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Kapitel 1
Einen Mann, der sie hasste, um Hilfe zu bitten, war schwer.
Richtig schwer.
Aber sie hatte keine andere Möglichkeit.
Jack Colby war ihre letzte Chance.
Trotz des kühlen Windes hier in Oregon, der durch den Dockside Drive wehte, rann Christi Reece ein Schweißtropfen über die Schläfe, während Jack seinen Einkauf an dem Essensstand im Hafen beendete. Sie löste verkrampft eine Hand, an der ihre Fingerknöchel weiß hervortraten, vom Lenkrad, atmete die salzige Meeresluft von Hope Harbor tief ein und tupfte sich die Stirn trocken, um den sichtbaren Beweis für ihre Nervosität wegzuwischen. Ihre Magenkrämpfe und das unruhige Rasen ihres Herzens waren zum Glück äußerlich nicht zu sehen.
Aus dem weißen Lieferwagen, auf den Jack an diesem sonnigen Aprilnachmittag zugesteuert war, strömte ein so verlockender Duft, dass Christis Magen knurrte. Aber Essen war unwichtig - auch wenn ihre letzte Mahlzeit Stunden zurücklag und nur aus einem alten Brötchen und Kaffee von der Tankstelle bestanden hatte.
Der Mann, zu dem sie über dreißig Stunden gefahren war, blieb am Stand stehen und wechselte ein paar Worte mit dem Koch, der die Baseballkappe über seinem langen grauen Pferdeschwanz zurückschob und in Jacks Lachen einstimmte.
Immer noch lächelnd hob Jack die Hand zum Abschied, nahm die braune Tüte, in der sich sein Essen befand, und schlenderte in ihre Richtung.
Wenn sein Herz im Laufe der Zeit nicht weicher geworden war, würde dieses Lächeln bald verschwinden.
Mit hämmerndem Puls legte Christi ihre zitternde Hand auf den Türgriff des alten Nissans, der sie über 3.000 Kilometer weit gebracht hatte. Sie schob die Tür auf, schwang ihre wackeligen Beine auf den Asphalt und betete, dass ihre Knie nicht unter ihr nachgeben würden.
Jack warf einen beiläufigen Blick auf sie, als sie sich hinter dem Lenkrad hervorschob und dann aufrichtete. Ein Blick, mit dem man eine Fremde ansieht, flüchtiges Interesse für einen kurzen Moment.
Seine Augen verrieten, dass er sie definitiv nicht erkannte.
Eine leichte Enttäuschung regte sich in ihr. Aber das war albern. Elf Jahre waren vergangen. Ihr Haar, das sie früher lang getragen hatte, war jetzt auf Schulterlänge geschnitten und sie hellte ihre dunkelblonde Farbe nicht mehr auf. Dazu kam die überdimensionale Sonnenbrille, die den größten Teil ihres Gesichts versteckte. Außerdem hatte das Leben seine Spuren hinterlassen. Die oberflächliche zwanzigjährige Studentin, die Jack Colby gekannt - und geliebt - hatte, gab es schon lange nicht mehr.
Jack verlangsamte seine Schritte, als habe er erkannt, dass diese Begegnung nicht rein zufällig war.
Ihr Stichwort, um sich in Bewegung zu setzen.
Christi ballte die Hände zu verkrampften Fäusten und trat auf ihn zu. Im Gegensatz zu ihr hatten es die Jahre gut mit ihm gemeint. Der attraktive dreiundzwanzigjährige Mann, der Farbe und Glück in jenen sorglosen Sommer gebracht hatte, war erwachsen geworden. Reifer. Er strahlte Gelassenheit und ruhiges Selbstbewusstsein aus, die ihn noch interessanter machten als früher und seine Attraktivität verstärkten.
Kurz vor ihm blieb Christi stehen und versuchte, ihre streikende Lunge mit Luft zu füllen. »Hallo, Jack.« Die Begrüßung klang aufgrund der Erkältung, mit der sie sich in der letzten Woche herumgeschlagen hatte, ein wenig heiser.
Sein Lächeln verschwand und zwei Falten gruben sich in seine Stirn. »Entschuldigung. Kennen wir uns?«
Er erkannte sie immer noch nicht.
»Es ist eine Weile her.« Sie atmete zitternd ein und nahm ihre Sonnenbrille ab. »Christi Reece.«
* * *
Als der Name der Frau, die vor Jahren sein Herz gestohlen hatte - und dann darauf herumgetrampelt war -, in der stillen, friedlichen Atmosphäre der Stadt widerhallte, die jetzt sein Zuhause war, blieb Jack die Luft weg.
Christi Reece war hier?
Unmöglich.
Aber als er sie musterte, traf ihn die Realität wie ein Schlag ins Gesicht. Ihr Haar war kürzer und nicht mehr hellblond. Die letzten elf Jahre hatten ihrer Haut etwas von der jugendlichen Ausstrahlung geraubt und einen dunklen Schatten unter ihre langen, dichten Wimpern geworfen. Aber das strahlende Kornblumenblau ihrer Augen war ungetrübt und die Lippen, die seinen Mund leidenschaftlich geküsst hatten, sahen genauso weich aus wie früher, auch wenn die Mundwinkel leicht nach unten hingen.
Sie war es, auch wenn ihre Stimme tiefer klang als in seiner Erinnerung.
