Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Ein kräftiger Wind wehte vom Mittelmeer her und hatte den Smog über Kairo weggeblasen. Henry stand an einem Fenster ihrer Suite und konnte erstmals die Pyramiden von Gizeh in der Morgensonne auf der anderen Seite der Stadt leuchten sehen.
Er interessierte sich brennend für Altertümer. Er war zwar erst acht Jahre alt, aber irgendwie schien es, als ob er schon viel älter wäre.
Die letzten vier Tage waren eine einzige Qual gewesen, da Vera kaum Zeit für ihn gehabt hatte. Es gab keine Besichtigungen und kein Programm für ihn. Ständig war seine Mutter in Meetings, saß an ihrem Laptop oder telefonierte mit wichtigen Leuten.
Für Henry blieben nur Videospiele oder das Internet. Das langweilte ihn bald.
Daher hatte er so lange gebettelt, bis sie ihm einen Privatguide für eine Besichtigung des Gizeh Geländes organisiert hatte, der heute mit ihm dorthin fahren würde. Lieber wäre Henry mit seiner Mutter zu den Pyramiden gefahren, aber die hatte keine Zeit, da sie auf dieser Konferenzeröffnung sein würde.
Vera warf einen letzten Blick in den Spiegel und betrachtete ihr Outfit kritisch. Ihr dunkelgraues Businesskostüm saß perfekt. Nur der wadenlange Rock störte sie ein wenig, aber das ging hier in Ägypten nicht anders, hatte man ihr gesagt. Das Kopftuch hatte sie verweigert, sie trug ihre brünetten Haare offen und wenn sie lächelte, konnte sie unwiderstehlich sein. Lächeln war aber heute nicht angesagt. Sie musste vielmehr ernst und würdevoll wirken. Sie fand, das Businesskostüm verberge viel zu viel von ihrer Figur, aber das konnte sie nicht ändern. Heute war Konferenzbeginn und sie hatte nicht mehr viel Zeit.
Sie trat ans Fenster zu ihrem Sohn und ermahnte ihn: "Bitte mach keine Extratouren, bleib immer bei deinem Guide, das Gelände dort ist riesig, da kannst du dich leicht verlaufen. Abdullah war sehr entgegenkommend, dass er dir den Guide organisiert hat, als ich ihn darum gebeten habe. Also mach bitte keine Probleme. Du weißt, ich kann von der Konferenz nicht weg. In einer Woche ist alles vorbei, dann sind wir wieder in Wien in unserer Wohnung, das verspreche ich dir."
Henry musste daran denken, was er seinen Schulkameraden alles berichten konnte, wenn er endlich wieder in seiner Klasse war. Er würde der Schwarm aller Mädchen sein, da war er sich sicher.
Dann nahmen sie den Lift und fuhren in die Lobby. Gefrühstückt hatten sie schon in ihrer Suite. Das Zimmerservice in diesen Suiten war äußerst extravagant und das Frühstück war opulent gewesen. Henry hatte kräftig zugeschlagen, Vera eher wenig, da sie nebenbei noch ihre neuesten Mails checkte.
Don Pedro wartete schon auf sie. Auch er war neu eingekleidet. Heute trug er einen dunklen Anzug mit einer roten Krawatte. Rot als Farbe Perus und der Liebe, wie er sich ausdrückte.
Draußen an der Auffahrt wartete ein Audi A8 mit Chauffeur, um sie sicher ins Konferenzzentrum zu bringen.
Der Guide für Henry war auch schon da und übernahm den Jungen. Der Guide hatte ein großes Lunchpaket dabei und sprach einwandfreies Deutsch: "Guten Morgen Henry, ich bin Aladin und werde dir heute die Pyramiden zeigen. Freust du dich schon?"
Henry war begeistert und nickte. Endlich war etwas los und er kam von diesem faden Hotel weg.
Während der Fahrt zum Konferenzzentrum musste Vera an ihr Telefonat mit Otto denken, den sie am Vortag endlich erreicht hatte. Irgendwie hatte sie eine Distanz zwischen ihnen gespürt. Es war ihr vorgekommen, wie wenn ihr Otto nicht alles gesagt hätte, was wichtig war. Er sei jetzt in Wien, es sei alles OK, aber es sei keine gute Idee, Henry jetzt mit der Austrian Airlines allein nach Wien zu schicken, damit er wieder in die Schule gehen könne, wie Vera ihm vorgeschlagen hatte. Denn was sollte Henry hier in Ägypten tun, in Wien wäre er viel besser aufgehoben.
Doch Otto hatte so seltsam herumgeredet, dass Vera daraus nicht schlau werden konnte.
Otto hatte erklärt, er habe so viel um die Ohren. Da sei die Sache mit dem Anschlag auf seinen Vater, die zerstörte elterliche Villa, die Anwälte und alles andere. Er habe recht viel Stress im Moment, da habe es Henry in Ägypten besser und ruhiger, denn in Wien könne er sich auch nicht um ihn kümmern. In einer Woche kämen Vera und Henry ohnedies wieder heim.
"Muss ich mir Sorgen machen, was da in Wien läuft", dachte Vera, "oder ist mein lieber Otto einfach wirklich überfordert. Egal, da vorne ist schon das Konferenzzentrum. Es geht los."
