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Erstes Kapitel
Schon in den frühen Morgenstunden waren dunkle Gewitterwolken aufgezogen, und als sich die Nacht gelichtet hatte, war ein heftiger Sturm losgebrochen. Der Himmel schien sämtliche Schleusen geöffnet zu haben, und ein harter Wind trieb die peitschenden Regenschauer schräg über das Land. Grelle Blitze zerrissen den aufgewühlten Himmel, und die Echos der Donnerschläge, die den Weltuntergang anzukündigen schienen, rollten über die Ebene, auf der die Entscheidung über die Zukunft von Wessex fallen sollte. Der Sturm zerrte an den Büschen, und die Bäume bogen sich ächzend und knarrend im Wüten der Elemente.
Die Normannen hatten sich am frühen Morgen zur Schlacht aufgestellt. Sobald der Angriff begann, sollte das Gros der Krieger in den vorderen Reihen einen Schildwall bilden. Eine einen Keil bildende Truppe, die in das Heer der Feinde stoßen und es aufsplittern sollte, würde der quadratisch formierten Hauptstreitmacht vorangestellt sein. Die hintere Reihe würden die Speerwerfer und Bogenschützen bilden, deren Aufgabe es war, den Gegner schon vor dem Aufeinandertreffen zu dezimieren und zu schwächen, um so bereits eine erste Entscheidung herbeizuführen. Kleine Trupps, die dafür vorgesehen waren, je nach Bedarf, wo es am nötigsten war, in die Schlacht einzugreifen, flankierten die Hauptstreitmacht.
Noch aber stand das Heer der Nordmänner. Die Krieger schlugen mit ihren Äxten krachend gegen die Rundschilder und brüllten unablässig den Namen ihres obersten Gottes Odin. Ihre rauen Stimmen vermischten sich mit dem Heulen des Sturms und wurden von diesem zur Stellung der christlichen Soldaten und Söldner getragen, in deren Ohren das Gebrüll wie ein heidnischer und zugleich unheilvoller Choral klingen musste.
Die treibenden Regenschleier begrenzten das Sichtfeld. Wieder zuckte ein Blitz am Horizont entlang, und der Wind brachte rollenden Donner mit.
Frida Fridleivsdóttir1, die achtzehnjährige Schildmaid, die neben ihrer Zwillingsschwester Dagrun in der vordersten Reihe stand, rief dieser zu: »Die Seherin hat uns einen Sieg prophezeit. Nun schlägt Thor mit seinem Hammer den Amboss! Ein gutes Zeichen. Er ist mit uns, Schwester, und er wird uns helfen, die Angelsachsen zu zerschmettern!«
Der Sturm riss ihr regelrecht die Worte von den Lippen. Dennoch hatte Dagrun sie verstanden und nickte. Ihr hübsches Gesicht, das von langem blondem Haar eingerahmt wurde, verriet Anspannung. Sie trug den grün angestrichenen, mit Eisen beschlagenen Schild am linken Arm, ihre rechte Hand umklammerte den Stiel einer Axt. Wie Frida hatte sie ihr Leben dem Kampf und dem Krieg verschrieben. An ihren Händen klebte das Blut vieler Angelsachsen, und ihr Traum war es, irgendwann mit der Axt in der Hand im Kampf zu sterben, um von den Walküren nach Walhall getragen zu werden, wo sie mit Odin und all den anderen Einherjern an einem Tisch sitzen und mit ihnen ausgelassen feiern würde.
Die Schwestern waren ebenso gekleidet wie die Männer. Über die Schultern hatten sie sich gegerbte Wolfsfelle gehängt, die vorne vor der Brust mit Fibeln aus Eisen zusammengehalten wurden. Sie unterstanden dem Befehl ihres Vaters, des Jarls Fridleiv Ragnarsson. Dieser war einer der Söhne des legendären Ragnar Lodbrok, eines dänischen Königs, den der northumbrische König Aelle in die Schlangengrube hatte werfen lassen, wo er kläglich umgekommen war.
Am Vortag hatten die Priester den Göttern reichlich Opfer dargebracht und sie um ihren Beistand gebeten. Und da Odin, Thor, Loki und all die anderen Asen in den vergangenen Jahren mit ihnen gewesen waren, würden sie sich auch an diesem Tag nicht von ihnen abwenden.
Späher hatten berichtet, dass die Angelsachsen in der Übermacht waren, dass neben den Fußtruppen mehrere Einheiten leichter Kavallerie eingesetzt werden würden und die Flanken des Heeres von Panzerreitern gesichert wurden.
»Odin! Odin! Odin!« Die Rufe wurden lauter, aggressiver, übertönten das Orgeln und Jaulen des Sturmes und wurden vom trockenen Klang der Äxte begleitet, die rhythmisch gegen die Schilder geschlagen wurden.
Schließlich ertönten die Hörner. Es war das Signal zum Angriff, und in das Heer der Normannen geriet Bewegung. Tief sanken die Füße im aufgeweichten Boden ein. Regen peitschte in die Gesichter der Krieger. Schließlich rannten sie, und ihre geradezu frenetischen Odin-Schreie, die durch Mark und Bein gingen, jagten sicher dem einen oder anderen Angelsachsen einen eiskalten Schauer über den Rücken. Obwohl vom Feind noch nichts zu sehen war, lösten sich auf der gegnerischen Seite erste Pfeile und Lanzen aus dem diesigen Grau, und sich überschlagende Stimmen brüllten den Befehl, den Schildwall zu bilden. Und während die Krieger in den vorderen Reihen ihre Schilde hochrissen und damit über sich ein Dach bildeten, schossen die Bodenschützen ihre Pfeile ab, und die Lanzenwerfer schleuderten ihre Waffen.
