Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Aus: doctima - Markus Nickl - 09.07.2020 [.] Das Buch lohnt sich für viele Berufe, in denen ein wichtiger Bestandteil der Arbeit das professionelle Schreiben ist. Der ganzheitliche Ansatz hilft, eigene dysfunktionale Gewohnheiten zu hinterfragen und zu einem professionelleren, produktiveren, vor allem aber auch erfüllenderen Schreiballtag zu kommen.
Schreiben und Lesen durchdringen sich bekanntlich gegenseitig - beim kreativen Schreiben genauso wie beim wissenschaftlichen Schreiben. Nur wenn Sie viel gelesen haben und sich Ihr Fachgebiet und seinen Kontext lesend anverwandeln, werden Sie auch gut schreiben können. Ihr Wissen und die von Ihnen gezogenen Verbindungen zwischen Texten, Einzelgedanken und Theorien anderer wissenschaftlich Schreibender kondensieren erst durch Ihr Schreiben zu einem fundierten, wissenschaftlichen Anforderungen standhaltenden Text.
Da der Hauptfokus in diesem Buch vor allem auf dem Schreiben und einem gelingenden Schreibleben liegt, möchte ich hier nur kurz betonen, dass Ihre Recherche- und Lesezeit ebenso wichtig für Ihr inneres Wissen ist, aus dem Sie dann originäre Gedanken und frische Thesen für eigene Texte generieren werden. Immer wieder werden Sie auch Zeiträume einplanen müssen, in der Sie konzentriert Bücher, Aufsätze und Hintergrundtexte zu Ihrem Thema lesen. Das mutet oft einfacher an, als selbst Texte zu verfassen, und so ist das auch eine bekannte Strategie, um dem manchmal so mühseligen Schreibprozess zu entgehen: dieses Immer-wieder-doch-nochetwas-lesen-müssen, weil Sie irgendwie meinen, dass Sie niemals genug gelesen haben, um wirklich eigene tragfähige Gedanken aufs Papier zu bringen, die im großen Kontext der Sekundärliteratur Bestand haben. Daran stimmt, dass es notwendig ist, sich in den Primärquellen sowie der Sekundärliteratur sehr gut auszukennen und dafür genau zu exzerpieren, um schon Gedachtes nachvollziehbar werden zu lassen und mit Quellen zu belegen. Das Aufschreiben [21] der eigenen Denkprozesse macht einem dann ebenfalls klar, was man noch nicht genau verstanden hat oder was wesentlich für die eigene Gedankenführung ist. Sie müssen also beides tun: lesen und schreiben im Wechsel! Irgendwann werden Sie dann einen Endpunkt setzen, entscheiden dass Ihr Text reif ist, um ihn in den wissenschaftlichen Diskurs zu entlassen. In gewisser Weise vorläufig, unvollständig und fehlerhaft bleibt jeder Text.
Manchmal muss man sich beim Lesen sehr zum Exzerpieren zwingen, liest es sich doch viel süffiger, wenn Sie einfach nur sitzen und loslesen können. Beim Lesen selbst denkt man, ach, das ist ja interessant, das merke ich mir. Doch das kann zu einer Falle werden. Einige meiner Klientinnen und Klienten erleben in der Endphase Ihrer Promotion oder bei anderen größeren Textvorhaben zu ihrer Bestürzung, dass sie doch nicht mehr genau wissen, wo sie etwas gelesen haben, und dann Gedanken und Textteile nicht genau zuordnen können, was zudem die Angst vor ungewolltem Plagiieren schürt. So kann es zur Qual werden, eine vollständige Bibliographie zusammenzustellen oder bestimmte Zitate wiederzufinden. Wie genau Sie exzerpieren, werden Sie im Laufe Ihres wissenschaftlichen Lebens bereits herausgefunden haben. Egal, ob Sie per Hand auf Karteikarten oder im virtuellen Zettelkasten arbeiten, wichtig ist vor allem, dass Sie es tun. Die Exzerptzeit ist eng mit Schreiben verbunden, da sich hier herauskristallisiert, was unter dem Gesichtspunkt Ihrer Forschungsfragen relevant ist, um es dann in kondensierter Form und mit eigenen Worten systematisch zu notieren. Dabei werden Sie nicht einfach Gelesenes zusammenschreiben und simpel paraphrasieren, sondern sehr gezielt und themenspezifisch in eigenen Worten formulieren. Also: Lesen und Exzerpieren Sie immer wieder zwischendrin und ganz bewusst. Gleichzeitig sollten Sie auch immer schon ins Schreiben kommen.