Das Kairo Convention Centre lag an der El Nasr Road und war eigentlich ein Messegelände, auf dem auch Konferenzen abgehalten werden konnten. In der Mitte des Geländes gab es einen eindrucksvollen Rundbau, der den Konferenzsaal umschloss.
Die Teilnehmer saßen im Konferenzsaal in mehreren konzentrischen Kreisen an großen Tischen, die aus Kreissegmenten gebildet waren und extra für diese Konferenz geliefert worden waren. Scheich Abdullah Ibrahim hatte keine Mühen gescheut und binnen vier Tagen diese Konferenz organisiert und samt Inventar aus dem Boden gestampft.
Die Terminkalender der Teilnehmer waren kräftig durcheinandergewirbelt worden, da viele gar keine Zeit gehabt hätten und anderwärtige Verpflichtungen absagen mussten. Aber hier nicht dabei zu sein, das ging schon gar nicht. Der Scheich hatte all seinen Einfluss aufgeboten, die Teilnehmer an diesen runden Tisch zu bekommen.
Im innersten Kreis saßen Don Pedro, der Scheich und hohe Geistliche aus dem Iran, Saudi-Arabien und der Türkei. Viele von diesen islamischen Geistlichen Würdenträgern hatten auch politische Funktionen inne.
Todfeinde aus dem schiitischen und sunnitischen Lager hatten hier friedlich nebeneinander Platz genommen.
Um den inneren Kreis gruppierten sich zwei weitere Kreise an denen die niederen Ränge und die Berater der hohen Würdenträger Platz genommen hatten.
Vera war mit ihrem Team im Journalistentross, der sich im Foyer drängte und die Würdenträger bei ihrer Ankunft zu Wortspenden nötigen sollte. Doch die meisten Würdenträger waren wortlos in den Konferenzsaal geeilt und hatten die Journalisten enttäuscht.
Dann aber durften auch die Journalisten in den Saal und nahmen hinter den Tischen Aufstellung, denn die Eröffnungsreden sollten um die Welt gehen und ein Millionenpublikum erreichen.
Vera stand dicht neben Janko Franitsch, der die Kamera und das Mikro selbst in der Hand hatte. Denn mehr als zwei Leute pro Team waren nicht in den Saal gelassen worden, da es einfach nicht mehr Platz gab und hunderte Journalistenteams aus der ganzen Welt angereist waren.
Janko Franitsch war kroatischer Abstammung, lebte aber schon seit seiner Geburt in Wien. Er war einer der Stützen von POF-TV und Vera war froh, ihn in diesem Gedränge an ihrer Seite zu haben.
Im Konferenzsaal saßen an die Hundertzwanzig Teilnehmer an den Tischen und warteten auf die Eröffnung.
Das Stimmengewirr beruhigte sich langsam und Vera war gespannt, wer die ersten Worte sprechen würde. Scheich Abdullah Ibrahim, Großmufti von Ägypten und Scheich der al-Azhar Moschee, würde es nicht sein, da er im Rang viel zu hoch oben stand, um die einleitenden Worte zu sprechen.
Da bemerkte Vera, dass im innersten Kreis zwei Stühle leer waren. Was hatte das zu bedeuten, wer hatte hier abgesagt?
Nun war es im Saal völlig still, alle warteten gespannt auf die Begrüßung, als eine Tür zu hören war. Plötzlich entstand Gemurmel und Getuschel. Ein Raunen ging durch den Saal. Vera konnte nicht sofort sehen, was los war, dann aber war sie sprachlos. Der israelische Außenminister und der palästinensische Außenminister kamen in den Saal und gingen nebeneinander direkt in den innersten Kreis und setzten sich auf die beiden freien Stühle.
Das war eine Überraschung, mit der niemand gerechnet hatte. Das Gemurmel der Konferenzteilnehmer wurde lauter, als der Scheich aufstand und das Wort ergriff. Das Gemurmel verstummte augenblicklich als er erklärte, weshalb die beiden Minister hier an der Konferenz teilnehme sollten. Dies sei eine Bedingung von Don Pedro gewesen, entweder sitzen alle Parteien an einem Tisch, oder er, Don Pedro würde das Land verlassen und die Konferenz müsste ohne ihn stattfinden.
Etliche feindselige Blicke wurden Don Pedro zugeworfen. Doch die Mehrheit der Anwesenden nickte zustimmend.
Dann übergab der Scheich an einen anderen Geistlichen, der die formelle Begrüßung übernahm und die Delegationen vorstellte. Das zog sich hin.
Danach trat ein Redner ans Rednerpult, der eine Lobeshymne auf Don Pedro und seine Friedensmission hielt.
"Auf einen Mann, wie Don Pedro hat die Welt gewartet. Er kann international den Frieden bringen. Er hat die Welt vor dem Impakt gerettet. Er kann in Stadien Millionen Menschen vom Frieden überzeugen. Er ist ein Mann des globalen Südens. Er kommt von ganz unten und steht jetzt ganz oben. Seine Teilnahme wird die Konferenz zu einem erfolgreichen Abschluss bringen."
Der Scheich übernahm danach wieder und begann, die Konferenzregeln zu erklären. Dabei wartete...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.