Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Gendernonkonforme, nichtbinäre und trans*geschlechtliche Personen erfahren in unserer Gesellschaft - insbesondere auch im Gesundheitssystem - aufgrund normativer Erwartungen an Geschlechtsausdruck und Körperlichkeit wiederkehrend Anfeindungen, Gewalt, Diskriminierung, Nicht-Beachtung und Pathologisierung. Dadurch sind gendernonkonforme, nichtbinäre und trans*geschlechtliche Personen immer wieder mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert, um sowohl ihren Alltag zu leben als auch ihre gesundheitlichen Bedarfe gegen enorme Widerstände einzufordern. Dies kann einerseits zu großen Belastungen führen, die spezifische Ressourcen erfordern und Interaktionsmuster prägen, andererseits aber auch gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Das Gesundheitssystem errichtet durch die in ihm anhaltend stattfindenden Diskriminierungen Versorgungsbarrieren. So können trans*, nichtbinäre und gendernonkonforme Personen Gesundheitsdienstleistungen oftmals nicht in dem notwendigen Maße in Anspruch nehmen. Die Ausgestaltungsweisen der Geschlechtsidentität(-en) und Genderpräsentation(-en) einer Person überschneiden sich mit weiteren lebensweltlichen Merkmalen wie sozioökonomischem Status, Gesundheit, Behinderung, Herkunft etc. Dementsprechend ist die Berücksichtigung der Erfahrungen einer Person mit der jeweils individuellen Positionierung in Bezug auf ihre unterschiedlichen Zugehörigkeiten entscheidend für ein Verständnis ihrer Erfahrungen und Umgangsmöglichkeiten damit.
In den psychotherapeutischen und medizinischen Versorgungsstrukturen haben gendernonkonforme, nichtbinäre und trans*geschlechtliche Klient*innen aufgrund ihrer gesellschaftlichen Positionierung spezifische Bedarfe. Deshalb erfordert die psychotherapeutische, medizinische und beratende Begleitung dieser Menschen ein Wissen hinsichtlich rechtlicher, psychosozialer und medizinischer Umgangsweisen mit dem Thema. Psychotherapeut*innen und Behandler*innen benötigen Selbstreflexion hinsichtlich der Bedeutung von Geschlecht und Möglichkeiten der Geschlechtspräsentation sowie eine therapeutische Beziehungsgestaltung, in der sie bereit sind, sich auf Unsicherheiten einzulassen und scheinbare Selbstverständlichkeiten beziehungsweise normative Erwartungshaltungen in Frage zu stellen und zu reflektieren.
In diesem Band wollen wir eine trans*respektvolle und entpathologisierende Haltung gegenüber gendernonkonformen, nichtbinären und trans*geschlechtlichen Personen fördern und Anregungen zur Selbstreflexion vorstellen sowie einen Umgang mit Unsicherheiten, internalisierten und trans*negativen Pathologisierungen aufzeigen, um diesen Menschen fachlich kompetent, affirmativ und bedarfsgerecht begegnen zu können. Damit möchten wir auch eine Wissenslücke schließen, da nach unserer Einschätzung weder in den Ausbildungen zur Psychotherapie noch im Fortbildungsbereich genügend zeitgemäßes Wissen vermittelt wird.
Im ersten Beitrag wird Kirsten Teren auf "Trans*geschlechtliches Erleben und die Entpsychopathologisierung im Rahmen der ICD-11: Konsequenzen für die psychotherapeutische Beziehungsgestaltung mit trans* und nichtbinären Personen" eingehen. Im Rahmen der Entpsychopathologisierung trans*geschlechtlicher Lebensweisen in der ICD-11 ist endlich ein fachgerechter Zugang zu psychotherapeutischen Angeboten möglich. Dies erfordert gerade vor dem Hintergrund jahrzehntelanger Diskriminierungen und menschenrechtsverletzender Behandlungen im Gesundheitssystem eine trans*affirmative und kontextsensible Haltung. Im Beitrag werden medizinhistorische Einflussfaktoren, deren Auswirkungen und die aktuelle Situation der Trans* Gesundheitsversorgung beschrieben sowie Anregungen für eine diskriminierungssensible und machtkritische Beziehungsgestaltung aufgezeigt.
Der zweite Beitrag von Gisela Fux Wolf, Mari Günther und Kirsten Teren befasst sich mit den "Dimensionen der Unsicherheit: Die Entwicklung einer reflektierten Haltung in der psychotherapeutischen Begleittherapie von trans* Personen". In diesem Artikel werden Hintergründe für kontroverse Diskussionen von professionellen Haltungen beleuchtet und diskutiert. Mit Hilfe eines Strukturierungsmodells können Haltungen von Gesundheitsversorger*innen analysiert werden, um diese transparent zu machen und daraus eine fachlich und ethisch vertretbare Haltung zu entwickeln. Zur Illustration dieser Vorgehensweise werden Fallbeispiele und eigene Haltungsreflektionen in der therapeutischen Arbeit dargestellt. In dem Plädoyer für eine trans*respektvolle Haltung durch eine aktive und bewusste Haltungsreflexion soll letztendlich die Versorgungsqualität für die spezifischen Bedarfe von gendernonkonformen, nichtbinären und trans*geschlechtlichen Personen verbessert werden.
