Schweitzer Fachinformationen
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Nach weiteren erfolglosen Telefonaten mit potenziellen Buskandidaten, fanden wir einen ausgedienten Linienbus, der in Mannheim angeboten wurde. Das Besondere an diesem Bus war, die derzeitige Nutzung. Der Innenraum wurde von einem Schreiner professionell zu einem mobilen Kindergarten umgebaut. Auch die Laufleistung von nur einhunderttausend Kilometern klang vielversprechend. Ein kurzer Schriftwechsel mit der Besitzerin und schon hatten wir den nächsten Besichtigungstermin. Diesmal am Wochenende.
Los ging es am frühen Samstag vormittag. Diesmal hatten wir unseren Willi dabei. Vielleicht konnte er uns bei möglichen Preisverhandlungen mit seinem Charme zur Seite Stehen, so die leise Hoffnung.
Gegen mittag erreichten wir ein Gewerbegebiet außerhalb Mannheims. Vor einer großen Halle standen mehrer größere Fahrzeuge, die wohl zur extravaganten Personenbeförderung benutzt wurden. Unter anderem zwei Stretchlimousinen, ein amerikanischer Schulbus in Topzustand und das Highlight im Aussenbereich, ein Londoner Doppeldecker, der wohl für mobile Partys benutzt wurde. Man konnte nur erahnen, welche Schätze sich im Inneren der Halle befinden mussten. Ein Firmenschild über dem Eingangstor, mit der Aufschrift: EVENTOMOBILE wies uns den Weg. Kaum hatten wir das Gelände betreten, wurden wir auch schon von einer Dame im besten Alter, mit knall rot gefärbten Haaren herzlich Willkommen geheißen. Ihr, für diese Tageszeit etwas zu doll geschminktes Gesicht, strahlte uns sympathisch entgegen.
>>Hallo, sind Sie Frau König<<, fragte Maja nicht minder herzlich und streckte der Dame die Hand entgegen. Diese nahm die Gelegenheit zum ausgiebigen Händeschütteln dankend entgeg: >>Herzlich Willkommen in Mannheim. Ja, ich bin Frau König. Und wer ist der kleine Schatz dort neben Ihnen?<<
<<Ich heiße Henry, aber so klein bin ich doch garnicht>>, sagte ich wohlwissend, daß Frau König eigentlich den Willi auf meinem Arm meinte.
Ein kurzer irritierter Blick, doch dann hatte Frau König den Scherz durchschaut und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, während sie auch mir die Hand zum Gruß entgegenstreckte.
>>Sie sind ja ein ganz Spaßiger...<<, sagte sie und meinte es wohl auch so.
>>Das hier ist mein Mechaniker und Fahrer Helmut.<< Sie deutete mit ihrem Kopf zu einem kauzig wirkenden Mitfünfziger im Blaumann und mit Zigarette im Mundwinkel, der gerade dabei war einen Linienbus aufzuschließen.
>>Tach auch.<<, war zu vernehmen.
Nach kurzer Begrüßung erkannten wir, daß besagter Linienbus wohl der Grund unseres Besuchs sein musste.
>>Dann schauen wir uns das gute Stück mal an<<, sagte Frau König weiter strahlend.
Im Gegensatz zu Bröselrichs Bücherbus konnte man schon auf den ersten Blick erkennen, daß dieser hier wohl regelmäßig gepflegt und gewartet wurde. Auch bei näherem Hinsehen wurde unser erster Eindruck nicht enttäuscht. Dafür litt der optische Eindruck ein wenig. Das Gefährt wirkte ein wenig bieder. Der Innenraum hingegen war wirklich liebevoll und hochwertig zu einem Spieleparadies umgestaltet worden. Da aber ein mobiler Kindergarten zum Wohnen erstmal ungeeignet ist, ratterte es schon in meinem, aber besonders Majas kreativen Kopf, was man wie und wo verbessern konnte.
>>Können wir den mal laufenlassen?<<, fragte ich Helmut.
>>Klar, drück mal den Startknopf.<<
Das lies ich mir nicht zweimal sagen. Mit Bröselrichs Uhrwerk von Motor im Hinterkopf drückte ich auf besagten Knopf. Doch so hoch die Vorfreude war, so groß war dann die Enttäuschung. Viel zu lange orgelte der Anlasser, bis der MAN-Motor mit viel Mühe, halbherzig ansprang. Das ganze Fahrzeug wurde durchgeschüttelt, was vermuten lies, daß die Maschine nicht auf allen Zylindern lief. Auch nach kurzer und dann mittellanger Warmlaufphase wurde es nicht besser.
>>Was fährt der denn Spitze?<< brüllte ich mehr, als ich sprach.
>>So um die neunzig...<<, antwortete mir Helmut.
>>Das ist ja nicht so viel<<, nuschelte ich und überlegte, wie man damit weite Strecken fahren sollte.
