Schweitzer Fachinformationen
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»Ich glaub's ja bald nicht!« rief der Berliner Polizeipräsident Henning Riesenbusch aus, wobei die neuen Pfunde vibrierten, die er sich in den Restaurants Herz & Niere, Mutter Hoppe und Zur Gerichtslaube zugelegt hatte. »Soll das etwa heißen, daß Sie nicht die geringste Spur von dem Täter haben, der in Uelzen zugeschlagen hat?«
Wenn er mit dem stimmgewaltigen Riesenbusch telefonierte, der in der SoKo Heidefieber sein Chef gewesen war, achtete Kommissar Gerold darauf, mindestens zehn Zentimeter Abstand zwischen sein Ohr und die Hörmuschel zu bringen.
»Sind Sie noch dran?« trompetete Riesenbusch.
»Ja, und ich kann Sie laut und deutlich hören! Die Sache ist die: In der Tatnacht hat keine einzige der Überwachungskameras im Hundertwasser-Bahnhof funktioniert. Wir haben keine Aufnahme von dem Täter, der den Mann aufs Gleis gestoßen hat, und die Augenzeugen reden alle nur Müll. Mit dem Phantombild, das wir deren Aussagen verdanken, könnten wir auch Snoopy oder Idefix zur Fahndung ausschreiben .«
»Und was wissen Sie über das Opfer?«
»Name Jörg Herringhoff, Alter dreiundvierzig, kinderlos, von Beruf Projektmanager in den Diensten des Deutschen Fußball-Bunds.«
»Projektmanager? Was heißt das?«
»Das haben uns die hohen Herren im DFB noch nicht so genau erklären können, aber wir stehen ihnen auf den Zehen. Und jetzt kommt's: Auch in Südkorea, Griechenland und Argentinien sind Fußballfunktionäre umgebracht worden oder spurlos verschwunden.«
»Na, dann sollte man doch eine internationale Sonderkommission ins Leben rufen!«
»Schon geschehen«, sagte Gerold. »Morgen nachmittag wird in Athen die SoKo Fußballfieber zusammentreten, und die Oberkommissarin Fischer und ich haben die Ehre, uns dieser Runde anschließen zu dürfen.«
Riesenbusch seufzte auf. »Sie beide? Gut. Dann werden sich die Drahtzieher warm anziehen müssen!«
Im Frankfurter Flughafen spielte Gerold mit der Ringschachtel in der Tasche seines Jacketts. Sollte er oder sollte er nicht?
Bis zum Boarding blieben noch zehn Minuten Zeit.
Er kitzelte die müde neben ihm sitzende Fischerin unterm Kinn.
»Ick kann dat Kitteln neet utstann«, sagte sie und wehrte ihn ab, und dann erfaßte ihr Blick einen hageren Herrn, der auf der gegenüberliegenden Wartebank Platz nahm und eine Reisetasche mit dem Aufkleber »I like Greece« absetzte.
»Sind Sie nicht Thomas Gsella?« fragte Ute.
Wahrhaftig, es war der Schriftsteller Gsella, der für seine komischen Gedichte bekannt war und ungeachtet seines Alters quicklebendig wirkte, denn er hatte gerade eine Badekur im First Class Hotel- und Gesundheitsresort Santé Royale in Bad Brambach hinter sich, wo er mit physiotherapeutischer Bewegungstherapie, Infrarot-Tiefenwärme, Vulkanitfango, Radon-Kohlensäure-Vollbädern und Aromaölmassagen auf Vordermann gebracht worden war.
»Ich hab Sie neulich im Fernsehen gesehen«, sagte Ute.
»Ach ja? Und wie war ich?«
»Cool. Sie haben da ein Gedicht über den ehemaligen Fifa-Chef Sepp Blatter vorgetragen. Die erste Strophe kann ich noch auswendig: >Du bist schon völlig unten und / Willst gerne noch viel tiefa? / Dann schule um auf Lumpenhund / Und gehe in die Fifa!<«
Gerold lachte auf. »Das ist schön! Wir fliegen übrigens ebenfalls nach Athen. Dienstlich. Um wegen der Morde an Fußballfunktionären zu ermitteln.«
Davon habe er gelesen, sagte Gsella. »Ich selbst könnte ja keiner Fliege was zuleide tun, aber einen Herzkasper würde ich auch nicht unbedingt kriegen, wenn es Knilche wie Gianni Infantilo schrägen sollte. Ist die nicht durch und durch korrupt, diese Fufa?«
Als Ehrengast des Goethe-Instituts Athen besaß Gsella ein First-Class-Ticket, während Gerold und Ute weiter hinten im Airbus der Lufthansa Platz nehmen mußten. Sie stellten sich auf einen ruhigen Flug ein und holten ihre Reiselektüren heraus: Gerold eine Biographie des Torjägers Gerd Müller und Ute den Roman »SOS, Jeeves!« von P.G. Wodehouse.
»Findest du nicht, daß du lieber auch irgendwas lesen solltest, das uns bei der Aufklärung unseres Falles helfen könnte?« fragte Gerold und tippte auf den Untertitel der Gerd-Müller-Biographie, die der Historiker Hans Woller geschrieben hatte: »Wie das große Geld in den Fußball kam«.
»Soweit ich weiß, hat Gerd Müller irgendwann im Paläozoikum Fußball gespielt«, sagte Ute. »Es würde mich verblüffen, wenn der Name des Mörders von Jörg Herringhoff im Personenregister deines Schmökers stehen sollte. Aber sag mir doch Bescheid, wenn ich mich irre.«
Und damit wandte sie sich den Abenteuern des schusseligen britischen Aristokraten Bertram Wooster zu, der ohne seinen Diener Reginald Jeeves aufgeschmissen gewesen wäre.
