Schweitzer Fachinformationen
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Alter Kahn, neue Liebe und ganz viele Bücher
Miri und Katja erfüllen sich einen Lebenstraum: eine eigene Buchhandlung! In einer alten Barkasse am Hamburger Hafen finden sie genau den Ort dafür. Mit Leidenschaft und Hingabe bauen die beiden Freundinnen den ramponierten Kahn zum Bücherschiff um. Auch privat geht es für Miri bergauf, mit ihrem Nachbarn Henning könnte sie sich mehr vorstellen als nur freundlichen Small Talk im Treppenhaus. Doch dann kommt eins zum anderen: Die Miete für die schwimmende Buchhandlung wird erhöht, das Schiff soll luxussaniert werden - ausgerechnet von Hennings Architekturbüro. Für Miri und Katja bricht eine Welt zusammen - können sie ihr Bücherschiff vor den Immobilienhaien retten?
Kapitel 1
»Wir haben's gleich. Nur noch ein kleines Stück.« Miri schnaufte. »Danach machen wir erst mal Pause.«
Katja nickte stumm.
Noch einmal holten sie tief Luft und hievten den Ohrensessel in einer gemeinsamen Kraftanstrengung über die Gangway. Zum Glück war dies das letzte Möbelstück, das sie heute an Bord bringen mussten.
Als der Sessel endlich an seinem Platz im Inneren der Hafenbarkasse stand, ließ sich Miri mit einem Aufstöhnen in das Polster plumpsen.
»Puh!« Katja strich sich die schweißnassen Haare aus der Stirn. »Ich stinke wahrscheinlich wie ein Iltis.«
»Aber nicht doch. Eine Dame stinkt nicht. Sie duftet höchstens wie ein Iltis.« Miri grinste schief. »Hätte ich gewusst, wie viel Arbeit die Einrichterei macht, wäre ich noch ein paar Wochen in Stade geblieben. Es herrschte zwar Grabeskälte in der Praxis, aber eine Weile hätte ich sicher noch durchgehalten.«
»Du hättest mir die ganze Arbeit allein überlassen? Danke, nein! Aber du hättest es keinen Tag länger mit deinem Ex in derselben Praxis ausgehalten. Ich weiß sowieso nicht, wie du so ruhig bleiben konntest. Ich hätte diesem Karsten Frohn und seiner Sexmaus längst den Hals umgedreht.« Katja hob die Hände und erwürgte die Luft neben Miri.
»Vertrag ist Vertrag, und Kündigungsfristen sind Kündigungsfristen. Ich habe kurz darüber nachgedacht, mich krankschreiben zu lassen. Aber Dr. Senkenbach, unser gemeinsamer Chef, konnte schließlich nichts dafür. Na ja, nun ist es vorbei.« Miri schickte einen Stoßseufzer zum Himmel. »Und hier ist es so viel schöner.«
Tatsächlich nahm ihre Umgebung langsam die Form an, die sie sich vor sechs Monaten ausgemalt hatten.
»Immerhin hatte Karsten das perfekte Timing, oder wie meine Oma immer sagt: >Wenn sich eine Drehtür schließt, öffnet sich anderswo ein Kellerfenster.< Stell dir vor, ich hätte ihn erst ein paar Wochen später mit Sandra erwischt, dann wäre die Barkasse vielleicht schon vermietet gewesen, und wir hätten niemals diese Chance bekommen.«
»Schickst du dem untreuen Urologen jetzt eine Danksagung?« Katjas Kopfschütteln zeigte deutlich, wie sie zu Miris Exfreund stand.
»Die Karte ist schon in der Post.« Die Ironie troff nur so aus Miris Worten. »Dankbar bin ich ihm sicher nicht. Dem Schicksal aber schon. Nicht jede bekommt die Chance, ihren Jugendtraum zu leben. Wir planen die Buchhandlung, seit wir in der Siebten waren. Und jetzt stehen wir kurz davor, sie endlich zu eröffnen.«
Einen Moment lang betrachtete Miri den frisch renovierten Salon des ehemaligen Lastkahns. Schon bald würden Kunden herumstöbern, hier auf der alten Barkasse im Oevelgönner Museumshafen, die Katja und Miri zu einer schwimmenden Buchhandlung umgebaut hatten. Was nur ging, da die Miete des Kahns so unfassbar günstig war und sie die Renovierung und Einrichtung selbst gestemmt hatten. Aber ihren ungewöhnlichen Traum in die Tat umzusetzen, war jede Mühe wert gewesen.
Als Jugendliche hatten sie den Film Notting Hill gesehen und sich prompt in den kleinen Reisebuchladen verliebt. Genauso eine Spezialitätenbuchhandlung würden sie später eröffnen, hatten sie sich damals vorgenommen, am besten in einem besonderen Ladenlokal. Irgendetwas mit Geschichte und Atmosphäre sollte es sein, und es sollte ihrer beider Charaktere und Vorlieben widerspiegeln. Katja mochte es bunt, farbenfroh, aber stimmig, so hatte sie auch ihre Wohnung eingerichtet, wie ein gut komponierter Blumenstrauß. Und für Miris Hang zum Chaos wollten sie auch ein Ventil schaffen, vielleicht eine Leseecke mit besonderen Möbeln und hoch aufgestapelten Büchern. Sie müssten lediglich aufpassen, dass Miri dort nicht den ganzen Tag läse und ein Buch nach dem anderen in sich aufsaugte.
