben Dienst getan und war müde und durchgefroren - aber es war immer noch bedeutend amüsanter, Harry zu begleiten, als im Lager zu bleiben. Als er in den Sattel stieg, hatte sich ihnen auf einer Vollblutstute der Ehrenwerte James Stewart, Captain, zugesellt und wollte wissen, was denn Harry noch aufhielte.
Da das Lager der Leichten und der Vierten Division südlich von Badajoz nahe der Straße nach Albuera lag, mussten die drei jungen Leute nicht weit reiten, um über den Guadiana zu setzen. Zwar regnete es nicht, aber das Wetter war trüb und der Himmel bedeckt. Badajoz, auf einer Erhebung mitten in einer grauen Ebene, lag zu ihrer Rechten, als sie zum Fluss ritten. Ein Kastell, das auf einem hundert Fuß hohen Felsen emporragte, beherrschte die Ostseite der Stadt und den Zusammenfluss des Guadiana mit dem kleineren Fluss Rivillas. Auf dieser Seite von Badajoz lag die Dritte Kampfdivision des Sir Thomas Picton, und hier waren die Parallelgräben zuerst ausgehoben worden. Die französischen Verteidiger der Stadt hatten die Brücke gebaut, die den Rivillas in der Nähe des San-Roque-Tors südlich vom Schloss überquerte, und die zwei schwächsten Basteien der Stadt - San Pedro und La Trinidad - dadurch verstärkt, dass sie den Rivillas zu einem breiten Tümpel abgedämmt hatten, der von einer halbmondförmigen Schanze, der Lünette San Roque, geschützt wurde. Dieses überflutete Gelände erstreckte sich von der Bastei San Pedro bis zu La Trinidad und floss in Wassergräben ab, die unmittelbar unterhalb der Stadtwälle ausgehoben worden waren. Ein Versuch am 2. April, den Damm zu sprengen, war fehlgeschlagen, das Gelände blieb weiterhin überflutet, blockierte so den Zugang von der ersten und zweiten Reihe der Schützengräben und erstreckte sich von den Wällen von Badajoz bis zur Straße nach Sevilla.
Am 26. März war ein Vorwerk jenseits des überfluteten Terrains, das Picurina-Fort, von einem Sturmtrupp der Dritten Division unter Generalmajor Kempt eingenommen worden. Westlich von La Picurina und entsprechend südlich der Stadt war ein starkes Außenfort, Pardeleras, immer noch in französischer Hand; und auf dem rechten Ufer des Flusses nördlich der Stadt wurde alles vom Fort San Cristóbal überragt; es stand auf einem Hügel, der das Kastell und die alte Römerbrücke über den Guadiana beherrschte. Bei früheren Belagerungen waren die Angriffe gegen San Cristóbal vorgetragen worden und fehlgeschlagen; aber in diesem kühlen Frühjahr des Jahres 1812 hatte Lord Wellington direkt von der Eroberung von Ciudad Rodrigo hinweg seine Truppen südwärts durch Portalegre und Elvas die portugiesische Grenze entlang in Marsch gesetzt, um Badajoz im Süden und Osten einzuschließen. Jedermann wusste, dass der Sturm auf die schwächeren Bastionen Santa Maria und La Trinidad angesetzt werden sollte, denn diese, und der Hauptwall zwischen ihnen, wurden erbarmungslos bombardiert; ebenso wussten alle, dass bei diesen Operationen der Termin ein noch bedeutenderer Faktor als sonst war. Marmont, der sein Hauptquartier in Valladolid hatte, konnte von spanischen Deckungstruppen im Norden aufgehalten werden; aber Meldungen besagten, dass Soult mit der französischen Südarmee von der Belagerung von Cadiz weg aufgebrochen war und zum Entsatz von Badajoz heranzog.
Das schlechte Wetter hatte die Belagerungsarbeiten verzögert; es hatte die üblichen Schwierigkeiten mit dem Transport und außerdem Dutzende von sonstigen Hemmnissen und Ärgerlichkeiten gegeben. Der Pionierpark war zwar mit Schanzwerkzeugen versorgt, die von Lissabon gesandt worden waren, aber der Chefingenieur war unglücklicherweise bereits in den ersten Tagen der Einschließungsarbeiten in der Leistengegend verwundet worden und nun gezwungen, die Operationen seiner Untergebenen von seinem Zeltbett aus zu leiten. Admiral Berkeley, der die Schwadron in Lissabon befehligte, sandte statt der britischen Kanonen, um die er als Leihgabe an die Armee ersucht worden war, zwanzig russische Kanonen, die ein anderes Kaliber als die britischen Achtzehnpfünder hatten, so dass die vorhandene Munition nicht passte; und ein portugiesischer Artillerieoffizier, der sich hilfreich erweisen wollte, trug zu Oberst Dickinsons Kümmernissen bei, indem er in einem Lager in Elvas irgendwelche Eisen- und Messinggeschütze von erstaunlich...