Schweitzer Fachinformationen
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Göteborg 1926: Ein unbeschwerter Familienausflug ins Naturhistorische Museum wird zum Alptraum, als die neunjährige Alice spurlos verschwindet. Während die Familie verzweifelt nach Antworten sucht, übernimmt Hauptwachmeister Nils Gunnarsson den Fall. Doch die labyrinthartigen Gänge des Museums und seine uneimlichen Exponate bergen mehr als nur Rätsel - sie erzählen Geschichten, die besser verborgen bleiben sollten.
Unterstützt von der Journalistin Ellen, folgt Nils einer Spur aus Geheimnissen, die nicht nur das Schicksal von Alice betreffen, sondern tief mit dem Museum selbst verwoben sind.
Wird es ihnen gelingen, das Mädchen zu finden, bevor die dunklen Schatten der Vergangenheit erneut zuschlagen?
Die Kälte hielt die Stadt in einem eisernen Griff. Das ganze Kattegat war zugefroren. Von Vinga aus hatte man eine Fahrrinne bis in den Hafen aufgebrochen, auf dem größeren der beiden städtischen Eisbrecher arbeitete die Besatzung vierzehn Stunden am Tag, um die Zufahrt offen zu halten.
Nils ging die Treppe hinauf zu seinem Arbeitszimmer im ersten Stock des Polizeireviers. Er hatte Spätschicht, von ein Uhr am Nachmittag bis neun Uhr am Abend. Diese Arbeitszeit war ihm sehr recht. Er konnte morgens ausschlafen und am Vormittag ein paar Dinge erledigen. Nach der Arbeit fuhr er direkt nach Hause, aß noch ein Brot und ging dann direkt zu Bett. Und hoffte, dass das Kleinkind der Nachbarn eine ruhige Nacht hatte und er im wohligen Schlaf versinken konnte. Mit einer ganzen Nacht zusammenhängendem Schlaf konnte er nicht rechnen. Diese Gottesgabe war ihm schon lange nicht mehr vergönnt, eine Folge der vielen Jahre unregelmäßiger Dienste, zu allen Tages- und Nachtzeiten. So leise wie möglich ging er den Flur entlang. Er war früh dran. Das passierte ihm oft, er kam zu früh und ging spät nach Hause. Die Zeit, die er allein in seinem kleinen Zimmer verbrachte, tat ihm gut. Er konnte sich vorbereiten und nachdenken. Hauptsache war, dass sein Chef im Nebenzimmer ihn nicht hörte. Das Haus war alt, die Böden knarrten, aber Nils wusste, welche Dielen gefährlich waren, und wich ihnen geschickt aus. Lautlos wie eine Katze setzte er seine großen, in Stiefeln steckenden Füße ab und erreichte Schritt für Schritt die Tür. Er drückte langsam die Klinke herunter, öffnete - und lief Kommissar Nordfeldt direkt in die Arme. Die Tür, die ihre Zimmer verband, stand weit offen und das Licht von Kommissar Nordfeldts Schreibtischlampe strömte in Nils' Zimmer.
»Guten Mittag, Herr Hauptwachtmeister«, sagte Nordfeldt und lächelte triumphierend.
Hatte der Kommissar ihn durch das Fenster gesehen? Er hatte ihn nicht im Flur hören können. Nils war sicher, er hatte sich lautlos bewegt.
»Guten Mittag, Herr Kommissar. War der Vormittag ruhig?« Er nahm seinen Hut ab, schüttelte leicht den Schnee von der Krempe und hängte ihn an einen Haken an der Wand.
»Nein, hier war der Teufel los. Im Naturhistorischen Museum ist ein kleines Mädchen verschwunden.«
»Im Museum?«
»Dort ist sie auf jeden Fall zuletzt gesehen worden.«
»Und wann?«
»Gestern, um drei Uhr, als das Museum geschlossen wurde. Verdammt merkwürdige Geschichte. Ihr Vater rief heute gegen halb elf an und meldete sie als verschwunden.«
»Warum hat er nicht schon gestern angerufen?«, fragte Nils erstaunt.
»Unglückliche Umstände. Er war gestern Abend nicht zu Hause und bemerkte erst heute, dass die Kleine vermisst wurde.«
Der Kommissar war nicht so groß wie Nils, aber er war breitschultrig und muskulös. Wenn sie nebeneinanderstanden, wurde es sehr eng in dem kleinen Zimmer.
Nils bemerkte, dass er immer noch seinen Mantel anhatte. Er zog ihn aus, hängte ihn auf und konstatierte, dass sein Dienst bereits begonnen hatte.
»Und die Mutter?«, fragte er und machte die Lampe auf seinem Schreibtisch an.
