Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Waltraud Hable, Jahrgang 1978, ist Journalistin in Wien, hat jahrelang für Frauenmagazine geschrieben und sich als Korrespondentin in Miami und New York City versucht (was schicker klingt, als es tatsächlich war).Ab 18 Grad Außentemperatur ist sie nicht ohne ihre Heizdecke anzutreffen. Weil das kein Zustand ist, träumt sie davon, in dauerhaft warme Gefilde auszuwandern. "Mein Date mit der Welt" ist ihr erstes Buch.Über ihre Reise schrieb Hable auf ihrem Blog: www.theworldisenough.net
INHALT:Vorwort: Wenn das Herz plötzlich wie wild pocht1 Fünfzehn Jahre Zögern2 Unsichere Schritte in Richtung Freiheit3 Afrika für Anfänger4 Love me tinder? Von Haien und Männern5 Falsche Erwartungen und Existenzängste6 Hormonelle Missverständnisse unterm Regenbogen7 Selfies mit Jesus und ein lehrreicher Kochkurs8 Ein Mann namens Richard. Und warum die Welt ein Dorf ist9 Verloren in der Natur: Ich bin eine Dumpfbacke10 Ehrlich währt am längsten11 Eine Jeans sorgt für Aufregung12 Abbruch und Neustart bei den Mönchen13 Ich sehe tote Menschen (und vieles andere)14 Reisemüdigkeit und die Entdeckung des Schuhhimmels15 Panische Verlängerung. Ich kann noch nicht nach Hause!Nachwort: Bin das noch ich?
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UNSICHERE SCHRITTE IN RICHTUNG FREIHEIT
Wien Juni Zurückgelegte Distanz:
1,6 KILOMETER
(das Reisebüro war in der Nachbarschaft)
Der erste Schritt wäre getan. Ich habe gekündigt. Morgens bin ich als Chefredakteurin mit respektablem Gehalt in den Verlag gegangen, mittags als zukünftige Arbeitslose aus dem Büro meines Herausgebers wieder herausgekrochen. Ich hatte in dem Gespräch mit meinem Chef versucht, selbstsicher zu wirken. Doch schon die ersten Fragen nach dem Wohin und dem Wie brachten das Bild von der Weltentdeckerin ins Wanken. Irgendwann musste ich kleinlaut zugeben: Ich hatte keinen wirklich ausgereiften Plan, außer jenem, lange zu schlafen, die Liebe oder wahlweise den weltbesten Oktopussalat zu finden und so lange zu reisen, bis mir das Geld ausgeht. Mein Chef nickte, auch wenn er vieles nicht verstand, und meinte: »Wenn das dein Ding ist, dann musst du es machen.«
»Wie geht's dir mit der Entscheidung?«, fragte eine Kollegin später, der ich von meiner Kündigung erzählt hatte. Anstelle einer Antwort begann meine Unterlippe zu bibbern. »Angst vor der eigenen Courage, oder?«, meinte sie - und hatte recht. Aber neben der aufkeimenden Existenzangst - »In drei Monaten fließt kein Geld mehr aufs Konto, es wird nur noch welches abgezogen, Hilfe!« - machte sich auch Eifersucht breit. Auf meine Nachfolgerin! Eine Person, die noch nicht einmal gesucht, geschweige denn gefunden war. Dass schon sehr bald jemand anderes an meinem Schreibtisch sitzen würde, empfand ich als persönlichen Affront. Einatmen. Ausatmen. Bloß nicht weiter darüber nachdenken und sicherheitshalber nachts mit der Anti-Knirsch-Schiene im Mund schlafen.
Den nervös malmenden Kiefer habe ich mittlerweile halbwegs im Griff. Mehr kämpfe ich derzeit mit meinen Ohren. Am liebsten würde ich sie mit Watte zustopfen. Ein Impuls, der mit den ersten »Hey, du gehst auf Weltreise?!«-Kommentaren begann. Seit sich die Sache herumgesprochen hat, werde ich von allen Seiten mit Reisetipps bombardiert.
»Geht's auch nach Kapstadt?«, fragte etwa ein Kollege.
»Ich denke schon«, antwortete ich.
