Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Artensterben, brennende Wälder, steigende Meeresspiegel, Stürme und Hitzewellen. Es gibt Anlass zur Befürchtung, dass die Menschheit bald aussterben könnte, während viele Bewohner:innen des privilegierten Nordens zu glauben scheinen, dass sich alles von selbst einrenken wird und wir nur wenig dagegen unternehmen können. Wir haben es mit bedrohlichen und komplexen Problemen und vielen widersprüchlichen Informationen zu tun. Was ist wahr, was falsch, was ungewiss, und wie hängt alles zusammen? Was wissen wir? Und was glauben wir nur?
Wir stehen vor zwei großen Herausforderungen: Es gibt immer weniger Natur und immer mehr Treibhausgase. Beide Entwicklungen hängen mit dem rasanten Wachstum einer Bevölkerung zusammen, in der sowohl von Einzelpersonen als auch gesamtgesellschaftlich immer mehr Ressourcen verbraucht werden. Im Folgenden werde ich versuchen, diese Probleme einzeln darzustellen, bevor ich sie unter der großen Fragestellung nach den Zielen und der Zukunft unseres Planeten als Ewigkeitsperspektive zusammenführe. Da die Fachliteratur zu diesem Thema unerschöpflich ist und ich mir kaum vorstellen kann, dass die Mehrheit sowohl die IPCC1-Berichte als auch die IPBES2-Berichte gelesen hat, folgt nun meine persönliche Zusammenfassung vorweg: Die Welt geht nicht unter, die Menschheit stirbt nicht aus, aber uns stehen schwere Zeiten bevor. Es gibt keine schnellen Lösungen, und wir können nicht warten, bis die Probleme sich von selbst in Luft auflösen. Tatsächlich reicht CO2-freie Energie allein nicht aus, denn unser Fußabdruck auf dem Planeten besteht aus so viel mehr als Kohlenstoffemissionen in der Atmosphäre.
An der Schwelle zum Anthropozän, einer geologischen Epoche, die nach der Menschheit selbst benannt ist, stehen wir vor etwas grundlegend Neuem in der Geschichte unseres Planeten, etwas, wofür wir evolutionär, psychologisch, sozial oder politisch nicht gerüstet sind - aber wir müssen uns bereit machen. Das Warum ist leicht zu beantworten. Darüber besteht weitgehend Einigkeit. Die Frage nach dem Wie ist schon schwieriger. Darauf gibt es unzählige und teils widersprüchliche Antworten.
Diese existenzielle Frage lässt alle anderen Streitpunkte zur Nebensache werden. Damit unsere Existenz einen Sinn hat, müssen wir in der Lage sein, uns einen Planeten vorzustellen, auf dem sowohl die Spezies Homo sapiens als auch die 5 bis 10 Millionen anderen Arten, mit denen wir die Erde teilen, sich entfalten können. Der Zeithorizont, der sich uns Menschen auftut, ist in diesem Fall subjektiv - einige Leute sind in erster Linie mit den irdischen Bedingungen zu ihren eigenen Lebzeiten beschäftigt; andere denken etwas weiter in die Zukunft, aber 1.000 Jahre erscheinen ihnen wie ein unendlicher Ozean der Zeit, und der Zustand des Planeten im Jahr 3023 ist beinahe irrelevant. Wieder andere denken vielleicht wie ich, dass Voraussetzungen für einen bewohnbaren Planeten in absehbarer Zeit geschaffen werden müssen.
Doch es gibt zwei weitere Herausforderungen ethischer Natur. Die erste ist wohlbekannt: das gewaltige Ungleichgewicht bei der Verteilung der Güter in der Welt, ein Ungleichgewicht, das sich zu vergrößern scheint, obwohl in den letzten Jahrzehnten Millionen von Menschen aus der Armut befreit werden konnten. Dieses Ungleichgewicht wird durch die Tatsache verschärft, dass die Auswirkungen des übermäßigen Konsums der reichen Welt und der Treibhausgasemissionen den Teil der Welt am härtesten treffen, der am wenigsten zu den Problemen beigetragen hat. Das zweite ethische Dilemma besteht darin, dass wir den Wert künftiger Generationen, sowohl von Menschen als auch von allen anderen Lebewesen, außer Acht lassen. Die Tatsache, dass wir derzeit Ressourcen verbrauchen, die die Kapazitäten des Planeten bei Weitem übersteigen, bedeutet, dass wir diejenigen berauben, die nach uns kommen.
Die Welt steht auf der Kippe. Das klingt dramatisch, aber manchmal braucht es harte Worte. Tatsächlich ist die Rede von einer ganzen Reihe möglicher Kipppunkte in Öko- und Klimasystemen, auf die wir zu gegebener Zeit gebührend zurückkommen werden. Jeder dieser möglichen Kipppunkte muss unbedingt vermieden werden, da sie sich im schlimmsten Fall gegenseitig bedingen und zu fatalen globalen Veränderungen führen können.
