Die Entdeckung von Neptun
Seit Anfang des 18. Jahrhunderts gab es in Berlin eine Sternwarte. Ein den damaligen Ansprüchen genügendes Gebäude mit entsprechender Ausrüstung entstand allerdings erst im Jahre 1835. An dieser Sternwarte entdeckte 1846 Johann Gottfried Galle (1812 - 1910) den Planeten Neptun. Aufgrund der wachsenden Stadt und ihrer Industrialisierung wurde das Observatorium 1913 nach Babelsberg (heute ein Stadtteil von Potsdam) verlegt. Die meisten der angesammelten Schätze blieben erhalten, und so spiegelt sich die Geschichte von Jahrhunderten in dem Observatorium, das heute zum Leibniz-Institut für Astrophysik gehört. Die Sammlungen enthalten seltene Perlen der Wissenschaft, auch die Kollektion historischer Instrumente ist sehr sehenswert. ?
Die Sternwarte in Babelsberg mit ihren Kuppeln gehört zum Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam.
© Herbert Einsporn
Neue Ära für Fernrohrobjektive
Im oberbayerischen Benediktbeuern erwartet uns die Glashütte des genialen Autodidakten Joseph von Fraunhofer (1787 - 1826). Wer die heute als Museum zugängliche Halle des ehemaligen Klosters betritt, der befindet sich inmitten einer wichtigen Epoche der Astronomie des frühen 19. Jahrhunderts: im Zentrum zwei große Schmelzöfen mit Rührgeräten, an den Wänden zeitgenössische Gerätschaften und diverse Instrumente. Man könnte meinen, der Meister hätte die Werkstatt gerade für eine kurze Pause verlassen. Hier hat Fraunhofer nicht nur die heute nach ihm benannten dunklen Linien im Sonnenspektrum entdeckt, es gelang ihm auch die Herstellung großer homogener Glasschmelzen. Das war die entscheidende Voraussetzung zum Schliff von Fernrohrlinsen mit größerem Durchmesser. ?
Fraunhofers Glashütte in Benediktbeuern ist heute ein sehenswertes Museum.
© Rudolph Buch/Wikipedia
Das längste Linsenfernrohr
1882 kam Friedrich Simon Archenhold (1861 - 1939) aus der westfälischen Provinz in die boomende Reichshauptstadt Berlin. Als Schüler des Astronomen Wilhelm Foerster (1832 - 1921) hatte er auf fotografischem Weg einen Nebel im Sternbild Perseus entdeckt, doch visuell konnte er seinen Fund mangels größerer Instrumente nicht bestätigen. So entschloss er sich, in Berlin ein Riesenfernrohr zu errichten - ohne Unterstützung des Staates. Das Unternehmen gelang dank zahlreicher privater Geldgeber, 1896 konnte das Teleskop mit einer Öffnung von 68 Zentimetern und einer Brennweite von 21 Metern eingeweiht werden. Nach mehreren Rekonstruktionen ist es noch heute in Betrieb und hält weiterhin den Rekord des weltweit längsten Linsenfernrohrs. ?
Die Archenhold-Sternwarte in Berlin-Treptow ist die größte und älteste noch heute aktive europäische Volkssternwarte.
© Rothenberg
Der Riesenspiegel Leviathan
Die Spiegel astronomischer Teleskope aus Metall erreichten weitaus größere Durchmesser als die der konkurrierenden Linsenfernrohre. Hatte schon Friedrich Wilhelm Herschel (1738 - 1822) einen Spiegel mit 120 Zentimeter Durchmesser hergestellt, so gelang dem irischen Adligen William Parsons (1800 - 1867), auch bekannt unter dem Namen Lord Rosse, im Jahre 1845 die Schaffung eines Spiegels mit 180 Zentimeter Durchmesser. Das "Leviathan" genannte Monstrum hat sich bis heute erhalten, wurde in jüngster Zeit sogar umfassend restauriert und ist (mit einem neuen Aluminium-Spiegel) wieder voll funktionsfähig. Lord Rosse hat mit seinem damals leistungsfähigsten Fernrohr der Welt zum ersten Mal die Spiralstruktur des Objektes "Messier 51" wahrgenommen, ohne allerdings zu ahnen, dass es sich dabei um ein Sternsystem außerhalb unserer Galaxis handelt. ?
Das restaurierte Riesenteleskop des Lord Rosse im Park von Birr Castle in der irischen Grafschaft Offaly.
© imago images/Design Pics
Erste Konferenz zu Außerirdischen
Die Sternwarte Bjurakan am Rande der gleichnamigen Kleinstadt und unweit der Hauptstadt Jerewan der ehemaligen Sowjetrepublik Armenien stammt aus dem Jahre 1946. Sie befindet sich in 1500 Metern Höhe am Hang des erloschenen Vulkanberges Aragaz und trägt heute den Namen ihres Gründungsdirektors Viktor Ambartsumjan (1908 - 1996). Das größte Instrument des Observatoriums ist ein 2,6-m-Spiegelteleskop sowjetischer Bauart. Daneben sind noch ein 1-m- sowie ein 0,5-m-Schmidt-Teleskop im Einsatz. 1971 fand in Bjurakan die erste internationale Konferenz über extraterrestrische Zivilisationen statt. Die Sternwarte arbeitet mit zahlreichen Instituten in aller Welt zusammen und empfängt auch gern Besuchergruppen. ?
