Schweitzer Fachinformationen
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Es war ein sonniger Tag. Ich glaube, man versteht die wahre Bedeutung von Sonnenschein nicht, bis man versucht hat, draußen zu leben. Draußen. In der Sonne.
An Tagen mit Sonnenschein singt die Welt dir Wiegenlieder. Alles glitzert, als hätte es seine Freude daran. Der Fluss wird dir zur Schlagader, das Blut strömt, der Wind trägt dich, er trocknet die Tränen, Düfte wecken Erinnerungen, deine Seele wird geheilt und Gott liebt dich.
An sonnigen Tagen. Draußen. In der Natur.
Aber nicht an diesem einen Tag.
An diesem einen Tag reflektierte der Bildschirm das Sonnenlicht und ich musste die Augen zusammenkneifen, um zu schreiben. Und das war noch nicht alles. Ich musste meinen Körper unbequem recken, einen Arm hoch in die Luft gestreckt, den Computer in der Hand, und ganz still halten. Ich versuchte, eine Internetverbindung zu bekommen. Um etwas hochzuladen.
Was passiert, wenn eine moderne Familie die moderne Gesellschaft verlässt und in den Wald zieht? (Um ein freieres und einfacheres Leben zu leben, wollte ich noch hinzufügen, doch ich tat es nicht. Vielleicht eine Vorahnung.)
Es hat Vorteile, ein Blog anzufangen. Zum Beispiel, wenn man nicht mehr weiterweiß. Wenn man nicht mehr weiterweiß, kann einem ein Blog dabei helfen, eine zusammenhängende Geschichte zu erzeugen, bis alles wieder einen Sinn ergibt, und wenn es wieder Sinn ergibt, weiß man, wie es weitergeht. Es ist ein Rettungsring.
Es hat natürlich auch gewisse Nachteile. Die Leute könnten einen hassen, einem sagen, man sei eine schlechte Mutter, ein schlechter Mensch, ein schlechter Bürger, ein schlechter Erzähler. Man vertraut ihnen zu viel an, man vertraut ihnen zu wenig an. Es gibt eine Menge Dinge, die einem die Leute sagen, wenn sie es einem nicht ins Gesicht sagen müssen.
Es ist besser, sich zu verstecken. Stillzuhalten. Sich tot zu stellen. Weil die Leute gefährlich sind. Gefährliche Raubtiere. Ich würde eigentlich lieber nichts mit ihnen zu tun haben, darum weiß ich nicht, warum ich eigentlich hier sitze. Ich weiß nicht, ob die Vorteile die Nachteile überwiegen.
Um mich selbst zu überzeugen, fing ich an zu reden.
»Ich«, sagte ich. »Ich habe etwas zu sagen, und es ist wichtig, dass es gesagt wird.« Und ich redete weiter. »Du musst etwas riskieren, du musst in die Arena steigen, dich den Löwen stellen und kämpfen. Sei mutig. Sonst bist du verloren.«
Man kann in den Wald fliehen, um sich zu verstecken. Viele machen das, mehr, als man denken würde, aber wir haben es nicht getan, um uns zu verstecken.
Wir sind in den Wald geflohen, um uns selbst zu finden.
Um einander zu finden. Und den Sinn des Lebens.
Es war nicht so, dass ich eine sanfte Umarmung erwartet hätte oder dass wir auf einer Blumenwiese herumtanzen würden. Ich wusste, dass das Leben in der wilden Natur hart sein würde. Ich wusste, dass wir uns entfremdet fühlen würden und dass sich die Natur überhaupt nicht natürlich anfühlen würde. Aber auf das hier war ich nicht vorbereitet gewesen: Auf einem Felsbrocken zu sitzen, die Sonne in den Augen, den Arm in die Luft gereckt, als könne ich den Himmel erreichen und ihn berühren. Wie ein Idiot.
Dann kam der Adler. Ich hörte seine lang gezogenen Rufe, und sie weckten - wie immer - eine sonderbare Sehnsucht in mir. Hoch über dem Tal flog er, der Adler, und ich folgte ihm mit meinen zusammengekniffenen Augen.
Um mich herum lagen riesige umgestürzte Bäume. Von Stürmen überwältigt lagen sie einfach da. Ihre Wurzeln, verworren und mit Gestein verflochten, sahen aus wie die Schatten von Trollen.
Die Trolle sahen mich an, mich in meiner Arena; ihre Blicke bohrten sich in meinen Nacken.
Was willst du hier?, flüsterten sie.
Die Sonne wärmte den Stein, auf dem ich saß, und die süßen Düfte von Waldboden, Moos, Anemonen, Preiselbeeren, Quellwasser und verrottenden Blättern beruhigten mich nicht wirklich.
Das Internet beruhigte mich. Die Gesellschaft beruhigte mich. Das kannte ich. Ich kannte die Regeln. Kannte die Sprache. Nur konnte ich es kaum sehen, all das Zeug, das ich so gut kannte - wegen des verdammten Sonnenlichts.
Bla, bla, bla.
Der Klang meiner Tastatur beim Tippen meiner Worte.
Klack. Klack. Klack.
Es klang wie eine einzelne Hühnerfeder, die sich in tausend plappernde Papageien verwandelte; das war es - der Klang von Struktur.
So ist es.
So waren wir.
Das haben wir gemacht.
Ich habe darüber geschrieben, wie wir uns vorher gefühlt hatten.
Dass es sich angefühlt hatte, als hätten wir die Kontrolle über und das Eigentum an unserem Leben verloren, darüber, wie die Freiheit, Entscheidungen zu treffen, einfach verschwunden war. Wir hatten uns nicht ausgesucht, dass es war, wie es war; es war einfach passiert, unbewusste Entscheidungen, Zufälle.
