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Menschen und Pferde gingen in ihren Evolutionsgeschichten getrennte Wege. Die Ausgliederung von Equiden einerseits und Hominiden andererseits aus dem Stammbaum der Säugetiere erfolgte nicht nur zu verschiedenen Zeiten und von verschiedenen «Ästen», sondern auch in voneinander getrennten Teilen der Welt. Der Ursprung der Hominiden wird im südlichen Afrika vor rund 7 Millionen Jahren angesetzt. Die Anfänge der Entstehung von Wildpferden werden auf eine Zeit vor 62 Millionen Jahren datiert, die ältesten fossilen Funde stammen aus Amerika (MacFadden 2005).
Der Begriff Wildpferd umfasst ein breit gefächertes Spektrum verschiedener Arten und Unterarten. Die älteste Art von Wildpferd war das Urpferd (Eohippus, aus griech. eos + griech./latinisiert hippus , also eigentlich <[erste] selbständige Pferdeart>), das eher wie ein Fuchs aussah und auch ungefähr dessen Größe hatte. Die Schulterhöhe betrug nur 25-?30 Zentimeter. Eohippus unterschied sich von späteren Pferdearten auch dadurch, dass es ungleiche Hufe hatte (vier Zehen an den Vorderbeinen und drei Zehen an den Hinterbeinen). Diese ältesten Wildpferde ernährten sich von Laub und Früchten. Das Wildpferd vor rund 40 Millionen Jahren, Mesohippus (aus mesos + hippus), war ungefähr doppelt so groß, mit einer Schulterhöhe von ca. 60 Zentimetern.
Das «moderne» Wildpferd (die Spezies des Equus ferus) hat sich vor ca. 3,5 Millionen Jahren in Nordamerika ausgebildet (Orlando et al. 2008). Etwa 2,5 Millionen Jahre vor der Jetztzeit hat sich diese Spezies in andere Teile der Welt verbreitet und sich in regionale Arten ausgegliedert. Vom Equus ferus stammen alle heute existierenden Pferderassen ab. Die Urspezies verbreitete sich über die Bering-Landbrücke, die die längste Zeit eine für Tiere passierbare Tiefebene war, nach Sibirien und von dort nach Europa hinein (Salesa et al. 2004), von Nordamerika nach Südamerika über die Meerenge von Panama, und von Sibirien aus weiter nach Asien und von dort in den Nahen Osten und nach Afrika. Aus der Zeit des mittleren Pleistozän (ca. 0,7-?0,1 Millionen Jahren vor der Jetztzeit) gibt es bereits Funde aus allen Weltteilen. Damals entstand eine besondere regionale Variante: das Zebra in Afrika.
Die Evolutionsgeschichte des Wildpferdes begann vor rund 60 Millionen Jahren mit dem nur fuchsgroßen Eohippus (links). Vor rund 3,5 Millionen Jahren entwickelte sich die Spezies Equus ferus, von der alle heutigen Pferderassen abstammen. Das Przewalski-Pferd, Equus ferus przewalskii (rechts), mit einer Schulterhöhe von 120-?140 Zentimetern gliederte sich vor etwa 74.000 Jahren aus und ist die einzige noch existierende Wildpferdart.
Wie sich aus der Vorstufe des modernen Wildpferdes die heute bekannten Varianten des domestizierten Pferdes (Hauspferd: Equus ferus caballus) ausgebildet haben, wird schon seit vielen Jahren intensiv erforscht (Librado et al. 2021). Möglicherweise ist die Domestizierung in verschiedenen Regionen, unabhängig voneinander, erfolgt, was die Entstehung individueller regionaler Pferdearten erklären würde. Allerdings weisen die ältesten datierten Funde auf die Steppenregion Eurasiens im östlichen Teil Europas hin.
