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Jagdhunde im Einsatz - Gefährdungen
Der Einsatz von Jagdhunden birgt immer ein Gefährdungspotenzial, dessen man sich als Hundeführer bewusst sein sollte. Einige der Gefahren sind offensichtlich, während andere häufig vom Hundeführer gar nicht als solche wahrgenommen werden.
Üblicherweise denkt man bei den möglichen Gefährdungen der Jagdhunde zuerst an Verletzungen durch wehrhaftes Wild. Tatsächlich ist auch ein Großteil der Traumata auf Kontakte mit Wild zurückzuführen. Zu den weiteren, offensichtlichen Gefahren, die ebenfalls schwere Verletzungen verursachen können und den meisten Hundeführen geläufig sind, gehören Verkehrsunfälle, Stürze aus größerer Höhe, Bissverletzungen durch andere Jagdhunde und leider auch Schussverletzungen.
Weniger offensichtliche Risiken, jedoch nicht minder gefährlich für die eingesetzten Jagdhunde, sind Totholz, Dornen, Parasiten sowie Infektionen. Die nähere Betrachtung der häufigsten Gefährdungen ist insoweit lohnend, da die Verletzungsmuster differieren und daher auch unterschiedliche Maßnahmen bei der Diagnostik und der Ersten Hilfe erfordern. Die unten aufgeführten Beispiele erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
VERLETZUNGEN DURCH WEHRHAFTES WILD
Traumata durch wehrhaftes Wild sind die klassischen und auch die häufigsten Verletzungen von Jagdhunden. Die Verletzungsmuster reichen von Bissverletzungen durch Raubwild und Sauen bis hin zu Stich- und Rissverletzungen durch Schwarzwild und Geweihträger. Zusätzlich können Wölfe und Luchse eine Gefahr für die Hunde darstellen.
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Schwer geschlagen vom wehrhaften Schwarzwild. Wunden durch Sauen sind in aller Regel stark keimbelastet.
Risiko Infektionen
Neben der direkten Gewebeschädigung durch das ursächliche Trauma kommt es häufig zu einer starken Kontamination der Wunden durch Haare und/oder Erde sowie einer nachfolgenden bakteriellen Infektion. Insbesondere die durch die Waffen der Wildschweine verursachten Stichverletzungen werden aufgrund ihrer meist geringen Größe an der Körperoberfläche unterschätzt. Tatsächlich verursachen aber viele dieser Stichverletzungen tiefe infizierte Wunden, die auch zu Eröffnungen der Brusthöhle und/oder der Bauchhöhle führen können. Tritte und stumpfe Traumata durch schweres Wild können ebenfalls beobachtet werden.
Achtung
Tritte und stumpfe, also äußerlich zunächst nicht sofort erkennbare Traumata dürfen nicht unterschätzt werden! In seltenen Fällen kann es dabei trotz Schlagschutzwesten zu inneren Verletzungen wie Lungenschäden und/oder inneren Blutungen kommen.
In Waschbärgebieten
Die meisten Jägerinnen und Jäger wissen von der Gefahr einer Krankheitsübertragung durch wehrhaftes Wild im Fall des Aujeszky-Virus durch Schwarzwild (s.?S.?12) sowie der Staupe oder Räude durch Raubwild. Weit weniger bekannt ist dagegen das Risiko einer akuten sogenannten Polyradikuloneuritis.
Diese Erkrankung ist in Gebieten mit hoher Waschbärdichte von Bedeutung und auch unter dem Begriff Coonhound paraylsis bekannt. Ihre genaue Ursache ist bisher zwar nicht geklärt, ihr Auftreten wird aber mit Verletzungen und/oder Bissen durch den Kleinbären in Verbindung gebracht.
Kennzeichen sind Lähmungserscheinungen und verringerte Reflexreaktionen. Diese Erscheinungen beginnen in der Hinterhand und steigen dann auf. In fortgeschrittenen Stadien können alle vier Gliedmaßen und der Kopf von einer Lähmung betroffen sein. Auch ein vollständiger Ausfall der spinalen, das heißt vom Rückenmark ausgesandten Reflexe, und der Verlust der Stimme sind u.?a. möglich. In sehr schweren Fällen treten auch Lähmungen der Atemmuskulatur auf.
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In Gebieten mit hoher Waschbärdichte tritt bei Hunden die folgenreiche sogenannte Coonhound paraylsis auf. Die Erkrankung ist noch weitgehend unerforscht.
Solange keine schwere Atemlähmung vorliegt, ist die Prognose gut. Die Dauer der Erkrankung kann aber zwischen zwei Wochen und drei Monaten schwanken.
