Schweitzer Fachinformationen
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"Eine farbenprächtige Reise durch das mittelalterliche Böhmen." Ricarda Jordan
Regensburg, 1268. Die junge Kaufmannstochter Arigund verliert ihr Herz an den Adligen Reimar. Er erwidert ihre Gefühle, doch Arigund wird mit seinem Bruder Wirtho verheiratet, einem gewalttätigen Trunkenbold. Als Wirtho von ihrer Liebe erfährt, bedroht er die beiden. Reimar verschwindet spurlos, und Arigund muss fliehen. Um zu überleben, setzt sie das Einzige ein, was ihr geblieben ist: ihre engelsgleiche Stimme. Doch Wirtho bleibt ihr auf der Spur - und sinnt auf Rache ...
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NOVEMBER 1267
Behutsam legte das Mädchen die Gänsefeder zur Seite und schüttelte das verkrampfte Handgelenk. Sie sah aus dem Doppelbogenfenster, das man schon in wenigen Wochen mit Stroh und hölzernen Läden gegen die Kälte des Winters abdichten würde, hinaus auf die Wahlenstraße. Ein Löwe mit Menschenkopf zierte den Schlussstein, das Wappen der Zandt, des Geschlechts ihrer Mutter. Pater David, eben noch tief über das Lesepult gebeugt und versunken in ein Pergament, hob den Kopf und sah zu ihr herüber. »Nun Arigund, ist es dir gelungen, die Schrift aus dem Griechischen zu übersetzen?«
Das Mädchen atmete tief durch und bemühte sich um einen bescheidenen Tonfall. Ihre Begeisterung für Griechisch und Latein hielt sich ziemlich in Grenzen. Sie mochte lebendige Sprachen, solche, die man auch sprechen konnte: Italienisch, Französisch oder Tschechisch. Die konnte man gut brauchen, wenn der Vater einmal Gäste aus den Städten beherbergte, mit denen er Handel betrieb. Was dagegen sollte sie mit Latein und Griechisch anfangen? Ihr Hauslehrer war in diesen Dingen leider unnachgiebig. Doch vielleicht konnte sie ihn diesmal überlisten?
»Pater, Ihr habt mir doch versprochen, dass wir heute diesen neuen Choral anstimmen - zum Lobpreis Christi.«
Der Prior sah sie aus ernsten blauen Augen an, strich sich die Kutte zurecht und runzelte die Stirn.
»Zum Lobpreis des Herrn, mein Kind, oder weil du erhoffst, der Weisheit des Aristoteles zu entgehen?«
»Ich habe es so gut gemacht, wie ich konnte, doch die Übersetzung war ziemlich schwierig. Nach einem Lied würde es mir bestimmt leichter fallen, mich zu sammeln und die richtigen Worte zu finden.«
Der Mönch lächelte in seinen Bart hinein. Dieses DeCapella-Mädchen blieb selten eine Antwort schuldig. Wäre sie als Junge geboren, stünde ihr gewiss eine große Zukunft im Fernhandel offen. Fragend schaute das Mädchen den Prior an. Diese Augen, diese dunklen, fast schwarzen Augen, umrahmt von einem Kranz ungebärdiger, tief dunkelbrauner Haare, die einer Madonna würdig waren und die kleine, zierliche Statur waren ein Erbe von Arigunds Vater, dem Venezianer. Aber den klugen Kopf hatte das Kind eindeutig von der mütterlichen Seite. Das Geschlecht der Zandts war in Regensburg angesehen. Arigunds Großvater war ein außerordentlich einflussreicher Mann und hatte in seinem Leben wohl so alles erreicht, was ein Bürger Regensburgs mit Gottes Hilfe und einem schnellen Verstand erlangen konnte. Seine Tochter, Arigunds Mutter, hätte dem DeCapella sicher prächtige Söhne geschenkt. Aber leider hatte Gott der Herr in seinem unerforschlichen Ratschluss die Frau Anna Barbara schon kurz nach der Geburt ihrer Tochter zu sich genommen. Was für ein Verlust!
