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Was wünschst du dir für deine Kinder? Welche Werte willst du ihnen mitgeben? Was sind für dich die Kompetenzen, das Wissen, auf das deine Kinder ihr Leben lang zurückgreifen sollen?
Diese Fragen stellen wir uns früher oder später alle, und je nach Lebensphase verändern sich möglicherweise auch unsere Antworten darauf. In einer Umfrage der »Stiftung Lesen« wurden Eltern mit Kindern bis zwölf Jahren zu ihren wichtigsten Erziehungszielen befragt. »Höflichkeit und gutes Benehmen« zu vermitteln war mit Abstand die meistgenannte Antwort, gefolgt von dem Wunsch, dass die Kinder ihre »Arbeit ordentlich und gewissenhaft erledigen«.[5] Uns hat das Ergebnis der Umfrage ehrlich gesagt ganz schön verdutzt! Höflichkeit und Fleiß als die wichtigsten Werte im Leben eines Menschen? Ganz andere Ziele stehen für den bekannten Familientherapeuten Jesper Juul im Vordergrund. Für ihn gehört zum Beispiel das Wahren der eigenen Persönlichkeit und Verantwortlichkeit zu den Werten, die Kinder ein Leben lang tragen.[6] Das klingt doch schon ganz anders. Und viel mehr nach dem, was uns und vielleicht auch dir wichtig ist.
Wenn Eltern ihren Kindern ein erfülltes, glückliches Leben wünschen, kann der Weg dorthin von Familie zu Familie sehr unterschiedlich aussehen. Genauso wie die Fähigkeiten, die wir fürs Leben und Überleben als wichtig erachten, stark variieren können. In der einen Familie ist es wichtig, dass die Kinder kochen lernen, in einer anderen ist es ein Musikinstrument oder eine bestimmte Sprache. Der Kinderarzt Herbert Renz-Polster und der Hirnforscher Gerald Hüther nennen darüber hinaus einige Grundkompetenzen, die für uns alle essenziell sind.[7] Jeder Mensch braucht sie, egal, an welchem Ort der Erde er lebt. Menschen, die diese Fähigkeiten in ihrer Kindheit erlernen konnten, haben es im späteren Leben um einiges leichter. Sie bilden gewissermaßen das Fundament, auf das sie ihr Leben aufbauen können. Lass uns diese Kompetenzen deshalb mal genauer unter die Lupe nehmen und schauen, welche Rolle die Natur bei ihrem Erlernen spielt.
Die soziale und emotionale Kompetenz hilft uns dabei, mit uns selbst und den vielen bunten Emotionen, die wir empfinden, klarzukommen. Gleichzeitig lernen wir, unsere Gefühle gegenüber anderen Mitmenschen zu regulieren und sie mit Worten auszudrücken. Dank ihr können wir uns in andere Menschen hineinversetzen, ihre Emotionen erkennen und angemessen darauf reagieren.
Kognitive Kontrolle beschreibt die Fähigkeit, so zu handeln, dass wir ein bestimmtes Ergebnis erreichen. Wenn unbewusste und automatische Verhaltensweisen, wie man sie zum Beispiel zum Autofahren benötigt, nicht zur Problemlösung ausreichen, brauchen wir unsere Fähigkeit zur kognitiven Kontrolle. Sie hilft uns dabei, tief verwurzelte Gewohnheiten zu durchbrechen oder den Umgang mit einem neuen Werkzeug zu lernen. Auch die Fähigkeit, uns Ziele zu setzen und sie voller Energie zu verfolgen, Prioritäten abzuwägen und strategisch zu planen, verdanken wir unserer kognitiven Kontrolle.
Kreativität ist nicht nur den Künstlerinnen unter uns vorbehalten. Sie steckt in jeder und jedem von uns. Sie kommt immer dann zutage, wenn wir etwas Neues schaffen oder noch nicht gesehene Möglichkeiten entdecken. Dazu gehört es auch, andere Perspektiven einzunehmen, fantasievoll zu denken und unser Wissen auf unterschiedliche Art zu kombinieren. Werden wir zum Beispiel mit einer schwierigen Situation konfrontiert, so verdanken wir es unserer Kreativität, dass wir mehrere Möglichkeiten zur Lösung des Problems entwickeln können, um uns dann für die angemessenste zu entscheiden.
Resilienz könnte man auch Widerstandsfähigkeit nennen. Es ist die Fähigkeit, aktiv mit Lebenskrisen, Stress oder Schicksalsschlägen umzugehen. Persönliche und sozial vermittelte Ressourcen helfen uns dabei, Kraft zu schöpfen und die Widerstände im Leben zum Anlass für Entwicklung zu nehmen, sodass wir schließlich an ihnen wachsen, statt zu verzweifeln.
