Schweitzer Fachinformationen
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Prolog
Ein halbes Jahr zuvor
Nicola
»Lebe, ohne zu bereuen.«
»Was hast du gesagt, Süße?«
Langsam hob ich den Blick von dem Fleck Rasen, auf den ich die letzten fünf Minuten gestarrt hatte, und erblickte die Silhouette eines großen Mannes, der im Licht der Scheinwerfer auf mich zukam. Ich blinzelte ein paarmal, dann sah ich wieder auf den Boden. Sein Gesicht lag im Dunkeln, aber ich wusste, wer er war. Der schottische Akzent verriet mir alles, was ich wissen musste.
Ich räusperte mich und trank das Glas Wein aus, das ich in der Hand hielt. Der Lärm von der Hochzeitsparty ließ allmählich nach, und ich war erstaunt, dass Bram McGregor noch da war. Er war Trauzeuge und ich Trauzeugin, aber ich hielt ihn nicht für den Typ, der irgendwo länger blieb, nicht mal auf der Hochzeit seines eigenen Bruders. Beim Anblick jedes weiblichen Wesens, mich eingeschlossen, das in weniger als fünf Meter Entfernung vorüberging, hatte Bram die Brauen hochgezogen, und während der Trauung hatte er so gelangweilt gewirkt, dass es aussah, als müsste er ein Gähnen unterdrücken.
»Sorry.« Erneut räusperte ich mich. »Hab mit mir selbst geredet.«
»Verstehe«, sagte er und setzte sich neben mich auf die steinerne Bank. Er duftete leicht nach Zigarren und Sandelholz.
Wir befanden uns auf dem Rasen hinter dem Tiburon Jachtclub, in dem die Hochzeit stattgefunden hatte. Unerwartet war ich auf diese Bank und den Garten gestoßen, und im Hintergrund funkelten die Lichter der Stadt über der Bucht von San Francisco. Ich war müde und wollte ins Bett, und bevor ich zurück zu meiner Wohnung fuhr und den Babysitter ablöste, wollte ich gern noch einen Augenblick allein sein. Obwohl meine beste Freundin Stephanie an diesem Tag einen großartigen Burschen geheiratet hatte, Brams Bruder Linden - ich freue mich wirklich für sie! -, war es trotzdem eine Hochzeit, und ich war Single und fühlte mich deswegen jeden Tag schlechter.
»Aha. Lebe, ohne zu bereuen«, wiederholte er, stützte die Ellbogen auf die Knie und faltete die Hände. Wäre ich nüchtern gewesen, hätte es mich in Verlegenheit gebracht, dass er mich bei einem Selbstgespräch ertappte, aber so, wie die Dinge nun mal lagen, war es mir völlig egal. Was Bram von mir dachte, war weiß Gott mein kleinstes Problem.
Ich zuckte mit den Schultern. »Das ist mein Motto.«
Er schnaubte, und ich starrte ihn wütend an.
»Hey!«, sagte ich und spürte, wie mein Gesicht heiß wurde. »Die meisten Menschen leben nach irgendeinem Motto.«
Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Er war ein attraktiver Mann, das musste man ihm lassen. Aber nachdem mein Ex mich nach der Schwangerschaft total verarscht hatte und die Erziehung unserer Tochter allein mir überließ, standen Playboys auf meiner Todesliste, und Bram McGregor war eindeutig ein Playboy. Was bedeutete, dass er so was wie das Feindbild Nummer eins war, nichts als Ärger und heiße Luft.
Mein Lebensziel bestand inzwischen darin, Ärger zu vermeiden. Ich würde bestimmt nichts mit ihm anfangen, nur weil er diesen schottischen Akzent, graue Augen, Grübchen in den Wangen und eine muskulöse Figur hatte. Neben weiteren schrecklichen Eigenschaften.
»Ich nicht«, teilte er mir mit, wobei er mir in die Augen blickte und seine Mundwinkel sich hoben. »Aber zählt es auch, wenn anderen ein Motto zu dir einfällt?«
Ich wollte nicht fragen, wie er das meinte, aber irgendwie öffnete sich mein Mund von selbst, und ich biss an.
»Manchen Leuten fällt zu dir also ein Motto ein?«
Sein Grinsen wurde breiter. »Zumindest den Frauen.«
»Verstehe«, sagte ich und suchte nach einer intelligenten Antwort, die ihm einen Dämpfer versetzen würde. »Ist der Ruf erst ruiniert .«
». lebt sich's gänzlich ungeniert«, führte er den Satz zu Ende. Er blickte in den dunklen Himmel und legte nachdenklich den Kopf schief. »Aber ich habe auch schon das hier gehört: Eine Nacht von mir gefreit, und die Beine bleiben breit.«
Leicht angeekelt verzog ich den Mund. »Das ist ja widerlich.«
Er zuckte mit den Schultern. »Versuch macht kluch, Süße.« Er zögerte, dann fuhr er fort: »Ich finde, das wäre auch ein gutes Motto für dich.«
Er blickte erst auf das leere Glas in meinen Händen und dann in mein Gesicht, wobei er blinzelte, als sähe er mich zum ersten Mal. Eine heiße Sekunde lang war ich froh, dass Stephanie mir ein überaus vorteilhaftes Cocktailkleid von Anthropologie ausgesucht hatte. Erneut musste ich mir ins Gedächtnis rufen, dass mir egal war, was er von mir hielt.
»Was ist?«, fragte ich, und meine Haut prickelte, weil er den Blick ein bisschen zu lange über meinen Körper wandern ließ.