Noch vor wenigen Jahren schien Multitasking die beste Lösung für viele unserer Zeitprobleme zu sein. Es hieß, wenn die Zeit schon begrenzt ist, dann kann ich doch wenigstens mehrere Dinge gleichzeitig tun und doppelt so viel schaffen. Diese Hoffnung hat sich aber [22] nicht bewahrheitet. Und bei all dem Beschleunigungsdruck unserer Umwelt, der sozialen Medien und des immer noch schnelleren Internets kommen wir beim besten Willen kaum noch hinterher. Immer ist etwas abzuarbeiten, was eigentlich schon hätte gemacht sein müssen. Die Aufgabenliste ist am Ende des Tages länger geworden anstatt kürzer. Die Befriedigung, am Ende eines Arbeitstages alles geschafft zu haben, bleibt ein nicht realisierbarer Traum.
Was könnten wir also tun? Zuerst können wir uns fragen, ob denn wirklich alle scheinbar dringlichen Anfragen an uns wirklich so schnell beantwortet werden müssen. Die Generation meiner Eltern kommunizierte und forschte noch komplett ohne PC, Smartphone und Internet, allerdings eben bedeutend gemächlicher. Das funktionierte unter den damaligen Gegebenheiten. In der heutigen Kommunikation per Smartphone, scheint die Unverbindlichkeit des ewigen "wir telefonieren noch mal", "wir mailen noch mal" die Klarheit von Absprachen auszuhebeln. Statt einer verbindlichen Verabredung sind oft mehrere Kontaktaufnahmen nötig, um ein Treffen umzusetzen, und die schnellen Kommunikationsmittel führen zu mehr statt weniger Zeitaufwand. Also überprüfen Sie wie notwendig die nächste schnelle E-Mail wirklich ist. Und ist der Anruf wirklich jetzt dran oder kann er warten?
In Bezug auf das Multitasking hat der US-amerikanische Neurowissenschaftler David Rock ein sehr eingängiges Bild entworfen. Rock beschreibt unser Gehirn als ein Theater, das Bühne und Zuschauerraum umfasst. Die bewussten Denkprozesse wie Verstehen, Entscheiden, Erinnern, Abspeichern und Hemmen von zu viel neu Hereinkommendem finden im kleinen Ausschnitt einer beleuchteten Bühne statt. Interaktion mit dem Zuschauerraum ist auch möglich. Alles, was wir aktiv in den Fokus nehmen, springt sozusagen vom Zuschauerraum kurz auf die Bühne, wo es im Scheinwerferlicht steht und daher unsere gesamte Aufmerksamkeit bekommt. Auf die Bühne passen aber höchstens drei bis vier Schauspieler gleichzeitig und die Frage ist immer, wen möchte ich jetzt auf die Bühne bitten? Die Schauspieler stehen für alle Ideen, Einfälle, Gedanken und Impulse, die mein Gehirn ständig produziert, und auch für die, die von der Außenwelt auf mich einströmen und die spontan in den Vordergrund meiner Aufmerksamkeit rücken. Es stellt sich also die Frage: Nehme ich als Regisseur die Schauspielerin, die gerade am leichtesten [23] verfügbar ist, die sozusagen schon in der ersten Reihe sitzt und mit den Füßen scharrt und unruhig herüberwinkt, oder nehme ich den, der zwar weiter hinten sitzt, aber auf meiner Prioritätenliste ganz oben steht? Letzteres ist etwas mühsamer, weil er ganz bewusst auf die Bretter der Bühne gebeten werden und dafür durch den ganzen Raum nach vorne kommen muss. Hier beginnt das