Schweitzer Fachinformationen
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Vor einigen Jahren machten mein Freund Norman und ich eine Klettertour am Fairway Dome im Yosemite-Nationalpark. Ich war gerade als Erster ein steiles Stück Fels hinaufgeklettert und hatte Fixpunkte an einem schmalen Felsband angebracht, um Norman bei seinem Aufstieg zu sichern. Plötzlich rutschte er von einem Tritt ab und fiel mit weit ausgestreckten Armen und einem schockierten Ausdruck auf dem Gesicht nach hinten. Sein Gewicht riss mich nach unten, doch die Fixpunkte hielten, und so konnte ich Normans Sturz abbremsen. Er sah mit einem verwirrten Grinsen zu mir hinauf, rammte die Hände in eine Felsspalte und kletterte weiter.
Er wusste, dass ich seinen Sturz auffangen würde, ebenso wie ich wusste, dass er dasselbe für mich tun würde. Wir waren einander gegenüber loyal, wenn auch normalerweise auf eine weniger dramatische Art und Weise. Wir hielten Ausschau nach Gefahren, hörten einander interessiert zu, freuten uns über die Erfolge des anderen und fühlten bei Verlusten mit. Norman passte auf mich auf, und ich passte auf Norman auf.
Die meisten sind bestimmten anderen Menschen gegenüber loyal. Doch wie viele sind sich selbst gegenüber loyal? Wie oft bringen Sie sich selbst dieselbe Art von Ermutigung, Unterstützung und Respekt entgegen, die Sie anderen entgegenbringen?
Meiner Erfahrung nach haben sehr viele Menschen Schwierigkeiten, sich selbst gegenüber loyal zu sein, zumindest in manchen Bereichen. Sie können sich vielleicht bei der Arbeit für sich selbst starkmachen, haben aber in ihren privaten Beziehungen das Gefühl, nicht das Recht zu haben, zu sich selbst zu stehen. Als Therapeuten sind mir häufig Menschen begegnet, die aus verständlichen Gründen unglücklich waren, etwa aufgrund ihrer Lebensgeschichte oder ihrer derzeitigen Beziehungen. Trotzdem spielten sie herunter, wie sie sich fühlten, oder sie taten es als unwichtig ab, als sei ihnen das Gefühl peinlich oder als seien sie selbst daran schuld. Sie zuckten angesichts des eigenen Schmerzes gewissermaßen nur mit den Schultern. Sie erzählten mir, was sie dachten, dagegen tun zu müssen, machten aber keinerlei Anstalten, es auch tatsächlich umzusetzen. Um uns trotz Trägheit und Angst vorwärtszubewegen, müssen wir unserem eigenen Wohlergehen gegenüber absolut loyal sein.
Loyalität sich selbst gegenüber ist wie Loyalität einem anderen gegenüber. Man sieht das Gute in diesem Menschen, ist ein treuer Verbündeter, der mitfühlt und unterstützt. Wenden wir diese Haltung auf uns selbst an, bildet sie die Grundlage jeder guten Tat, die wir für uns selbst tun. Das ist wie bei einer Zündflamme: Brennt sie nicht, ist es egal, wie viel »Gas« - sprich die Dinge, die Ihre Beziehungen besser machen können und denen wir uns in diesem Buch widmen wollen - strömt. Wenn sie aber brennt, ist alles möglich. Wenn Sie sich selbst gegenüber loyal sind, ist Ihnen, wie die Dichterin Mary Oliver es ausdrückte, Ihr eines wildes und kostbares Leben wichtig.
Loyalität sich selbst gegenüber bedeutet alles andere, als egoistisch zu sein. Wenn Sie erkennen, was wirklich am besten für Sie ist, dann wissen Sie, dass Sie geben müssen, um zu nehmen, dass Sie andere ebenso sehr um Ihretwillen in Ihrem Herzen tragen müssen wie um derentwillen. Kluge Loyalität ist scharfsichtig, nicht blind. Um sich selbst zu helfen, müssen Sie verstehen, was Sie nächstes Mal besser machen könnten. (Ganz im Geiste von Suzuki Roshis Kommentar gegenüber einer Gruppe von Zen-Schülerinnen und -Schülern: »Ihr seid vollkommen, so, wie ihr seid . und könntet hier und da kleine Verbesserungen vertragen.«) Kluge Loyalität gegenüber sich selbst sieht das große Ganze und schaut voraus - indem sie sich beispielsweise nicht in einen Streit verwickeln lässt, in dem es keinen Sieger geben kann.
Es ist ein wunderbares Gefühl, wenn andere Menschen uns gegenüber loyal sind - und genauso fühlt es sich an, wenn wir uns selbst gegenüber loyal sind. Stellen Sie sich vor, was sich in Ihren Beziehungen alles zum Besseren ändern könnte, wenn Sie sich stets für Ihre ureigensten, wahren Interessen einsetzten, wenn Sie sich in Konflikten selbst emotional unterstützten, wenn Sie jeden einzelnen Tag den Wert Ihres eigenen Lebens ganz deutlich spürten.
Ein guter Ausgangspunkt ist es, sich zu vergegenwärtigen, wie es sich anfühlt, einem Menschen gegenüber loyal zu sein, der Ihnen am Herzen liegt. Was empfinden Sie? Vielleicht warmherzige Unterstützung und unverbrüchliche Beständigkeit, während Ihnen gleichzeitig das innere Wesen dieses Menschen mit all seiner Verletzlichkeit und Kostbarkeit bewusst ist. Wie fühlt es sich an, jemandem gegenüber loyal zu sein?