»Warum bist du eigentlich hier draußen allein und noch dazu nüchtern?«
Ich drehte den Stiel des Weinglases zwischen den Fingern. »Ich bin nicht nüchtern.«
»Ebenso wenig, wie du allein bist«, sagte er. »Soll ich dir noch was zu trinken holen?«
»Gibst du einen aus?« Ich weiß nicht, warum mich seine Frage überraschte, aber so war es.
Mit gerunzelter Stirn starrte er mich einen Moment lang an. Dann entspannte er sich, und sein Lächeln wurde zu einem breiten Grinsen. Es erinnerte mich an eine Katze, die sich nach einem Nickerchen streckt.
»Eine schöne Frau lass ich nie für ihren Drink bezahlen«, sagte er.
Obwohl ein Teil von mir - ein kleiner Teil - es erregend fand, dass er mich schön nannte, vor allem, weil meine Erfahrungen mit Dates in letzter Zeit ziemlich öde gewesen waren und Ava schon lange der einzige Mensch war, der mich schön nannte (okay, und Steph vor der Hochzeit, als ich mittels Frisur und Make-up eine geradezu magische Wandlung durchlaufen hatte). Ich würde auf diesen schmierigen Spruch nicht hereinfallen.
Stattdessen blickte ich ihm fest ins Gesicht. »Glaubst du wirklich, dass du mit so einer billigen Anmache bei mir landen kannst?«
Er lachte, und seine Augen funkelten in der Dunkelheit. »Anmache? Wenn der Trauzeuge der Trauzeugin einen Drink spendiert? Tja, ich habe schon gehört, dass du keinen Spaß verstehst, aber ich wollte es nicht glauben. Nicht bei so einem Körper.«
Ich war fassungslos, lief rot an und brachte mühsam heraus: »Wer hat gesagt, dass ich keinen Spaß verstehe?«
Sein Lächeln wirkte jetzt etwas weniger draufgängerisch, aber dennoch sah er aus, als amüsierte es ihn köstlich, sein Spielchen mit mir zu treiben. »Ist doch egal. Ich wollte es erst nicht glauben, aber sie hatten offenbar doch recht.«
»War das etwa Linden?«, fragte ich und verspürte leichte Übelkeit. Ich mochte Linden sehr, und obwohl mir seine persönliche Meinung über mich tatsächlich egal war, fand ich die Vorstellung schrecklich, für eine negative Eigenschaft bekannt zu sein. Und das erst recht, wenn es dabei um etwas ging, wovon ich insgeheim befürchtete, dass es auf mich zutraf. Irgendwann habe ich mal Spaß verstanden, ich schwöre es, aber wenn das Leben hart wird, verschwindet der Spaß als Erstes im Nirgendwo, zusammen mit Maniküren, One-Night-Stands und Essen in netten Restaurants.
Bram beantwortete meine Frage nicht, also war klar, dass es sein Bruder gewesen war.
»Sag mal, wirst du etwa gerade rot?«, fragte er und musterte mich durchdringend. Erneut wehte mich ein milder Duft nach Zigarren an.
»Ich verstehe sehr wohl Spaß«, sagte ich und rückte ein kleines Stück von ihm ab. Es war sinnlos, aber trotzdem wollte ich mich unbedingt verteidigen.
»Und darum bist du dann allein hier draußen mit einem leeren Glas?«
»Nur, weil ich mich weder betrinke noch in deinem Bett die Beine breitmache, bin ich noch lange keine Spießbürgerin.«
O Mann, hatte ich echt Spießbürgerin gesagt? Das klang ja, als lebte ich noch in den Fünfzigerjahren.
»Nein«, sagte er gedehnt und kam wieder näher. »Aber das klingt doch wirklich nach Spaß, findest du nicht?«
Sein heißer Atem berührte meine Wange, und ich widerstand dem Drang, ihm direkt ins Gesicht zu sehen. Irgendwas an seinen Augen ließ sie wirken, als könnten sie in mich hineinblicken. Mir war schon klar, dass er sich wahrscheinlich ausmalte, wie ich nackt unter diesem Kleid aussah. Auf keinen Fall sollte er mich noch länger anstarren und womöglich merken, was für ein freudloses Chaos tatsächlich in mir herrschte.
»Ich mag es, wenn du verlegen wirst«, sagte er leise, mit diesem Akzent, der jede Silbe heiser klingen ließ. »Ich wette, so siehst du auch aus, wenn du kurz vorm Kommen bist. Überrascht und entblößt.«
Und wieder fehlten mir die Worte. Ich riss die Augen auf, und beinahe hätte ich ihm ins Gesicht geschlagen und wäre davongelaufen, denn ich hatte gelernt, dass man das mit Männern wie ihm so macht. Dass man sie abblitzen lässt. Ihnen zeigt, was sie niemals bekommen werden, weil sie es nicht verdient haben.
Aber das tat ich nicht. Denn trotz allem, was mir lieb und wert war, entfalteten seine Worte ihre verführerische Wirkung, rutschten mir ins Herz und zwischen die Beine. Sie sorgten dafür, dass ich die Schenkel zusammenpressen wollte, um die wachsende Hitze dort zu halten, die sowieso nirgendwohin konnte.
Sie brachten in mir einen Motor auf Touren, an den ich nicht mal denken wollte.
Ich schluckte und heftete den Blick auf die Büsche vor mir. Die Geräusche der Party schienen jetzt von weiter weg zu kommen, so als ginge sie allmählich zu Ende, um uns allein zu lassen.
Bram legte mir sanft zwei Finger unters Kinn und drehte langsam meinen Kopf, sodass ich ihm wohl oder übel in die Augen sehen musste. »Wenn ich dir jetzt noch mal sage, dass du schön bist«, flüsterte er, »wirst du dann wieder rot? Oder glaubst du mir?«
Verdammt. Verdammt noch...
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