Schweitzer Fachinformationen
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Über den Autor 7
Einführung 23
Teil I: Einführung in die juristische Denk- und Arbeitsweise/ Falllösung 27
Kapitel 1: Die juristische Denk- und Arbeitsweise 29
Teil II: Einführung in das Arbeitsrecht 35
Kapitel 2: Entstehung, systematische Einordnung und Stellung des Arbeitsrechts 37
Kapitel 3: Ein Blick auf die Rechtsquellen des Arbeitsrechts 41
Kapitel 4: Internationales Arbeitsrecht und Kollisionsrecht 47
Kapitel 5: Was Sie über die Arbeitsgerichtsbarkeit wissen sollten 51
Teil III: Das Individualarbeitsrecht 55
Kapitel 6: Was Sie über das Arbeitsverhältnis wissen sollten 57
Kapitel 7: Die Begründung des Arbeitsverhältnisses 77
Kapitel 8: Die Pflichten des Arbeitnehmers 91
Kapitel 9: Die Pflichten des Arbeitgebers 111
Kapitel 10: Arbeitsausfälle 127
Kapitel 11: Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung 151
Kapitel 12: Kündigungsschutz 169
Kapitel 13: Sonstige Beendigungsgründe 195
Kapitel 14: Betriebsübergang und weitere Nichtbeendigungsgründe 201
Kapitel 15: Pflichten bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses 207
Teil IV: Das kollektive Arbeitsrecht (im Überblick) 217
Kapitel 16: Das Koalitionsrecht 219
Kapitel 17: Das Tarifvertragsrecht 225
Kapitel 18: Das Arbeitskampfrecht 235
Kapitel 19: Mitbestimmungsrecht 247
Kapitel 20: Betriebsverfassungsrecht 253
Teil V: Jetzt sind Sie dran: Fälle mit Lösungen 291
Kapitel 21: Fälle mit Lösungen 293
Teil VI: Der Top-Ten-Teil 313
Kapitel 22: Zehn wichtige Themen aus dem Individualarbeitsrecht 315
Kapitel 23: Zehn Tipps zur Kündigung 319
Kapitel 24: Zehn wichtige Begriffe aus dem kollektiven Arbeitsrecht 323
Stichwortverzeichnis 327
Kapitel 1
IN DIESEM KAPITEL
Um eine rechtliche Fragestellung zu lösen, bedient man sich der Anspruchsmethode. Eine gesetzliche Definition des Begriffes Anspruch enthält § 194 Abs.1 BGB: Ein Anspruch ist das Recht, von einem anderen ein Tun (z.B. Zahlung) oder Unterlassen (z.B. Betreten eines Grundstücks) zu verlangen.
Ausgangspunkt ist meist ein konkreter Lebenssachverhalt - ein Fall -, der rechtliche Probleme enthält, typischerweise das Problem, ob eine Person einen bestimmten Rechtsanspruch gegenüber einer anderen Person hat.
Dies soll anhand des folgenden kurzen Beispielsfalles verdeutlicht werden: Der bei Arbeitgeber Auchter beschäftigte Arbeitnehmer Bert verursacht mit Absicht einen Schaden am Betriebs-Pkw des Arbeitgebers. Auchter stellt sich die Frage, ob er den entstandenen Schaden von Bert ersetzt bekommt.
Rechtlich denkt man in Ansprüchen, daher stellt man sich zunächst immer die Frage:
Wer will was von wem woraus?
Bei der Lösung der Fragestellung bereitet die Beantwortung des Wer von wem? in der Regel keine größeren Schwierigkeiten, da die beteiligten Personen dem Lebenssachverhalt - also dem Fall - zu entnehmen sind. In obigem Beispielsfall geht es um Ansprüche des A gegen B. A ist also der Anspruchsteller, B der Anspruchsgegner.
Auch die Beantwortung des Was ist häufig wenig problematisch: Was? bezieht sich auf die vom Anspruchsteller begehrte Rechtsfolge. In unserem Beispielsfall ist dies Schadensersatz.