Drama im wörtlichen Sinne. Meistens sind wir heutzutage ja eher eine Regisseurin, die von ihren eigenen Schauspielern, sprich Impulsen und Gedanken, ständig überrascht wird. Unser Gehirn, ganz auf mögliche Gefahren und andere spontane Ereignisse geeicht, lässt sich von Neuem, Überraschendem extrem gerne ablenken. Das gilt auch für jeden Pington einer neuen E-Mail, jedes Klingeln, jede Unterbrechung, auch durch Impulse von innen. Der Geist wandert wie ein junger Welpe, der mal hier und mal da schnüffelt. Wie sollen Sie da ins klare Arbeiten kommen? Was Sie dafür lernen und üben können, ist das Management der äußeren und inneren Ablenkungen und Impulse. Es geht also bei der Regie Ihrer inneren Bühne darum, tatsächlich die Schauspieler, für die Sie sich bewusst entschieden haben, als Akteure auf die Bühne zu holen. Und nicht jenen zuzuschauen, die kurz auf die Bühne springen, dort ein paar Faxen machen, um Aufmerksamkeit zu erregen, und dann schon wieder abtreten.
Besagte Bühne unterliegt, laut David Rock, drei Beschränkungen: Sie verbraucht viel Energie, es haben nur eine Handvoll Figuren zur gleichen Zeit darauf Platz und diese können immer nur eine Szene gleichzeitig spielen. Da das Hirn aber bei den fünf bewussten Tätigkeiten (Verstehen, Entscheiden, Erinnern, Abspeichern und Hemmen) nur seriell arbeiten kann, müssen wir beim Regieführen Prioritäten setzen. Es ist spannend, dass zu den vier Aufgaben Verstehen, Entscheiden, Erinnern, Abspeichern als wichtige fünfte Aufgabe auch das Hemmen gehört. Hemmen bedeutet nämlich, aktiv einen der unruhigen Schauspieler daran zu hindern, auf die Bühne zu springen! Und all diese Aktivitäten verbrauchen auch noch Stoffwechselenergie, sprich Glucose, die wir uns zwischendrin am besten immer wieder mit "Brainfood", also mit Rosinen, Nüssen und genügend Flüssigkeit zuführen müssen. Allein die Prioritäten für unsere Aufgaben zu setzen, verbraucht also Energie. Wir tun demnach gut daran, schon die Prioritätenbildung ganz bewusst in die Hand [24] zu nehmen. Es lohnt sich, vielleicht abends schon den kommenden Tag in unterschiedliche Zeit- und Arbeitsblöcke einzuteilen: sich wirklich wichtige Aufgaben ganz klar zu machen und den dringlich erscheinenden einen definierten Zeitraum zuzuweisen. Dann können Sie in jedem Zeitabschnitt versuchen, nur die Dinge zu tun, die einem bestimmten Denkmodus entsprechen, denn auch das Umschalten zwischen den Modi (Modi im Sinne von lesen, schreiben, reden etc.) verbraucht Energie. Das Hirn kann viel besser seriell arbeiten, d. h. eins nach dem anderen machen. Wenn ich erst einmal eine Entscheidung getroffen habe und diese durchziehe, muss ich entsprechend weniger Variablen im Kopf haben und kann mich auf das Festgelegte voll und ganz einlassen.
Am leichtesten gelingt diese andere Arbeitsweise, wenn ich mir zusätzlich gezielt eine Routine aufbaue. Um aus dem "Manchmal-etwas-tun" langsam eine echte Routine werden zu lassen, muss ich es oft und immer wieder tun, muss mir eine Praxis...
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