Der Artikel von Anke Harney, "Medizinische Maßnahmen bei Minderjährigen mit Geschlechtsdysphorie zu Lasten der GKV", befasst sich aus der - aktuell sehr wichtigen - juristischen Perspektive mit dem Zugang zu medizinischer Versorgung von trans* Personen. Anke Harney, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht, stellt damit einen Beitrag zur Verfügung, den sie zusammen mit Stefan Huster und Friederike Kohlenbach als Aufsatz in der Zeitschrift Medizinrecht im Jahr 2023 veröffentlicht hat. Seit der Veröffentlichung hat sich die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geändert, sodass die Gesundheitsleistungen für trans* und nichtbinäre Personen grundsätzlich in Frage gestellt werden. Der Artikel analysiert beispielhaft die leistungsrechtlichen Voraussetzungen und Lücken der medizinischen Versorgung transidenter Jugendlicher und verweist auf die Notwendigkeit des Handelns von Seiten des Gesetzgebers.
Besonders wichtig ist für uns der Artikel von Hannah Engelmann-Gith zum Thema "Professional Peers - Trans* Beratungsstellen als Versorgungsstruktur für trans* und nichtbinäre Menschen", um die communitybasierte Beratungskompetenz als ein bedeutsames und wesentliches Angebot in der Versorgungslandschaft hervorzuheben. Die Autorin beschreibt in dem Artikel die professionelle Beratung nach dem Peer-to-Peer-Prinzip, indem trans* Personen von trans* Personen beraten werden. Hierbei werden die vielfältigen positiven Aspekte, wie respektvolle Anerkennung von trans*geschlechtlichen Lebens- und Ausdrucksweisen, Stärkung der Selbstbestimmung, Erfahrungswissen differenziert ausgeführt. Abschließend werden die Synergieeffekte einer kooperativen Zusammenarbeit von Trans* Beratung, Selbsthilfe und Psychotherapie hervorgehoben, insbesondere durch den Netzwerk-Charakter der Trans* Beratungen. In einem Fazit und Ausblick wird die wesentliche Rolle von Trans* Beratungen in der Zukunft für eine qualitative Versorgung zur Verbesserung und Gewährleistung der Trans* Gesundheit verdeutlicht.
Daran anschließend stellen Lieselotte Mahler & Anna Oster in ihrem Artikel "Psychopathologisierung als Beziehungsabwehr: Überlegungen zur multiprofessionellen Beziehungsgestaltung mit trans* Personen im psychiatrisch-psychotherapeutischen Setting" Mechanismen der Pathologisierung und deren Bedeutungen im psychiatrischen und multiprofessionellen Kontext dar und zeigen Schlussfolgerungen für die Praxis und Entstigmatisierung auf. Insbesondere wird die therapeutische Beziehung als wesentlicher Wirkmechanismus in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung beleuchtet, wobei spezifische Dynamiken und Beziehungsmuster im Fokus stehen. Hierbei werden Abwehrmechanismen, z.?B. in Form der Pathologisierung von Trans* Geschlechtlichkeit, und Ängste im Zusammenhang mit dem Thema Geschlechtsidentität reflektiert und mit Fallbeispielen verdeutlicht.
Im Beitrag "Welche professionelle Haltung dient dem Wohl genderdiverser und transgeschlechtlicher Kinder und Jugendlicher? Perspektiven aus der Praxis und eine ethische Reflexion" von Maximiliane Hädicke werden insbesondere die spezifischen Bedarfe von trans*geschlechtlichen und gendernonkonformen Kindern und Jugendlichen in den Blick genommen und unter ethischen Fragestellungen reflektiert. Hierzu werden kontroverse Sichtweisen von Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen, die genderdiverse und trans*geschlechtliche Kinder und Jugendliche begleiten, mit Hilfe von wissenschaftlichen Interviews präsentiert. Maximiliane Hädicke arbeitet verschiedene ethische Fragen in der Arbeit mit Minderjährigen heraus und stellt konstruktive Konfliktlösungen dar. Abschließend werden Schlussfolgerungen für die Praxis gezogen.
Anschließend folgt in dem Beitrag von Georg Romer & Angela Rölver über Psychotherapie bei trans* Jugendlichen zwischen Selbsterkundung, Selbstbestimmung und Transition ein umfassender Überblick zum aktuellen Stand der Entpsychopathologisierung von geschlechtlicher Diversität bei Jugendlichen und deren Implikationen für eine leitliniengereichte Behandlung. Die Autor*innen stellen differenziert die Aufgaben und Ziele einer individualisierten psychotherapeutischen Prozessbegleitung dar und beziehen sich auf die aktuellen internationalen Empfehlungen hinsichtlich einer trans*sensiblen Haltung. Hierbei wird insbesondere auf die Unterstützung offener Selbsterkundungsprozesse im gesamten Spektrum gender-nonkonformer Selbstbeschreibungen eingegangen. Des Weiteren werden wichtige Schritte im Rahmen einer dialogischen Begleitung zur reflektierten Vorbereitung für Behandlungsent-scheidungen im Jugendalter dargestellt.
Schließlich beschäftigen sich Lydia Schneider-Reuter, Mari Günther und Mirjam Faissner mit dem Thema "Epistemische Ungerechtigkeit und Detransition - Eine ethische Analyse von Narrativen über Detransition in der Gesundheitsversorgung und ihrer Auswirkungen auf die medizinische...
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