»Na gut«, gab der Priester nach. »Leg die Feder beiseite! Ich werde mir das Pergament später ansehen.«
Seine Sandalen schlurften über den Holzboden, als er zu ihr herüberkam. Für den hübschen Wandteppich und den venezianischen Spiegel hatte er keinen Blick übrig. Als Bettelmönch hatte er den weltlichen Dingen entsagt, und sie interessierten ihn tatsächlich nicht, außer sie hatten mit der Entwicklung seines Minoritenklosters zu tun. Dies war auch der maßgebliche Grund, warum er sich die Mühe machte, das Patriziermädchen zu unterrichten. Schließlich zählte ihr Vater zu den wichtigsten Förderern seiner ständig wachsenden Bruderschaft.
Pater David von Augsburg liebte jedoch die Musik. Er war davon überzeugt, dass die menschliche Stimme, insbesondere wenn sie geschult und zu seinem Lobpreis angestimmt wurde, Gott den Herrn erfreue. Und hier war er auf eine unvermutete Begabung seiner jungen Schülerin gestoßen! Denn auch wenn natürlich Knabenchöre an Reinheit und Klang nicht zu übertreffen waren, musste er zugeben, dass dieses DeCapella-Mädchen eine angenehme Stimme besaß. Es machte Freude, mit ihr zu singen.
Schon im Gehen stimmte der Pater ein paar Töne an. Er hatte einen volltönenden Bariton, um den ihn viele Brüder beneideten, und er hatte gelernt, seinen ganzen Körper bei der Erzeugung der Töne zu nutzen. Arigund sang zwar noch im hellen Sopran eines Kindes, zart anzuhören und unschuldig wie eine Lerche am frühen Sommermorgen, aber es gelang ihr jetzt schon, die Technik seines Gesangs nachzuahmen. Zudem hatte sie ein gutes Gehör, und so dauerte es auch diesmal nicht lange, bis sie die Melodie erfasste. Gleich in der zweiten Strophe stimmte sie in seinen Gesang ein. Behutsam führte der Mönch das Mädchen durch die schwierigen Passagen des Liedes.
Doch dann hielt Arigund unvermutet inne.
»Pater David, ich bitte um Entschuldigung, aber ich glaube, wenn ich diese Stelle etwas tiefer singe, dann würde sie noch besser klingen. Und vor dem >Ave Maria< sollten wir eine kleine Pause einlegen. Der Lobpreis der Jungfrau fände dann mehr Beachtung.«
Lächelnd nickte der Mönch.
»Nun dann, versuche es. Ich werde lauschen und dir sagen, was ich darüber denke.«
*
Während Arigund sang, öffnete sich leise die Türe. Ein kleiner Mann trat vorsichtig in den Raum. Obwohl er sich schlicht kleidete, konnte niemand Zweifel an seinem Wohlstand hegen. Das Tuch war von einem Könner gewebt und von feiner Wolle. Und auch das Wohnhaus des Antonio DeCapella zeugte von Reichtum. Erst im letzten Jahr war der neue Turm seiner Residenz in der Wahlenstraße fertiggestellt worden. Fast wagemutig zog er so mit der Familie Zandt auf gleiche Höhe.
Der Kaufmann wartete, bis seine Tochter geendet hatte und begrüßte den Mönch dann freundlich: »Gott zum Gruße, Pater David. Wie ich höre, studiert ihr gerade mit meiner Tochter ein neues Lied ein.«
Der Mönch vernahm den etwas missbilligenden Unterton. In letzter Zeit schien der Kaufmann zunehmend unzufrieden mit den Fortschritten seiner Tochter, so als ginge ihm alles nicht schnell genug. Dabei lernte das Mädchen fleißig. Aber schließlich war sie noch ein Kind.
»Wir sind gerade mit den Übungsstunden fertig geworden. Arigunds Griechisch verbessert sich. Sie liest es flüssig und macht nur noch wenige Fehler beim Schreiben.«
»Das Griechische, aha, und wie steht es mit dem Rechnen?«
Wieder war der Tonfall bohrender, als es der Mönch von DeCapella gewohnt war.
