Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
In den letzten Jahren sind einige Klimaveränderungen zu beobachten, die die Samengärtnerei beeinflussen. Landwirtschaft und Gartenbau sind verstärkt extremen Wetterphänomenen ausgesetzt: starke Unwetter, Hagel, Spätfröste, Trockenheit, Hitze sowie dünnere oder fehlende Schneedecken im Winter. Fest steht auch, dass viele bewährte Kulturtechniken rasch angepasst und verändert werden müssen und neue Kulturtechniken gefragt sind wie nie. Und: Die Vielfalt samenfester Sorten hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Sorten können sich nur dann relativ rasch an sich ändernde Klimabedingungen anpassen, wenn sie an ihrem Anbauort regelmäßig vermehrt werden. Die genetische wie phänotypische Vielfalt innerhalb der Kulturarten und Sorten ist jetzt besonders gefragt - denn je größer die Vielfalt innerhalb einer Kulturart, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es einzelne Sorten oder Sortentypen gibt, die mit den raschen Veränderungen besser zurechtkommen als andere.
Viele alte Kürbis- und Melonensorten bilden große Mengen an Blattwerk aus und schützen so die Früchte vor Hitzeschäden.
Diese Kolbenhirse (Setaria italica) wird in diesem Jahr reife Samen bilden (Mitte August) und kann sich so den Anbaubedingungen im ARCHE-NOAH-Schaugarten wieder ein Stück besser anpassen.
Unter Isoliernetzen kann es bei höheren Temperaturen zur explosionsartigen Vermehrung von Schädlingen wie Blattläusen an den Samenträgern kommen.
Samengärtnerei - also die Vermehrung samenfester Sorten - ist per se eine Anpassung von Kulturpflanzen an die Klimakrise. Dieser Punkt kann nicht deutlich genug hervorgehoben werden. Denn wenn von Pflanzen an dem Standort, an dem sie herangereift sind, auch Samen abgenommen und diese in den Folgejahren wieder ausgesät werden, sichern Gärtner*innen die Anpassung dieser Kulturart an genau diesen Standort und an genau die Bedingungen, die in diesem Jahr hier geherrscht haben. Das ist so einfach wie wirkungsvoll. Samenfeste Gemüsesorten, die regelmäßig am eigenen Standort vermehrt werden, können sich den hier herrschenden Anbaubedingungen von Jahr zu Jahr besser anpassen. Sie haben mit den Wettereinflüssen dieses Jahres an diesem Standort kommuniziert und geben diese "Erfahrungen" in Form des Samenkorns an die nächste Generation weiter.
TIPPS
VON SAMENGÄRTNER*INNEN
"Wie schaffen wir neue Vielfalt, die den Unwägbarkeiten der Zukunft gewachsen ist? Die Methode des Landrace Gardening und die Züchtung mit Composite Crosses fördert die genetische Durchmischung durch aktives Verkreuzen unterschiedlicher Genotypen, mit anschließender Selektion der tauglichsten Pflanzen - sei es durch gezielten Eingriff oder durch natürliche Selektion am Standort. Vorbild sind alte Landsorten, die durch lebendigen Austausch und Auslese unter Bäuer*innen entstanden sind und sich daher durch hohe Diversität auszeichnen. Dabei ist das Ziel bewusst nicht Einheitlichkeit, sondern Stabilität und Robustheit."
Michaela Arndorfer, Samenarchiv ARCHE NOAH
Und umgekehrt gilt: Pflanzen, die an einem Standort angebaut wurden und keine reifen Samen bilden konnten - weil es für sie zu heiß und trocken oder zu nass und kalt war, oder weil Krankheiten und Schädlinge sie dahingerafft haben -, können gar nicht weitervermehrt werden. Von Pflanzen, die sich nicht an die herrschenden Bedingungen anpassen können, müssen wir Gärtner*innen uns daher verabschieden.
Baut man regelmäßig gleichzeitig mehrere Sorten an, so gibt es bei besonderen Wetterereignissen oder neuen Schädlingen oder Krankheiten immer Sorten, die besser damit umgehen können.
Unsere Empfehlungen für den Samenbau:
Grundsätzlich eine größere Anzahl an Samenträgern anbauen, um bei Schädlingsbefall oder Unwettern auf der sicheren Seite zu sein.
Besonders bei seltenen Sorten immer Saatgut auf der Seite behalten. Nie alles Saatgut auf einmal anbauen.
Neue Schädlinge an Samenträgern, wie etwa grüne Heuschrecken, können die Saatgutausbeute minimieren.