»Dann musst du in dieses Wahnsinns-Hotel am Chapman's Peak gehen. Warte, ich schreibe dir den Namen auf. Du schaust aufs Meer und auf den Tafelberg! Und die Weinkarte ist sowieso ein Traum!«
»Luxushotels liegen leider nicht in meinem Budget«, erwiderte ich zögerlich. »Ich mache eine Weltreise, ich fahre nicht in einen normalen Urlaub.«
»Ach, zwei, drei Nächte sind sicher drin«, insistierte er. »Du hast doch gespart, du musst dir was gönnen.«
Irgendwann gab ich auf und nahm den blöden Zettel mit dem Hotelnamen darauf.
Zsófia, Waxing-Expertin meines Vertrauens, schwärmte wiederum von Australien.
»Wie lange wirst du in Down Under sein?«, wollte sie wissen, während sie meine Bikinizone mit Heißwachs einstrich.
»Ein paar Wochen?«, antwortete ich kryptisch, um nicht durchscheinen zu lassen, dass ich noch keinen konkreten Zeitplan, geschweige denn sämtliche Destinationen fixiert hatte. Immerhin hatte ich noch drei Monate Zeit.
»Perfekt! Dann musst du unbedingt mit einem Wohnmobil die Ostküste rauf. Ich habe das mit meinem Mann gemacht.«
»Ich werde allein unterwegs sein, Zsófia«, gab ich zu bedenken. »Australien ist riesengroß. Täglich Hunderte Kilometer fahren, ins Bett fallen und mich am nächsten Morgen wieder ins Auto schwingen . Ich fürchte, daraus wird nichts. Ich werde mich eher in Städten rumtreiben, das passt auch besser für meine Art des Reisens. Ich bin keine Rucksacktouristin, ich werde mit einem großen Koffer reisen.«
»Neeeein«, protestierte die Depiladora und setzte mit entschlossenem Ruck zum Kahlschlag an. »Du versäumst was! Nimm einen Rucksack, nimm das Wohnmobil. Das war die tollste Reise meines Lebens, wirklich.«
Nach Zsófia war mir elend zumute, nicht nur wegen meiner feuerroten und geschundenen Haut. Jedes Gespräch, das sich dieser Tage um die Weltreise dreht, scheint Optionen aufzuzeigen, die keine sind. Was zur Folge hat, dass ich mich wie ein Globetrottel fühle, obwohl ich noch keinen Meter gereist bin. »Du versäumst was!«, tönen die Stimmen in meinem Kopf. »Du wirst es bereuen, wenn du dieses und jenes nicht machst.« Hilfe! Aufhören! Nein, ich werde nicht den alten Hexenmeister in Nairobi besuchen. Und auch bei einer wildromantischen Reise auf dem Amazonas mit einem Frachtschiff muss ich passen. Warum? Na, weil meine Auszeit nur knapp ein Jahr dauern wird und ich das dringende Bedürfnis habe, langsam zu reisen. Drei, vier Wochen will ich mindestens an einem Ort verbringen. Zu wenig Zeit, um anzukommen, aber genug, um zu erahnen, wie eine Stadt so tickt. Dreizehn, vierzehn, vielleicht fünfzehn Destinationen, mehr sind nicht drin. Selbst wenn ich ab Tag eins meiner Geburt gereist wäre, könnte ich es bei einer normalen statistischen Lebenserwartung nicht schaffen, jeden größeren Ort dieser Welt zu sehen, schon gar nicht jeden kleineren. Dafür ist dieser verdammte Planet einfach zu gigantisch.
Bei so einem Dilemma hilft nur: radikal ausmisten. In meinem Fall habe ich mir also alle Destinationen aufgeschrieben, die mir beim Drehen des Globus ins Auge sprangen. Dabei wurde schnell klar: Der Himalaya in Nepal ist nicht mein Ding. Genau genommen fällt für mich alles flach, wofür ich khakifarbene Multifunktionshosen mit abnehmbaren Beinen brauche (auf Safari kann man notfalls auch in einer Jeans gehen, das ist in jeder Hinsicht stiltechnisch würdevoller). Ich bin mehr der Typ »Mädchen auf Reisen«: große Städte, schöne Strände, fotogene Natur, Internetanschluss.
Letztlich schafften es zwanzig Reiseziele auf meine Liste. Darunter Hawaii. Wegen des Jahreswechsels unter Palmen. Und weil man da sonst nur für Flitterwochen hinkommt, aber bekanntermaßen fehlt mir für den Hula-Honeymoon ein halbwegs vernünftiger Mann. Dann: Buenos Aires. Wegen der saftigen Steaks, des Tangos und weil ich mit wehenden Haaren durch die Pampa reiten wollte. Tokio musste auch sein. Unterhöschen-Automaten und das schrille Viertel rund um den Bahnhof Harajuku gehören zur erweiterten Allgemeinbildung.
