Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat seine achtjährige Amtszeit im Oktober 2019 mit einem Paukenschlag beendet. Gegen alle Widerstände von einzelnen Mitgliedern des Zentralbankrats erhöhte er nicht nur die Negativzinsen für Banken noch weiter, sondern setzte auch noch die Wiederaufnahme von Anleihekäufen durch. Und zwar - anders als bisher - unbefristet! Damit ist Tür und Tor für eine zeitlich unbegrenzte Fortsetzung der Nullzinsphase geöffnet. Für Anleger und Sparer, die seit Jahren sehnlich auf steigende Zinsen warten, ist dadurch jegliche Hoffnung geschwunden. Ihre Leidenszeit könnte noch Jahre andauern.
Sie bekommen für den Großteil der Ersparnisse, die in Bank- und Versicherungsprodukten angelegt sind, so niedrige Zinsen, dass damit der Kaufkraftverlust durch die Inflation bei weitem nicht ausgeglichen wird. Die Anleger und Sparer werden auf diese Weise schleichend enteignet.
Trotzdem halten die meisten Deutschen eisern an ihren Spargewohnheiten fest und legen den Großteil ihrer Ersparnisse unverändert in zinsabhängigen Produkten an. Dieses Verhalten ist vor allem in der privaten Altersvorsorge brandgefährlich, weil mit Minizinsen ein finanzieller Ausgleich für das schrumpfende gesetzliche Rentenniveau damit unmöglich ist. Deshalb ist es höchste Zeit, endlich umzudenken und einen Teil der Gelder in Aktien anzulegen. Ohne Aktie ist keine vernünftige Vorsorge möglich. Jetzt noch weniger als in »normalen« Zeiten. Sie ist langfristig die mit Abstand ertragreichste Anlageklasse. Das hat sie sogar in den letzten beiden Jahrzehnten bewiesen. Obwohl in dieser Zeitspanne so viele Finanzkrisen und Kurseinbrüche wie nie zuvor die Börsen und die Anleger erschüttert haben, konnten Aktienanleger per saldo attraktive Renditen aus Kursgewinnen und Dividenden erzielen.
Dabei gibt es für Sie als Privatanleger seit einigen Jahren so einfache und außerordentlich kostengünstige Möglichkeiten wie noch nie. Selbst mit geringen Beträgen kann ein weltweit breit gestreutes und damit wenig risikoanfälliges Wertpapierdepot aufgebaut werden: Mit ETFs, die einen Börsenindex wie den DAX oder den Dow Jones nachbilden, und die man so bequem und unkompliziert wie eine einzelne Aktie kaufen kann.
Die börsengehandelten Indexfonds, wie ETFs in der deutschen Übersetzung heißen, verschaffen Ihnen die gleichen Chancen wie Investmentprofis, die Milliarden verwalten. Eigentlich sogar bessere, weil Sie als Privatanleger nicht unter Erfolgszwang und dem Druck staatlicher Regulierung stehen. Das ist eine großartige »Demokratisierung« der Geldanlage.
In diesem Buch möchte ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, aufzeigen, mit welch einfachen Methoden Sie diese »Revolution« zum Aufbau eines Vermögens und zu dessen Mehrung nutzen können. Dazu stelle ich Ihnen leicht verständliche und bequem nachzuvollziehende Strategien zur Risikominimierung und zur Renditesteigerung vor, die sich während meiner 50 Jahre an der Börse erfolgreich bewährt haben. Ein besonderes Augenmerk lege ich auf die brennende Frage, wie man mit kluger Vorsorge den Ruhestand komfortabel gestalten kann.
Für diese revolutionären Möglichkeiten der Geldanlage mittels ETFs brauchen Sie als Anleger kein besonderes Börsenwissen. Der gesunde Menschenverstand reicht.
München, im Februar 2020 Gottfried Heller
Geld anlegen ist nicht annähernd so schwierig, wie es aussieht. Erfolgreich investieren erfordert lediglich, ein paar Dinge richtig zu machen und gravierende Fehler zu vermeiden.
John Bogle, »Erfinder« von Indexfonds für Privatanleger
In der Börsenwelt findet seit Jahren eine lautlose Revolution statt. Die größten Opfer dieser Revolution sind die Halbgötter der Wall Street. Manche von ihnen haben das aber bis heute noch nicht so richtig begriffen. Als ich 1967 in New York an einer Hochschule Abendkurse über Börse und Wertpapieranalyse besuchte, ging es vor allem um Stock Selection - also um die richtige Auswahl von Aktien - durch fundamentale Analyse sowie auch mit Hilfe von Charts. Die Auswahl von Aktien war jedenfalls damals das A und das O des Investierens. Ich war in der Zeit, als ich Abendkurse besuchte, tagsüber als Ingenieur bei einer Management-Consulting-Firma in New York tätig. Damals wohnte ich schon seit vier Jahren in Amerika und hatte den schockierenden Mord an Präsident John F. Kennedy 1963 miterlebt.
In den USA wird man tagein, tagaus in den Medien mit Börsennachrichten konfrontiert. Für einen Deutschen wie mich war es auch neu, dass meine Kollegen in Aktien investiert waren und sich laufend für Börsennachrichten interessierten. Deshalb blieb es nicht aus, dass ich schon bald vom Börsenbazillus infiziert war. Der damalige Grund für mein Abendstudium war, dass ich ein Stellenangebot bekommen hatte, in München die Leitung einer Investmentvertriebsgesellschaft zu übernehmen. Der Börsenlehrgang bot mir zumindest teilweise das Rüstzeug für meine spätere Vermögensverwalterkarriere.