Der Airbus flog ruhig dahin. Es störte Gerold nur, daß die Fischerin beim Lesen ständig kicherte. »Darf ich fragen, was du so witzig findest?«
»Lies mal diesen Satz«, sagte sie und zeigte ihm die Stelle. »Es geht da um eine gefühlsduselige junge Ehefrau .«
Ich habe einst im Hause eines frisch vermählten Freundes logiert, dessen Gemahlin über dem Kamin des Salons, wo man so etwas unmöglich übersehen konnte, in riesigen Lettern die Inschrift »Zwei Liebende haben dieses Nest gebaut« anbringen ließ, und ich erinnere mich bis heute der stummen Pein in den Augen des Gatterichs, wann immer er ins Zimmer trat und sein Blick darauf fiel.
»Ist das nicht köstlich?« fragte Ute.
Ja und nein, dachte Gerold. Er beschloß, seinen Heiratsantrag auf unbestimmte Zeit zu verschieben, und sagte, daß sein Buch auch nicht ohne sei. »Da steht, daß der Präsident des FC Bayern München in den siebziger Jahren vom bayrischen Finanzministerium zum Steuerbetrug ermuntert worden ist. Die Spieler durften ihr Schwarzgeld behalten und haben im Gegenzug Reklame für die CSU gemacht .«
»Wer war denn damals der Landesfinanzminister?«
»Ludwig Huber. Von der CSU natürlich. Hier steht auch, daß er Franz Beckenbauer zur Steuerflucht in die Schweiz geraten hat.«
Das wundere sie nicht, sagte Ute. Aber sie sei nicht neidisch. »En vergnöögt Hart is beter as 'n Püüt vull Geld!«
Über die Bordsprechanlage teilten die Piloten der Chef-Stewardeß Evelyn mit, daß sie Mineralwasser zu trinken wünschten. Um es ihnen servieren zu können, mußte sie auf der Zahlentastatur einer Konsole den richtigen Zugangscode eintippen, bevor die Piloten die einbruchssichere Tür von innen entriegelten.
Dieses Cockpit Door Lock System hatte sich weltweit bewährt. Ihm haftete nur der Schönheitsfehler an, daß es wertlos war, wenn die Stewardeß, die ins Cockpit kam, den höchsten Meistergrad in Karate und Jiu Jitsu innehatte und sowohl dem Piloten als auch dem Co-Piloten kurz nacheinander mit einem Hebelgriff die Halswirbelsäule brach.
Genau das passierte hier, und unmittelbar danach sprangen drei Mitglieder der al-Dschaufischen Volksfront aus dem Jemen von ihren Sitzen auf und brachten den Airbus in ihre Gewalt.
Niemand hätte sagen können, wie es ihnen gelungen war, eine Beretta, ein Krummschwert und ein Pfund Plastiksprengstoff an Bord zu schmuggeln, doch sie hatten es geschafft, und nun brüllten sie: »Heads down, you fuckin' assholes!«
Ach du grüne Neune, dachte Gsella, der sich gerade über seine Trüffelravioli hatte hermachen wollen. Wäre ich doch bloß daheim geblieben!
Die al-Dschaufische Volksfront zeigte sich von ihrer unfreundlichsten Seite. Einer ihrer Krieger haute Gsella seinen Raviolinapf um die Ohren, und ein anderer verteilte Maulschellen in der Business Class.
Ich spiel jetzt besser nicht den Helden, sagte Gerold sich, und Ute raunte ihm zu: »Spiel jetzt besser nicht den Helden .«
Das Ziel, das die Skyjacker verfolgten, war die Abspaltung des jemenitischen Gouvernements al-Dschauf vom Rest des Landes, aber sie gaben sich nicht die Mühe, dafür zu werben. Sie wollten das Flugzeug nach Al Hazm entführen, der Hauptstadt von al-Dschauf, und es dort in die Luft jagen, um ein Zeichen zu setzen. Daher hielten sie es nicht für nötig, Überzeugungsarbeit zu leisten. Sie kassierten die Handys der Passagiere ein, pappten den Sprengstoff an die Kabinenwände und sangen kehlig klingende Heimatlieder.
Gsella sah sich nach der Stewardeß Evelyn um, die ihn seit dem Start so fürsorglich betreut und umschmeichelt hatte wie ihren eigenen Kronensohn. Doch sie war nicht mehr dieselbe. Nachdem sie seinen hilfesuchenden Blick aufgefangen hatte, entnahm sie einer Schublade in der Bordküche einen Gummiknüppel, ging auf Gsella zu und briet ihm eins über.
Auch die anderen Flugbegleiterinnen kollaborierten unverblümt mit den Luftpiraten. Einen Herrn, der darum bat, austreten zu dürfen, brachten sie mit CS-Gas zum Schweigen, und zwei schluchzende Mädchen lähmten sie mit einem Taser.
»Wenn die ganze Crew mit drinsteckt, haben wir ein Problem«, tuschelte Gerold Ute zu, und sie tuschelte zurück: »Ich glaube, wir hätten auch sonst 'n Problem gehabt .«
»Meine Damen und Herren«, sprach Evelyn ins Bordmikro, »es besteht kein Grund zur Sorge. Wenn Sie Ruhe bewahren und unseren Anweisungen Folge leisten, geschieht Ihnen nichts. Dieser Flug wird aus politischen Gründen umgeleitet. Lang lebe die al-Dschaufische Volksfront! Inschallah!«
Gsella befühlte die Beule an seinem Hinterhaupt und dachte...
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