Letzte Feinheiten - Sydney oder Melbourne? - klärte ich schließlich mit der Google-Bildersuche. Die Stadt mit den ansprechenderen Fotos - Harbour Bridge! Oper! Sydney! - gewann. Das mag stümperhaft klingen, aber letztlich kann man dabei wenig falsch machen. Man kann ohnehin nur seinem Herzen folgen. Die Logik setzt sowieso viel zu früh ein und kam bei mir in Form von Herrn Wehsner daher. Herr Wehsner ist Berater beim Wiener Reisebüro Mondial. Ein stoischer, älterer Herr, der wenig Empathie für Erst-Weltreisende hat. Auch wenn er sich letztlich als Held entpuppte, wollte ich ihn nach unserem ersten Kontakt lebend durch den Fleischwolf drehen. Denn als ich meine Wunsch-Destinationen bekannt gab, ließ er mich per E-Mail wissen: »Von Hawaii zurück nach Südamerika und erst dann nach Australien? Das macht keinen Sinn, das ist nicht ökonomisch. Sie fliegen ja kreuz und quer, ein Round-the-World-Ticket geht nur in eine Richtung.«
Ich tippte bockig zurück: »Ich bin keine achtzehn mehr und auch keine Backpackerin, ich weiß durchaus, was ich will. Hawaii ist unumstößlich, das hat für mich symbolischen Wert, da muss ich Silvester hin.«
Er: »In Südamerika würde ich nicht nur Buenos Aires machen, schade ums Geld, das müsste man anders planen. Es gäbe die Möglichkeit Buenos Aires - Santiago de Chile - Osterinsel - Papeete - Auckland - Sydney.«
Erneute Fleischwolf-Gelüste. Warum machte der Kerl nicht, was ich wollte? Konnte doch nicht so schwer sein, oder?
Am Ende rettete meine beängstigend kluge Schwester die Situation. Sie ist jünger als ich, zweieinhalb Jahre nur, aber manchmal beschleicht mich der Verdacht, dass ich, als Gott das Hirn in unserer Familie verteilte, nicht zu Hause war, während sie artig in der ersten Reihe stand und »Hier!« schrie.
»Wohin willst du? Welche Destinationen sind fix?«, fragte sie, als ich hilfesuchend bei ihr aufkreuzte.
Ich reichte ihr wortlos meine Liste.
Dann warf die Schwester ihren Laptop an und sortierte mit drei Gläsern Weißwein, einer Excel-Tabelle und einer Flugsuchmaschine das Chaos in meinem Kopf.
Sie sagte Dinge wie: »Hmmm. Tokio Anfang März ist noch zu früh. Keine Kirschblüte, außerdem ist es da schweinekalt. Da müssen wir vorher ein anderes Land einschieben. Du kommst aus Buenos Aires, fliegst weiter nach Australien und Japan. Wie wäre es mit Rio de Janeiro im März?«
»Von mir aus«, meinte ich. »Wie warm ist es dort um diese Jahreszeit?«
»Bikiniwetter«, checkte die Schwester zufrieden die Online-Klimatabelle. Mittlerweile traue ich ihr alles zu, nicht nur die Weltherrschaft. Gegen ein Uhr nachts präsentierte sie mir Plan A, B und C.
»Die Route enthält möglichst viele Direktflüge«, erklärte sie. »Das mailst du an Herrn Wehsner, er soll mal schauen, ob das klappt. Und wenn nicht, haben wir Alternativen.«
Was soll ich sagen? Herr Wehsner war beeindruckt von »meinen« geistigen Fortschritten und arbeitete einen Tag später einen detaillierten Flugplan aus. Wien -> Tansania -> Kapstadt -> San Francisco -> Hawaii -> Buenos Aires -> Rio de Janeiro -> Sydney -> Tokio -> Bangkok -> Paris -> Helsinki -> Marrakesch -> Lissabon -> Wien.
80?Prozent wurden von einem Round-the-World-Ticket abgedeckt, 20?Prozent musste ich wegen meines Zickzackkurses hinzukaufen. Gut 5500 Euro sollte mich die Sache kosten, inklusive einem E-Visum für Australien. Kein...
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