Es gibt zahlreiche Klimaveränderungen, die auch auf die Samengärtnerei einen Einfluss haben.
Vielerorts bleiben im Frühjahr die Niederschläge aus, dadurch kann es zu Problemen mit Frühjahrsaussaaten kommen, die im trockenen Boden einfach nicht keimen.
Heiße Sommer sind im Garten eine besondere Herausforderung, vor allem, wenn nicht ausreichend Wasser zur Verfügung steht. In Regionen, die zu trockenen Sommern neigen, ist es besonders wichtig, Dachflächenwasser zu sammeln und den Boden mit einer Mulchschicht zu bedecken. Schon bei der Auswahl der Kulturarten sollte man Rücksicht auf den Faktor Trockenheit nehmen. Bei manchen Kulturarten gibt es große Unterschiede zwischen den Sorten, und so manche ältere Sorte kann damit punkten, dass sie ihre Kraft nicht nur in die Ausbildung der Früchte, sondern auch in eine intensive Wurzelmasse oder üppiges Blattwerk lenkt ( TABELLE S. 22).
In den letzten Jahren gab es häufig lange und warme Herbstperioden. Daher ist es vielerorts einfacher geworden, Saatgut direkt im Freien an den Pflanzen zu ernten, ohne dass es nach der Ernte nachreifen und trocknen muss. Auch viele Fruchtgemüse wie Paprika und Aubergine können noch lange in den Herbst hinein beerntet werden. Damit steigt auch die Samenausbeute.
Auf einige Klimaveränderungen, die Klimaforscher*innen voraussagen und die wir im Garten in den letzten Jahren bemerkt haben, können wir mehr oder weniger vorausschauend reagieren. Anderen, wie z. B. Vermurungen oder Überschwemmungen, sind Gärten häufig schutzlos ausgeliefert.
Je höher ein Gewächshaus ist, desto weniger staut sich die Hitze.
Art
Anpassung an
Kulturtechnik und Arten- bzw. Sortenauswahl
Erbsen Ackerbohnen Roggen Gerste Weizen
trockenes Frühjahr
> Erbse: Vorziehen statt Direktsaat (nur wenn Bewässerungsmöglichkeit vorhanden)
> Anbau von Winterleguminosen und Wintergetreide im Herbst, um die Winterfeuchtigkeit gut auszunutzen
> ältere Sorten, die schon im Herbst ein intensives Wurzelwerk bilden und im Frühjahr das Schmelzwasser rasch aufnehmen können
Kürbisse und Zucchini
intensive Sonneneinstrahlung
> ältere Sorten, die viel Blattwerk bilden und so die Früchte vor zu starker Sonneneinstrahlung schützen
> Anbau von Moschuskürbis- und Wachskürbis-Sorten; diese sind weniger anfällig gegen Sonnenbrand.
Weißkohl
ausbleibende Niederschläge im Sommer
> ältere Sorten, die große Grundblätter ausbilden und den Boden vor schnellem Austrocknen schützen
> früher Anbau von Sorten mit kurzer Entwicklungszeit
Feuerbohnen
milde Winter
> Pflanzen nicht ausreißen, sondern mit einer Winter-Mulchschicht abdecken: Sie sind grundsätzlich mehrjährig und überwintern in milden Wintern an Ort und Stelle.
mediterrane sowie tropische und subtropische Arten
Hitze
> verstärkter Anbau wärmeliebender und/oder Trockenheit vertragender Kulturen wie Linsen, Kichererbsen, Vignabohnen, Hirsen, essbare Platterbse, ebenso Süßkartoffel und Erdnuss
"kultiviertes Beikraut"
Hitze, Trockenheit und andere Stressfaktoren
> mildere Kulturformen von vielen resilienten Beikräutern wie Sommerportulak und Amarant
> andere gut angepasste oder anpassungsfähige Wildpflanzen neu in Kultur nehmen
Die meisten Klimaforscher*innen gehen davon aus, dass sich nicht so sehr die durchschnittlichen Jahresniederschläge verändern als vielmehr die Verteilung der Niederschläge im Jahresverlauf: Die Winter werden in Mitteleuropa zunehmend niederschlagsreicher und die Sommer zunehmend trockener. Auch die räumliche Verteilung der Niederschläge hat sich geändert. Während es in einem Ort wolkenbruchartig in einer Nacht 100 mm Regen (also 100 l/m2) gibt, bleibt ein nur 5 km...
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