Allerdings stellen wir auch fest, dass das Bewusstsein für diese Risiken zunimmt. Im besten Fall führt dies zu soziokulturellen, politischen und wirtschaftlichen Wendepunkten, die im besten Interesse des Planeten liegen. Doch zunächst muss die gewaltige systemische Trägheit überwunden werden, wenn wir unsere Ziele erreichen wollen. Diese Trägheit ist in der westlichen Gesellschaft besonders offensichtlich: Nur wenige wollen auf vermeintlich altehrwürdige Privilegien verzichten. In aller Bescheidenheit ist das Ziel dieses Buches, uns einen kleinen Schubs in die richtige Richtung zu geben.
Dies ist vielleicht kein besonders optimistisches Buch, aber es ist auch kein Buch, das den Untergang prophezeit. Es verfolgt zwei Ziele, und ich bin mir darüber im Klaren, dass es schwierig ist, hier die Balance zu wahren. Einerseits muss in aller Deutlichkeit gesagt werden, dass die Lage ernst ist, aber gleichzeitig möchte ich betonen, dass wir nicht dem Untergang geweiht sind. Die Verwendung der Kippe als Metapher kann zu dem Eindruck führen, dass der Zug abgefahren ist. Das ist nicht der Fall, aber wir müssen tun, was in unserer Macht steht, um zu verhindern, dass sich die Situation weiter verschlechtert. Es gibt keine absoluten Grenzen, auch wenn wir sowohl mit 1,5- als auch mit 2-Grad-Zielen arbeiten. Das sind politische Ziele, aber auch wenn zwischen 1,5 und 2 Grad Temperaturanstieg ein gewaltiger Unterschied liegt, wie auch zwischen 2 und 2,5 Grad, ist jedes Zehntelgrad, um das wir den Temperaturanstieg verringern können, wichtig. Genauso wie jeder einzelne Quadratkilometer erhaltener Natur wichtig ist - auch in Bezug auf das Klima. Die Leser:innen mögen mir verzeihen, wenn ich diese und einige andere Kernaussagen des Textes immer mal wiederhole, aber es ist besser, diese Dinge einmal öfter zu sagen als einmal zu wenig.
Mein Dank gilt den Herausgeber:innen Gine Johansen und Gerd Johnsen und meinem Lektor Halvor Finess Tretvoll für ihre enthusiastische Unterstützung und das gründliche Lektorat, außerdem Bjørn H. Samset für die Durchsicht und den tollen Beitrag zum Klimakapitel. Obwohl es sich um ein Buch handelt, das auf den uns bekannten Fakten beruht, werden natürlich auch einige subjektive Einschätzungen vorgenommen. Ich betone daher, dass die Lektüre auf eigene Gefahr erfolgt.
Es ist viel passiert, seit dieses Buch im Jahr 2019 geschrieben wurde. 2019 war in vielerlei Hinsicht ein Jahr des Erwachens, zum einen wegen der zunehmend alarmierenden Berichte über das Abdriften unserer Welt auf eine schiefe Bahn, zum anderen auch, weil die Natur selbst in ihrer eigenen klaren Sprache zum Ausdruck gebracht hat, dass die Dinge aus dem Gleichgewicht geraten sind. Besonders ermutigt hat mich das enorme Interesse an der Veröffentlichung, das weit über die traditionelle grüne Gemeinde hinausging. Ich habe aufgehört zu zählen, zu wie vielen Meetings und Vorträgen im Finanzsektor, in der Industrie, bei Politiker:innen, in Bildungseinrichtungen vom Kindergarten bis zur Universität, im privaten und öffentlichen Sektor, ich eingeladen worden bin. Alle machen sich Gedanken über Nachhaltigkeit, alle Bereiche wollen sich als Teil der Lösung und nicht als Teil des Problems definieren, und das mit ehrlichen Absichten. Die Zeit des machiavellistischen Greenwashings ist vorbei. Wir befinden uns auf dem richtigen Weg, aber uns läuft die Zeit davon und es ist schon zu spät, als dass sich noch alles zum Guten wenden kann. Im vergangenen Jahr habe ich an mehreren Konferenzen teilgenommen, die entweder »Besorgnis« oder »Hoffnung« als Thema hatten. Für beides gibt es gute Gründe, aber die Hoffnung erfüllt sich eben nicht von selbst; wir müssen dafür sorgen, dass sie sich erfüllt. Heute gibt es zwei große Lesarten für den aktuellen Stand der Dinge: Die (techno-)optimistische Lesart besagt, dass der grüne Wandel in vollem Gange ist, dass die Marktmechanismen uns helfen werden, uns schnell in Richtung einer nachhaltigen Gesellschaft zu bewegen, und dass kaum Opfer erforderlich sein werden. Die andere Lesart ist, dass die Kurven für den Erhalt unserer Natur noch immer fallen, während die Kurven für Treibhausgase und Temperatur stetig ansteigen; das wahrscheinlichste Szenario für das Jahr 2100, das bereits vor der Tür steht, ist demnach ein durchschnittlicher Temperaturanstieg von mindestens 2,5 Grad, selbst wenn die Verpflichtungen des Pariser Abkommens eingehalten werden. Die vergangenen 3 Jahre haben die Argumente beider Seiten untermauert, uns aber auch neue Berichte, neue Zahlen und neue Erkenntnisse beschert.
1 Zwischenstaatlicher Sachverständigenrat für Klimaänderungen...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.