Dieses nagende Unbehagen. Das war es nicht, was wir gewollt hatten, als wir jung waren. Das unausgesprochene Gefühl, die eigenen Kinder verraten zu haben. Wie hilflos sie sein würden - wie würden sie damit klarkommen, wenn alles zusammenbrach, das Finanzsystem, das Sozialsystem, das Klima, wenn die Gesellschaft zusammenbrach?
Diese stärker werdende Ahnung, dass etwas falsch läuft, richtig falsch, dass etwas kommt, wenn auch vielleicht nicht der Jüngste Tag. Dieses beunruhigende Gefühl, dabei zuzusehen, wie die Welt, wie wir sie kennen, vor unseren Augen zerbröckelt.
Ich sah auf und ließ meinen Blick über das Tal schweifen. Selbst wenn es nicht so exotisch war wie beim ersten Mal, als ich es gesehen habe, war es noch immer fremd. Ein fremdes Tal.
Zu meiner Linken waren der Wasserfall und die großen Felsen, die der Fluss so gewaltsam passierte wie ein Kamel ein Nadelöhr.
Die Kinder gingen gern zum Wasserfall. Wir stellten uns vor, dass wir uns im Sommer in die kleinen Felstümpel setzen und uns vorkommen würden, als würden wir in einem Whirlpool sitzen und die Sonne aufsaugen. Wie reiche Leute.
Der dunkle Fichtenwald links davon war undurchdringlich, doch wenn man den Fluss entlangging, öffnete sich der Wald ganz sanft. Auf der anderen Seite des Tals, zu meiner Rechten, war der See. Sehr. Blauer. See. Die Flussmündung ist ein gefährlicher Ort, mit großen Löchern im Ufergras, ein tiefer Sumpf, aber ein schmaler Pfad führt hindurch, und man kann trockenen Fußes dorthin gelangen, um zu baden oder zu angeln, man muss nur an dem umgestürzten Baum vorbei auf das kleine Inselchen mit den drei Birken, ein großer Satz und man ist dort.
Ein schönes Plätzchen mit Sandstrand. Ich wusste genau, wie kalt sich das Wasser an meinen nackten Zehen anfühlen würde. Mein Blick wanderte zurück, den Fluss entlang, am Biberdamm vorbei und landete schließlich in der Mitte. Dort lebten wir. Wir lebten in der Mitte.
Eine kleine Schotterstraße wand sich den Berg hinunter, bis zum Fluss, und endete in einer Wendeschleife. Von der Wendeschleife aus führte ein kleiner Pfad zu einer Brücke hinunter. Über die Brücke, rauf zu der Hütte, und da .. . ist es. Da ist es. Das ist, wer wir waren. Eine alte Säterstuga, sechzehn Quadratmeter.
Früher haben die Bauern ihre Kühe im Sommer zum Grasen in den Wald gebracht und auf dem fruchtbaren Boden in der Nähe ihres Hauses Nutzpflanzen angebaut, während die Magd mit den Tieren im Wald gelebt und Käse, Butter und Sahne gemacht hat. Jede Woche ist ein Bursche von der Farm gekommen, um ihr Brot zu bringen und Milch zu holen. Es war ein richtiges System, und diese winzigen Hütten, die Säterstugas, sind noch immer im Wald verstreut wie einsame Pilze, manche morscher als andere.
Unsere Säterstuga heißt Svensäter. Innen und von außen haben Leute ihre Namen auf die alten Balken geschrieben. Im Krieg. In den 1980ern. Die älteste Inschrift ist von 1852, fein säuberlich in den kleinen Lüftungsschacht im kälteren Raum eingemeißelt, und es gibt eine Rune an der Südwand, genau dort, wo die Morgensonne zuerst auftrifft. Fehu. Altnordische Schriftzeichen: ein Alphabet, das aussieht wie auf dem Boden verstreute Stöckchen. Sie haben magische Bedeutungen, die Runen. Fehu bedeutet Vieh, bedeutet Reichtum, bedeutet Besitz, Erfolg bei Unternehmungen, bedeutet Glück. Ein Zeichen für Hoffnung und Fülle. Aber - typisch skandinavisch - auch ein Zeichen für Verlust, Misserfolg, Feigheit und Erschöpfung. Weil es das eine nicht ohne das andere gibt.
Vor die Hütte hatten wir ein großes Tipi aus astlosen Bäumen gebaut, eine Plane darumgespannt, eine Feuerstelle darin errichtet und Kissen, Matratzen und Decken dort ausgelegt. Das Tipi war unsere Küche, unser Wohnraum, unser Aufenthaltsraum - in Svensäter schliefen wir nur.
Svensäter hatte eine Feuerstelle, ein Fenster und eine Tür und war in zwei Räume aufgeteilt: einen kalten Raum nach Norden raus (eigentlich eher eine Art Vorratskammer) und einen wärmeren nach Süden. Oben gab es einen ungenutzten Raum mit niedriger Decke.
Die Kinder schliefen in dem nördlichen Zimmer, in das eine gute Seele vor vielen Jahren ein paar Schlafkojen eingebaut hatte. Jeppe und ich schliefen im anderen Zimmer auf zwei dünnen Matratzen.
Ich sah sie da unten herumlaufen.
Jeppe baute einen Holzschuppen. Sein erstes Bauwerk. Sein Holzschuppen sah aus wie eine Baracke in Soweto, ein paar Latten, ein paar Dachplatten. Sigurd krabbelte ihm um die Beine.
Ich sah Silas auf der Böschung des Flusses stehen, wo er kleine Bäume mit der Axt fällte, die wir ihm vor ein paar Wochen zum Geburtstag geschenkt hatten. Ich sah Sebastian und Victoria in den Wald gehen und mit schweren...
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