Schweitzer Fachinformationen
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Das Familienleben mit autistischen Kindern stellt alle Beteiligten immer wieder vor besondere Herausforderungen, die sie im Alltag nicht selten an die Grenzen ihrer emotionalen und praktischen Belastbarkeit führen. Wenn das Verhalten ihrer Kinder im öffentlichen Raum wiederholt auf Unverständnis stößt und sich Eltern den Vorwürfen über fehlgeschlagene Erziehung, mangelnde Erziehungskompetenzen oder auch fehlende Kooperationsbereitschaft ausgesetzt sehen, kommen sie oftmals (ungewollt) in Erklärungs- und Rechtfertigungsnöte gegenüber den Kritiker/innen und Fachleuten, die sie im Alltag enorme Kräfte und Ressourcen kosten und sie zusätzlich in die Enge treiben.
Nach Erhalt der Diagnose setzen sich Eltern häufig intensiv mit der Autismus-Thematik auseinander und werden - nicht zuletzt auch aufgrund ihrer zahlreichen Erfahrungen im Familienalltag - auf lange Sicht zu Expert/innen ihres autistischen Kindes. Sie verstehen infolgedessen im besten Fall dessen Besonderheiten, vermögen auch die Motive und Bedürfnisse dahinter zu erkennen und die daraus resultierenden Bedarfe und Notwendigkeiten zu identifizieren. Auf der anschließenden Suche nach passgenauen Hilfen und Unterstützungsmaßnahmen stoßen Familien mit autistischen Kindern jedoch nicht selten auf Systemgrenzen, sei es unter anderem im Kampf um deren (dauerhafte) Finanzierung oder auch bei der Installation und praktischen Umsetzung derselben. In diesem Kontext machen sie und ihre autistischen Kinder unter Umständen die groteskesten Erfahrungen, die sie nicht selten sukzessive und dauerhaft an den Rand der Verzweiflung bringen und/oder ihren Glauben und ihre Hoffnung auf ein »funktionierendes« Unterstützungssystem verlieren lassen. Neben der häufig in der Öffentlichkeit geführten (Neid)?Debatte um die Gewährung zwingend erforderlicher Hilfen treffen Familien zudem wiederholt auf rigide, (scheinbar) veränderungsresistente Hilfesysteme, welche für viele von ihnen bei genauerer Betrachtung am Ende zu einer zusätzlichen Herausforderung werden und damit das Wort »Hilfe« im Namen schlichtweg nicht verdienen.
Überdies geht in Zeiten schrumpfender Wirtschaft und leerer Staatskassen der zunehmende Kostendruck und der daraus resultierende Sparzwang auch an vielen Kostenträgern nicht spurlos vorbei. Statt in die Inklusion und die individuelle Versorgung autistischer Menschen nachhaltig zu investieren, scheint sich in den letzten Jahren eine Art »Parallelsystem« entwickelt zu haben, welches am Ende mehr Geld in die Verwaltung, Infragestellung und/oder Verhinderung von Hilfen als tatsächlich in deren Gewährung und Umsetzung und damit in die Anspruchsberechtigten selbst fließen lässt.
Gerade im Bereich Autismus-Spektrum, wo die damit einhergehenden individuellen Beeinträchtigungen der Menschen nicht selten auf den ersten Blick unsichtbar erscheinen, fällt es Kostenträgern häufig offenbar leicht?(er), den Umfang bewilligter und installierter Hilfen frühzeitig wieder zu reduzieren oder diese auch komplett aus dem System zu entfernen, da sich der Mensch vermeintlich »so gut entwickelt hat«. Ferner führen mangelhaftes Wissen bzw. eine nicht vorhandene Autismus-Kompetenz bei Entscheidungsträgern sowie die fehlende gesellschaftliche Lobby autistischer Menschen in vielen Fällen dazu, dass dringend erforderliche Hilfen nicht bzw. nicht ausreichend bewilligt werden und sie infolgedessen früher oder später innerhalb der Gesellschaft zu scheitern drohen.
So vermag jeder frühzeitig und langfristig investierte Euro in diesem Bereich, sowohl für die erbringenden Leistungsträger als auch für die bedarfsdeckende Ausgestaltung und Umsetzung der Hilfen für die Betroffenen, immense Folgekosten im sozialen Bereich verhindern. Gerade hier sollte im Zuge von nachhaltigen Einsparpotenzialen der öffentlichen Hand auch immer langfristig gedacht werden. Eine umfassende Schulung von Fachkräften und fallzuständigen Sachbearbeitenden erscheint in diesem Kontext unumgänglich, damit die vorhandenen Unterstützungsmaßnahmen adäquat und bedarfsgerecht eingesetzt und gesetzlich verankerte Leistungsansprüche innerhalb der Kostenträger korrekt und fristgerecht umgesetzt werden können.