Ein Linienbus, oder vielmehr die Getriebeübersetzung von diesem ist halt für die Linie in Städten gebaut und fährt selten hohe Geschwindigkeiten. Für längere Strecken werden dann Überlandbusse, oder Reisebusse gebaut, bei denen die Übersetzung des Getriebes für höhere Geschwindigkeiten ausgelegt wurde. Auch der Niederflureinstieg ist für den Linienverkehr natürlich erstmal super, raubt aber gerade für Reisen den wichtigen Stauraum unter dem Innenraum. Trotzdem konnte man sich, auch Dank der schon auf 230 Volt umgebauten Stromversorgung einen Umbau weiterhin vorstellen.
>>TÜV wird neu gemacht und sollte kein Problem sein<<, sagte Frau König
>>Können wir mal den Motor sehen?<<, entgegnete ich ihr.
>>Der hört sich ja irgendwie unrund an...<<
>>Gerne, der war halt lang nicht mehr an...<<, erklärte Helmut.
Und so gingen wir nach draußen zum Heck um uns den Motor anzusehen. Nachdem Helmut die Klappe geöffnet hatte, konnten man dem Aggregat bei der mühsamen Arbeit zusehen. Dabei wurde direkt klar, daß dieser niemals nur einhunderttausend Kilometer gefahren sein konnte. Alles schrie förmlich nach Verschleiß.
>>Und der hat wirklich erst einhunderttausend Kilometer runter?<<, fragte ich ungläubig.
>>Achso...ja...ähm ne...also das ist so...<<, druckste Frau König herum und verlor dabei ein wenig ihr Strahlen im Gesicht.
>>...da haben wir wohl eine Null in der Anzeige vergessen. Tschuldigung. War keine Absicht...<<
>>Puh, das ist jetzt aber doch ein kleiner Unterschied. Ob Hunderttausend, oder eine Millionen Kilometer. Wieso wollen sie den denn eigentlich abgeben?<<
>>Wir wollten den zum Eventbus umbauen. Doch dann haben wir kurzerhand den Schulbus angeboten bekommen. Und beide brauchen wir halt nicht<<, sagte Helmut überzeugend.
>>Der, und der Londonbus sind dann also eure Flaggschiffe?<<, fragte Maja und deutete auf die beiden aussergewöhnlichen Fahrzeuge neben dem schon fast langweilig wirkenden Kindergartenbus.
>>Ne, ne...<<, erwiderte Frau König und das Strahlen in ihrem Gesicht war zurückgekehrt.
>>Folgt mir mal unauffällig!<<, forderte sie uns auf und ging Richtung Halle.
Als Helmut das Rolltor öffnete und die Beleuchtung anschaltete, bekamen wir erstmal unsere Münder nicht mehr zu. Als erstes stach der liebevoll eingerichtet Innenausbau der Halle ins Auge. Durch die dicken, roten Samtvorhänge, das pompöse Mobiliar und die goldenen Ornamente erinnerte der Raum an ein Theaterfoyer der 20er Jahre. Überall waren geschickt platzierte antike Trödelstücke zu bewundern. Wie ein Wimmelbuch mit demTtitel: Babylon Berlin. Doch das Prunkstück war der, am Ende eines roten Teppichs befindliche Setra Bus S8. Als wäre er gerade frisch in Ulm vom Band gelaufen thronte er majestätisch in der Mitte des Raumes. Die geschickt installierte, indirekte Beleuchtung setzte ihn noch besser in Szene. Bei der Restaurierung wurde auf jedes Detail geachtet.
>>Wahnsinn...!<<, mehr brachte ich nicht heraus. <<Wartet mal ab, bis ihr den von innen gesehen habt...<<, verkündete Helmut schief grinsend und öffnete die Tür am Ende des roten Teppichs.
Der Innenraum war fantastisch. Die Sitze, alle aus türkisem Samt, waren wie neu. Jede zweite Sitzreihe hatte ein Tischchen mit einem Schirmlämpchen darauf. Durch die Vielzahl der Panorama-Scheiben, die sich bis ins Dach zogen, wirkte das Interieur wie ein gerade geschliffener Diamant. Die Stellen wo keine Scheiben waren, wurden liebevoll mit grauen- und petrolfarbenem Samtstoff gepolstert. In einer Ecke wurde nachträglich stilvoll eine kleine Theke verbaut. Aber selbst bei dieser wurde akribisch auf jedes Detail geachtet. Aber nicht nur die Optik, sondern auch die Haptik und die Akkustik vermitteltet einem den Eindruck, gerade wegs zurück in den 50er Jahren zu sein. Eine Symbiose der Sinne.
>>Den will ich!<<, verriet mir Maja. >> Den kann man mit Geld garnicht bezahlen<<, meinte Frau König. >>Alleine die Arbeitsstunden stehen in keinem Verhältnis... Aber mieten könnt ihr den gerne. Hier drin wurden schon die schönsten Feste gefeiert.<<
Ohne es zu merken, was sie mit der berechtigten Schwärmerei ihres Traumbusses angerichtet hatte, sanken Frau Königs Chancen ihren Linienbus loszuwerden gen null. Denn Maja und ich brauchten nur einen Blick um zu merken, daß wir uns einig waren, wo unsere Busreise hingehen sollte. Wir wollten auch eine Symbiose der Sinne.
Wir erbaten uns auch hier eine Nacht Bedenkzeit, da wir, wie bei Bröselrich Bücherbus, den Kauf nicht gänzlich ausschließen konnten.
So...
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