Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Krebse sind gute Zuhörer, aber noch bessere Beobachter.
»Suchen wir Menschen uns nicht immer Dinge, an die wir glauben können, um unser Leben einfacher zu gestalten? Warum ist es also das Schicksal der Astrologie, teilweise belächelt zu werden? Oder ist die Astrologie so gefürchtet, weil sie ein unabänderliches Schicksal prophezeit?«
»Wenn Thompson noch einmal das Wort Schicksal sagt, schreie ich.« Ich versuchte, das dumpfe Gemurmel des Mannes neben mir zu ignorieren, der wie ein billiges Double von Rowan Atkinson aussah, einschließlich der buschigen Augenbrauen. Es war nicht das erste Mal, dass sich jemand über die Astrologie lustig machte, und auch bestimmt nicht das letzte Mal. Als eine der größten Astronomie-Messen weltweit fuhren die Organisatoren der AstroFair groß auf. Es gab kostenlose Thunfischhäppchen - um die ich einen riesigen Bogen gemacht hatte, mein Sitznachbar aber, seinem Atem nach zu urteilen, augenscheinlich ganz und gar nicht. Hübsche Hostessen verteilten Flyer, die ohnehin im Mülleimer landeten, und dann war da natürlich noch ein monströser Haufen von sich und ihren Theorien überzeugter Forschender. Der pompöse Konferenzraum war bis zu seinen stuckverzierten hohen Decken gefüllt mit einer Wolke aus billigem Aftershave und Überheblichkeit.
Dabei würde ich nicht behaupten, dass alle Wissenschaftler so waren. Ich kannte durchaus Astronomen, Astrophysiker und andere Studierte, die klug und nichtsdestotrotz empathisch genug waren, mit anderen Menschen umgehen zu können. Nicht alle waren ein unempathischer Sheldon-Cooper-Verschnitt.
Dennoch wirkte es so, als hätte sich die gesamte Wissenschaftsarroganz Englands hier versammelt. Es fühlte sich an wie ein Laborexperiment eifriger Psychologiestudenten. Man nehme einen Raum und fülle diesen randvoll mit superschlauen Wissenschaftlern. Die Möglichkeiten dessen, was passierte, waren unendlich und liefen trotzdem immer auf das gleiche Ergebnis hinaus: Jeder wollte recht behalten, und das gipfelte in einem riesigen Tumult aus hinausgeschrienen Thesen und wilden Theorien.
»Wir sollten ein Trinkspiel draus machen«, erwiderte plötzlich der Mann zu meiner Linken und lehnte sich ein wenig zu mir, so dass ich seinen Atem riechen konnte. Definitiv noch jemand, der sich an den kostenlosen Thunfischhäppchen satt gegessen hatte. Er warf mir einen grinsenden Blick zu. Wollten sie, dass ich mich an ihrer Unterhaltung beteiligte? Ich fand, dass Marcus Thompson, der nun auf der Bühne auf und ab ging, einer der klügsten Astrologen des Landes war. Die beiden Gründe, weshalb ich zwischen den Männern hier festsaß, waren meine Chefin Geraldine, die von mir einen spannungsgeladenen Artikel über dieses Spektakel erwartete, und dass ich Mr. Thompsons Vortrag unbedingt hören wollte.
Vielleicht war ich heute ganz mutig und besorgte mir später sogar ein Autogramm. Was würde das Komikerduo Rowan Atkinson und sein untersetzter Freund mit Halbglatze Benny Hill dann tun? Ich wandte den Blick ab, versuchte, mich weiter auf den Vortrag auf der Bühne zu konzentrieren, und verfolgte Thompsons Theorien. Astrologie gegen Astronomie. Persönliche Sterndeutung gegen trockene Wissenschaft. Ein Kampf, der bereits jahrzehntelang ausgefochten wurde und bei dem es niemals einen Gewinner geben konnte, denn beides hatte völlig unterschiedliche Ansätze.
Verhaltenes Klatschen durchdrang die Stille, die nur hin und wieder von einem Räuspern oder respektlosen Flüstern unterbrochen worden war. Thompson nickte den Menschen vor sich freundlich lächelnd zu, und ich gab alles als größter Fan des Abends.
Der Moderator bedankte sich bei ihm, und auf einmal war es so, als hätte jemand ein Fenster aufgemacht, und die kühle Oktoberluft weckte die Menschen aus ihrem tiefen Schlaf. Köpfe schossen hoch, aufgeregtes, nervöses Kichern erklang. »Prof. Dr. Weston Jones, Astrophysiker und unser Starredner des Abends.« Es folgte eine lange Lobrede auf einen Mann, den alle seit kurzem als den Rockstar der Astronomie bezeichneten. Und das sicherlich nur, weil er optisch voll in die göttliche Süßigkeitentüte gegriffen hatte und seit einem halben Jahr der Star der Sendung The Universe and the Stars eines bekannten Streaminganbieters war. Die wenigen Frauen im Saal reckten die Hälse, und die Männer flüsterten ehrfürchtig voller Respekt etwas über seine herausragende Arbeit. Ja, okay, unter den Nerds aller Nerds war er wohl der Oberboss. Er hatte es drauf, aber warum feierten die Merkmale attraktiv und klug so oft gemeinsam eine Party mit arrogant?