Dies führt zum schwierigen Teil der Ausgangsfrage, nämlich dem Woraus? woraus ist die Frage nach der rechtlichen Anspruchsgrundlage. Konkret geht es hier um eine Rechtsnorm oder eine konkrete vertragliche Vereinbarung, aufgrund derer der Anspruchssteller vom Anspruchsgegner das Begehrte verlangen kann. Die Anspruchsgrundlage kann dabei in einem einzelnen Paragraphen zu finden sein oder aber in einer Reihe von Paragraphen, einer sogenannten Paragraphenkette.
Nun darf man sich durch diese Erkenntnis nicht entmutigen lassen. Zwar gibt es - nicht nur im Arbeitsrecht - etliche Paragraphen, aber die Zahl der Paragraphen, die zugleich Anspruchsgrundlage sind, ist einigermaßen überschaubar.
Und: Durch die Ausgangsfrage wird die Zahl der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen weiter eingeschränkt. Denn durch das was können nur die Anspruchsgrundlagen einschlägig sein, die in ihrer Rechtsfolge das vom Anspruchsteller Begehrte auch aussprechen.
Im Beispielsfall kann für A nur eine Anspruchsgrundlage hilfreich sein, die in ihrer Rechtsfolge die Schadensersatzpflicht des Anspruchsgegners anordnet. Anspruchsgrundlagen, die eine andere Rechtsfolge (z.B. Übereignung, Vertragserfüllung, Unterlassen) aussprechen, können das Begehren des Anspruchstellers nicht erfüllen und scheiden daher von vornherein aus.
Bei der Lösung eines Falles besteht also Ihre erste herausfordernde Aufgabe fast immer in der Suche nach einer geeigneten Anspruchsgrundlage, d.h. einer gesetzlichen Bestimmung, nach der ein Beteiligter von einem anderen etwas verlangen kann.
Anspruchsgrundlagen sind regelmäßig wie folgt aufgebaut: Wenn die Tatbestandsvoraussetzungen 1, 2, 3 und 4 vorliegen, dann tritt die Rechtsfolge (Konsequenz) X ein (sog. Syllogismus). Unter Tatbestandsvoraussetzung verstehen wir die in der Anspruchsgrundlage genannten Merkmale, die vorhanden sein müssen, damit die angeordnete Rechtsfolge eintreten kann.
Beispielsfall: Anspruchsgrundlage § 280 Abs. 1 BGB - Schadensersatz wegen Pflichtverletzung
Rechtsfolge X: . so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verlangen.
Die rechtliche »Kunst« besteht nun darin, nach Auffinden der Anspruchsgrundlage die Anwendbarkeit der Tatbestandsvoraussetzungen 1 bis 4 auf den vorgegebenen Sachverhalt systematisch und gründlich zu untersuchen.
Liegen alle Voraussetzungen vor, so tritt die in der Anspruchsgrundlage enthaltene Rechtsfolge ein. Fehlen dagegen eine oder gar mehrere Voraussetzungen, so kann der Anspruch nicht auf diese Anspruchsgrundlage gestützt werden.
Eine Schwierigkeit mag darin bestehen, dass sich nicht immer alle Tatbestandsvoraussetzungen einer Anspruchsgrundlage alleine durch die Lektüre des Gesetzes sofort erschließen. Dann spricht man von ungeschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen. Es ist auch möglich, dass durch rechtliche Besonderheiten an sich gegebene Ansprüche dennoch abgelehnt werden - das muss übrigens so sein, denn sonst wäre die Juristerei zu einfach.
Bei der Prüfung von Anspruchsgrundlagen ist immer diese Reihenfolge einzuhalten:
Bei dieser Reihenfolge der Untersuchung müssen Sie automatisch zuerst abklären, ob zwischen den Beteiligten ein Vertrag besteht. Dadurch lassen sich viele gravierende Fehler vermeiden.