Auch wenn einige der Begriffe für dich neu sind, bestimmt kannst du mit jeder der Kompetenzen etwas anfangen. Schließlich sind auch wir Erwachsene jeden Tag mit Situationen konfrontiert, in denen wir auf diese Fähigkeiten zurückgreifen. Aber wie lernen wir all das? Was brauchen Kinder, um sich diese Fähigkeiten anzueignen? Um darauf Antworten zu finden, hilft es, zunächst einmal zu definieren, was sie nicht brauchen: Denn ganz im Gegensatz zum verbreiteten Verständnis vom Lernen kann kein Unterricht, kein Buch und keine Lernsoftware Kindern diese Lebenskompetenzen vermitteln. Sie suggerieren es vielleicht, aber wirklich verinnerlichen können Kinder all das nur, indem sie möglichst vielfältige eigene Erfahrungen machen. Man könnte also sagen, das Leben selbst bringt unseren Kindern das Leben bei. Eigentlich gar nicht so schlecht, oder? Das nimmt den Druck von uns Eltern, den Kindern alle nötigen Fähigkeiten selbst vermitteln zu müssen. Wir müssen gar nicht erst versuchen, perfekte Vorbilder zu sein. Wir dürfen auch mal chaotisch sein, manche Ziele verfehlen und an unseren Emotionen verzweifeln. Wir dürfen uns entspannen. Zum Glück haben unsere Kleinen von Natur aus einen riesigen Lebenshunger. In ihnen steckt ein intuitiver Drang, diese Grundkompetenzen zu erlernen. Unsere Aufgabe besteht nur darin, ihnen den passenden Rahmen dafür zu geben. Wir sind dafür verantwortlich, unseren Kindern eine Basis zu bieten, auf der sie sich voll und ganz ausleben und fürs Leben lernen können. Nicht alle Aspekte dieses Rahmens liegen jederzeit in unserer Hand, vieles davon können wir Großen aber durchaus gestalten.
Den Grundstein der Basis bildet die Verbundenheit. Denn um ihren Forscher- und Entdeckergeist voll zu entfalten, brauchen Kinder das sichere Gefühl, in liebevollen, funktionierenden Beziehungen gebunden zu sein. Beziehungen voller Empathie, Respekt, Liebe und Geborgenheit schenken ihnen das Vertrauen, das sie auf ihrem Weg in ein selbstständiges, verantwortliches Leben benötigen. Als Gegenstück zur Verbundenheit brauchen unsere Kinder aber auch Freiheit. Erst im gesunden Gleichgewicht der beiden Komponenten können sie ein ausgeprägtes Selbstwertgefühl entwickeln.[8] Freiheit bedeutet, dass wir unseren Kindern die Möglichkeit geben, ihre Umwelt kreativ zu gestalten, frei zu spielen und Fantasiewelten zu entwerfen. Auf diese Weise erschaffen sie sich selbst ihre optimalen Lernräume und entwickeln ihr eigenes Tempo. Es entstehen Erfahrungen, die sie ihr ganzes Leben begleiten.
In anderen Menschen finden Kinder die Gelegenheit, sich im sozialen Miteinander zu erproben. Fähigkeiten wie Empathie, Fairness und Konfliktbewältigung lernen sie nur in einer Gruppe. Besonders wichtig ist dabei auch, dass andere Kinder Teil dieser Gruppe sind. Denn wenn Kinder unterschiedlichen Alters miteinander spielen, sind die Voraussetzungen perfekt, ihr Repertoire an sozialen Fähigkeiten zu trainieren und zu erweitern.
Physische Gesundheit in der Familie trägt dazu bei, dass Kinder ihre Welt als stabil wahrnehmen, lernen, ihrem Körper zu vertrauen, und Gelegenheit haben, mit Haut und Haar in den Erfahrungsraum »Leben« einzutauchen. Und zu guter Letzt brauchen unsere Kinder Sicherheit und Frieden, damit sie erfahren, dass sie sich auf andere verlassen können und die Welt, in der sie leben »gut« ist.
»Natur ist ein Raum, der sich begehen, begreifen, schmecken, riechen, zärtlich umarmen und schmerzlich erfahren lässt. Gerade in dieser Lebendigkeit bietet er dem Kind einen Spiegel dessen, was es heißt, am Leben zu sein.«[9]
Andreas Weber
Und genau hier kommt der Wert der Natur ins Spiel. Denn sie bietet Kindern genau diesen Raum. Sie hat alles, wirklich alles, was Kinder brauchen, um ihre Lebenskompetenzen zu entwickeln. Draußen, in der lebendigen Natur, finden sie Lebewesen, mit denen sie sich verbunden fühlen, spüren, dass Beziehungen nicht nur zwischen Menschen, sondern auch zu Tieren und Pflanzen erlebbar sind. Sie können frei sein, frei wirken, mit ihrer Familie und mit anderen Kindern spielen und geraten dabei automatisch an ihre Grenzen, stoßen auf Widerstände, auf zu meisternde Hürden. Zeit, die Kinder in der Natur verbringen, ist Zeit, in der sie fürs Leben lernen.
Stell dir folgende Situation vor:
Die fünfjährige Anna und der zweijährige Theo sind mit ihren Eltern im Wald unterwegs und haben eine Mission: Sie wollen einen Bach im Wald aufstauen. Am Bachlauf gibt es dafür viel Sand, Stöcke, Äste und Laub. Nur Steine finden sie keine. Anna und Theo fangen an, aus Ästen und Stöcken einen Staudamm zu bauen. Sie brauchen einiges an Material, laufen viele Male los und kehren wieder zum Bach zurück, die Hände voller Holz mit dazwischen verfangenem Laub. Während Anna von Anfang an einen richtigen Plan verfolgt und die Stöcke sorgsam nebeneinander aufreiht und aufstapelt, genießt Theo vor allem das Sammeln und Abwerfen der Stöcke. Dabei passiert es schon mal, dass Theo mit einem seiner Stöcke einen von Annas sorgsam aufgebauten Stapeln umwirft. Natürlich nicht mit Absicht, im spielerischen Eifer eben. Anna ärgert das, und sie fühlt sich durch Theo in ihrem Vorhaben aufgehalten. Sie pflaumt ihren Bruder an, der so perplex ist, dass er anfängt zu weinen. Anna erkennt, dass sie wohl zu harsch reagiert hat, nimmt Theo an der Hand und erzählt ihm von einer noch besseren Idee: Von nun an sammelt Theo das Holz und Anna bleibt am Bach, nimmt Stöcke und Äste entgegen und baut an der Konstruktion weiter. Theo geht...
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