Schweitzer Fachinformationen
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Welche Mutter um die 40 kennt es nicht? Läuft eigentlich alles, aber wo man selber steht, weiß man schon lange nicht mehr.
Ihr Leben lang hat Alexa - genannt Lexie - versucht, alles richtig zu machen und nirgendwo anzuecken, aber kurz vor ihrem 40. Geburtstag stellt sie ernüchtert fest, dass sie das nicht besonders weit gebracht hat. Ihre Kinder würden lieber das Telefonbuch von 1997 abschreiben, als freiwillig einen Tag mit ihrer Mutter zu verbringen, Lexies Festanstellung als Redakteurin bei einer Frauenzeitschrift steht auf der Kippe - und als sich dann auch noch der Verdacht erhärtet, dass Ehemann Simon sie betrügt, zieht Lexie endgültig die Reißleine und beschließt: Jetzt ist Schluss! Schluss mit nett, Schluss mit rücksichtsvoll!
Mit Hilfe ihrer besten Freundin Karo will Lexie endlich lernen, so richtig auf den Putz zu hauen und sich zu nehmen, was sie will - doch dabei stößt sie schnell an ihre Grenzen. Denn wie lässt man es eigentlich so richtig krachen, wenn man heimlich noch immer brav den Müll trennt .?
»Ich kriege nur, was ich will, wenn ich sage, was ich will. Ich kriege nur, was ich will, wenn ich sage, was ich will.«
Von außen betrachtet mochte es merkwürdig aussehen, wie ich hier vor dem schmuddeligen Spiegel der Damentoilette stand und mein Gegenüber anvisierte, als wäre es John Wayne persönlich. Aber draußen am Cafétisch saß leider noch immer meine Mutter - und ich war eine Frau mit einer klaren Mission. Deshalb korrigierte ich meinen Blick noch einmal und funkelte mein Spiegelbild so entschlossen wie möglich an: »Ich kriege nur, was ich will, wenn ich auch sage, was ich will!«
Je öfter ich mein Mantra wiederholte, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass ich irgendwann auch tatsächlich daran glauben würde. Mein Therapeut nannte das »positive Autosuggestion« und hatte mir vorsorglich gleich einen ganzen Katalog an Glaubenssätzen mitgegeben, die ich meinem Spiegelbild bei Bedarf entgegenschmettern konnte - gerne auch laut und an die zweihundertsiebenunddreißig Mal am Tag.
Das Prinzip dahinter war denkbar simpel: Ich sollte mir einfach so lange etwas einreden, bis ich selbst fest daran glaubte. Meine beste Freundin Karo nannte das »Gehirnwäsche« und sah darin nur einen weiteren Grund, Doktor Dodenbaum zu verklagen oder zumindest zur Hölle zu jagen. Aber für mich gestaltete sich die ganze Angelegenheit nicht ganz so dramatisch. Genau genommen war das alles doch ungefähr so, als würde sich ein Knollensellerie einreden, ein extrascharfes Puszta-Schnitzel zu sein, bis er irgendwann tatsächlich davon ausging, Feuer unterm Hintern zu haben. Und was konnte daran bitte schlimm sein?
Solange es um meine Mutter ging, konnte ich ein bisschen Sprengstoff unterm Hintern jedenfalls ganz gut gebrauchen. Deshalb klatschte ich mir meine nassen Hände ins Gesicht und wiederholte mein Mantra einfach ein weiteres Mal: »Ich kriege nur, was ich will, wenn ich auch .«
Weiter kam ich leider nicht, denn hinter mir in der Toilettenkabine krachte es plötzlich dermaßen, als würde jemand mit schweren Schnürstiefeln gegen die Tür treten.
»Kannst du vielleicht mal die Klappe halten?!«
Ertappt schweifte mein Blick durch den Raum. »Meinen Sie . etwa mich?«
»Nein«, fauchte es aus der einzigen verschlossenen Kabine. »Ich meine das Einhorn, das gerade auf der Fensterbank Polka tanzt!«
»Tut mir leid, ich .« Wie immer in solchen Situationen schlich sich umgehend ein hilfloses Lächeln auf mein Gesicht, und ich fing an, eine eher halb intelligente Entschuldigung zu stammeln. »Es ist nur so, dass . na ja, ich versuche mir einzureden, dass ich einfach nur sagen muss, was ich will. Klingt ein bisschen lächerlich, ich weiß, aber mein Therapeut hat mir das empfohlen. Ist also so was wie eine . ärztliche Anweisung!« Das klang gut, sehr gut sogar.
»Verstehe.« Tatsächlich klang auch die Stimme aus dem Häuschen augenblicklich versöhnlicher. »Dann sage ich dir jetzt einfach mal, was ich will.« Mit einem beeindruckenden Ruck wurde die Tür aufgerissen, und ich blickte in das angestrengte Gesicht der Putzfrau, die eben noch die Böden vorne im Café geschrubbt hatte. Sie funkelte mich eindringlich an, öffnete dann ihre Lippen und artikulierte ihre Botschaft überdeutlich, damit mir auch ja keine Silbe entging: »Ich will, dass du die Klappe hältst und gehst, damit ich endlich in Ruhe kacken kann! Wäre das wohl möglich?«
Im Bruchteil einer Sekunde schossen schätzungsweise zweihundert Liter Blut in meinen Kopf.
»Natürlich«, stammelte ich und tastete blind nach einem Papierhandtuch. »Ich wollte sowieso gerade .« Gehen. Aber das interessierte die nette Putzfee schon nicht mehr. Sie hatte ihre Tür bereits ziemlich eindrucksvoll wieder zugeknallt.
