Schweitzer Fachinformationen
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Als Graf Viktor und ich abends auf der Terrasse seines Schlosses saßen, meldete der Butler einen »Lieferanten«, der unbedingt eine Geschichte zum Besten geben wolle. Herr Bourbeck, so sein Name, sagte: »Verzeihen Sie, ich bin etwas befangen. Es ist das erste Mal, dass ich als Geschichtenerzähler auftrete.«
Der Graf meinte: »Keine Bange, sprechen Sie frei weg von der Leber.«
Und so begann er zu erzählen:
»Während ich heute Abend im Villenviertel spazieren ging, öffnete sich plötzlich ein Fenster eines Hauses und eine elegant gekleidete Frau rief mir zu: >Hallo Sie, hätten Sie Lust auf ein Abendessen?<
Ich war verdutzt ob des ungewöhnlichen Ansinnens und sie fuhr fort: >Es dauert nur eine knappe Stunde. Wissen Sie, ich gebe heute eine Gesellschaft und ein Gast hat überraschend abgesagt, so sind wir nur dreizehn. Leider ich bin etwas abergläubisch, die 13 bringt Unglück. Und ich wollte keinen Gast nach Hause schicken. Wären Sie so freundlich einzuspringen?<
Ich antwortete: >Ich bin eigentlich schon eingeladen.<
>Gibt's dort auch ein Drei-Gänge-Menü von einem Sternekoch?<
>Nein, nur Hausmannskost.<
>Sehen Sie, das ist eine einmalige Gelegenheit.<
Und schon fing sie an, das Menü herunterzubeten:
>Als Vorspeise haben wir Sepianudeln auf Hummercreme mit gegrillten Riesengarnelen.<
Ich antwortete: >Nicht schlecht.<
>Als Hauptgang Beef Tatar mit Kaviar und roten Rüben.<
>Klingt lecker. Und das Dessert?<
>Weißer Pfirsich mit Campari-Schaum.<
>Ich komme!<
Ich ging um die Ecke zum Hauseingang, wo mich die Hausherrin freundlich empfing. Sie stellte sich als Alissa Tynchie vor und führte mich in den Salon, wo bereits die anderen 13 Gästen warteten. Als sie mich sahen, ging ein Raunen durch den Raum.
>Endlich!<, lallte ein Herr, >mein Magen knurrt wie ein Löwe.<
Auch die anderen Gäste waren sichtlich erleichtert und ebenso beschwipst. Anscheinend hatten sie mehrere Aperitifs hintereinander genommen, um sich die Zeit bis zur Ankunft des 14. Gastes zu vertreiben. Die Gastgeberin fragte mich nach meinem Namen.
>Ludwig Bourbeck.<
>Also Ludwig der 14.<, gluckste sie.
Ein andere Gast brabbelte betrunken: >Dann haben wir heute Besuch vom Sonnenkönig.< Und er verbeugte sich vor mir und sagte: >Majestät.<
Die Hausherrin machte sich einen Spaß daraus, mich den anderen Gästen als Ludwig der 14. vorzustellen und sie erreichte damit die gewünschte Wirkung.
Einer witzelte: >Es erfüllt uns mit Freude, dass wir auf Seine Königliche Hoheit warten durften.<
>Die Freude ist ganz auf meiner Seite<, gab ich zur Antwort.
Ein anderer sagte: >Die nobelsten Gäste kommen zuletzt.<
>Ja, nobel geht die Welt zugrunde.<
>Das wollen wir nicht hoffen<, sagte die Gastgeberin und zog mich zum nächsten Gast.
Am Schluss der Vorstellungsrunde führte sie mich zu einer ältlichen Frau, die den hypnotischen Blick einer Eule hatte. Frau Tynchie sagte: >Und das ist Orgeluse.<
>Ein ungewöhnlicher Name<, bemerkte ich.
Orgeluse entgegnete: >Das ist mein esoterisches Pseudonym für meine Séancen. Eigentlich heiße ich Katie Huber.<
>Angenehm, Ludwig 14.<
Sie starrte mich mit ihren großen grünen Augen an. >Wann sind Sie geboren?<
>Am 5. September 1971.<
>Das gleiche Sternzeichen und Aszendent wie der Sonnenkönig.<
Frau Tynchie sagte überrascht: >Nein wirklich? So ein Zufall.<
Orgeluse sagte bestimmt: >Eben nicht! In der Astrologie gibt es keine Zufälle, alles ist von den Sternen vorherbestimmt. Dass wir heute Besuch von Ludwig 14. haben, hat was zu bedeuten.<
Zu mir sagte sie: >Sie wissen, was ich meine?<
>Nein, keine Ahnung!<
Orgeluse kam ganz nah und flüsterte mir ins Ohr: >Verstehe. Ein Geheimnis unter Eingeweihten. Ich werde nichts verraten.<
Ich zwinkerte ihr zu und wisperte in ihr Ohr >Danke<.
Sie war sichtlich erfreut, dass wir zwei eine verschwiegene Gemeinschaft bildeten, auch wenn ich keinen Schimmer hatte, worin unser >Geheimnis< eigentlich bestand.
