Schweitzer Fachinformationen
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Eileen stand vor dem Spiegel. »Na, wie sehe ich aus?«
»Klasse!«, antwortete ich ehrlich. »Sexy Po und schöner Busen.«
»Typisch Mann! Wie sehen die Klamotten aus? Hose in Mint und Oberteil in Rosa.«
Das hatte ich nun von meiner Ehrlichkeit.
Sie griff in den Schrank und zog ein hübsches Sommerkleid hervor, das grausilbern gehalten und mit einer Art schwarzem Muster versehen war, das mich an Blätterformen in geschmiedeten schwarzen Zäunen uralter Villen erinnerte. Das durfte ich aber so nicht sagen, weil das zu unromantisch geklungen hätte. »Das könnte ich anziehen, wenn du mich endlich mal deiner Mutter vorstellst.« Sie hängte das Kleid wieder in den Schrank. »Und?«, forderte sie immer noch ein Lob für ihre Bekleidung.
Ganz abweichen wollte ich von meiner ursprünglichen Auffassung nicht. »Ein supersexy Po in Mint und ein atemberaubender Busen in Rosa.« Ich hatte das für witzig gehalten, wurde aber umgehend eines Besseren belehrt.
Gereizt erwiderte sie: »Die Farben! Passen die so?«
Entweder waren wir an einen Punkt in unserer Beziehung gelangt, an dem alles gegen mich gewendet wurde, ganz egal, was ich sagte, oder Eileen war an diesem Tag nur besonders zickig.
»Das sieht frisch und lebendig aus.« Dann zeigte ich in Richtung Schrank. »Das da kannst du .« Ich verkniff es mir zu sagen ». zu einer Beerdigung« und beendete den Satz mit: ». zu einem traurigen Anlass tragen.« Sofort dachte ich an einen Besuch bei meiner Mutter und kam zu dem Ergebnis, dass es durchaus das richtige Kleid sein könnte.
»Entweder du bekennst dich zu mir und stellst mich deiner Mutter vor oder wir machen an diesem Punkt hier Schluss.« Eileen funkelte mich mit ihren Augen an.
Sie hatte den Nagel auch auf den Kopf getroffen: Ich wollte meiner Mutter nicht jede Freundin vorstellen und mir Sprüche über Hochzeit und Enkelkinder anhören müssen. Eileen hatte in den letzten Wochen erst zarte Andeutungen und dann schon recht deutliche Vorwürfe hören lassen. Meine polnische Mutter würde in ähnlicher Weise erst subtil Zweifel formulieren, ob sie wirklich die richtige Frau für mich wäre, um dann zu fragen, warum ich mir denn kein ordentliches polnisches Mädchen suchte, wie es mein deutscher Vater getan hatte. Dabei verschwieg sie geflissentlich, dass die Beziehung nicht allzu lange Bestand gehabt hatte und bald nach meiner Geburt jeder wieder sein Ufer der Oder für sich als Heimat auserkoren hatte. Mein Bruder war immer bei unserer Mutter geblieben; ich dagegen hatte viele Jahre auch bei meinem Vater in Frankfurt (Oder) gelebt, bevor mich beide auf das deutsch-polnische Internat nach Neuzelle abschoben und ich danach mein Glück in der polnischen Armee suchte; jeder begeht eben so seine Jugendsünden. Ich hatte danach Deutschland nicht für mich als Heimat gewählt, um nun mit einer Tochter der Freundinnen meiner Mutter verkuppelt zu werden. Es reichte mir schon, dass ich in einer schwachen Stunde eine deutsche Freundin meiner Mutter in meiner Detektei angestellt hatte. Eine gemeinsame Basis für die Freundschaft dieser so sehr unterschiedlichen Frauen hat sich mir nie erschlossen. Wären es Männer, würde man sagen, sie hätten eine gemeinsame Leiche im Keller. Ich versuchte hier nun die Situation ein wenig zu entspannen und reagierte gegenüber Eileen ganz cool. »Du siehst wunderbar aus, wenn du dich so aufregst.«
»Hör bloß auf mit solchen Macho-Sprüchen«, wurde sie noch lauter.
»Frauen mögen so was doch.«
»Keine Frau der Welt mag allgemein solchen Unsinn, sondern nur, wenn sie es mögen will.«
»Gibst du mir Bescheid, wenn du so etwas wieder magst?«
»Da gibt's nichts zu sagen, das musst du spüren.« Sie musterte mich. »Hast du eine andere?«
»Und das ist die Frage, die eine Frau nicht stellen sollte. Wenn es nicht so ist, macht sie keinen Sinn, und wenn es so ist, dann sagt ein Mann das doch erst, wenn sozusagen die Koffer schon gepackt sind.«
»Das ist feige«, erklärte sie in vollem Ernst. »Ihr Männer seid einfach feige. Außerdem spüren wir Frauen ganz genau, wenn da was nicht stimmt.«
»Dann brauchst du ja auch nicht zu fragen.«
»Mein lieber Sven, so eine Trennung beginnt doch schon viel früher, nämlich im Kopf.«
Ich dachte, es besser zu wissen: »Ein gutes Stück tiefer.«
»Denkt ihr, soweit ihr denken könnt. Aber auch das«, sie schaute auf den oberen Teil meiner Hose und ließ sodann die Augen in Richtung meiner Stirn wandern, während sie fortfuhr: »wird von da gesteuert.«
»Du bist heute aber wieder zickig drauf«, stellte ich lapidar fest. »Hast du im Sekretariat wieder mit deinem Herrn Dorint Ärger gehabt?«
»Ich bin nicht zickig. Ich bin nur emotional flexibel. Und bei der Arbeit ist alles in Ordnung.« Sie schaute mich prüfend an und ergänzte: »Du bist ein Krebs. Die sind eigentlich treu.«
Irgendwie war ich trotz des Sternzeichenquarks erleichtert. »Dann ist ja gut.« Ich dachte bei mir: »Toll, ist man Krebs, glaubt die Frau, dass man nicht fremdginge. Da habe ich mit meinem Sternzeichen ja Glück.«
Eileen stellte klar: »Bin ja auch Krebs.«
Das wurde mir jetzt zu blöd. Warum stehen so viele Frauen bloß auf diesen esoterischen Sternzeichenunsinn? Ich dachte, nun mitreden zu können, und erlaubte mir die Bemerkung: »Das ist ja gut. Dann gehst du auch nicht fremd.«
»Ich bin aber eine Tigerfrau. Du bist Ratte. Und wenn dein Ding mit dir durchgeht, sei nur vorsichtig: Tiger frisst Ratte.«
Aha! So war das also. Gehörte es wirklich zu einer intakten Beziehung, sich diesen ganzen Scheiß anzuhören und dazu gute Miene zu machen? Auch in der Detektei lagen zu Dutzenden Yvonnes Frauenzeitschriften mit Horoskopen und untrüglichen Tipps für Glück, Gesundheit und Gemütlichkeit, wodurch sie die Einnahme von Antidepressiva jedoch nicht wesentlich senken konnte.
