Schweitzer Fachinformationen
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»Ich bin, was ich will.«
Erik H. Erikson
In der Zeit zwischen dem ersten und vierten Geburtstag besteht die kindliche Entwicklungsaufgabe vor allem darin, eigenständiger zu werden. Die wachsenden motorischen Fähigkeiten mit koordiniertem Bewegungsablauf im zweiten Lebensjahr - wie das Krabbeln, Aufrechtstehen und Laufen - befähigen euer Kleinkind zur Erkundung seiner Welt. Die Möglichkeit des Sprechens erlaubt, eigene Wünsche und Vorstellungen auszudrücken. Eine besondere Bedeutung kommt in dieser Entwicklungsphase eures Kindes der Kontrolle der Darm- und Blasenfunktion zu. Dies bringt neue Erziehungsaufgaben mit sich: Die Bezugspersonen sollten die körperlichen Prozesse wertschätzend begleiten. Reagieren diese beispielsweise mit Ekel oder Ungeduld auf die Dauer und den Prozess des »Trockenwerdens«, so kann ein massives Schamgefühl bei den Kindern entstehen, welches sie im Extremfall vom eigenen Körper entfremdet. Typische Protestreaktionen gegen eine rigide Sauberkeitserziehung sind das Verweigern und Trotz. Lob und das Vertrauen auf Eigenständigkeit durch euch als Eltern oder durch andere Bezugspersonen führen hingegen zu einem Gefühl von Stolz und Autonomie.
Wichtig: Während das Kleinkind mithilfe der steigenden Mobilität seine direkte Umgebung immer mehr erkundet, rückversichert es sich stets über die verlässliche Gegenwart der Eltern oder anderer Bezugspersonen. Diese erleben das vielleicht auch als anstrengend. Es ist aber sehr wichtig, dass ihr als Eltern (oder auch andere Bezugspersonen) Sicherheit, den Schutz und Geborgenheit gebt und für das Kind da seid, wenn es seine Umwelt erkundet und sich wiederholend der Bindung zu euch versichern muss.
Da Kinder alles anfassen und anlecken, können Gegenstände und die Tatsache, dass die Kinder auf alles draufklettern etc., zur Gefahr werden, die es von den Bezugspersonen pausenlos zu verhindern gilt. Hier entsteht der Zwiespalt, einerseits die motorischen Fähigkeiten lobend anzuerkennen und andererseits gleichzeitig die Gefahren abzuwenden, ohne dem Kind hierbei ein negatives Gefühl zu vermitteln. Überängstlichkeit der betreuenden Erwachsenen kann die Entfaltung der Kinder und damit die Entwicklung des Selbstvertrauens hemmen.
Vor allem im dritten Lebensjahr versuchen Kinder verstärkt, ihren eigenen Willen durchzusetzen, um ihr Selbstwertgefühl zu erproben. Die sogenannte Trotzphase ist Ausdruck dessen. Alle Eltern sollten sich immer wieder bewusst machen, dass ihre Kinder die Trotzanfälle nicht kriegen, um sie oder andere Erwachsene zu ärgern, sondern aus Unmut über die eigene empfundene Unzulänglichkeit.
Den Kleinkindern wird in diesem Alter allmählich bewusst, dass ihr Verhalten eine unmittelbare Bewertung (»gut/böse«; »richtig/falsch«; »Lob/Tadel« etc.) bei den Bezugspersonen hervorruft. Dies hat zur Folge, dass das Selbstbild sich zwischen einem idealen und einem negativen Pol formen kann. Den Kindern hilft dabei in diesem Alter, wenn alles nach einem bestimmten Ritual abläuft, denn Rituale und Regeln geben Sicherheit. Passiert dies nicht, kann das zu Wut- und Trotzanfällen aus Unsicherheit führen. Bei einem zu autoritären und regelbetonten Erziehungsklima werden Kinder nach außen zwar gehorsam, innerlich staut sich jedoch womöglich ein Ohnmachts- und Wutgefühl an. Hingegen werden bei Hilflosigkeit und Inkonsequenz der Eltern, die alles durchgehen lassen und keine Regeln aufstellen bzw. sie selbst nicht befolgen, oft bei den Kindern diktatorische Züge ersichtlich, um die fehlenden Regeln damit quasi zu ersetzen. Denn ohne Leitplanken sind die Kinder ihrer Welt tendenziell hilf- und orientierungslos ausgesetzt.
Kinder fangen in dieser Lebensphase damit an, sich für ihre vermeintlich unvollkommene Seite zu schämen und diese vor anderen zu verbergen. Harte Bestrafungen oder ein Lächerlichmachen geben den Kindern keinen Halt und können schlimmstenfalls dazu führen, dass das Selbstbewusstsein geschwächt wird. Aufgrund einer folgenden Aggressionshemmung lernen Kinder nicht, »Nein« zu sagen, ihren eigenen Willen durchzusetzen oder sich grundsätzlich widersetzen zu können. Stattdessen reagieren sie schnell mit Hergeben, Preisgeben oder Aufgeben. Inkonsequente Eltern oder Eltern, die keinerlei Regeln aufstellen und befolgen, geben den Kindern ebenfalls keinen Halt, verunsichern diese und lehren sie nicht, was im jeweils spezifischen Kontext entweder »falsch« oder »richtig« ist. Irritation bzw. ein Verlorenheitsgefühl kann die Folge sein, weshalb die Kinder kein Selbstvertrauen aufbauen können oder sogar aggressiv reagieren, um letztlich klare und eindeutige, aber angemessene, wohlwollende, schützende und nachvollziehbare Regeln einzufordern.