Seit sie Buchstaben aneinanderreihen konnte und sich daraus Wörter ergaben, verschlang Miri ein Buch nach dem anderen. Astrid Lindgren hatte sie am meisten gemocht, nur einmal wollte sie wie Ronja Mattisdottir allem trotzen, was sich ihr den Weg stellte, oder sich in Cornelia Funkes Tintenwelt hineinlesen lassen. Zumindest aber wollte sie mit ihrer besten Freundin eine Buchhandlung eröffnen.
Doch dann war alles ganz anders gekommen. Katja war gleich nach dem Schulabschluss nach Hamburg gegangen, um ihrer anspruchsvollen Mutter zu entkommen. Dort hatte sie zwar nach einer Ausbildungsstelle zur Buchhändlerin gesucht, aber nach der dreißigsten Bewerbung aufgegeben und schließlich einen Ausbildungsplatz als Floristin angenommen.
Miri hingegen war in Stade hängen geblieben. Sie war schon immer weniger mutig gewesen als ihre beste Freundin. So hatte sie, als sich in der Kleinstadt keine Möglichkeit fand, Buchhändlerin zu werden, ihren Traum der Realität geopfert und eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten in der überregionalen, urologischen Praxis von Dr. Senkenbach angefangen. Dort war sie später auch Karsten Frohn begegnet, als dieser eine Stelle in der Praxis angetreten hatte.
Doch nun erfüllte sich der Traum der Freundinnen. Und das, obwohl sie beide keine Buchhändlerinnen waren. Sie hatten ihr Möglichstes gegeben, um sich die Grundlagen draufzuschaffen. Miri hatte zwei Wochen in einer Buchhandlung mitgearbeitet und sich alle Abläufe erklären lassen, während Katja an einem Buchhaltungskurs und einem Businesscoaching teilgenommen hatte. Dennoch würden sie wahrscheinlich erst nach der Eröffnung feststellen, wo es noch hakte. Aber als gestandene Frauen würden sie schon klarkommen, davon waren sie überzeugt. Mangelndes Wissen würden sie eben durch Engagement und ganz viel Liebe wettmachen. Bei dem Gedanken schlug Miris Herz schneller. Hoffentlich gefiel den Kunden die Barkasse so gut wie ihnen. Bei der Entscheidung, wie ein Bücherschiff von innen aussehen musste, waren sich die Freundinnen schnell einig gewesen: maritim, hamburgisch nordisch und natürlich mit altmodischer Gemütlichkeit. Diesem Motto hatten sie alles untergeordnet. Und jetzt strahlte die alte Barkasse mitsamt den Originalteilen, die Miri und Katja beim Abbau der alten Verschalung entdeckt hatten, in neuem Glanz. Vor allem der Boden und die Vertäfelung aus Teakholz hatten es ihnen angetan. Nun, nach einer gründlichen Überholung, schimmerte das Holz in einem warmen, dunklen Honigton.
Auch einige Klampen und sogar zwei mit Messing umrandete Bullaugen hatten sie retten können. Die Schrauben, die die Fenster verschlossen, hatten gefehlt, aber zum Glück gab es im Museumshafen genug Liebhaber alter Kähne, die ihnen halfen, passende Ersatzteile zu beschaffen.
Überhaupt erwiesen sich die Mitglieder des Hafenvereins immer wieder als extrem hilfreich. Von ihnen hatten Miri und Katja nicht nur die Genehmigung bekommen, das Bücherschiff direkt im Museumshafen zu betreiben, sondern auch die Adressen der Handwerker, an die in den letzten sechs Monaten beinahe ihre ganzen Ersparnisse geflossen waren. Aber das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Die Barkasse wirkte innen wie außen so einladend, dass es den Freundinnen bei jedem Anschauen den Atem verschlug.
Statt einer Persenning trug die Barkasse nun über die komplette Länge ein festes, tragfähiges Dach, auf das eine Treppe an der äußeren Heckwand führte. Eine umlaufende Reling sicherte den Bereich, sodass sie ihn bei schönem Wetter nutzen konnten. Vielleicht würden sie später dort ein kleines Outdoorcafé eröffnen, aber das war Zukunftsmusik und mindestens Stufe zwei oder drei ihres Businessplans.
Unterhalb des Brückenaufbaus, der ein gutes Stück über den Salon aufragte, gab es eine winzige Schlafkabine, eine ebenso kleine Kombüse und einen telefonzellengroßen Toilettenraum. Der ursprüngliche Salon, der bereits beim Stapellauf vorhanden gewesen war, bildete nun zusammen mit dem Neubau einen großen Verkaufsraum, den man durch die Original-Eingangstür betrat. Miri und Katja hatten sie höchstpersönlich abgeschliffen, gestrichen und an den neuen Zugang angepasst. Nun leuchtete sie von Weitem sichtbar in einem kräftigen Korallenrot.
Auf Miris Wunsch hin hatten sie zu guter Letzt noch eine Dachluke erhalten, die sich im vorderen Bereich des Salons nach oben wegklappen ließ. Sie freute sich schon darauf, sie hin und wieder aufzustoßen und frische Luft ins Innere zu lassen.
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