Im obigen Beispielsfall liegen übrigens die Tatbestandsvoraussetzungen von mehreren Anspruchsgrundlagen vor. Bezogen auf das Beispiel des § 280 Abs. 1 BGB - Schadensersatz wegen Pflichtverletzung - gilt dies wie folgt:
Zwischen A und B besteht ein Schuldverhältnis, nämlich ein Arbeitsvertrag. B hat eine Pflicht aus dem Arbeitsvertrag verletzt, nämlich mit dem Eigentum seines Arbeitgebers und Vertragspartners A am Betriebs-Pkw sorgsam umzugehen und dieses nicht zu beschädigen. Dies geschah auch schuldhaft, nämlich mit Absicht, und damit vorsätzlich (vgl. § 276 BGB). Schließlich ist dem A dadurch auch ein Schaden entstanden.
In der Rechtsfolge kann A daher von B Ersatz des entstandenen Schadens verlangen.
Zur rechtlichen Lösung des Falles hat sich in der juristischen Ausbildung der Gutachtenstil bewährt. Dieser zwingt gemeinsam mit der Subsumtionstechnik zu einem schrittweisen Abarbeiten aller Tatbestandsvoraussetzungen der einschlägigen Anspruchsgrundlage(n).
Gutachtenstil bedeutet, dass Sie die für richtig gehaltene Lösung einer rechtlichen Fragestellung nicht einfach als Ergebnis formuliert vorwegnehmen, sondern sich Schritt für Schritt von der aufgeworfenen Problematik hin zur Lösung bewegen. Dies zwingt Sie, Ihre einzelnen Schritte zu überdenken und zu begründen, sodass die spätere Lösung das quasi zwangsläufige Ergebnis Ihrer vorherigen Einzelschritte ist. Auf dem Weg prüfen Sie bei jedem einzelnen Ihrer Schritte, ob der von Ihnen zu prüfende Fall auch zu den Tatbestandsvoraussetzungen der Anspruchsgrundlage passt - diese Übereinstimmungsprüfung nennen wir Subsumtion.
Im Gutachtenstil muss die für einschlägig erachtete Anspruchsgrundlage zunächst im Konjunktiv vorangestellt werden.
»A könnte gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz gem. § 280 Abs.1 BGB haben.«
Danach sind die Tatbestandsvoraussetzungen der jeweiligen Anspruchsgrundlage im Einzelnen zu erörtern. Wie ausführlich dies zu geschehen hat, hängt von der Schwierigkeit des jeweiligen Falles ab.
Im obigen Beispielsfall haben wir das bereits erledigt und durch die Prüfung der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen anhand des konkreten Sachverhalts sogleich subsumiert, d.h., die Übereinstimmung zwischen Tatbestandsvoraussetzungen und Sachverhalt geprüft.
Verdeutlichen wir Gutachtenstil und Subsumtionstechnik an einem weiteren kurzen Fall:
Arbeitgeber A bietet seinen gebrauchten Pkw dem ehemaligen Mitarbeiter B zum Kauf an. B erklärt, den Pkw zum vereinbarten Kaufpreis von 8.000 Euro zu erwerben. B zahlt sofort in bar, die Übergabe des Pkw soll am kommenden Tag erfolgen. A erscheint nicht. Kann B von A die Übergabe und Übereignung des Pkw verlangen?
Ausgangspunkt ist die Frage
B möchte von A die Übergabe und Übereignung des Pkw - damit sind wer von wem und was bereits beantwortet.
Die Frage nach dem woraus, also nach der Anspruchsgrundlage, führt zu § 433 Abs. 1 BGB: Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen.
Nun gehen Sie wie folgt mit Gutachtenstil und Subsumtionstechnik vor:
Zunächst bilden Sie - im Konjunktiv! - einen Obersatz, in dem Sie die in Betracht kommende Anspruchsgrundlage für das Begehren des Anspruchstellers B gegen den Anspruchsgegner A benennen: B könnte gegen A einen Anspruch auf Übergabe und...
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