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Graz
5. Januar 1966
Lieber Herr Dr. Unseld,
Sie haben in Ihrem letzten Brief nicht erwähnt, ob es gegen Ihren Willen ist, daß die »Publikumsbeschimpfung« in der Zeitschrift »manuskripte« erscheint. In Ihrem vorletzten Brief schrieben Sie, Sie hätten nichts dagegen, nur würde es sonst wohl keine andere Zeitschrift bringen wollen. Ich habe mich dann trotzdem dafür ausgesprochen.
Jetzt habe ich das Stück dem Redakteur der »manuskripte« gegeben, weil es so ausgemacht war.1 Ich bekomme selbstverständlich kein Honorar dafür. Man könnte einen Vermerk zusetzen: »mit freundlicher Genehmigung usw.«. Ich schreibe Ihnen, um mir Ihr Einverständnis zu sichern.
Zudem habe ich noch vor Weihnachten das zweite Stück abgeschlossen. Ich nenne es jetzt »Selbstbezichtigung«, weil es nicht nur Formeln aus der Beichtsprache enthält, sondern aus allen Weltanschauungssprachen. Es ist ungefähr fünfzig Minuten lang und ein Sprechstück. Soll ich es Ihnen schicken?
Im übrigen herzliche Grüße und alles Gute in diesem Jahr für Sie und Ihren Verlag
Ihr
Peter Handke
Anlage2
29P. H. ist befreundet mit Alfred Kolleritsch, dem Herausgeber der manuskripte.
Nicht ermittelt. Vermutlich das Typoskript der Weissagung, eines »Sprechstücks für vier Sprecher«. Es umfaßt samt Titel-, Copyright- und Mottoblatt 12 Seiten. Auf der Rückseite des letzten Blattes hat P. H. als Entstehungszeitraum »6.-9.?10.?1964« eingetragen (siehe DLA, SUA, A: Suhrkamp Verlag, Handke, Peter).
Frankfurt am Main
12. Januar 1966
Lieber Herr Handke,
ich danke Ihnen für Ihren Brief vom 5. Januar. Ich habe nichts dagegen, daß Sie die »Publikumsbeschimpfung« in der Zeitschrift »manuskripte« veröffentlichen. Der Vermerk, den Sie anfügen, würde genügen.1
Bitte schicken Sie mir die »Selbstbezichtigung« zu. Ich lese sie gerne und werde dann auch prüfen, was wir dafür tun können.
Mit allen guten Wünschen
[Siegfried Unseld]
P. H., Publikumsbeschimpfung, erschien in: manuskripte, Heft 16, 1966, S. 15-23, mit dem Hinweis »(Copyright by Suhrkamp Verlag)«.
24. Januar 1966
vielen Dank für Ihren letzten Brief. Ich schicke Ihnen diesmal das Stück, ich habe es noch einmal überarbeitet.1
Mit herzlichen Grüßen
Vielen Dank auch für die Übersendung des Leseexemplares der »Hornissen«. Ich habe dazu freilich keinen Brief bekommen, daß ich es korrigieren sollte. Es sind noch einige Setzfehler drin.
Die Satzvorlage von Selbstbezichtigung besteht aus 17 eng und einzeilig geschriebenen Typoskriptseiten (siehe DLA, SUA, A: Suhrkamp Verlag, Handke, Peter).
26. Januar 1966
ich danke Ihnen für Ihren Brief vom 24. Januar. Den Eingang der »Selbstbezichtigung« kann ich bestätigen. Sie hören wieder von uns.
Das Leseexemplar ist ein Korrekturexemplar. Wir erbitten es zurück, freilich nur noch mit reinen Satzfehlerberichtigungen, jetzt können wir keine stilistischen Änderungen mehr durchführen.1
Herzliche Grüße
31P. H. sandte seine Korrekturen an die Herstellungsabteilung, Chris Bezzel bestätigte den Erhalt brieflich am 10. Februar 1966.
16. März 1966
ich habe eben die ersten Bindemuster Ihrer »Hornissen« in Händen gehabt und gab noch Anweisung für letzte Änderungen, die die Farbe des Rückenschildes und des Kopfschnitts betrafen. Danach wird jetzt also die Auflage, die schon vorbereitet ist, gebunden. Wir werden morgen wieder ein Exemplar haben, das dann in Ordnung ist, ich hoffe dies jedenfalls. Dieses Exemplar lasse ich Ihnen dann zugehen. Ich bin sehr gespannt, wie Ihnen das Ganze gefällt. Ich bin sehr froh darüber, daß wir das Buch in dieser Weise gemacht haben. Es ist ein Erstling, auf den Sie sehr stolz sein dürfen, und ich bin sicher, daß es nicht unser letztes Buch ist, das wir gemeinsam machen. Wir druckten eine Auflage von 3.000 Exemplaren. Ihr Honorar beträgt 10?% vom Ladenpreis (DM 16,–), also DM 1,60 pro Exemplar. Nach unserem Vertrag sind Ihnen weitere DM 1.200,– bei Erscheinen des Buches zu überweisen. Dieser Betrag geht in diesen Tagen an Ihre Bank. Sie dürfen über 30 Freiexemplare verfügen. Sollen wir Ihnen diese nach Graz schicken? Bitte, geben Sie Antwort, wohin Sie sie haben wollen.