Ich empfand es als Glück, mein Smartphone läuten zu hören. Ein Blick auf das Display zeigte mir, dass es Tobias war.
»Wenn du da jetzt rangehst .«, drohte sie.
»Ich stecke mitten in laufenden Ermittlungen«, log ich. »Wenn sich da was Neues ergibt, muss ich ran.«
»Davon weiß ich doch nichts.«
»Nicht alles, was du nicht weißt, gibt es nicht.«
Ich nahm das Gespräch an. Tobias lud mich in einem so lauten Tonfall zum Angeln ein, dass es auch Eileen nicht überhören konnte. »Zwei Männer, zwei Angeln und zwei Bier, was kann es Schöneres geben? Außer natürlich . vier Bier.«
Eileens Augen warfen Blitze.
Unter völliger Anstrengung meines Geistes konnte ich noch eins draufsetzen: »Sechs Bier.«
»Also gebongt, Alter?«, missverstand Tobias mich.
Eileen ging zum Schrank, holte ihre Tasche heraus und begann demonstrativ zu packen.
»Nein! Geht nicht . Zurzeit ist es schlecht«, stammelte ich.
»Verstehe! Stehst ganz schön unterm Pantoffel, Alter.«
»Nein, so ist es nicht.«
Eileen packte weiter.
Tobias lachte. »Musst dich mal hören . Aufs Scheißhaus darfste aber noch ohne Erlaubnis, oda?«
»Das ist jetzt ein ganz schlechter Zeitpunkt«, versuchte ich zu erklären.
»Armer Kerl! Ej, Sven, diese Braut hat dir die Eier geklaut .« Dann lachte er laut auf. »Das reimt sich ja: Die Braut hat dir die Eier geklaut.«
Das Gespräch mit Tobias und die Beziehung mit Eileen neigten sich dem Ende entgegen. Mit Tobias könnte ich auch später noch reden. Wir würden noch oft zusammen an der Oder stehen, Fische herausholen und unseren Spaß haben. Für Eileen beendete ich das Gespräch nicht schnell genug. Sie packte eifrig weiter.
Nun war ich es, der auf stur stellte. Sie konnte mich doch nicht zwingen, das Gespräch mit meinem Freund abzuwürgen und einen Kniefall zu machen. So weit kommt's noch! Oder sah ich das alles falsch?
Das mit Eileen sah aus, als ob ich es wieder einmal gründlich vermasselt hätte. Gingen zurzeit alle Beziehungen den Bach runter? Mein künftiger Partner in der Detektei, der Expolizist Frank Fechner, hatte auch schon verdächtig lange nicht mehr von seiner Freundin erzählt. Seltsam. Als die beiden um ihre Beziehung kämpfen und sie vor seinen damaligen Vorgesetzten geheim halten mussten, waren sie unzertrennlich und standen zueinander. Jetzt, wo sie miteinander leben konnten, ohne dass jemand Anstoß daran nehmen konnte, da schien es in der Beziehung zu kriseln.
Eileen schmiss die Tür hinter sich zu.
Wieder einmal hatte ich den Eindruck, vor dem Scherbenhaufen meines Lebens zu stehen.
Sein Gegner würde heute keine Chance haben. Diesmal würde er ihm nicht entkommen; das war sicher. Keiner seiner Bekannten, die von der Niederlage wussten, die ihm dieser Brocken zugefügt hatte, sollte sich länger lustig über ihn machen können. Er hatte seinen Gegner genau studiert, kannte dessen Verhaltensweisen, Aufenthaltsorte und Vorsicht. Tobias wusste, dass es kein leichter Job werden würde. Aber welcher Job war das in letzter Konsequenz schon?
Selbst wenn er mit dem Puffbus die deutschen Freier in eines der Freudenhäuser ins polnische Slubice fuhr, war das kein einfacher Job: Die Taxifahrer waren sauer über die entgangenen Fahrten und drohten ihm immer wieder, die Reifen seines Kleinbusses zu zerstechen, die Behörden kontrollierten immer wieder seine Papiere, weil sie stolz darauf waren, dass nach dem Brand im letzten Puff kein solches Etablissement mehr auf der deutschen Seite der Oder eröffnet hatte und sie zusehen...
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