Schweitzer Fachinformationen
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Was die biologische Brillanz angeht, ist das weibliche Fortpflanzungssystem nahezu unschlagbar. Es besteht aus einem eingespielten Team: der Vagina, dem Gebärmutterhals, der Gebärmutter, den Eierstöcken, den Eileitern und einigen untergeordneten, aber gleichermaßen unverzichtbaren Teammitgliedern, die für einen reibungslosen Menstruationszyklus sorgen, die Entwicklung eines Menschen vom Embryo bis zum Neugeborenen ermöglichen und den Teil der Anatomie ausmachen, der uns das Geschenk sexueller Lust bereitet. Auch noch 25 Jahre nach meiner Entscheidung für die Fachrichtung Gynäkologie und Geburtshilfe staune ich immer wieder über die Komplexität, die Intelligenz, die dem Ganzen innewohnt, und die Fähigkeit, in Sachen Kraft und Ausdauer schier übermenschliche Leistungen zu vollbringen.
Betrachten wir einmal die Gebärmutter: ein kleines, hohles, mehrschichtiges Muskelorgan, das sich während der Schwangerschaft bis zum Fünfhundertfachen seines Volumens ausdehnt. Oder die Eierstöcke: zwei mandelgroße Drüsen, die zum Zeitpunkt der Geburt zwischen einer und zwei Millionen Eizellen beherbergen, in denen sich das gesamte einzigartige genetische Material des Menschen befindet.
Genau diese Eierstöcke produzieren Hormone, mit denen der Menstruationszyklus reguliert und die Fruchtbarkeit erhalten wird, und sie sind auch das entscheidende Organ für die Östrogenproduktion. Einen Großteil unseres biologischen Ichs haben wir dem Östrogen zu verdanken. Dieses Hormon ist für einen erheblichen Aspekt unseres Fortpflanzungstraktes verantwortlich und spielt auch für die Gesundheit von Brust, Haut, Haar, Herz und Blutgefäßen, Gehirn und vielem mehr eine wichtige Rolle. Der Östrogenspiegel schwankt im Laufe unseres Lebens. Mit jeder Menstruation steigt und sinkt er, während der Schwangerschaft steigt er an und wird bei gesunden Frauen nach der Pubertät nur bei zwei Vorgängen auf natürliche Weise unterdrückt oder gesenkt: nach der Geburt und in den Wechseljahren.
Die Hintergründe für den niedrigen Östrogenspiegel in diesen beiden Fällen sind natürlich völlig unterschiedlich: Im ersten Fall wird damit die Stillzeit ermöglicht, im zweiten ist es die Folge dessen, was in der Medizin als Ovarialinsuffizienz, also Versagen der Eierstöcke, bezeichnet wird (das klingt krass, beschreibt aber genau, was mit der Hormonproduktion in den Eierstöcken geschieht). Beide Vorgänge lösen ganz ähnliche Stoffwechselveränderungen aus. Jawohl - sowohl stillende Mütter als auch Personen in den Wechseljahren kommen in den »Genuss« von schlaflosen Nächten, Hitzewallungen, Scheidentrockenheit, Angstzuständen und Bewusstseinseintrübung.
Während der Stillzeit finden diese Veränderungen statt, um der Pflege eines anderen Lebewesens Vorrang zu geben, so viel wissen wir. Die stillende Mutter muss häufig aufwachen, um das Kind zu nähren, sie muss Körperwärme abstrahlen, um es zu wärmen, und stets wachsam sein.
Aber wozu soll es gut sein, wenn diese Symptome auftreten, weil das Östrogen nach der fortpflanzungsfähigen Zeit, also in den Wechseljahren, abnimmt? Dazu gibt es zwar verschiedene Theorien (siehe Kapitel 3), aber ich habe meine eigene Erklärung für diese Übergangsphase in unserem Leben. Meiner Meinung nach sollten wir diese Symptome als ein Zeichen dafür betrachten, dass wir es hier mit einem Menschen zu tun haben, der großer Pflege bedarf, und dieser Mensch sind Sie. Sie benötigen Aufmerksamkeit, Sie benötigen Liebe, Sie benötigen Unterstützung, und Sie dürfen sich vorstellen, dass Sie in eine noch nie da gewesene Epoche dringend benötigter Selbstfürsorge hineinwachsen.