Orgeluse sagte strahlend zur Gastgeberin: >Also, er gefällt mir, dein Sonnenkönig. Und er versteht zu schweigen.<
Diese sagte gerührt: >Manchmal wirken eben Schicksalsmächte.<
Danach forderte sie uns auf, ihr ins Speisezimmer zu folgen. Während wir hinübergingen, simste ich meiner ersten Gastgeberin, dass mir etwas dazwischengekommen wäre und dass sie mit dem Essen ruhig beginnen könnten .«
Der Graf sagte: »Sie Schuft!«
»Was sollte ich machen? Ein Drei-Gänge-Menü von einem Sternekoch? Und noch dazu gratis?«
Herr Bourbeck zuckte mit den Schultern und fuhr mit seiner Erzählung fort: »Nach dem Essen, das vorzüglich schmeckte, kam es zu einem Streit zwischen Zwillingen. Der eine, Waldemar, sagte plötzlich: >Du bist schuld an meinem Trauma!<
Der andere, Ingemar, ihm gegenübersitzend, fragte: >Woran soll ich schuld sein?<
>Du hast mich bei der Geburt hinausgestoßen! So bin ich auf den Boden der Geburtsstation geknallt, weil die Hebamme nicht damit gerechnet hatte, dass ich so schnell das Licht der Welt erblicken würde. Und das habe ich bis heute nicht überwunden.<
Ingemar fragte: >Wie kommst du denn auf diesen Blödsinn?<
>Ich habe bei einem Medium eine Rückführung gemacht, die hat es genau gesehen.<
>Und wie soll ich das gemacht haben?<
>Du hast mir einen Fußtritt versetzt!<
>Als Fötus?<
>Natürlich! Und zwar so:<«
Herr Bourbeck hob sein rechtes Bein über die Tischkante und führte einen Fußtritt aus. Viktor und ich mussten herzhaft lachen. Dann setzte er seinen Bericht fort:
»Ingemar sagte: >Du bist verrückt!<
Waldemar erwiderte: >Ich hab's genau gespürt. Ich bekam einen Tritt in den Rücken, und das kannst nur du gewesen sein.<
>Vielleicht hat dir während der Séance dein Medium einen Tritt in den Arsch versetzt, damit du endlich mit dem Zaster rüber rückst?<
>Red dich nicht heraus, du warst das!<
Ingemar wechselte jetzt den Tonfall: >Okay, okay, ich geb's ja zu. Aber du bist selbst schuld daran. Als es soweit war, dass wir die Bühne dieser Welt betreten, hast du gezögert. Ich habe zu dir gesagt: >Mach hin, Alter! Das Empfangskomitee steht bereit und der Sekt wird warm.<
Aber du hast dich nicht getraut. Also habe ich etwas nachgeholfen. Aber anders als in deiner Erinnerung, hast du den Applaus sehr genossen. Du hast dich regelrecht feiern lassen als gottgewollter Thronfolger und ich hatte das Nachsehen.<
Waldemar sagte gereizt: >Jaja, mach dich nur lustig über mich. Aber das eine sag ich dir: Das hat ein Nachspiel!<
>Welches denn?<
>Ich werde dich auf Schadensersatz verklagen.<
>Du hast wirklich 'ne Meise.<
>Hunderttausend Euro Schmerzensgeld werde ich von dir fordern.<
>Fordere von mir, was du willst. Das einzige, was du von mir bekommst, ist die Adresse eines guten Psychiaters.<
Ingemar zückte seine Brieftasche und reichte ihm die erstbeste Visitenkarte. Er las vor: >Dr. Ambrosius, Spezialist für Leute mit Dachschaden.<
Waldemar schlug sie ihm aus den Händen und packte ihn an der Krawatte. Er zog ihn nach vorne, sodass sein Kopf fast auf den Tisch aufgeschlagen wäre.
Waldemar schrie: >Du hast mein Leben ruiniert!<
Ingemar antwortete: >Du bist für dein Leben selbst verantwortlich!<
Zwischen den beiden entwickelte sich nun ein regelrechtes Tauziehen mit der Krawatte. Mal gewann Waldemar die Oberhand, mal Ingemar. Schließlich gelang es Ingemar, die Arme seines Zwillingsbruders wegzuboxen. Dieser drohte: >So leicht kommst du mir nicht davon!<
Jetzt schritt die Gastgeberin ein. Mit gekünsteltem Lächeln sagte sie: >Ich glaube, wir sollten eine kleine Pause einlegen, die Gemüter sind etwas erhitzt.<
Sie klatschte in die Hände: >Im Salon gibt es Cognac.<
Daraufhin standen alle Gäste auf und pilgerten hinüber. Frau Tynchie schob sich absichtlich zwischen die streitenden Zwillingsbrüder, sodass sie sich beruhigten.
Im Salon begann eine ältere Frau mit einem schwarzen Schleier begeistert zu erzählen: >Ich habe letzte Woche eine Karmawäsche machen lassen.<
Ich sagte: >Das müssen Sie mir erklären.<
>Nun, wenn man sich zu sehr mit dem Leben verstrickt, zum...
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