Als Folge der Domestizierung von Wildpferden bildeten sich die heutigen Hauspferdarten aus, die sich auf einige regionale Grundtypen zurückführen lassen:
Verbreitungsgebiet
Besonderheiten
Typ 1: Nordpony
Nordwesteuropa
Dieser Typ hatte bereits eine Schulterhöhe von ca. 120 Zentimetern und war an ein feuchtkaltes Klima angepasst.
Typ 2: Tundrenpony
südliches Russland, Zentralasien, westliches China, Iran
Typ 3: Ramskopfpferd
Zentralasien
Für diesen Typ soll ein ausgeprägtes Revierverhalten charakteristisch sein.
Typ 4: Steppenpferd
südliches Asien, Mittlerer und Naher Osten, Ägypten
Schon seit Urzeiten sind Menschen mit den Lebensgewohnheiten von Pferden vertraut. In der Chauvet-Höhle in Südfrankreich, auf die wir noch zu sprechen kommen werden, findet man die älteste visuelle Dokumentation aus dem Kontaktmilieu von Mensch und Pferd. Diese Sammlung von Höhlenmalereien geht auf die Zeit um 35.000v.u.Z. zurück. Wahrscheinlich gehörten auch Pferde zu den Tieren, die von den Menschen der Altsteinzeit gejagt wurden, denn sie hatten wirkungsvolle Jagdwaffen (Speere). Die damaligen Menschen waren Vertreter unserer Spezies. Der moderne Mensch hat Europa auf seiner Migration aus dem afrikanischen Süden vor rund 45.000 Jahren erreicht. Die Jagd auf Wildpferde ist erst sehr viel später bezeugt.
Aber lange vor dem modernen Menschen haben Menschenspezies in Europa gelebt, wie der Neandertaler und der Homo erectus (Beaver 2019). Die Annahme liegt nahe, dass auch diese Menschenspezies bereits Pferde jagten. Allerdings gibt es keinen archäologischen Nachweis dafür. Doch es gibt eine spektakuläre Ausnahme, die den Schluss zulässt, dass Menschen bereits in weit zurückliegenden Zeitaltern Jagd auf Pferde machten: der Fund uralter Speere. Diese ältesten Jagdwaffen der Welt stammen aus einer Periode vor ca. 320.000 Jahren (Thieme 2007).
Das war das Zeitalter einer Menschenspezies, die noch vor dem modernen Menschen (Homo sapiens sapiens) und noch vor dem archaischen Menschen (Homo sapiens) rangiert: der «Heidelberger Mensch», benannt nach dem Fundort der ältesten Knochenreste. Die damaligen Hominiden machten Jagd auf Wildpferde, und die Speere sind bei einem Jägerlager und auf einer Art Abfallhalde mit Pferdeknochen in der Gegend von Schöningen gefunden worden.
Die klimatischen Bedingungen des damaligen Lebensmilieus waren gemäßigt warm. Das Szenario der durch die Funde dokumentierten Jagderfahrungen damaliger Menschen datiert in eine Wärmeperiode zwischen Kaltzeiten. In der Klimageschichte hat es immer Fluktuationen zwischen Kalt- und Warmzeiten gegeben. In Europa lassen sich in den Bodenschichten Zyklen von fünf Kaltzeiten nachweisen, zwischen denen Wärmeperioden lagen. Das Zeitfenster für die prähistorischen Jäger aus der Region von Schöningen lässt sich grob so darstellen: Ende der Elstereiszeit: vor ca. 350.000 Jahren - Interglaziale Periode der Reinsdorf-Warmzeit - Anfang der Saale-Riß-Kaltzeit: vor ca. 300.000 Jahren.
Die Entdeckung des Jägerlagers aus der Zeit des Homo heidelbergensis war ein Zufallsfund. Als im Tagebaubetrieb bei Schöningen in den 1990er Jahren weiteres Gelände für die Braunkohlegewinnung erschlossen wurde, verfolgten Archäologen die Aktion des riesigen Schaufelradbaggers, der die Erdkruste viele Meter tief aufriss. An einer Stelle ließen sie den Betrieb des Baggers unterbrechen, denn...
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