Dabei ist nicht klar, wie die Unterstützung und Fürsorge in dieser besonders schwierigen Zeit auszusehen haben. Und für Sie als Patientin sind die ärztlich empfohlenen oder verordneten Behandlungen uneinheitlich, sofern überhaupt welche angeboten werden. Das liegt zum Teil daran, dass die Bedürfnisse von Frauen in der Perimenopause, der Menopause und der Postmenopause keinerlei Priorität haben, und zwar weder in der Gesellschaft noch in der Medizin, wo Frauen lange Zeit in der Forschung und bei der Finanzierung benachteiligt wurden.
Doch auch die Behandlungsmethoden sind uneinheitlich, denn das Wissen darüber, wie man die Symptome am besten in den Griff bekommt und die Gesundheitsrisiken während der Wechseljahre verringert, unterlag so vielen dramatischen Entwicklungen, dass sich bislang noch keine zuverlässige, fundierte Methode durchgesetzt hat. Und das, obwohl die Antwort schon immer da war - oder besser gesagt, eben nicht: Östrogen.
Um zu verstehen, wie Östrogen und seine Rolle in den Wechseljahren entdeckt wurden und wie sich das medizinische Wissen über beides im Laufe der Zeit entwickelt hat, lohnt sich ein Blick in die Geschichte. Aus der Vergangenheit können wir wertvolle Lehren für unser weiteres Vorgehen ziehen und eine bessere Zukunft für die Betroffenen schaffen, die sich angesichts zunehmender Symptome und Gesundheitsrisiken schon bald fragen werden: Was kann ich dagegen tun?
Den Begriff Menopause haben wir dem französischen Arzt Charles-Pierre-Louis de Gardanne zu verdanken, der ihn 1821 prägte. Er setzt sich zusammen aus »meno«, was so viel wie »Monat« bedeutet und sich auf den Mond bezieht, und »pause«, was so viel wie Innehalten bedeutet, und bezeichnet also im wahrsten Sinne des Wortes das Ende des monatlichen Zyklus.
Schon lange bevor die Menopause definiert wurde, sorgte sie für große Verwirrung. Griechische und römische Ärzte der Antike glaubten, durch das Ausscheiden des Menstruationsbluts fände eine Reinigung des Körpers von Schlacken und Giften statt und das Ausbleiben der Menstruation in der Menopause würde eine Frau in den Wahnsinn treiben. Im Laufe der Zeit variierten die Behandlungsmethoden dieses vermeintlichen »Wechseljahreswahnsinns« von verrückt bis unmenschlich und reichten von Blutegeln, um die Gifte aus dem Körper zu ziehen, bis hin zum Wegsperren der Frauen in Irrenanstalten.
Angesichts der Tatsache, dass die durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen heute bei 79 Jahren und das Eintrittsalter in die Menopause durchschnittlich bei 51 Jahren liegt, leben Frauen heute mindestens 30 Jahre länger, als sie Kinder bekommen können. Wir sind eine der wenigen Tierarten, die auch nach Ende der gebärfähigen Jahre eine so lange Lebensspanne haben. Damit haben wir im Grunde den Jackpot der Arten geknackt, doch gleichzeitig stellt sich der Evolutionsbiologie die Frage: »Wie passt die Menopause mit dem Prinzip vom Überleben des am besten Angepassten zusammen?«
Die Suche nach einer Antwort hat manche zu der These geführt, die Wechseljahre seien eine Anpassung, die es Frauen ermöglicht, weit über ihre Fortpflanzungsfähigkeit hinaus zu leben, um künftige Generationen zu unterstützen und zu versorgen und so den genetischen Erfolg zu verbessern; dies ist die sogenannte »Großmutter-Hypothese«. Andere Forschende sind der Auffassung, wir würden einfach dank unseres modernen, zivilisierten Lebensstils länger leben, als unsere Eizellen vorhalten. Mit anderen Worten: Die Menopause sei eher moderner Luxus denn biologischer Vorteil, der unsere Spezies vorangebracht hätte.
Vermutlich werden wir nie genau wissen, warum wir fähig sind, so viele Jahre über die Menopause hinaus weiterzuleben, aber ich denke, diesen Theorien lässt sich einiges abgewinnen, wofür wir dankbar sein dürfen. Vor allem sollten wir dankbar dafür sein, dass wir trotz aller Herausforderungen, die die Wechseljahre mit sich bringen, das Glück haben, in einem Zeitalter zu leben, in dem wir noch Jahrzehnte nach dem Ausbleiben der Menstruation leben können (und das gesünder als je zuvor). Mit dieser Phase eröffnet sich uns die Möglichkeit, die besten Jahre unseres Lebens zu gestalten. Und raten Sie mal, wer entscheiden darf, ob das Beste bedeutet, Erfahrung, Weisheit und Selbstvertrauen anderen...
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