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Das Gedränge wurde ärger und schlimmer. Was für eine absurde Idee, sich Freitag nachmittags durch den Basar in der Altstadt von Kairo drängen zu müssen. Frank Steiner stöhnte innerlich. Aber er ertrug es tapfer, denn der Basarbesuch war die Idee seiner Frau Elisabeth gewesen, die sich, einen Schritt vor ihm gehend, selbstbewusst ihren Weg durch die Menge bahnte.
Frank Steiner kannte sich in Kairo aus, er war beruflich schon oft hier gewesen. Nun hatte er seiner Frau zum fünfundzwanzigsten Hochzeitstag diesen speziellen Ägyptenurlaub geschenkt.
Universitätsprofessor DDr. Frank Steiner war Anfang fünfzig, Archäologe und Institutsleiter für Ägyptologie und Archäologie an der Humbold Universität Berlin.
Seine Frau Elisabeth war das erste Mal in Ägypten und hatte ihre eigenen Vorstellungen von diesem Land. In ihrem Kopf war das Bild des alten Orients gespeichert, welches sich so gar nicht mit dem modernen Ägypten zur Deckung bringen ließ. Als eine High Society Lady reinsten Wassers, blond und groß gewachsen mit guter Figur, obwohl sie schon auf die Fünfzig zuging, wollte sie ihren Freundinnen imponieren, dass sie in Ägypten Dinge gesehen hatte, die ein normaler Tourist nie zu Gesicht bekäme. Denn schließlich kannte Frank den Grabungsleiter für Gizeh, Amir Sjariff sehr gut, da er mit ihm schon öfters in wissenschaftlichem Austausch gestanden war.
So hatten sie in den letzten Tagen im Ägyptischen Museum Räume besucht, die normalerweise nicht öffentlich zugänglich sind. In Gizeh hatten sie eine Extraführung von Amir Sjariff persönlich in der großen Pyramide bekommen.
Es solle dort noch geheime Kammern geben, wie Elisabeth Steiner in der Zeitung gelesen hatte. Amir Sjariff versicherte aber, dass an diesen Zeitungsmeldungen nichts dran sei, die Leute spekulierten einfach zu gerne. Die große Pyramide sei von Cheops erbaut worden, das sei eindeutig wissenschaftlich belegt.
Elisabeth glaubte es nicht ganz, war aber glücklich, da sie mittels Spiegel sogar einen Blick in den engen abgewinkelten Entlüftungsschacht werfen durfte, durch den der Roboter Uppernaut von Ing. Gantenbring vor einigen Jahren gefahren war. Außer Sand sei dabei nichts entdeckt worden, erklärte Amir Sjariff mit herablassender Geste. Der Schacht war im Querschnitt bloß zwanzig Zentimeter breit.
Nun aber im Basar in der engen Altstadt von Kairo wollte Elisabeth Steiner unbedingt noch ein besonderes ägyptisches "antikes" Souvenir ergattern, das sie daheim in ihr ausladendes Wohnzimmer stellen konnte.
Die Gassen wurden immer enger und verwinkelter. Als Sonnenschutz waren zwischen den Häusern Planen angebracht, die kaum noch Licht durchließen. Die Menge schob sich langsam vorwärts. Zwischen den kleinen Läden, die ihre Verkaufsregale noch ein gutes Stück in die engen Gassen hineinragen ließen, war ein Durchkommen kaum noch möglich. Händler priesen lautstark ihre Ware, sodass das eigene Wort nicht mehr zu hören war. Dazu erklang orientalische Musik aus zahllosen Lautsprechern. Frank konnte sich mit Elisabeth nur schreiend verständigen. So ähnlich stellte sich Frank das Inferno in Dantes erstem Kreis der Hölle vor. Er bereute, dass er sich zu diesem Basarbesuch hatte überreden lassen.
Elisabeth konnte auch nichts Passendes finden. Jede Menge Kitsch und Ramsch, aber nichts, was wie alte Kunst aussah oder als echt antikes Stück hätte durchgehen können.
Sie begann ärgerlich zu werden. Frank merkte es an der Art, wie sie sich immer einen Schritt vor ihm durch die Menge drängte und dabei ihre Ellbogen einsetzte, um rascher vorwärtszukommen. Als Einheimische hätte sie so bald Probleme bekommen, doch Touristinnen war es erlaubt, sich gegen die Regeln zu benehmen. Sie würde schließlich ihr Geld hierlassen, dachten die Männer, die sie anrempelte.
Es half aber alles nicht, denn der ägyptische Holzelefant, der ihr gefallen hatte, war zu groß, um transportiert zu werden. Die angebotenen Wasserpfeifen gefielen ihr nicht. Gewürze, die es hier in Mengen gab, konnte sie nicht brauchen, sie konnte schließlich nicht kochen. Kleidung kam nicht in Frage, die konnte sie nicht ins Wohnzimmer stellen. Die Gemälde waren von solch abgrundtiefer Hässlichkeit und sonst gab es nur Dinge, wie Wandteller und kleine Dolche, die für jeden anderen Touristen gut genug seien, aber für sie nicht.