Als ich mit hochrotem Kopf an unseren Tisch zurückstolperte, hob meine Mutter heiter die Hände und brachte damit die fünfzig Silberreife an ihren Handgelenken zum Schwingen. »Na endlich, Liebes. Ich hab schon befürchtet, du wärst auf dem Klo entführt worden.«
Mit einem müden Augenrollen ließ ich mich auf meinen Stuhl sinken, bückte mich zu meiner Tasche hinunter und zog die Liste daraus hervor.
»Du wolltest ja mit mir über meinen Geburtstag reden«, sagte ich mit möglichst fester Stimme und schob ihr den Zettel zu.
Meine Mutter hob irritiert die Augenbrauen. »Was ist das?«
»Ich kriege nur, was ich will, wenn ich auch sage, was ich will«, fasste ich zufrieden für sie zusammen und ermutigte sie, einen Blick auf meine Notizen zu werfen.
Meine Mutter runzelte die Stirn und deutete skeptisch auf die Überschrift meiner Liste. »Aber Schätzchen, hier steht: Was ich mir NICHT von dir zum Geburtstag wünsche .«
Damit hatte sie leider recht.
Die Wahrheit war nämlich, dass ich keinen blassen Schimmer hatte, was ich mir von meiner Mutter zum Geburtstag wünschen sollte - und deshalb hatte ich einfach aufgeschrieben, was sie mir dieses Jahr unter gar keinen Umständen schenken sollte.
»Na ja, ich hab mir gedacht . Wenn ich dir sage, was ich nicht haben will, erleichtert dir das vielleicht die Suche nach einem passenden Geschenk.«
Ich fand das ehrlich gesagt ziemlich vorausschauend, aber meine Mutter blickte mich an, als hätte ich ihr gerade einen Vortrag über Quantenphysik gehalten - auf Suaheli.
»Lies doch einfach ganz in Ruhe«, schlug ich vor und griff nach meinem Cappuccino.
Tatsächlich nahm sie das Stück Papier in die Hand, kniff die Augen zusammen und blinzelte sich durch meine Zeilen.
Ihr Augenarzt hatte ihr schon vor drei Jahren eine Lesebrille verschrieben, die sie mit beeindruckender Entschlossenheit nicht trug. Aber als ich anbot, ihr vorzulesen, winkte sie nur hektisch ab und stieß einen empörten Zischlaut aus. Was wohl so viel wie »Nein danke« bedeuten sollte.
Wie um mich eines Besseren zu belehren, fing sie im nächsten Augenblick sogar an, meine Liste vorzulesen - und zwar so laut und deutlich, dass man es vermutlich bis auf die Damentoilette hören konnte: »Mitgliedschaft bei Online-Partnerbörsen. Erziehungsratgeber jeglicher Art. CDs mit indischer Jodelmusik. Ganzkörpermassagen bei Santosh .?«
»Könntest du vielleicht ein bisschen leiser lesen?«, zischte ich ihr hilflos zu.
Meine Mutter strafte mich mit einem fassungslosen Blick ab und legte meine Nicht-Wunschliste ächzend zurück auf den Tisch.
»Wow.« Das war das letzte Wort, das sie hervorpresste, bevor sich ihre Lippen für eine ganze Weile schlossen und ein hartnäckiges Schweigen zwischen uns trat.
Wie konnte es bitte sein, dass meine Mutter es mit so kleinen Gesten schaffte, mich immer noch derart nervös zu machen? Ich war neununddreißig Jahre alt, besaß ein Schöner-Wohnen-Abo, einen schwindelerregend hohen Kredit bei der Bank und hatte zwei Acht-Pfund-Kinder durch meine Vagina gepresst! Wieso um alles in der Welt fühlte ich mich dann immer noch wie ein kleines Kind, sobald ich den Eindruck hatte, meine Mutter enttäuscht zu haben?
Tatsächlich verspürte ich gerade das dringende Bedürfnis, meinen Kopf (A) in einem Eimer von Kater Rubens Katzenstreu zu versenken oder mir (B) mit einer heißen Kuchengabel ein Versöhnungstattoo zu stechen.
Weil Option (A) aber hier vor Ort nicht umsetzbar war und die Leute vom Café vermutlich was dagegen gehabt hätten, wenn ich ihre Kuchengabeln zweckentfremdet hätte, entschied ich mich kurzerhand für Variante (C) und löste vier weitere Zuckerwürfel in meinem Cappuccino auf, um das Schweigen meiner Mutter zu ertragen.
Zum Glück rauschte in diesem Augenblick die Bedienung mit dem Kuchen heran.
»Wer von euch beiden Hübschen hat denn das Stück Buttercremetorte bestellt?«
Bevor ich etwas sagen konnte, hatte meine Mutter schon ihren Finger ausgefahren und deutete auf mich.
»Dann lass es dir schmecken.« Die Kellnerin stellte mir lächelnd den Kuchen vor die Nase und wollte wieder abdrehen - aber meine Mutter pfiff sie umgehend zurück.
»Mooooment! Meine Tochter wollte ein Stück mit einem Schokoplättchen obendrauf - das hat sie bei der Bestellung ausdrücklich gesagt!«
»Oh, das tut mir leid .« Die junge Frau sah mich zerknirscht an. »Ich würde dir ja ein neues Stück bringen, aber ich habe gerade das letzte rausgegeben.« Unglücklich deutete sie auf einen Mann im Anzug, der an einem der sonnigen Plätze am Fenster Platz genommen hatte. Er sah ein bisschen aus wie Bradley Cooper in Hangover - und tatsächlich schob er sich in diesem Moment genüsslich eine große Gabel voll Buttercreme in den Mund.
Ich wollte der Kellnerin gerade versichern, dass das kein Problem war, da riss meine Mutter bereits das Gesprächszepter an sich.
»Ist ja...
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