Ich freue mich sehr über dieses Buch und hoffe, es wird seine Wirkung tun. Im übrigen erschien schon gestern in der »FAZ« eine gute Besprechung, die ich Ihnen fotokopiert beilege.1
Inzwischen hat Sie auch die Einladung der Gruppe 47 nach Princeton erreicht. Ich habe Herrn Hans Werner Richter 32gebeten, Sie einzuladen. Hoffentlich können Sie es einrichten, es wäre sehr schön, wenn wir einige Tage gemeinsam in Amerika verbringen könnten.
Helmut Scheffel, An der Erfahrungsgrenze, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15. März 1966. Er schrieb: »Das hohe Niveau von Handkes Demonstration zeigt sich in der Nutzung sprachlicher Möglichkeiten. Es ist ein Genuß zu sehen, wie hier etwa grammatische Formen im Dienste der ästhetischen Absichten gebraucht werden. Da werden Modi ebenso durchexerziert wie der Gebrauch von Verbzeiten und ihre Konkordanz, der Gebrauch der verschiedenen Personen ebenso wie die Komparation. […] Gewiß ist der Roman keine ganz leichte Lektüre, aber eine lohnende. So wie es sich gelohnt hat, unsere Sehweise beim Betrachten von Bildern seit einer Reihe von Jahrzehnten zu ändern und neu einzuüben. Ein Roman, der uns als erkennende Wesen in Frage stellt, ein Autor, der weiß, worauf es ankommt, und der Grundlagenforschung betreibt. Man vertraue sich ihm an.«
22. März 1966
herzlichen Dank für Ihren Brief und für die Zusendung der ersten Kritik und des Buchexemplars.
Das Buch schaut, glaube ich, großartig aus, und ich bin mehr als zufrieden damit. Ich danke Ihnen nochmals sehr für die Mühe, die es Ihnen sicherlich gemacht hat. Jetzt kann man nur auf die Reaktion warten.
Die Kritik in der »FAZ« hat mir sehr gefallen, sie ist, glaube ich, auch gut geschrieben.
33Ich danke Ihnen auch, daß Sie die Einladung nach Princeton veranlaßt haben. Ich werde alles daran setzen, daß ich kommen kann. Ich glaube, es ist fast sicher. Ich freue mich sehr auf diese Reise, ich war noch nie in den Vereinigten Staaten.1
Für heute herzliche Grüße
N. S. | Die mir zustehenden Buchexemplare wird man wohl oder übel nach Graz schicken müssen. Ich wüßte sonst nicht. |
Die Jahrestagung der Gruppe 47 fand 1966 zwischen dem 22. und 24. April in der Whig-Hall der Princeton-University statt. P. H. las aus seinem zweiten Roman Der Hausierer (eine veränderte Version des gelesenen Textes wurde gedruckt in: Akzente, 5/1966, S. 467; siehe auch Brief 19, Anm. 3) und kritisierte in einer improvisierten Rede die zeitgenössische deutschsprachige Literatur. Deren Eingangssatz lautete: »Ich bemerke, daß in der gegenwärtigen deutschen Prosa eine Art Beschreibungsimpotenz vorherrscht. Man sucht sein Heil in einer bloßen Beschreibung, was von Natur aus schon das billigste ist, womit man überhaupt Literatur machen kann.« (Tonbandprotokoll der Rede von P. H., zitiert nach Adolf Haslinger, Peter Handke, S. 110f.) Sämtliche Lesungen und Diskussionen der Tagung kann man auf der Website der Universität Princeton nachhören: <http://german.princeton.edu/landmarks/gruppe-47/recordings-agreement/recordings/>). Die Erläuterungen von P. H. zu seiner Rede erschienen unter dem Titel: Beschreibungsimpotenz. Zur Tagung der Gruppe 47 in USA, in: konkret, 6/1966, S. 32f.; wiederabgedruckt unter dem Titel Zur Tagung der Gruppe 47 in Princeton in: P. H., Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms, S. 29-34.? »Peter Handke, ein sehr junger Autor aus Graz, zum erstenmal anwesend auf einer Gruppentagung, der selber einen nur aus knappsten Aussagesätzen bestehenden...
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