Sein Magen verkrampfte sich und er schluckte den plötzlichen bitteren Geschmack in seinem Mund hinunter.
Warum brach sie nach so vielen Jahren in seine Welt ein? Und trübte das neue Leben, das er sich weit entfernt von seinen Wurzeln im Mittleren Westen aufgebaut hatte? Und ließ die Erinnerungen an den Tag, an dem seine Welt in Trümmer zerfallen war, wieder erwachen?
Jack knirschte mit den Zähnen. Sein Appetit war wie weggeblasen trotz des verlockenden Dufts von Charleys Tacos, der aus der Tüte aufstieg, die er umklammerte.
»Was machst du hier?« Wenn die Frage härter und unfreundlicher klang, als er beabsichtigte, konnte er das nicht ändern. Er konnte seine Gefühle nicht leugnen.
Sie schob eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. »Ich bin deinetwegen hier. Ich wi-will mit dir sprechen.«
Bei dem leichten Stottern runzelte er die Stirn. Christi Reece war nervös?
Das passte absolut nicht zusammen.
Mit dem Reichtum ihrer verwöhnten Kindheit und Jugend hatte sie immer vor Selbstvertrauen und Selbstsicherheit gestrotzt. Was war hier los?
Aber er war nicht so neugierig, dass er dieses Gespräch weiterführen oder nachfragen wollte.
»Ich habe dir nichts zu sagen.« Jack zog seine Sonnenbrille heraus, setzte sie auf und wollte schnell verschwinden.
Als spüre sie seine Absicht, trat Christi einen Schritt näher und hielt die Handflächen in einer beschwichtigenden Geste hoch. »Ich weiß, dass ich dich verletzt habe. Ich weiß, dass das, was ich getan habe, falsch war. Mehr als falsch. Es war gefühllos und grausam. Seitdem ist kein Tag vergangen, an dem ich mein Verhalten nicht bereut hätte. Wenn ich es wiedergutmachen könnte, würde ich es tun.«
Er wappnete sich gegen die Tränen in ihrer Stimme. »Was zwischen uns passiert ist, ist eine uralte Geschichte. Wenn du gekommen bist, um die Sache endgültig abzuschließen, dann betrachte sie als abgeschlossen.« Er drehte sich auf dem Absatz um und marschierte davon.
»Jack, warte! Bitte!«
Bitte?
Er blieb abrupt stehen.
Dieses Wort hatte vor elf Jahren nicht zu ihrem Vokabular gehört. Christi Reece hatte es perfekt verstanden, mit Schmeicheln und einem verführerischen Augenaufschlag alles zu bekommen, was sie wollte. Bitten und Betteln hatte es bei ihr nie gegeben.
Geh weiter, Colby. Du weißt, dass sie es meisterhaft versteht, andere zu manipulieren. Lass dich nicht noch einmal zum Narren halten.
Er setzte seinen Weg fort.
»Bitte, Jack. Ich brauche Hilfe und i-ich habe sonst niemanden, an den ich mich wenden könnte.«
Jack zögerte erneut und schluckte mühsam ein Wort hinunter, das seine Mutter schockiert hätte.
Wie konnte diese Frau, die ihn benutzt und verletzt hatte, immer noch die Macht haben, direkt sein Herz zu berühren?
Aber er hatte schon immer eine Schwäche für Menschen gehabt, die in Schwierigkeiten steckten - besonders wenn sie verzweifelt waren.
Und Christi klang verzweifelt.
Er wappnete sich und drehte sich langsam zu ihr um.
Ein großer Fehler.
Sie war ihm gefolgt und stand dicht hinter ihm. Eine Träne hing an ihren Wimpern und drohte über ihre Wange zu laufen.
Sein Magen zog sich zusammen, als er einen schnellen Schritt zurücktrat.
Das half auch nicht.
Der Anblick, wie diese früher so beherrschte, selbstsichere Frau den Tränen nahe war, weckte in ihm einen starken - und ungewollten - Beschützerinstinkt.
»Was für eine Art von Hilfe?« Er nahm die einschüchternde, breitbeinige Haltung an, die ihm als Polizist immer zugutekam und die seine Entschlossenheit, Abstand zu halten, stärkte.
»Ich brauche Geld. Einen Kredit. Ich zahle ihn dir so schnell wie möglich zurück. Mit Zinsen.«
Schweigen breitete sich aus, während Jack versuchte, ihre Bitte zu begreifen. Es gelang ihm nicht.
Warum sollte eine Frau, die aus einer so reichen Familie kam, Geld brauchen?
»Das musst du mir erklären.«
»Ich habe es gerade erklärt. Ich brauche Geld.«
»Warum bittest du nicht deinen Vater darum?«
Christi schluckte schwer. »Er ist vor sechs Jahren gestorben.«
So sehr Jack sich auch bemühte, keine Gefühle zuzulassen, überrollte ihn ein kurzer Anflug von Mitgefühl. Es musste schwer für sie gewesen sein, ihren Vater zu verlieren. Dieser Mann war zwar arrogant und eingebildet gewesen, aber er hatte Christi trotzdem von ganzem Herzen geliebt. Sie hatten sich als Vater und Tochter sehr nahegestanden. Christi hatte Jack in jenem herrlichen Sommer erzählt, dass die beiden nur einander gehabt hatten, nachdem sie im Alter von zehn Jahren ihre Mutter verloren hatte.
Aber auch wenn David Reece vielleicht die...
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