Plötzlich wurden sie von einem kleinen Ägypter auf Deutsch angesprochen. "Sie suchen das Besondere, etwas das sonst niemand hat! Da habe ich etwas für Sie", meinte er mit verschwörerischer Miene und vertraulich tuend.
Frank gefiel das gar nicht, er kannte diese Typen, welche auf einen schnellen Betrug aus waren. Der Kleine, der aussah, wie wenn er mindestens schon achtzig Jahre alt wäre und im Mund nur mehr zwei Zähne hatte, musste sie vorhin beobachtet haben, als sich Elisabeth lautstark beschwert hatte, dass es hier nichts zu kaufen gäbe, dachte Frank.
"Kommen Sie in meinen Laden, ich zeige es Ihnen", rief der Kleine, der Frank kaum bis zur Brust reichte, und ergriff einfach den Arm von Elisabeth, um sie in seinen Laden zu ziehen. Sie war neugierig geworden, doch Frank wollte weitergehen.
"Lass uns das doch ansehen", räsonierte sie, "es kostet uns doch nichts, und hier heraußen ist ja nichts Vernünftiges zu finden."
Frank dachte an die Touristenpolizei, die hier am Basar eigentlich alles überwachen sollte. Das Verkaufslokal müsste in Ordnung sein, ihre Wertsachen hatten sie sicher am Körper verwahrt, die würde niemand so schnell stehlen können. In weitere Hinterzimmer würde er sich aber nicht locken lassen.
Sie betraten den Laden des Kleinen. Ihre Augen mussten sich erst an die Düsternis gewöhnen. Nach dem Lärm der Gasse umfing sie hier drinnen eine wohltuende Stille, denn der Kleine hatte die Ladentür hinter ihnen geschlossen. "Einen Moment, ich muss es erst holen, warten Sie bitte hier", sagte er.
Das war ungewöhnlich, dachte Frank, normalerweise würde er das Ding schon vorne im Laden haben. Denn inzwischen könnten sie den Laden wieder verlassen haben, wenn der Kleine nicht schnell genug wieder da wäre.
Nachdem sich Franks Augen an die Düsternis gewöhnt hatten, sah er, wie weit der Laden nach hinten reichte. An beiden Seitenwänden gab es bis zur Decke reichende Regale, die über und über mit alten Büchern und Schriften vollgestopft waren. Das sah aus, wie ein Antiquariat. Deshalb auch die Ladentür, denn die meistens Läden hier hatten keine Türen, sondern nur einen Rollbalken. Franks Interesse begann zu erwachen.
Sie waren die einzigen Kunden in diesem Laden, ein zweiter Verkäufer war auch nicht zu sehen. Elisabeth begann ungeduldig zu werden. "Wo bleibt das kleine Kerlchen bloß", rief sie verärgert aus. Frank erkannte dagegen mit Kennerblick, dass es hier einige literarische Schätze gab.
"Jetzt warten wir eben ", erklärte er mit Bestimmtheit, "wer weiß, was er bringt."
Da kam er auch schon aus der Dunkelheit von hinten mit einer Mappe in der Hand. "Das ist für Ihren Wandschmuck", erklärte er mit wichtiger Miene, "natürlich nicht echt, aber sieht aus wie echt und ist aus dem Neunzehnten Jahrhundert."
Mit diesen Worten öffnete er die Mappe und einige Papyrusblätter kamen zum Vorschein.
Frank begutachtete die Blätter höchst interessiert, er kannte sich mit Hieroglyphen sehr gut aus. Innerlich jubilierte er, denn solche Blätter hätte er immer schon gerne als Wandschmuck haben wollen, aber Originale durften es logischerweise nicht sein, und die billigen Kopien hatten ihm alle nicht gefallen.
Doch diese Blätter sahen viel besser aus als alles, was er bisher zu Gesicht bekommen hatte. Sie wirkten beinahe wie echt. Er prüfte mit dem Finger die Textur und konnte nichts daran aussetzen. Er versuchte, den Anfang des Textes zu entziffern, aber es gelang ihm nicht. Das ärgerte ihn, denn in der Regel stand auf diesen Kopien immer irgendein bekannter Text eines Originalpapyrus, den der Kopist einfach abgemalt hatte.
Entweder waren die Hieroglyphen hier frei erfunden, oder er kannte diesen Text nicht. Aber egal, dachte er sich, die Papiere sahen sehr gut aus. Jetzt ging es nur mehr um den Preis. Der Kleine wollte sicher astronomisch viel Geld dafür, denn Frank und Elisabeth sahen in ihrem teuren Touristenoutfit einfach nach viel Geld aus.
"Sind die echt?", fragte Elisabeth, die nicht richtig zugehört hatte. "Ja, echt neunzehntes Jahrhundert, heutzutage macht sich niemand mehr die Mühe Hieroglyphen händisch abzumalen, heute wird so etwas fotokopiert," erklärte Frank. "Was sollen sie kosten?" Das Feilschen konnte beginnen.
"Dreißig Euro, alle Blätter zusammen", erklärte der Kleine.
Das hatte Frank nicht erwartet, das war viel zu billig. Denn auch wenn die Blätter nicht aus der Pharaonenzeit stammten, so waren sie doch echte Handarbeit aus dem vorvorigen Jahrhundert und hatten sicher einen...
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