»Schwer krank. Bettlägerig. Ein Kindermädchen kümmert sich um die Kinder. Sie war mit ihnen im Museum. Das Mädchen verschwand in den Ausstellungsräumen, als das Kindermädchen mit den jüngeren Geschwistern beschäftigt war. Seither wurde sie nicht mehr gesehen. Die Wärter haben alle Räume durchsucht, sie jedoch nicht gefunden, man muss also davon ausgehen, dass sie das Museum verlassen hat. Die Familie wohnt in der Nähe, in der Nordenskiöldsgata. Das Mädchen hatte vielleicht die Absicht, nach Hause zu gehen, ist möglicherweise irgendwo stehen geblieben, um zu spielen, und dann versehentlich in einem Keller oder so eingeschlossen worden.«
»Heute Nacht waren es vierzehn Grad minus, wir wollen also hoffen, dass sie die Nacht nicht im Freien hat zubringen müssen«, sagte Nils. »Wie alt ist sie?«
»Neun. Ich habe Öberg und Hellström losgeschickt, sie sollen sich in der Gegend umhören. Und ein paar Männer, die Keller, Brunnendeckel und so untersuchen. Der Vater sucht ebenfalls in der Umgebung. Ich habe ihn gebeten, herzukommen und eine formelle Anzeige zu erstatten, aber er sagte, er habe keine Zeit, er müsse suchen. Er klang verdammt nervös.«
»Das kann ich verstehen.«
»Ich habe ihn gebeten, das Kindermädchen herzuschicken, ich möchte ihre Version hören.«
Kommissar Nordfeldt holte seine Taschenuhr hervor, betrachtete sie mit gerunzelter Stirn und brummte: »Ich verstehe nicht, wo sie bleibt. Ich habe dem Vater gesagt, er soll sie sofort herschicken.«
»Weiß sie, wo das Polizeirevier ist?«
Nordfeldt schnaubte. »Das weiß doch jeder. Vielleicht hat sie sich verlaufen. Schlampiges Mädchen. Erst geht das Kind, auf das sie aufpassen soll, verloren und dann sie selbst.« Er schaute noch einmal auf die Taschenuhr. »Sie sind früh dran, Gunnarsson.«
»Ich habe Papierarbeit zu erledigen.«
Der Kommissar nickte und ließ die Taschenuhr in seine Westentasche gleiten. »Na, dann fangen Sie mal an damit.«
Er drehte sich auf dem Absatz um, ging in sein Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
Nils setzte sich und holte seine Mappen hervor.
Das mit dem eigenen Zimmer hatte schon seine Vorteile, auch wenn es nicht viel größer war als ein Schrank. Nils hatte keine Probleme mit engen Räumen und Alleinsein, im Gegenteil, es vermittelte ihm ein Gefühl von Ruhe und Konzentration. Manchmal dachte er, er wäre der ideale Gefangene. Wenn nur sein Zimmer nicht Wand an Wand mit dem des Chefs gelegen hätte, und auch noch mit einer Tür dazwischen.
Er hatte nie um ein eigenes Zimmer gebeten. Aber der Kommissar hatte ihn unter seine schützenden Fittiche genommen, das war bisweilen angenehm, aber oft auch anstrengend. Manchmal wäre es ihm lieber, er würde in dem großen Raum am Ende des Flurs sitzen, da, wo die anderen Polizisten saßen, in der Gesellschaft von klingelnden Telefonen und kollegialem Gekabbel. Er wusste nicht, wie sie über ihn sprachen, konnte es sich jedoch vorstellen.
Als er noch Streifenpolizist gewesen war, war eifrig über das sogenannte »System der krummen Rücken« geredet worden, das darauf hinauslief, dass die einzige Möglichkeit zum Aufsteigen darin bestand, vor den Vorgesetzten zu kriechen, die Kameraden wegen des geringsten Fehlers anzuzeigen und dem Chef gegenüber loyal zu sein, auch wenn der sich grobe Fehler zuschulden kommen ließ. Niemand wollte ein Weichrücken sein, aber wenn man sich weigerte, konnte man den Gedanken an einen Aufstieg vergessen und wegen einer Bagatelle aus dem Dienst entfernt werden. Das System begünstigte die Feigen und Ungeeigneten und verdarb das ganze Polizeiwesen von unten nach oben.
Hoffentlich würde das mit dem neuen Polizeigesetz, das gerade in Kraft getreten war, besser werden. Danach würden die gleichen Regeln für alle Polizisten im ganzen Land gelten, gleiche Uniformen und Dienstmarken, eine einheitliche Ausbildung und ein Ende der willkürlichen Kündigungen und Beförderungen. Es war wirklich an der Zeit, dass der lange Arm des Gesetzes ein eigenes Gesetz bekam und ein wenig Ordnung auch bei der Ordnungsmacht einkehrte.
In aller Ruhe ging er seine Papiere durch. Aber er kam nicht weit, sondern unterbrach sein Tun und spitzte die Ohren. Eigenartige Geräusche waren aus dem Zimmer von Kommissar Nordfeldt zu hören. Plötzliches Rumpeln, helles Lachen, protestierende Rufe von Nordfeldt und . Babygeschrei!
Nils stand auf, klopfte an die Tür und rief:
»Herr Kommissar? Alles in Ordnung?«
»Kommen Sie rein, verdammt, Gunnarsson!«, rief sein Chef mit einer Andeutung von Verzweiflung in der Stimme.
Nils trat ein. Im Zimmer herrschte ein schreckliches Durcheinander. Ein kleines Mädchen im Wollmantel und mit Ohrenschützern auf den goldroten Locken war auf Nordfeldts Schreibtisch geklettert und stand jetzt da, rosenwangig und breitbeinig, und schaute triumphierend um sich. Ein weiterer kleiner Schlingel war unterwegs zum Bücherregal, wo er, vielleicht war es auch eine Sie, einen Ordner ergriff, ihn öffnete, sodass alle Papiere herausfielen. Ein etwas älterer Junge knuffte das Kind, es fiel hin, dann sammelte er mit einem ...
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