VERKEHRSUNFÄLLE UND STÜRZE
Kollisionen mit Fahrzeugen und auch Stürze führen häufig zu Frakturen der langen Röhrenknochen, kombiniert mit inneren Verletzungen des Brustkorbs und/oder Bauchraums. Auch Schädel-Hirn-Traumata und Verletzungen der Wirbelsäule sind möglich. Während die Fraktur(en), bedingt durch den Funktionsverlust der betroffenen Gliedmaße(n), leicht zu erkennen sind, stellt sich dies bei den inneren Verletzungen anders dar. Jeder Hund, der von einem Auto erfasst worden oder aus größerer Höhe gestürzt ist, sollte daher in einer tierärztlichen Einrichtung zum Ausschluss innerer Verletzungen vorgestellt werden. Gleiches gilt, wenn neurologische Ausfälle, wie z.?B. eine Hinterhandlähmung, beobachtet werden.
VERLETZUNGEN DURCH PFLANZEN
Pflanzen stellen ein nicht unerhebliches Verletzungsrisiko für Jagdhunde dar. Sie können mitunter ernste Probleme verursachen.
Verkleben, schneiden, stechen
Kletten Diese Pflanzen können - insbesondere bei Hunden mit langem und/oder dichtem Haar - zu massiven Verklebungen des Fells und damit zu Bewegungseinschränkungen führen.
Schilfpflanzen Die scharfrandigen Blätter dieser Pflanzen verursachen Hunden, die Wasserarbeit verrichten, mitunter schwere Schnittverletzungen im Bereich des Gesichtsschädels und der Gliedmaßen.
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Schnittwunden durch Schilf sind bei der Wasserarbeit in entsprechendem Gelände nie auszuschließen.
Dornen und Stacheln Dringen diese Pflanzenteile in die Ballen der Pfoten ein, können sie Lahmheiten auslösen. Sollten diese oft nur sehr kleinen Fremdkörper nicht gleich vom Hundeführer erkannt und entfernt werden, können sie in Folge im Bereich der Pfoten/Gliedmaßen wandern und Abszesse verursachen.
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Blick in den Fang: Oberhalb des Kehldeckels, vor der Öffnung der Trachea ist das Ende eines Astes (Pfeil) zu erkennen.
Totholz Abgestorbenes Holz, wie z.?B. Äste und Stöcke, kann Stichverletzungen bzw. Pfählungsverletzungen verursachen, einhergehend mit Perforationen des Rachenraumes, des Brustkorbs oder der Bauchhöhle.
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Derselbe Hund: Der Ast hat Rachen, Halsmuskulatur und Haut durchstoßen. Solche Fremdkörper zu entfernen, ist Sache des Tierarztes!
Pflanzenteile im Hundeauge
Gelangen Pflanzenteile hinter das dritte Augenlid des Hundes, die sogenannte Nickhaut, führt das häufig zu Rötungen der Bindehäute (Konjunktiven) und schlimmstenfalls zu meist oberflächlichen Wunden der Hornhaut. Schwerwiegender sind Verletzungen der Hornhaut durch Stacheln oder Dornen. Patienten mit einer perforierenden Verletzung der Hornhaut sind als absolute Notfälle einzustufen und sollten sofort in einer tierärztlichen Einrichtung, die auf Augenerkrankungen spezialisiert ist, vorgestellt werden.
Pflanzenteile in den Atemwegen
Grannen, Ähren, kleinere Äste und ähnliche Pflanzenteile können von Hunden entweder über den Fang oder die Nase eingeatmet werden, insbesondere bei Hetzen. Größere Fremdkörper, die über die Nase eingesogen werden, setzen sich manchmal in den Nasengängen fest und führen dann häufig zu Niesattacken und meist einseitigem Nasenausfluss. Kleinere oder über den Fang eingeatmete Fremdkörper vermögen über die Luftröhre und die Bronchien bis in die Lunge vorzudringen und dort Abszesse zu verursachen. Aufgrund der anatomischen Gegebenheiten beim Hund ist die rechte Lungenhälfte dabei häufiger von aspirierten Fremdkörpern betroffen als die linke Hälfte.
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Abszess in der Lunge einer Hündin, verursacht durch einen pflanzlichen Fremdkörper.
Akute Symptome für einen Fremdkörper in den tieferen Atemwegen können starker Hustenreiz, außerdem Leistungsabfall sowie Atemnot sein. Bei einem chronischen Verlauf treten unter Umständen zusätzlich Fieber sowie eitriger oder blutig-eitriger Auswurf beim Husten auf.
Zu Fremdkörperaspirationen kommt es gehäuft im Spätsommer und Herbst, zum Beispiel bei Nachsuchen in Getreidefeldern.
INFEKTIONEN UND...