Dieses Buch hat deshalb zum Ziel, die individuellen Herausforderungen und Belastungen von Familien mit autistischen Kindern aufzuzeigen, Verständnis für diese zu entwickeln und daraus resultierende Bedarfe zu identifizieren. Da betroffene Familien aus verschiedensten Gründen über diese Aspekte oftmals nicht offen oder auch umfassend kommunizieren, bleiben diese Problematiken meist innerfamiliär im Verborgenen und erscheinen damit für Außenstehende unsichtbar. Externe Personen sehen im Gegenzug wiederum häufig nur die sichtbaren Resultate aus den mitunter langanhaltenden, kräftezehrenden Kämpfen der Eltern um die gesellschaftliche Teilhabe und Akzeptanz ihrer autistischen Kinder, die gewährten Hilfsmittel und Unterstützungsmaßnahmen sowie ihre damit verbundene »Sonderrolle«. Dies kann dann schlimmstenfalls noch in eine gesellschaftliche Neiddebatte münden, die am Ende jedoch niemandem hilft. Denn Tatsache ist, dass das Thema Autismus-Spektrum von vielen Menschen nach wie vor nicht richtig verstanden wird und die zahlreichen Auswirkungen auf das Familiensystem demzufolge auch häufig völlig unterschätzt oder gar bagatellisiert werden, so dass in diesem Bereich noch viel Aufklärung notwendig ist.
Neben dem Aufklärungsaspekt dient das Buch der Informationsvermittlung und als »Hilfekompass«, indem es eine Vielzahl vorhandener (öffentlicher) Hilfe- und Unterstützungsmöglichkeiten dieser Zielgruppe aufzeigt, die vielen Familien (und Fachkräften) - zumindest zum Zeitpunkt der Diagnose - nicht zwingend bekannt sind und infolgedessen von ihnen aufwändig recherchiert werden müssen.
Darüber hinaus soll das Buch auch zum Nachdenken anregen, indem es offensichtliche Missstände und Widersprüche innerhalb der vorhandenen Systeme aufdeckt und explizit für Stolpersteine und Barrieren bei der Inanspruchnahme von Hilfen sensibilisiert. Familien mit autistischen Kindern berichten selten in der Öffentlichkeit über ihre (negativen) Erfahrungen, aus Scham, Macht- oder auch Hilflosigkeit bzw. aus Angst und Sorge, dass eine offene Systemkritik auch weitgehende Konsequenzen für ihre Kinder - gerade im Hinblick auf die Gewährung zukünftiger Hilfen - mitbringen und ihren eigenen Standpunkt damit »verschlechtern« kann.
Durch das Aufzeigen potenzieller Lösungsansätze erhofft sich die Autorin langfristig ein generelles Umdenken innerhalb des Hilfesystems, insbesondere bezogen auf die konkrete Umsetzung und Prozessgestaltung, so dass die individuell erforderliche Unterstützung auch tatsächlich ankommt bzw. angenommen werden kann und alle Beteiligten nachhaltig davon profitieren können. Zudem möchte sie durch ihren fachlichen und persönlichen Hintergrund eine Brücke zwischen Eltern, autistischen Menschen und der Fachwelt schlagen, um damit eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche, vertrauens- und verständnisvolle Zusammenarbeit schaffen.
Somit richtet sich das vorliegende Werk insbesondere an Autist/innen sowie Familien mit autistischen Kindern, deren Verwandte, Bekannte und Freunde, die auf der Suche nach geeigneten Hilfs- und Entlastungsmöglichkeiten sind oder selbst wirkungsvolle Unterstützung leisten wollen. Weiterhin ist es unter anderem an Psycholog/innen, Therapeut/innen, Berater/innen, Schulbegleiter/innen, Behördenmitarbeiter/innen, sonstige (pädagogische) Fachkräfte, Laienhelfer/innen und andere am Thema Interessierte adressiert, die sich manchmal darüber wundern, aktiv hinterfragen bzw. nach möglichen Erklärungsmodellen suchen, weshalb (mitunter umfangreich) installierte Hilfen scheinbar dauerhaft keinen (sichtbaren) Erfolg bzw. keine nachhaltige Veränderung erzielen und im Gegenzug für alle Beteiligten schlimmstenfalls noch zu einer weiteren Herausforderung werden.
Ein wichtiger Aspekt sollte am Ende dieses Buches deutlich werden: Familien mit autistischen Kindern wird (im Regelfall) nichts geschenkt bzw. werden ihnen erforderliche Hilfen prinzipiell nicht »auf dem Silbertablett« bereitgestellt/präsentiert. Ganz im Gegenteil, Eltern kämpfen häufig vielmehr ein Leben lang für die Anerkennung der (unsichtbaren) Hilfebedarfe und für die Rechte ihrer autistischen Kinder. Denn nur ein besseres Verständnis der Thematik und ein offenes, wertschätzendes Miteinander vermag das Leben vieler Familien mit autistischen Kindern erheblich zu vereinfachen, für Entlastung zu sorgen, nachhaltige Veränderungen bewirken und ihnen letztlich eine wahrhafte Teilhabe am Leben innerhalb der Gesellschaft zuteilwerden lassen.
In diesem Kontext beschäftigt sich Kapitel 1 (? Kap. 1) einleitend mit der Ausgangssituation von Familien mit autistischen Kindern, indem es zunächst auf den Weg zur Diagnose (? Kap. 1.1), mögliche Stolpersteine (? Kap. 1.1.1) und Handlungsempfehlungen (? Kap. 1.1.2) und anschließend auf Besonderheiten in der Erziehung (?...
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