Weston betrat die Bühne in einem schicken Zweiteiler aus hellgrauem Stoff, der sich über seinen breiten Schultern spannte. Er hatte auf eine Krawatte verzichtet und trug weiße Turnschuhe, die wohl seine absolute Lässigkeit unterstreichen sollten. Er wirkte genauso groß und eindrucksvoll wie in seiner Sendung. Die Menge huldigte ihm mit Standing Ovations. Weston war für sie so etwas wie die gigantische Sahnetorte mit kandierten Kirschen, und allen hier lief das Wasser im Mund zusammen. Als Journalistin war es äußerst interessant, den Stimmungsumschwung hautnah mitzuerleben.
Er nickte mit einem geheimnisvollen, sexy Lächeln in die Menge und stellte sich hinter das Podium. Die Menschen setzten sich und klebten an seinen Lippen, als er seinen Vortrag über die Kartierung der Metallizitätenentwicklung im Universum mit einem Gag einleitete. Ich musste zugeben, das war nicht gerade eines der Themen, in denen ich mich besonders auskannte, weshalb ich nur mit halbem Ohr zuhörte. Dafür gab sein gesamtes Äußeres mit den zerzausten dunkelbraunen Haaren, durch die er sich hin und wieder fuhr, und dem verwegenen Dreitagebart ein wirklich beeindruckendes Bild ab. Er sah aus, als würde er mit seinem schicken Anzug direkt auf eine Harley-Davidson steigen. Hinten drauf selbstverständlich eine gertenschlanke Blondine, deren langes Haar selbst durch einen engen Helm nicht durcheinandergebracht werden konnte, während beide in den Sonnenuntergang fuhren.
Es war merkwürdig faszinierend, mit welchem Herzblut Weston über dieses trockene Thema dozierte, und für einen Moment verstand ich seine Leidenschaft. Als er allerdings einen Witz über Sternzeichen riss, wusste ich, er war wie alle anderen hier. Er hielt Astrologie für Humbug, was uns definitiv unterschied. Denn dem, was die Leute hier als Esoterik bezeichneten, war ich komplett verfallen. Durch meine Mum und Grandma liebte ich die Deutung der Sternzeichen und konnte mich glücklich schätzen, seit beinahe einem halben Jahr für das Frauenmagazin The Stunning schreiben zu dürfen. Dort war ich alleinige Herrscherin über den Horoskop- und Astrologiebereich. Ja, gut, ich schrieb oft Artikel darüber, wann der Mond perfekt für eine neue Liebe oder zum Abnehmen einiger Kilos stand, doch hin und wieder durfte ich spannende Recherchereisen unternehmen wie heute.
Und da kam mir die Idee, wie ich meine Chefin ziemlich beeindrucken könnte. Vielleicht verkürzte sie sogar die Probezeit, wenn ich ihr einen Artikel über Weston Jones lieferte. Normalerweise zählte es zu meinen Talenten, jemanden zu interviewen, aber Jones war dafür bekannt, Journalisten zu hassen. Und das, als einer der angesagtesten Fernsehstars, auf den gerade jeder zu stehen schien, doch vielleicht machte gerade seine Geheimnistuerei seine Faszination aus.
Wie dem auch sei, Rowan und Benny klebten genauso an seinen Lippen wie alle anderen, denn sie hatten geschlagene zehn Minuten weder gesprochen noch laut geatmet. Jeder Hustenreiz im Saal wurde augenblicklich unterdrückt, um Weston bei seinem Vortrag nicht zu stören. Ich versuchte, hinter seine Fassade zu schauen. Er war kühl und trotzdem charmant. Das musste man erst mal hinbekommen.
Plötzlich war es, als würde jeder der dreihundert Anwesenden die Luft anhalten.
Weston unterbrach seinen Redefluss, und sein Blick flog suchend durch die Menge, während ich begann, hektisch in meiner unordentlichen Beuteltasche zu kramen, um nicht zum negativen Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit zu werden. Ich musste nicht erst aufsehen, um zu spüren, dass er den Störenfried lokalisiert hatte. Mich. Trotzdem tat ich es. Sein kalter Laserblick bohrte sich durch meine Augen direkt in mein Hirn und verbrutzelte meine Zellen. Ich fühlte, wie ich knallrot anlief, während ich weiter in meiner Tasche wühlte. Wake Me Up Before You Go-Go - alias mein Klingelton - schien Westons Fanclub im Raum fast in Tränen der Panik ausbrechen zu lassen. Ich wartete auf schrille Schreie, die verkündeten, mich als die Hexe auf ihrem Scheiterhaufen aus Sternenstaub verbrennen zu wollen.
Meine Finger griffen immer wieder ins Leere, und ich befürchtete, dass Weston gleich wie ein übermenschlicher Vampir in einem Satz von der Bühne springen und mich mit seinen Krallen zerfetzen würde. Die Luft im Raum kühlte merklich um mehrere Grad ab.
»Ähm, ich . hab's gleich!«, rief ich und zog endlich mein Smartphone aus der Tasche. Mein schneller Atem und peinliches Glucksen hallten von den vertäfelten Wänden wider. »Da ist es ja!« Erleichterung durchflutete mich, als ich auf den roten Knopf drückte. »Sorry, Sie können weitermachen«, sagte ich kleinlaut.
Weston bebte vor Zorn, seine Lippen waren zu einem perfekten Strich zusammengepresst, und aus seinen Ohren trat weißer Rauch aus. Okay, das bildete ich mir vielleicht nur ein, aber es würde nicht mehr lange dauern, da war ich mir sicher.
»Ausgesprochen großzügig«, sagte er mit...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.