Wenden Sie diese Haltung nun auf sich selbst an. Vielleicht stellen Sie sich vor, dass der Mensch, an den Sie eben gedacht haben, und Sie selbst vor sich sitzen; sagen Sie dann erst zu diesem Menschen und dann zu sich selbst: Ich bin dir gegenüber loyal . Ich setze mich für dich ein . Ich denke darüber nach, was am besten für dich ist . Dein Leben ist wirklich wichtig . Wie fühlt es sich an, diese Dinge zu sagen? Fällt es Ihnen leichter, bestimmte Dinge zu dem anderen Menschen zu sagen statt zu sich selbst?
Sprechen Sie nun das Folgende laut aus und achten Sie dabei darauf, wie sich das für Sie anfühlt: Ich bin nicht gegen andere, ich bin nur für mich selbst . Meine Bedürfnisse und Wünsche sind wichtig . Ich bin entschlossen, das zu tun, was gut für mich ist, auch wenn ich Angst davor habe . Vielleicht spezifizieren Sie die Aussagen noch, etwa so: Ich setze mich bei der Arbeit für mich ein . In dieser Familie sind meine Bedürfnisse und Wünsche wichtig . Ich werde mit meiner Freundin über diesen Streit sprechen, auch wenn ich Angst davor habe . Achten Sie auf Ihre Intuition, welche emotional bewegenden und wichtigen Dinge auftauchen wollen.
Bei dieser Übung erkunden Sie einige Tiefen Ihres Geistes. Nehmen Sie wahr, was Sie dort finden. Sind sie zögerlich? Haben Sie das Gefühl, sich nicht auf Ihre eigene Seite stellen zu dürfen oder diese Art von Unterstützung nicht verdient zu haben? Die Loyalität sich selbst gegenüber ist oft blockiert, vor allem durch folgende Faktoren:
Auf den kommenden Seiten werden wir uns viele Möglichkeiten ansehen, derlei Hindernisse zu überwinden. Es ist schon sehr hilfreich, sich ihrer nur bewusst zu sein. Sie können ihnen Neugier entgegenbringen, ohne sich mit ihnen zu identifizieren. Sie können herausfinden, woher die Blockaden kommen, beispielsweise von Ihrer Erziehung oder davon, wie andere Sie behandelt haben. Weil wir so soziale Wesen sind, machen wir uns Dinge von Natur aus zu eigen und behandeln uns selbst, wie andere uns behandelt haben, insbesondere in der Kindheit.
Sie können die Überzeugungen hinter den Blockaden infrage stellen, etwa folgendermaßen: Stimmt das wirklich? Wie oft geschieht das tatsächlich? Wenn ich es richtig finde, anderen gegenüber loyal zu sein, und andere es richtig finden, mir gegenüber loyal zu sein, warum wäre es dann falsch, mir selbst gegenüber loyal zu sein? Sie können sich selbst die Wahrheit sagen, beispielsweise: Gegen den Tyrannen in der Schule konnte ich nichts ausrichten, aber heute bin ich nicht mehr hilflos und kann für mich selbst eintreten . Dafür, was mein Onkel getan hat, sollte er sich schämen, nicht ich; ich bin nicht gebrochen, beschmutzt oder nicht liebenswert.
Sie können sich von einer Blockade distanzieren, Sie können aufhören, ihr zuzustimmen und sie zu verstärken, Sie können sie verblassen lassen, Sie können sie loslassen. Stellen Sie sich vor, dass die Blockade weit weg von Ihrem Wesenskern existiert. Sagen Sie ihr, dass sie keine Macht mehr über Sie hat, verabschieden Sie sich von ihr.
Erinnern Sie sich an die Zeiten, in denen Sie um Ihrer selbst willen stark waren, vielleicht als Sie eine schreckliche Situation oder Beziehung durchgestanden haben. Versuchen Sie, dieses Gefühl der Stärke wieder in sich heraufzubeschwören, um es in Ihrem Inneren zu verankern. Erinnern Sie sich an Ihren Blick damals, an den Ausdruck auf Ihrem Gesicht? Würdigen Sie die Gelegenheiten, zu denen Sie sich selbst gegenüber loyal waren, und machen Sie sich den Nutzen, den Sie daraus gezogen haben, bewusst, beispielsweise dass Ihnen diese Loyalität sich selbst gegenüber dabei geholfen hat, Ihrer Mutter oder Ihrem Vater etwas Wichtiges zu sagen.
Rufen Sie jetzt das Gefühl in Ihnen wach, sich selbst gegenüber loyal zu sein. Erkunden Sie es, wenn Sie es erleben, auch wie es sich in Ihrem Körper anfühlt. Nehmen Sie wahr, was bedeutungsvoll oder wichtig für Sie ist, wenn Sie sich auf Ihre Seite stellen. Genießen Sie es! Öffnen Sie sich dem Gefühl, einfach Sie selbst zu sein, und lassen Sie es Ihr ganzes Wesen durchdringen.
Sie können sich auch schwören, sich selbst nie im Stich zu lassen. Sich selbst immer treu zu bleiben. Sie stellen sich nicht über...
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