»Eure Tochter, Herr, scheint mir ungewöhnliches Talent fürs Kaufmännische zu haben. Die Anzahl von Regensburger Pfennigen in einem Krug könnte sie allein an seinem Gewicht bestimmen.«
Zufrieden strich der Kaufmann seiner Tochter über den Lockenkopf. »Mia cara, deine Übungsstunden sind für heute beendet. Lass mich kurz mit dem Prior allein.«
Gehorsam packte das Mädchen seine Utensilien zusammen, knickste kurz und schloss dann die Türe hinter sich.
Antonio DeCapella wartete, bis er hörte, wie sich die Schritte seiner Tochter entfernten.
»Mein lieber Pater David«, hob er dann an, »ich möchte Euch um einen Dienst bitten.«
Der Pater runzelte die Stirn. Es kam nicht oft vor, dass ihn einer der reichen Kaufleute um etwas bat. Meistens war es eher umgekehrt.
DeCapella nagte an seiner Unterlippe, studierte fahrig das Pergament, in dem der Pater vorhin gelesen hatte, und meinte dann: »Ich werde mich erneut vermählen und möchte die Einsegnung gern in Eurer Klosterkirche vollziehen.«
Die Falten auf der Stirn des Paters glätteten sich. Eine Hochzeit - wie erfreulich!
»Es soll der Schaden der Bruderschaft nicht sein«, setzte der Kaufmann eilig hinzu.
Das klang nach einer großzügigen Spende. Im Geiste ging der Pater die notwendigen Renovierungsarbeiten an der Kapelle durch. Ihm fiel da so manches ein. »Selbstverständlich, Herr, wenn Ihr den Segen des Herrn wünscht, so werden wir ihn gern für Euch erbitten! Wann soll die Hochzeit denn stattfinden?«
»Im nächsten Jahr.«
»Und darf ich fragen, wen Ihr Euch zur Frau erkoren habt?«
Diesmal schien der Patrizier herumzudrucksen. Der Mönch wunderte sich. Ein Mann wie DeCapella würde sicher keine Ehe eingehen, die nicht standesgemäß wäre. Da gab es andere Möglichkeiten, sich die Gunst einer Frau zu erwerben. Selbst ein Bischof ging ins Frauenhaus, um sich seiner unguten Säfte zu entledigen. Pater David ließ dem Kaufmann Zeit und hob einen Becher frisches Brunnenwasser an die Lippen. Schließlich stieß DeCapella den Namen hervor: »Katharina Thundorf.«
Der Mönch hätte um ein Haar das Wasser wieder ausgespuckt. Das war wahrlich eine Überraschung.
»Katharina Thundorf?«, wiederholte Pater David ungläubig. Er hätte weit eher angenommen, dass DeCapella sich erneut ein Weib aus der Familie Zandt suchen würde, was aus Sicht des Familienfriedens geschickter gewesen wäre. Eine Thundorferin zu heiraten, das war mutig, nein, waghalsig. Die Zandts und Thundorfs, obwohl beide im Rat vertreten, waren schon seit Generationen verfeindet.
DeCapella knetete nervös seine Finger. »Ja.«
Es entstand eine weitere Pause. »Wisst Ihr, Pater, es ist eine gute Frau, eine Witwe.«
»Sicher. Sie ist das älteste der Thundorf-Kinder und heiratete mit dreizehn einen Fernhandelskaufmann in Augsburg. Im letzten Jahr raffte ihn die Schwindsucht dahin.«
»Das Trauerjahr ist bereits verstrichen.«
»Aber es könnte andere Probleme geben. Die Zandts .«
»Das lasst meine Sorge sein!«, unterbrach ihn DeCapella hastig. »Ich mache mir Gedanken um Arigund. Was wird sie zu einer Stiefmutter sagen?«
»Es ehrt Euch, Herr, dass Ihr Euch Gedanken um das Wohl Eurer Tochter macht. Andererseits, sie ist ein Mädchen und wird das Haus über kurz oder lang sowieso verlassen.«
»Sie wird vierzehn.«
»Richtig, vielleicht ein wenig zu alt, um sie zur Erziehung fortzugeben.«...
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