Zusätzlich findet in dieser Phase die Sprachentwicklung maßgeblich statt. Laute wurden bereits im ersten Lebensjahr gebildet, und erste Worte wie »Mama« und »Papa« können verbalisiert werden. Ab dem zweiten Lebensjahr können dann einzelne Dinge wie beispielsweise »Auto« oder »Apfel« unmittelbar benannt werden, und der Wortschatz wächst kontinuierlich. Auch werden Wortkombinationen wie z. B. »Auto da« gebildet. Ab dem dritten Lebensjahr nimmt der Wortschatz stetig zu, und das Kind bildet Mehrwortäußerungen und erste Nebensätze. Ab dem vierten Lebensjahr hat es in der Regel die wesentlichen grammatikalischen Strukturen erworben und bildet vollständige Sätze.
Kommt es in dieser zweiten Entwicklungsphase des Kindes hauptsächlich zu ermutigenden kindlichen Erfahrungen, so kann sich sowohl das Urvertrauen als auch das Gefühl der Eigenständigkeit (weiter) positiv entwickeln. Selbstsicherheit und Durchsetzungsfähigkeit können entstehen und bilden die Basis für weitere soziale Erfahrungen. Die Gefühle von Selbstbestimmtheit und von Sicherheit bleiben über den kompletten Lebensverlauf verletzlich gegenüber dem Gefühl von Scham. Dieses Gefühl gleicht einem Unwert-Erleben, welches durch das Gefühl von Peinlichkeit, öffentlichem Ertappen, Bloßstellung und Demütigung ausgelöst wird, wobei die eigene Intimsphäre durch ungewollte Nähe, überraschendes Lob oder Tadel verletzt wird. Ähnlich diesem Schamgefühl verhält es sich mit dem Gefühl von Zweifel, welches mit einer großen Unsicherheit verbunden ist. Scham- und Zweifelgefühle kommen vor allem bezüglich des eigenen Werts, der eigenen Beliebtheit und Fähigkeit vor. Ein gesundes Schamgefühl führt zur Einhaltung kultureller Normen. Bei einem extremen Ausleben des kindlichen Schamgefühls kann es zu narzisstischen Verletzungen kommen, was das Kind zum Außenseiter gegenüber sich selbst machen könnte. Folgen wären Zwanghaftigkeit und zwanghafte Aufsässigkeit, um das schwere Schamgefühl abzuwehren.
In dieser Phase soll sich Selbstständigkeit entwickeln. Kann diese nicht entstehen, kommt es zu Trotz, chronischer Aufsässigkeit und Negativismus, d.h.: Es wird immer das Gegenteil von dem getan, was erwartet wird. Euer Kind zeigt dann vordergründig zwar ein vermeintlich großes Ego, empfindet aber womöglich nur Ziellosigkeit und einsam machende Rebellion. Diese beschämt dann euch als elterliche Autorität, weil sie bei euch ein Gefühl der Ohnmacht hervorruft.
Tipp: In dieser Entwicklungsphase ist elterliche Gelassenheit ganz zentral. Ihr seid als Eltern »die Großen« und könnt eurem Kind auch bei seinen für euch vielleicht anstrengenden Verhaltensweisen mit Ruhe und Präsenz zur Verfügung stehen. Wenn euch das gelingt, dann entspannt dies nicht nur euer Kind, sondern euch selbst und eure Familie. Zugleich werdet ihr das stärken, was eurem Kind im weiteren Leben eine ganz wichtige Basis sein wird: sein Selbstvertrauen, sein Sicherheitsempfinden und seine sozialen Bindungen.
Auch an dieser Stelle wird das Aufwachsen in einer Unternehmerfamilie in sechs verschiedenen Bereichen betrachtet.
Die angeborenen Charaktereigenschaften eines Kindes werden innerhalb einer Familie mit Unternehmen oft entweder negativ oder positiv verstärkt - je nachdem, ob sie zum Unternehmertum passen oder nicht. Folgen einer solchen familiären Beeinflussung können die Überanpassung (keine Eigenverantwortung) oder aber extremer Trotz (übertriebene Selbstständigkeit) sein. Eine solche Reaktion der Kinder ist in Familien mit Unternehmen eventuell sehr viel stärker ausgeprägt als in Familien ohne Unternehmen, da deutlich mehr davon abhängt.
Möglicherweise wird das Streben nach Selbstbestimmung (»Trotz«) in Familien mit Unternehmen weniger als typische Entwicklungsphase anerkannt, sondern in Bezug auf das Unternehmen interpretiert: »Er wird ein guter Unternehmer, weil er sich nichts gefallen...
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