Blick auf eine Kuppel der Sternwarte Bjurakan in Armenien.
© imago images/ITAR-TASS
Erstes europäisches Großteleskop
Auf dem knapp 2200 Meter hohen Calar Alto in der spanischen Provinz Almería im Südosten Andalusiens befindet seit 1979 sich das Deutsch-Spanische Astronomische Zentrum mit einem 3,5-m-Spiegelteleskop als Hauptinstrument, das seit 1984 in Betrieb ist. Es wurde später mit der heute bei Großinstrumenten üblichen adaptiven Optik ausgestattet, um die störenden Auswirkungen der Erdatmosphäre zu minimieren. Die Auffahrt in die Höhen der wüstenähnlichen Bergwelt wird durch imposante Rundblicke in die Landschaft belohnt. Die gigantische, 43 Meter hohe Kuppel verfügt im Innenraum über eine Besuchertribüne, von der aus man das riesige Instrument bestaunen kann. Auf dem Calar Alto befindet sich auch das einst für die Hamburger Sternwarte gebaute Schmidt-Teleskop. ?
Das deutsch-spanische Astronomische Zentrum auf dem Calar Alto.
© Max-Planck-Institut für Astronomie
Newtons Totenmaske
Die alte Sternwarte auf dem Calton Hill wurde 1818 gegründet und architektonisch nach dem Vorbild des griechischen Tempels der vier Winde in Athen gebaut. Die Anlage fungierte lange als Volkssternwarte, ist nun in restaurierter Form ein Museum für moderne Kunst. Einige der historischen Instrumente aus dem frühen 19. Jahrhundert sind zu bewundern und Mitglieder der "Astronomical Society" informieren über die Geschichte des Observatoriums. Noch interessanter dürfte das 1894 auf dem Blackford Hill erbaute "Royal Observatory Edinburgh" sein. Dort werden Besichtigungen, Beobachtungsabende, Kurse und Vortragsabende zu aktuellen Themen der Astronomie angeboten. Eine Kostbarkeit ist die Crawford Collection von wertvollen alten Büchern, Manuskripten und der Totenmaske von Isaac Newton, die James Ludovic Lindsay (1847 - 1913) dem Institut 1888 geschenkt hat. ?
Das alte (City-)Observatorium in Edinburgh.
© Alan Ford/Wikipedia
Größtes Teleskop Deutschlands
Fast drei Jahrzehnte hindurch war es das größte frei bewegliche Radioteleskop der Welt: die gigantische parabolische Metallschale des 100-Meter-Spiegels in Effelsberg bei Bad Münstereifel. Das zum Max-Planck-Institut für Radioastronomie gehörende Instrument ist nicht nur für die Wissenschaft seit seiner Inbetriebnahme 1972 ein voller Erfolg, sondern auch ein imposantes Schaustück. In einem eigens eingerichteten Besucherpavillon werden regelmäßig Erläuterungen für Besucher in Form von Vorträgen gegeben, die sowohl mit den technischen Finessen des Instruments als auch den damit durchgeführten wissenschaftlichen Arbeiten vertraut machen. ?
Das 100-m-Radio-teleskop in Effelsberg - eines der größten beweglichen Radioteleskope der Welt
© imago images/Westend61.
Wende zum neuen Weltbild
Frombork (Frauenburg) am Frischen Haff im heutigen Polen ist die langjährige Wirkungsstätte von Nikolaus Kopernikus (1473 - 1543). Hier verbrachte er als Domherr die Jahre von 1510 bis zu seinem Tod und schuf sein Hauptwerk "De revolutionibus orbium coelestium" ("Über die Umschwünge der himmlischen Kreise"), das 1543 zum ersten Mal gedruckt erschien und die Astronomie revolutionierte. In der Kathedrale finden wir eine Gedenktafel mit Hinweis auf die Grabstätte des Gelehrten, während sich im Bischofspalast ein Kopernikus-Museum befindet. Der originalgetreu wiedererrichtete "Kopernikus-Turm" auf dem Kathedralhügel, der Kopernikus einst gehörte, beherbergt sein nachgestaltetes Arbeitszimmer, das an die einstige Wirkungsstätte des Astronomen erinnern soll. ?
Der Kopernikus-Turm in Frombork (Frauenburg) in Polen.
© imago images/Seeliger
Die Lösung des Längengradproblems
Das berühmte Royal Observatory Greenwich im gleichnamigen Stadtteil von London entstand im Jahre 1675 und sollte das für die britische Seefahrt existenzielle Problem der Längenbestimmung auf hoher See lösen. Direkt durch die Sternwarte mit ihrem markanten roten Time Ball verläuft der sogenannte...