Ein weiterer Hagel von angelsächsischen Pfeilen prasselte auf die Schilder der Normannen herunter. Die mit Eisenspitzen versehenen Geschosse bohrten sich mit trockenem Klang in das Holz und blieben mit zitternden Schäften stecken. Andere aber fanden ihr Ziel. Erste Schreie Verwundeter und Sterbender erhoben sich über die anderen Geräusche und verschmolzen mit ihnen zu einer verworrenen Kulisse unterschiedlichster Klänge.
Und dann schälte sich die Front des britannischen Kampfverbandes aus dem Grau in Grau. Die Soldaten und Söldner in den vorderen Reihen waren mit Schwertern und Spießen bewaffnet und trugen rechteckige Schilde. Auf ihren Köpfen saßen Lederhelme, und unter den Wämsern waren ihre Körper mit Kettenhemden geschützt.
Unaufhaltsam schritten die beiden Heere aufeinander zu. Nach wie vor brüllten die Normannen den Namen ihres obersten Gottes. Bei den Angelsachsen betete jeder für sich wahrscheinlich zum einzigen wahren Gott, zu dessen Sohn Jesus Christus oder zur Gottesmutter Maria. Doch dies geschah leise, und es handelte sich mehr um Stoßgebete, geboren aus der Furcht vor dem, was sich anbahnte, als um inbrünstige Monologe.
Die Entschlossenheit war auf beiden Seiten unumstößlich.
Schließlich prallten die Heere aufeinander. Die Keilformation der Normannen, der sogenannte Eberkopf, stieß in die Masse der Angelsachsen, sprengte innerhalb kurzer Zeit den Truppenverbund, und das gegenseitige Abschlachten begann. Wütend und verbissen hackten die Nordmänner mit ihren Äxten auf die Gegner ein, wehrten Schwerthiebe und Lanzenstöße ab, und ihre Schilde zersplitterten mehr und mehr. Das Brüllen der Kämpfenden vermischte sich mit dem Klirren der Waffen, dem Wiehern von Pferden, dem gequälten Geschrei der Verwundeten und dem Röcheln und Stöhnen der Sterbenden.
Köpfe wurden gespalten, Leiber aufgeschlitzt, Arme und Hände abgeschlagen. Das Blut spritzte, besudelte Nordmänner und Angelsachsen gleichermaßen und wurde sogleich vom strömenden Regen wieder abgewaschen.
Auch Frida und Dagrun schwangen die Äxte. Von Kindesbeinen an hatten sie das Kriegshandwerk erlernt. Skrupel kannten sie nicht. Der Tod hatte für sie keinen Schrecken. Töten oder getötet werden, das war das Gesetz, dem sie sich unterwarfen, wenn sie auf Beute- oder Eroberungszug waren. Sie kämpften, wenn es die Umstände zuließen, Rücken an Rücken. Jetzt jedoch agierten sie getrennt voneinander.
Ein Reiter stürmte auf Dagrun zu, die Spitze seiner Lanze war auf ihren Leib gerichtet und sein Mund in der Anspannung verzerrt. Geschickt wich sie dem Stoß aus, schlug zu, und die Schneide ihrer Axt fuhr tief in die Brust des Pferdes. Das Tier brach schrill wiehernd vorne ein und rutschte an der jungen Kriegerin vorbei.
Der Soldat - er trug nicht die schwere Rüstung eines Panzerreiters - sprang behände ab, ehe das Tier zur Seite umkippte und ihn unter sich begraben hätte, wandte sich Dagrun zu und wollte sein Schwert ziehen. Doch ehe er es aus der Scheide hatte, zerschmetterte ihm die Schildmaid mit einem wilden Hieb den Kopf. Als hätte ihn Thors Hammer getroffen, brach er zusammen.
Frida sah, dass ihr Vater von mehreren britannischen Soldaten oder Söldnern bedrängt wurde, und erschlug den Gegner, mit dem sie gerade beschäftigt war und der durch ihren ungestümen Angriff ins Straucheln geriet, kurzerhand mit ihrem schweren Schild. Leichtfüßig sprang sie über einige am Boden liegende, reglose Körper hinweg, um sogleich mit ihrer Axt auf die Angelsachsen, die ihrem Vater zusetzten, einzudreschen. Wieder zertrümmerte sie Köpfe und brach Knochen, schlitzte Leiber auf und verspürte nicht die geringste Gemütsregung, wenn aus den schrecklichen Wunden in Fontänen das Blut schoss oder die Gedärme quollen.
Fridleiv Ragnarsson blutete aus einer Schnittwunde an der Wange; Regenwasser schwemmte das Blut über sein Kinn und seinen Hals.
Auch Dagrun kämpfte mit der Besessenheit einer Fanatikerin, warf sich den gegnerischen Kämpfern entgegen, rammte sie mit ihrem Körper oder dem schweren Schild zu Boden, zerschmetterte ihnen kurzerhand mit dem Schild die Häupter oder den Brustkorb oder hieb wie von Sinnen und jeden Schlag mit barbarischem Geschrei begleitend mit der Axt auf sie ein.
Es gab keine Gnade und kein Erbarmen, es gab aber auch niemand, der darum bat oder nach dem Sinn dieses grausamen Blutvergießens fragte. Die verfeindeten Parteien steigerten sich regelrecht in einen Blutrausch hinein, und die Gruppe Berserker, die König Guthrum um sich geschart hatte, massakrierte - in der einen Hand die Axt, in der anderen das Schwert - die Gegner ohne Rücksicht auf das eigene Leben und ohne den Schmerz wahrzunehmen, den ihre eigenen Wunden...
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