In jenen Tagen standen Analysten hoch im Kurs und jeder Broker, wie etwa Goldman Sachs, Merrill Lynch, Morgan Stanley oder Lehman Brothers - um nur einige der Großen zu erwähnen -, beschäftigte große Stäbe, die nur mit dem Herausfiltern von Aktien beschäftigt waren. Die Analysten waren spezialisiert auf Branchen, etwa die Automobil-, Chemie-, Stahl-, Computer-, Pharmazie- oder die Versicherungsbranche. Einzelne Analysten konzentrierten sich sogar auf nur wenige Unternehmen. Monatlich wurden in den Zeitungen und Zeitschriften ausführliche Tabellen mit der Reihenfolge der besten bis schlechtesten Analyseteams veröffentlicht. Natürlich gab es auch die Star-Analysten, deren Trefferquoten in der Aktienauswahl besonders hoch waren. Diese Stars waren auch in der Presse sehr gefragt und schafften es häufig in die Schlagzeilen. Sie wurden oft für teures Geld von anderen Investmentbanken abgeworben, manchmal gleich auch ganze Teams.
Kurz: Es ging in der Finanzbranche so ähnlich zu wie heute im Fußball, nur mit dem Unterschied, dass die Transfersummen nicht so astronomisch hoch waren, wie sie heute im Fußball üblich sind. Jedenfalls ist man im Rückblick auf die 1960er Jahre geneigt, zu sagen, es sei die gute alte Zeit gewesen. Die Wall Street sonnte sich im Glanz ihrer überragenden Bedeutung in der Businesswelt Amerikas und strotzte vor Selbstzufriedenheit.
Doch dann kam einer, der die Halbgötter an der Wall Street herausforderte. Es war kein Geringerer als Paul A. Samuelson. Professor Samuelson war im Jahr 1970 der erste amerikanische Nobelpreisträger in Wirtschaftswissenschaften, zudem hat er das einflussreichste Lehrbuch der Ökonomie geschrieben. Heute gilt er als der größte Ökonom des vorigen Jahrhunderts. In einem vorsätzlich provokativen Essay schrieb er im Jahr 1974, dass ein Fonds, der einfach einen Index nachbildet, eigentlich die beste Lösung für Anleger sei. Er erklärte, die meisten Investmentmanager sollten doch einfach verschwinden: »Werden Sie Klempner oder lehren Sie Griechisch oder arbeiten Sie bei einem Unternehmen, das etwas Nützliches herstellt«, empfahl er den Halbgöttern.
Denn wenn man die Gebühren abziehe, seien fast alle Aktien- und Anleihemanager nicht in der Lage, den Gesamtmarkt zuverlässig zu schlagen. Und daher wäre die Welt besser daran, wenn die Analysten endlich aufhörten, es zu versuchen. Und er schlug vor, jemand sollte ein Aktienportfolio mit niedrigen Kosten auflegen, das ganz einfach den Standard & Poor's 500-Index nachbildet, das wichtigste Aktienbarometer der USA.
Dieser Artikel brachte Professor Samuelson keine Freunde an der Wall Street ein. Jedoch ein Fondsexperte namens John Bogle, der gerade im Begriff war, die Investmentgesellschaft Vanguard (auf Deutsch: »Vorhut«) zu gründen, fand die Idee von Paul Samuelson faszinierend und startete prompt am 31. August 1976 den ersten Indexfonds der Welt. Sozusagen die Vorhut der Revolution in der Geldanlage.
John Bogle wurde an der Wall Street als Narr verlacht. Doch heute ist dieser Indexfonds mit einem Volumen von 320 Milliarden US-Dollar (Ende Dezember 2019) der größte Aktienfonds der Welt. In des Wortes wahrster Bedeutung gilt hier der Spruch: »Wer zuletzt lacht, lacht am besten.« Professor Samuelson schrieb später begeistert: »Ich messe Bogles Erfindung die gleiche Bedeutung bei wie der Erfindung des Rads, des Alphabets, Gutenbergs Buchdruck und gutem Wein und Käse: ein Publikumsfonds, der Bogle nie reich machte, der aber die langfristigen Renditen von Fondsanlegern anhob. Etwas Neues unter der Sonne.«
Wenn Sie sich jetzt fragen, warum der Indexfonds seinen Erfinder John Bogle nicht reich gemacht hat, obwohl das von ihm gegründete Unternehmen Vanguard mehrere Billionen Dollar managt und zum zweitgrößten Vermögensverwalter der Welt aufgestiegen ist, hier die Erklärung: Vanguard ist voll und ganz im Besitz der in den USA aufgelegten ETFs und klassischen Indexfonds und gehört damit indirekt den Anlegern dieser Fonds. Vanguard ist also keine Aktiengesellschaft, sondern eine Art Genossenschaft, und John Bogle war und ist wie jeder andere Anleger nur über die Vanguard-Fonds beteiligt, die er besitzt. Diese uneigennützige Eigentümerstruktur gilt übrigens als ein Grund dafür, dass Vanguards ETFs und Fonds bei den Anlegern so beliebt sind. Sie wissen, dass das Unternehmen nur ihren und sonst gar keinen Interessen verpflichtet ist.
Mit der...
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